Mitternachtskino ist für Weicheier. Nachmitternachtskino erfordert einen echten
WDR, 01.15
Enfant terrible (Deutschland 2020)
Regie: Oskar Roehler
Drehbuch: Klaus Richter, Oskar Roehler
Oskar Roehlers Annäherung an Rainer Werner Fassbinder ist natürlich kein 08/15-Biopic, sondern „als sperrige Hommage ein wuchtiges Werk“ (Lexikon des internationalen Films). Sehenswert
mit Oliver Masucci, Harry Prinz, Katja Riemann, Alexander Scheer, Eva Mattes, Erdal Yıldız, Désirée Nick, Lucas Gregorowicz, Sunnyi Melles, André Hennicke, Ralf Richter, Götz Otto, Antoine Monot Jr., Isolde Barth, Christian Berkel
Oskar Roehlers Annäherung an Rainer Werner Fassbinder ist natürlich kein 08/15-Biopic, sondern „als sperrige Hommage ein wuchtiges Werk“ (Lexikon des internationalen Films). Sehenswert
mit Oliver Masucci, Harry Prinz, Katja Riemann, Alexander Scheer, Eva Mattes, Erdal Yıldız, Désirée Nick, Lucas Gregorowicz, Sunnyi Melles, André Hennicke, Ralf Richter, Götz Otto, Antoine Monot Jr., Isolde Barth, Christian Berkel
TV-Premiere. Oskar Roehlers Annäherung an Rainer Werner Fassbinder ist natürlich kein 08/15-Biopic, sondern „als sperrige Hommage ein wuchtiges Werk“ (Lexikon des internationalen Films)
mit Oliver Masucci, Harry Prinz, Katja Riemann, Alexander Scheer, Eva Mattes, Erdal Yıldız, Désirée Nick, Lucas Gregorowicz, Sunnyi Melles, André Hennicke, Ralf Richter, Götz Otto, Antoine Monot, Jr., Isolde Barth, Christian Berkel
TV-Premiere. Nicht wirklich schlechtes, aber auch niemals wirklich packendes Drama über den 17-jährigen Franz, der im Sommer 1937 aus seinem Heimatdorf nach Wien kommt, dort bei einem früheren Liebhaber seiner Mutter in die Lehre geht (in einem Tabak- und Schreibwarengeschäft, das in Österreich Trafik genannt wird), Dr. Sigmund Freud kennen lernt und sich in ein Mädchen verliebt.
Der siebzehnjährige Franz Huchel ist glücklich am Attersee. Aber seine Mutter schickt ihn 1937 nach Wien. Dort soll er bei Otto Trsnjek, einem ihrer früheren Liebhaber, eine Lehre als Trafikant beginnen. Ein Trafikant ist ein Verkäufer in einem Tabak-, Schreibwaren- und Zeitungsgeschäft. Neben seiner Lehre bei dem nur auf den ersten Blick unzugänglichen Kriegsinvaliden Trsnjek, lernt Franz die Kundschaft des Trafik kennen, wozu Sigmund Freud gehört, und er verliebt sich in die etwas ältere und sehr lebenserfahrene Böhmin Anezka. Aber erwidert sie seine Gefühle? In dieser und einigen anderen Fragen kann ihm Dr. Freud helfen, der die Gespräche mit dem jungen Mann genießt.
Und so plätschert in Nikolaus Leytners Coming-of-Age-Drama „Der Trafikant“ die Geschichte vor sich hin, ohne als Verfilmung von Robert Seethalers Bestseller eigene Akzente zu setzen. Episoden und Beobachtungen reihen sich aneinander, bis die Nazis aktiv in das Geschehen eingreifen und Franz zu einer ebenso zufälligen, wie wirkungslosen Widerstandshandlung provozieren. Das mag im Roman alles funktionieren, aber besonders filmisch ist das nicht.
„Der Trafikant“ ist einer dieser Middle-of-the-Road-Filme, die für eine 20.15-Uhr-Ausstrahlung im TV konzipiert werden: Inszenierung, Schauspieler und Ausstattung sind gut, und immer wird der kleinste gemeinsame Nenner anvisiert. Anstelle eines irgendwie originären Zugriffs auf das Material und eigener Akzentsetzungen, wird einem nur die bebilderte Readers-Digest-Version des Romans präsentiert.
Der Trafikant (Österreich/Deutschland 2018)
Regie: Nikolaus Leytner
Drehbuch: Klaus Richter, Nikolaus Leytner
LV: Robert Seethaler: Der Trafikant, 2012
mit Simon Morzé, Bruno Ganz, Johannes Krisch, Emma Drogunova, Regina Fritsch, Karoline Eichhorn, Michael Fitz
HR, 21.40 Tatort: Gegenspieler (Deutschland 1987, Regie: Reinhard Schwabenitzky)
Drehbuch: Ulf Miehe, Klaus Richter
Der vorbestrafte Jürgen Koch gibt den Überfall auf eine Tankstelle zu. Aber mit der späteren Fahrerflucht will er nichts zu tun haben. Kommissar Lenz sucht den Mörder.
