Neu im Kino/Filmkritik: „Ghostbusters: Frozen Empire“ muss besiegt werden

März 21, 2024

Der vorherige „Ghostbusters“-Film „Legacy“ (Ghostbusters: Afterlife, USA 2021) wirkte wie eine gelungene Staffelübergabe an eine neue Generation Geisterjäger. Regisseur Jason Reitman verlegte die Handlung ins ländliche Oklahoma, führte eine neue Generation teils jugendlicher Ghostbusters ein und zitierte nebenbei das Original so, dass die Zitate niemals störten. Danach hätte es, während das alte Team seinen Ruhestand genießt, mit dem neuen Team weitergehen können. Aber jetzt sind wir mit der Fortsetzung „Frozen Empire“ gefangen in einem Film, der wie ein liebloses Abhaken der Wunschliste der „Ghostbusters“-Fans wirkt.

Die Geschichte von „Frozen Empire“ spielt, wie die Prä-“Legacy“-Filme, in New York. Die in „Legacy“ eingeführte Spengler-Familie und ihre Freunde aus Summerville, Oklahoma, sind in New York. Die Spenglers, also die superschlaue Phoebe, ihr älterer Bruder Trevor, ihre Mutter Callie und ihr Freund Gary Grooberson, leben in Tribeca in der altbekannten Ghostbusters-Zentrale und sie jagen Geister. Regisseur Gil Kenan, der bei „Legacy“ Co-Drehbuchautor war und 2015 das überflüssige „Poltergeist“-Remake inszenierte (ein Film, den auch Sam Rockwell nicht retten konnte), übernahm die Regie. Sein Film beginnt mit einer großen Actionszene, die auch gleichzeitig der Action-Höhepunkt ist. Dafür hat das Finale mit den aus dem Trailer bekannten Bildern vom vereisten New York die besseren Bilder. Am Filmanfang jagt die Spengler-Familie im altbekannten Ghostbuster-Mobil Ecto-1 am helllichten Tag durch die engen Gassen von Manhattan den Hell’s Kitchen Kanaldrachen, den sie letztendlich fangen können. Bis dahin missachten sie ungefähr jede Verkehrsregel und sie hinterlassen eine Spur der Verwüstung. Danach mäandert die Story ziellos zwischen mehr oder weniger schrecklichen Auftritten von teils bekannten Geistern, lahmen Witzen, der Vorbereitung des Auftritts des Oberbösewichts Garraka und dem Vorstellen der vielen, vielen, sehr vielen Ghostbusters.

In „Legacy“ konzentrierte sich die Geschichte auf die damals zwölfjährige Phoebe und ihre Familie. Das war ein überschaubares Ensemble, in dem jede Figur im Gedächtnis blieb. In „Frozen Empire“ sind alle, die jemals zu den Ghostbusters gehörten, sofern sie nicht verstorben sind, dabei.

Aus „Ghostbusters: Legacy“ sind

Mckenna Grace als Phoebe Spengler,

Finn Wolfhard als Trevor Spengler,

Carrie Coon als Callie Spengler,

Paul Rudd als Gary Grooberson

Logan Kim als Podcast und

Celeste O’Connor als Lucky Domingo

wieder dabei. Das sind alle Figuren, die vor drei Jahren in „Legacy“ als Haupt- und Nebengeisterjäger in das „Ghostbusters“-Universum eingeführt wurden.

Aus dem ersten „Ghostbusters“-Filmen sind

Bill Murray als Dr. Peter Venkman,

Dan Aykroyd als Dr. Raymond Stantz,

Ernie Hudson als Dr. Winston Zeddemore,

Annie Potts als Janine Meinitz und, auch wenn er kein Geisterjäger, sondern ein Geisterjäger-Jäger ist,

William Atherton als Bürgermeister Walter Peck

dabei.

In „Legacy“ hatte sie kurze, ans Ende geklatschte Cameo-Auftritte, die für den Film egal, für die Werbung und das Fanherz wichtig waren. Dieses Mal haben sie umfangreichere, für die Geschichte wichtigere Rollen.

Und, als ob das nicht genug Ghostbuster wären, führt Regisseur Gil Kenan noch einige weitere Ghostbusters ein. Nämlich

Kumail Nanjiani als Nadeem Razmaadi,

James Acaster als Lars Pinfield und wenn ich jetzt vielleicht einen weiteren Neuzugang vergessen habe, dann tut es mir leid. Irgendwann geht der Überblick verloren und aus individuellen, wiedererkennbaren Figuren, mit denen man mitfiebert, wird nur noch eine Masse austauschbarer Fußsoldaten. Patton Oswalt hat, obwohl er im Trailer prominent auftaucht, nur einen Auftritt als Dr. Hubert Wartzki. Und das ist gut so.

