Neu im Kino/Filmkritik: „A Touch of Zen“, ein Hauch Schwerelosigkeit im Kino

Dezember 23, 2023

Die Überschrift stimmt. Auch der zwölfte Film der verdienstvollen monatlichen „Zeitlos“-Reise von Rapyid Eye Movies, in der sie mehr oder weniger obskure, meist aus Asien kommende Filme, die bei uns oft zu wenig oder überhaupt nicht beachtet wurden, ist eine Kino-Premiere. Dabei ist „A Touch of Zen“, auch bekannt unter dem TV-Titel „Ein Hauch von Zen“, ein breit anerkannter und bekannter Klassiker des Wuxia-Films und des asiatischen Kinos. Obskur ist hier höchstens, dass King Hus Film, nachdem er 1975 erfolgreich in Cannes und 1979 auf der Berlinale in der Informationsschau in einer ausvekauften Vorstellung lief, seine reguläre Deutschlandpremiere erst am 1. Mai 1982 im ZDF hatte. Schon damals schrieb der Fischer Film Almanach über „dieses Meisterwerk des Actionfilms“, „dass der Bildschirm lediglich eine Vorstellung der Handlung und des Stils vermitteln kann, die Schönheit der farbigen Scopebilder und der aus ihnen erwachsenden Emotionen beim Zuschauen kann das Fernsehen nun einmal nicht transportieren“.

Das kann jetzt – auch wenn in den meisten Wohnungen die TV-Bildschirme inzwischen viel größer als vor vierzig Jahren sind – nachgeholt werden.

A Touch of Zen“ ist deswegen eine Entdeckung für die Kinoleinwand – und King Hu inszenierte den Film mit seinen oft (alp)traumhaften Bildern auch für die große Leinwand.

Die Geschichte ist denkbar einfach, wird aber verschachtelt erzählt und beschränkt sich nicht auf die reine, mit Action aufgeplusterten Geschichte einer blutigen Intrige.

Während der Ming-Dynastie versteckt Yang sich in der Provinz in einem verlassenem Herrenhaus. Ihr Vater, ein ehrenhafter Offizier, wurde von dem mächtigen Eunuchen Wei ermordet. Wei will auch sie töten. Der junge, etwas naive Gelehrte und Maler Gu, der sich in Yang verliebt, wird in den Kampf hineingezogen.

Die Schilderung des Dorflebens und der sich entwickelnden Beziehung zwischen Gu, der meist der humoristische Sidekick ist, und Yang, der begnadeten Kämpferin, nimmt fast die gesamte erste Stunde des Films ein. Erst danach kommt es zu dem ersten Kampf. Etwas später, ungefähr in der Filmmitte, folgt dann die heute immer noch legendäre Kampfszene im Bambuswald. Die darauf folgenden Kampfszenen sind nicht weniger spektakulär in ihrer Verneinung der Gesetze der Schwerkraft. Und, das wird immer wieder gerne vergessen, damals musste alles direkt vor der Kamera gemacht werden. Die heute vorhandenen Möglichkeiten einer nachträglichen Bearbeitung von Bildern gab es noch nicht.

King Hu inszenierte vor diesem dreistündigem Epos den ebenfalls für die Entwicklung des Wuxia-Films wichtigen Film „Dragon inn“. Der lief letzte Monat in der „Zeitlos“-Reihe. Und kann immer noch in einigen Kinos genossen werden.

A Touch of Zen (Hsia Nu, Taiwan 1971)

Regie: King Hu

Drehbuch: King Hu

LV: Pu Songling: Xianü (Kurzgeschichte, enthalten in ‚Seltsame Geschichten aus einem Gelehrtenzimmer‘, 1679/1707 [eine Sammlung von 431 Erzählungen)

mit Feng Hsu, Chun Shih, Ying Bai

Länge: 179 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

auch bekannt als „Ein Hauch von Zen“

Hinweise

Rapid Eye Movies über den Film (dort findet ihr die Kinotermine)

Rotten Tomatoes über „A Touch of Zen“

Wikipedia über „A Touch of Zen“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von King Hus „Dragon Inn“ (Dragon Inn/Lung Men K’I Chan, Taiwan 1967)


Neu im Kino/Filmkritik: Über den Wuxia-Klassiker „Dragon Inn“

November 18, 2023

Während der Ming-Dynastie treffen in der Herberge zum Drachentor mehrere verfeindete Gruppen aufeinander. Auf der einen Seite sind Gefolgsleute des von Obereunuch Zhao hingerichten Generals Yu. Sie wollen Yus Kinder auf dem Weg ins Exil beschützen. Auf der anderen Seite sind Zhaos Gefolgsleute, die Yus Kinder töten sollen.

Die Prämisse und die von Mißtrauen geprägte Atmosphäre in der einsam gelegenen Herberge erinnern an Quentin Tarantinos Schneewestern „The Hateful 8“. Nur dass King Hus „Dragon Inn“ schon Jahrzehnte vor Tarantinos Western entstand. „Dragon inn“ ist das Original und Quentin Tarantino verarbeitete etliche Elemente von King Hus Film in seinem Werk.

Dragon Inn“ war 1967 in Korea, Taiwan, den Philippinen und Hongkong ein gigantischer Kinohit und, rückblickend, der Film, der das Wuxia-Genre definierte. Seitdem versteht man unter Wuxia-Filmen in der Vergangenheit oder in Fantasielandschaften (wobei das eine das andere nicht ausschließt) spielende Geschichten von tapferen Kämpfern, die alle im Raum befindenden Gegenstände zu einer tödlichen Waffe verwandeln können und die sich scheinbar schwerelos bewegen. Immer sind sie überragende Faust- und Schwertkämpfer. Entsprechend beeindruckend sind die epischen Kampfszenen.

Neuere populäre Wuxia-Filme sind Zhang Yimous „Hero“ und „House of Flying Daggers“ und Ang Lees „Tiger and Dragon“/“Crouching Tiger, Hidden Dragon“.

Seine deutsche Premiere hatte „Dragon Inn“ 1989 im ZDF als „Die Herberge zum Drachentor“.

Jetzt bringt Rapid Eye Movies Hus Martial-Arts Film im Rahmen ihrer uneingeschränkt lobenswerten monatlichen „Zeitlos“-Reihe in der vom Taiwan Film Institut restaurierten 4K-Fassung erstmals regulär in die Kinos. Die vielen Landschaftsaufnahmen, die auch gut in einen Western oder epischen Fantasy-Film passen würden, sind für die große Leinwand komponiert. Die Kämpfe sind heute immer noch beeindruckend.

Nächsten Monat, ab dem 21. Dezember, zeigt Rapid Eye Movies in der „Zeitlos“-Reihe King Hus nächsten Film, den auch hier bekannten Klassiker „A Touch of Zen“.

Dragon Inn (Dragon Inn/Lung Men K’I Chan, Taiwan 1967)

Regie: King Hu

Drehbuch: King Hu

mit Lingfeng Shangguan, Chun Shih, Ying Bai, Feng Hsu

Länge: 112 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

auch bekannt als „Die Herberge zum Drachentor“ (TV-Titel)

Hinweise

Rapid Eye Movies über „Dragon Inn“

Moviepilot über „Dragon Inn“

Metacritic über „Dragon Inn“

Rotten Tomatoes über „Dragon Inn“

Wikipedia über „Dragon Inn“ (deutsch, englisch)