Der letzte Auftritt von Helmut Fischer als Kommissar Lenz ist eine ironisch erzählte Geschichte über einen kleinen Gauner, Gaunereien, einen Mord, Zufälle, Schicksal und einer seiner besten Fälle.
Das Team Schwabenitzky/Miehe/Richter ist auch für den ebenso gelungenen, vorletzten Lenz-Tatort „Die Macht des Schicksals“ verantwortlich.
Mit Helmut Fischer, Georg Einerdinger, Henner Quest, Rolf Castell, Uschi Wolff, Karl Michael Vogler, Johanna von Koczian, Max Tidof
Markus Imboden ist vor allem für seine gelungenen TV-Arbeiten, meistens im Krimibereich, bekannt. Er drehte mehrere „Bella Block“- und „Ein starkes Team“-Filme, „Mörderische Jagd“ und den Zweiteiler „Das Konto“. Auch sein neuer Kinofilm „Am Hang“, nach dem Bestseller von Markus Werner, hat etwas von einem Krimi. Denn Felix (Henry Hübchen) ertrinkt im Selbstmitleid, ist verzweifelt, latent suizidgefährdet und extrem wütend. Nach fünfzehn Jahren hat ihn seine Frau Valerie (Martina Gedeck) endgültig und für immer verlassen. Wegen eines anderen Mannes. Am liebsten würde der Orchestermusiker den Liebhaber umbringen. Wenn er denn wüsste, wer er ist.
In einem Hotelrestaurant trifft er auf Thomas (Max Simonischek) und sie beginnen sich zu unterhalten. Für den deutlich jüngeren Anwalt Thomas gibt es die große Liebe nicht. Es gibt nur One-Night-Stands und flüchtige Abenteuer und er erzählt dem seltsamen Fremden von Bettina, die ihn verlassen hat.
Weil Imboden die Erzählungen der beiden Männer mit Rückblenden illustriert, wissen wir lange vor Felix, dass Bettina und Valerie die gleiche Frau sind. Und während Martina Gedeck als somnambule Schönheit mit psychischen Problemen, weshalb sie auch in einer Klinik war, die Felix von seinem Hotelzimmer aus beobachten kann, im Romy-Schneider-Gedächtnismodus eher schweigsam als Projektionsfläche der beiden Männer durch den Film wandelt, dürfen wir viel Zeit mit Felix und Thomas verbringen, die sich beide erfolgreich bemühen, möglichst unsympathisch zu sein. Der eine ist eine manisch depressive Nervensäge, die erfolgreich anderen die letzten Nerven raubt und seine, wie er sagt, verstorbene Frau verklärt. Der andere ist ein erfolgreicher Anwalt und Schnösel, der im wirklichen Leben wahrscheinlich keine zwei Minuten mit Felix (außer natürlich er würde dafür bezahlt) verbringen würde. Im Film müssen wir allerdings glauben, dass Thomas sich, nachdem er an einem Bahnübergang schon eine sehr unglücklich verlaufene Begegnung mit Felix hatte, sich freiwillig zu ihm setzt und mit diesem Stinkstiefel plaudert und plaudert und plaudert. Nicht nur einmal, sondern mehrmals. Und das in gestelzten Theaterdialogen über die Frage, ob es die einzig wahre, ewige Liebe gibt.
Jedenfalls solange, bis wir aus heiterem Himmel erfahren, dass der selbstmitleidige Felix Valeries Liebhaber umbringen möchte – und das ist noch nicht die letzte vollkommen aus der Luft gegriffene überraschende Wendung.
Während schon das Gespräch und die Beziehung zwischen Felix und Thomas extrem künstlich ist, werden die Zufälle, die es in „Am Hang“ im Übermaß gibt, gegen Filmende noch abstruser, was auch daran liegt, dass hier nur Thesenträger aufeinanderprallen und es deshalb auch egal ist, ob und wie die Handlungen der Charaktere motiviert sind.
Am Ende fragt man sich, was einem Markus Imboden erzählen wollte. Denn die nur durch Zufälle zusammengehaltene Geschichte mit unsympathischen Menschen, die emotioanl nie berühren und deren Handlungen wir nie wirklich nachvollziehen können, bleibt immer nur ausgedachtes Thesenkino ohne eine tragende These.
Vielleicht funktioniert die Geschichte besser als Roman oder als Theaterstück. Als Film funktioniert „Am Hang“ nicht.
Am Hang (Schweiz/Deutschland 2013)
Regie: Markus Imboden
Drehbuch: Klaus Richter, Martin Gypkens, Markus Imboden (Drehfassung)
LV: Markus Werner: Am Hang, 2004
mit Henry Hübchen, Martina Gedeck, Max Simonischek, Sophie Hutter, Ernst C. Sigrist