Neu im Kino/Filmkritik: Jesus ist „Auferstanden“ und ein Römer folgt ihm

März 17, 2016

Eines kann „Auferstanden“ nicht vorwerfen: dass er, wie „Noah“ und „Exodus“, eine weitere halbgare Neuinterpretation einer biblischen Geschichte ist, die gleichzeitig die allseits bekannte Geschichte für die Gläubigen und die Ungläubigen erzählen will. Das macht Kevin Reynolds Film aber nicht besser.
Kevin Reynolds, der „Robin Hood“, „Waterworld“ und die Mini-TV-Serie „Hatfield & McCoys“ (immer mit Kevin Costner) inszenierte, erzählt in „Auferstanden“ die Geschichte der Auferstehung von Jesus Christus aus der Sicht des römischen Militärtribuns Clavius (Joseph Fiennes) nach. Wir lernen ihn bei einer blutigen Schlacht gegen Aufständische als tapferen Kämpfer und Anführer kennen. Er ist ein echter Vorzeigesoldat, der seine Arbeit überzeugt und ohne Zweifel ausführt.
Weil es im Umfeld der Kreuzigung von Jesus viele Gerüchte und Prophezeiungen über dessen Wiederauferstehung gibt, soll und will (es ist eine typische „halb zog sie ihn, halb fiel er hin“-Situation) er herausfinden, was es damit auf sich hat. Und schwuppdiwupp wird Clavius, der zunächst nur Jesus‘ Jünger befragt und beobachtet, zu einem Gläubigen, weil, nun, weil das halt so im Drehbuch steht und Jesus, der immer wieder an den aus dem Neuen Testament bekannten Orten als schweigsamer, langhaariger Schönling auftaucht, so überirdisch charismatisch ist. Jedenfalls für Clavius, der den Heiland sieht und flugs zum Christentum konvertiert.
Dabei hätte man aus diesem schon mehrmals verwandtem Ansatz, die Geschichte der Auferstehung aus der Sicht eines Ungläubigen und Skeptikers zu erzählen, durchaus einiges machen können. Ich erinnere mich da an Damiano Damianis „Die Untersuchung“ (L’Inchiesta, Italien 1986). Damianis Kreuzung aus Bibelfilm und Politthriller im Korsett eines Kriminalfilms gefiel mir vor Ewigkeiten sehr gut.
Aber „Auferstanden“ ist, trotz einiger Momente, in denen Reynolds zeigt, dass er mit seinen Bildern die große Leinwand füllen kann und will und dass hier irgendwo in der palästinensischen Wüste eine interessante Geschichte verborgen liegt, eine banal-überflüssige Nacherzählung der bekannten Geschichte, die abgesehen von dem Protagonisten, einfach nur die bekannten Stationen der Auferstehung abhandelt. Das überzeugt höchstens blind Gläubige, die schon vor den ersten Filmbildern wissen, dass ihnen der Film gefallen wird. Alle anderen können auf diesen Christus-Kitsch getrost verzichten.
Und ich frage mich, ob es denn wirklich seit Martin Scorseses „Die letzte Versuchung Christi“ (1988, die von zahlreichen Protesten Gläubiger begleitet war) und Pier Paolo Pasolinis „Das 1. Evangelium – Matthäus“ (1964) keine ansehbare Interpretation des Lebens von Jesus Christus gab und warum es so kompliziert ist, eine Geschichte aus der Bibel für ein zeitgenössisches Publikum zu erzählen.
P. S.: „Das Leben des Brian“ zählt in diesem Zusammenhang nicht wirklich.

Auferstanden - Plakat

Auferstanden (Risen, USA 2016)
Regie: Kevin Reynolds
Drehbuch: Kevin Reynolds, Paul Aiello (nach einer Geschichte von Paul Aiello)
mit Joseph Fiennes, Tom Felton, Peter Firth, Cliff Curtis, María Botto, Luis Callejo, Antonio Gil, Richard Atwill, Stewart Scudamore, Andy Gathergood, Stephen Hagan
Länge: 108 Minuten
FSK: ab 12 Jahre

Hinweise
Deutsche Homepage zum Film
Englische Homepage zum Film
Moviepilot über „Auferstanden“
Metacritic über „Auferstanden“
Rotten Tomatoes über „Auferstanden“
Wikipedia über „Auferstanden“ (deutsch, englisch)


Neu im Kino/Filmkritik: Der Söldner „Hercules“ tötet alle

September 4, 2014

Was haben wir als Kinder nicht die italienischen „Hercules“-Filme geliebt. Von diesen Sandalenfilmen erwarteten wir nur neunzig Minuten Spaß ohne höheren Anspruch, auch ohne Logik und gute Schauspieler. Herrje, Hercules (oder wie der muskelbepackte Held gerade hieß) wurde meistens von einem Bodybuilder gespielt, der während des Drehs vielleicht bekannt war, aber den zwanzig, dreißig Jahre später niemand mehr kannte und dessen Filmkarriere aus einigen dieser bunten Sandalenfilme bestand. Echte Schauspieler verirrten sich nie auf das Set und das Budget war auch nicht hoch. Aber es machte Spaß.