Acaster arbeitet in Winston Zeddemores Paranormal Research Center. Das baute er in den vergangenen Jahren als zweiten Standort neben dem Ghostbusters-Hauptquartier auf (Frag nicht. Ist halt so.). Neben dem altbekannten Ghostbusters-Hauptquartier ist Zeddemores Forschungszentrum ein zweiter wichtiger Handlungsort.

Razmaadi ist ein Taugenichts, der am Anfang der Horrorkomödie ein Erbstück verkauft, ohne zu wissen, dass in der fußballgroßen Kugel seit Jahrzehnten der Dämon Garraka gefangen ist. Garraka ist der Anführer der Untoten. In Sekundenbruchteilen kann er Menschen zu Eis gefrieren lassen. Falls er sich aus der Kugel befreit, könnte sein Auftauchen das Ende der Welt bedeuten. Im Lauf des Films erfährt Razmaadi einiges über seine Familie. Am Ende gehört er zu den Geisterjägern.

Das sind jetzt zwölf Ghostbuster, die alle im Finale irgendetwas tun müssen. Auch wenn der geneigte Zuschauer sich nachher fragt, was denn diese Figur im Finale genau getan hat.

Der Weg bis zum Finale, in dem die Ghostbusters gegen Garraka kämpfen und Manhattan, New York und die Welt retten wollen, gestaltet sich arg langwierig. Das liegt auch daran, dass Garraka erst im Finale auftaucht und dann schwuppdiwupp New York und seine Bewohner gefrieren lässt. Bis dahin gibt es einige Hinweise auf sein Auftauchen, das Auftauchen anderer Geister, Witzeleien und jeder Ghostbuster darf einmal durch das Bild laufen.

Das Ergebnis ist das als Horrorkomödie getarnte Abarbeiten einer Checkliste. Lustlos, ohne besonderes Engagement und mit viel zu vielen Geisterjägern. Als Auftakt für eine TV-Serie mag das funktionieren. Als Spielfilm nicht.

Ghostbusters: Frozen Empire (Ghostbusters: Frozen Empire, USA 2024)

Regie: Gil Kenan

Drehbuch: Gil Kenan, Jason Reitman (basierend auf dem 1984er Film „Ghostbusters“ von Ivan Reitman [Regie], Dan Aykroyd [Drehbuch] und Harold Ramis [Drrehbuch])

mit Mckenna Grace, Finn Wolfhard, Carrie Coon, Paul Rudd, Logan Kim, Celeste O’Connor, Bill Murray, Dan Aykroyd, Ernie Hudson, Annie Potts, William Atherton, Kumail Nanjiani, James Acaster, Patton Oswalt, Emily Alyn Lind

Länge: 116 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Moviepilot über „Ghostbusters: Frozen Empire“

Metacritic über „Ghostbusters: Frozen Empire“

Rotten Tomatoes über „Ghostbusters: Frozen Empire“

Wikipedia über „Ghostbusters: Frozen Empire“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Paul Feigs „Ghostbusters“ (Ghostbuster, USA 2016) (Ach, war der gut.)

Meine Besprechung von Gil Kenans Remake „Poltergeist“ (Poltergeist, USA 2015)


Neu im Kino/Filmkritik: Marvel lässt die „Eternals“ auf die Menschheit los

November 3, 2021

Wer „Nomadland“ für einen der besten Filme des Jahres hält und deswegen den neuen Film von Chloé Zhao ansehen will, sollte es bleiben lassen. „Nomadland“ war ein vor Ort, mit Laien gedrehtes, mit mehreren Oscars, unter anderem als „Bester Film“, ausgezeichnetes Independent-Drama.

Eternals“ ist Blockbuster-Kino mit Stars, exotischen Drehorten und einer eingeschworenen Fanbase, die bedient werden will. Immerhin ist „Eternals“ der 25. Film im unglaublich erfolgreichem Marvel Cinematic Universe (MCU) und, nach „Black Widow“ und „Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings“, ist dies der dritte Film der vierten Phase. Oder, anders gesagt, der Neustart nach „Avengers: Endgame“. In dem Film wurden die vorherigen Marvel-Filme zusammengeführt und abgeschlossen. Jetzt soll es mit neuen Figuren, wie Shang-Chi und den Eternals, alten Bekannten (im Dezember geht es mit Spider-Man weiter. Für 2022 sind Filme mit Doctor Strange, Thor und Black Panther angekündigt.) und einer neuen Herausforderung weiter gehen.

Um welche es sich dabei handelt, ist allerdings noch unklar. Ebenso unklar ist, in welche Richtung sich das MCU entwickeln soll. In Shang-Chi und den Eternals gibt es keine Gastauftritte etablierter Marvel-Helden. Aber beide Filme spielen nach „Avengers: Endgame“, es gibt Welten, mit denen die Avengers nichts zu tun hatten (jedenfalls weitgehend) und es gibt so langsam das Problem, dass es zu viele Superhelden für zu wenige Gefahren gibt. Oder anders gesagt: Wo waren die Eternals als die Avengers die Welt, das Universum und den ganzen Rest retten mussten?

