Neu im Kino/Filmkritik: Der Söldner „Hercules“ tötet alle

September 4, 2014

Was haben wir als Kinder nicht die italienischen „Hercules“-Filme geliebt. Von diesen Sandalenfilmen erwarteten wir nur neunzig Minuten Spaß ohne höheren Anspruch, auch ohne Logik und gute Schauspieler. Herrje, Hercules (oder wie der muskelbepackte Held gerade hieß) wurde meistens von einem Bodybuilder gespielt, der während des Drehs vielleicht bekannt war, aber den zwanzig, dreißig Jahre später niemand mehr kannte und dessen Filmkarriere aus einigen dieser bunten Sandalenfilme bestand. Echte Schauspieler verirrten sich nie auf das Set und das Budget war auch nicht hoch. Aber es machte Spaß.

Bei „Hercules“ ist das Budget höher. Offiziell so um die 100 Millionen Dollar. Die Schauspieler sind bekannter. Dwayne ‚The Rock‘ Johnson, Ian McShane, Rufus Sewell, Joseph Fiennes (verschenkt in ungefähr drei Auftritte) und John Hurt sind dabei. Die Regie übernahm Brett Ratner, der die drei „Rush Hour“-Filme, „After the Sunset“, „X-Men – Der letzte Widerstand“ und „Aushilfsgangster“ drehte. Alles keine große Kunst, aber immer spaßige und oft auch kommerziell erfolgreiche Unterhaltung.

Allerdings macht sein „Hercules“ keinen Spaß. Es ist letztendlich eine düster-blutige, angenehm kurze Söldner-Geschichte die im alten Griechenland spielt. Hercules (Dwayne Johnson) ist der Anführer einer kleinen Söldner-Gruppe. Mit einem Geschichtenerzähler, der die Taten von Hercules hübsch ausschmückt zu göttlichen Heldentaten. Schon bei den alten Griechen gehörte Öffentlichkeitsarbeit zum guten Ton. Und eine sexy Amazone ist auch dabei. Jetzt sollen sie für König Cotys (John Hurt) eine feindliche Armee schlagen. Danach stellen sie fest, dass Cotys sie über die Ursachen des Konflikts belog, weshalb der skrupellose Hercules dann doch einige Gewissenkonflikte hat, und dass Cotys sie nicht bezahlen will, verschlechtert seine Laune weiter. Das führt dann zu einigen weiteren, ziemlich vorhersehbaren Konflikten und Kloppereien vor konsequent dunkler Kulisse, weil in heutigen Blockbustern die poppigen Farben der Sandalenfilme und von „Conan, der Barbar“ nicht mehr existieren.

Wegen der vorhersehbaren und uninteressanten Story, die dieses Mal auf einem Comic von dem am 16. März 2014 verstorbenem Steve Moore basiert, wird allerdings niemand in „Hercules“ gehen. Eher schon wegen der Action. Aber die wird von Brett Ratner, als hätte er nichts von seinen Jackie-Chan-Filmen gelernt, so zerschnippelt, dass die natürlich mit CGI aufgepimpten Kampfszenen vor allem ein großes Chaos sind, was sicher die chaotische Stimmung in einem Kampf angemessen wiederspiegelt, allerdings auch nichts über die Arbeit der Stuntmänner und wenig über die Abläufe der Schlacht verrät. Und natürlich ist ein so inszeniertes Schlachtgetümmel nicht sonderlich beeindruckend. Das vergisst man schon beim Ansehen.

Weil „Hercules“ in 3D präsentiert wird, muss auch etwas zum 3D-Bild gesagt werden: es ist mal wieder gruselig mit all den Nachteilen, die man von 3D kennt und die in einem IMAX noch potenziert werden. Jedenfalls ärgerte mich das 3D-Bild so sehr, dass ich gefühlt alle zwei Minuten aus dem Film gerissen wurde, weil irgendetwas nicht stimmte, wie ein Ghosting-Effekt im Vorder- oder Hintergrund des Bildes, während der Rest korrekt dargestellt wurde, oder schlichtweg falsche Größenverhältnisse bei Körpern, Räumen und Waffen. Viele scheint das nicht zu stören, aber mich störte es dieses Mal so sehr, dass es mir letztendlich den gesamten Film verdarb.

Hercules - Plakat

 

Hercules (Hercules, USA 2014)

Regie: Brett Ratner

Drehbuch: Ryan Condal, Evan Spiliotopoulos

LV: Steve Moore/Chris Bolsin: Hercules: The Thracian War, 2008

mit Dwayne Johnson, Ian McShane, Rufus Sewell, Aksel Hennie, Ingrid Bolsø Berdal, Reece Ritchie, Tobias Santelmann, Joseph Fiennes, Peter Mullan

Länge: 98 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Hercules“

Moviepilot über „Hercules“

Metacritic über „Hercules“

Rotten Tomatoes über „Hercules“

Wikipedia über „Hercules“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Brett Ratners „Aushilfsgangster“ (Tower Heist, USA 2011)