Bei „Hercules“ ist das Budget höher. Offiziell so um die 100 Millionen Dollar. Die Schauspieler sind bekannter. Dwayne ‚The Rock‘ Johnson, Ian McShane, Rufus Sewell, Joseph Fiennes (verschenkt in ungefähr drei Auftritte) und John Hurt sind dabei. Die Regie übernahm Brett Ratner, der die drei „Rush Hour“-Filme, „After the Sunset“, „X-Men – Der letzte Widerstand“ und „Aushilfsgangster“ drehte. Alles keine große Kunst, aber immer spaßige und oft auch kommerziell erfolgreiche Unterhaltung.

Allerdings macht sein „Hercules“ keinen Spaß. Es ist letztendlich eine düster-blutige, angenehm kurze Söldner-Geschichte die im alten Griechenland spielt. Hercules (Dwayne Johnson) ist der Anführer einer kleinen Söldner-Gruppe. Mit einem Geschichtenerzähler, der die Taten von Hercules hübsch ausschmückt zu göttlichen Heldentaten. Schon bei den alten Griechen gehörte Öffentlichkeitsarbeit zum guten Ton. Und eine sexy Amazone ist auch dabei. Jetzt sollen sie für König Cotys (John Hurt) eine feindliche Armee schlagen. Danach stellen sie fest, dass Cotys sie über die Ursachen des Konflikts belog, weshalb der skrupellose Hercules dann doch einige Gewissenkonflikte hat, und dass Cotys sie nicht bezahlen will, verschlechtert seine Laune weiter. Das führt dann zu einigen weiteren, ziemlich vorhersehbaren Konflikten und Kloppereien vor konsequent dunkler Kulisse, weil in heutigen Blockbustern die poppigen Farben der Sandalenfilme und von „Conan, der Barbar“ nicht mehr existieren.

Wegen der vorhersehbaren und uninteressanten Story, die dieses Mal auf einem Comic von dem am 16. März 2014 verstorbenem Steve Moore basiert, wird allerdings niemand in „Hercules“ gehen. Eher schon wegen der Action. Aber die wird von Brett Ratner, als hätte er nichts von seinen Jackie-Chan-Filmen gelernt, so zerschnippelt, dass die natürlich mit CGI aufgepimpten Kampfszenen vor allem ein großes Chaos sind, was sicher die chaotische Stimmung in einem Kampf angemessen wiederspiegelt, allerdings auch nichts über die Arbeit der Stuntmänner und wenig über die Abläufe der Schlacht verrät. Und natürlich ist ein so inszeniertes Schlachtgetümmel nicht sonderlich beeindruckend. Das vergisst man schon beim Ansehen.

Weil „Hercules“ in 3D präsentiert wird, muss auch etwas zum 3D-Bild gesagt werden: es ist mal wieder gruselig mit all den Nachteilen, die man von 3D kennt und die in einem IMAX noch potenziert werden. Jedenfalls ärgerte mich das 3D-Bild so sehr, dass ich gefühlt alle zwei Minuten aus dem Film gerissen wurde, weil irgendetwas nicht stimmte, wie ein Ghosting-Effekt im Vorder- oder Hintergrund des Bildes, während der Rest korrekt dargestellt wurde, oder schlichtweg falsche Größenverhältnisse bei Körpern, Räumen und Waffen. Viele scheint das nicht zu stören, aber mich störte es dieses Mal so sehr, dass es mir letztendlich den gesamten Film verdarb.

Hercules - Plakat

 

Hercules (Hercules, USA 2014)

Regie: Brett Ratner

Drehbuch: Ryan Condal, Evan Spiliotopoulos

LV: Steve Moore/Chris Bolsin: Hercules: The Thracian War, 2008

mit Dwayne Johnson, Ian McShane, Rufus Sewell, Aksel Hennie, Ingrid Bolsø Berdal, Reece Ritchie, Tobias Santelmann, Joseph Fiennes, Peter Mullan

Länge: 98 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Hercules“

Moviepilot über „Hercules“

Metacritic über „Hercules“

Rotten Tomatoes über „Hercules“

Wikipedia über „Hercules“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Brett Ratners „Aushilfsgangster“ (Tower Heist, USA 2011)