Denn die Eternals wurden vor siebentausend Jahren von den Celestials, einem Geschlecht kosmischer Schöpfer, von dem Planeten Olympia auf die Erde geschickt. Sie sollen die Menschen vor den Deviants, hässlich aussehenden interstellaren Raubtieren, schützen. Nachdem ihnen das gelang, lebten sie weiter auf der Erde als sich im Hintergrund haltende Wächter. Bei keiner der uns aus den Geschichtsbüchern bekannten Katastrophe griffen sie kein; bei keiner der uns aus Marvel-Geschichten bekannten Katastrophe griffen sie ein. Denn sie sollten den Lauf der Menschheitsgeschichte nicht beeinflussen.

Bis jetzt. Denn jetzt tauchen die Deviants wieder auf und den Eternals bleiben, wie wir ungefähr in der Filmmitte in einer Rückblende erfahren, nur wenige Tage, um die Welt zu retten.

Die Eternals wurden 1976 von Jack Kirby für Marvel Comics erfunden und durchlebten seitdem in den Comics einige Wandlungen. Im Film sind sie eine zehnköpfige, zu gleichen Teilen aus Frauen und Männern bestehende, sehr diverse Truppe. Sie besteht aus Sersi (Gemma Chan), Ikaris (Richard Madden), Ajak (Salma Hayek), Thena (Angelina Jolie), Druig (Barry Keoghan), Kingo (Kumail Nanjiani), Phastos (Brian Tyree Henry), Gilgamensch (Don Lee [Ma Dong-Seok]), Makkari (Lauren Ridloff) und Sprite (Lia McHugh). Sie alle haben mehr oder weniger ausgeprägte und nützliche Superkräfte. Und sie können sich zu einem Uni-Mind vereinigen und so noch viel stärker werden.

Durch ihre Diversität unterscheiden die Eternals sich von den Avengers, die ein Club weißer Männer sind (ja, Hulk ist grün und Black Widow eine Frau), und den Guardians of the Galaxy. In ihnen sind auch eine grüne Außerirdische, ein schießwütiger Waschbär und ein sprechender Baum dabei, aber die Guardians sind primär eine bunte Science-Fiction-Truppe, die in einer weit, weit entfernten Galaxis für Unruhe sorgen und dabei ihren Spaß haben. Mit einer klaren Rollenverteilung zwischen Haupt- und Nebenfiguren.

Die Eternals sind eine todernste, gleichberechtigte Göttertruppe. Nur bei den gemeinsamen Mahlzeiten kommt ein mildes „Avengers“-Gefühl auf. Allerdings wirken bei den Eternals die Tischgespräche gezwungen locker und witzig. Außerdem fehlt hier die enge emotionale Verbindung des Zuschauers zu den Figuren, die es bei den Avengers gibt. Sie wurden über mehrere Einzelfilme dem Publikum vorgestellt und schlossen sich erst später zu den Avengers zusammen. Das war eine gute Strategie von Marvel, um uns mit den Figuren, ihren Fähigkeiten und Schrullen vertraut zu machen. Das muss Chloé Zhao jetzt in einem Film erledigen und es gelingt ihr immerhin, dass am Ende, auch dank der bekannten Schauspieler, die zehn Eternals ein minimales individuelles Profil haben.

Der Film selbst ist eine kontemplativ inszenierte Mischung aus ellenlangen Erklärdialogen, etwas Witz (ein Eternals-Mitglied ist ein extrovertierter Bollywood-Schauspieler und er wird von einem Kameramann, der alles aufzeichnet, begleitet), etwas CGI-Action (vor allem wenn die Deviants im Bild sind) und sinnlosen Rückblenden. Denn Zhao zeigt, wie die Eternals in den vergangenen Jahrhunderten an verschiedenen historisch wichtigen Orten waren und sie sich, mal mehr, mal weniger, in die Geschichte der Menschheit einmischten. Keine dieser Szenen bringt die Handlung voran oder verrät etwas wichtiges über die einzelnen Figuren. Aber sie weisen schon auf ein Problem des Films hin: er ignoriert immer wieder seine eigenen Regeln. Schließlich sollen die Eternals sich nicht in die Menschheitsgeschichte einmischen. Sie tun es dann doch. Manchmal. Sie sind unsterblich. Jedenfalls meistens. Halt so, wie es gerade in die Filmgeschichte passt. Sie haben sich in den letzten Jahrhunderten, nachdem sie die Deviants besiegt haben, getrennt und über den Globus zerstreut. Einerseits wissen sie nicht, wo die anderen Eternals sind, andererseits finden sie problemlos zueinander und können in Sekunden verschiedene Orte besuchen. Damit wird alles beliebig und jedes Problem kann mit etwas Magie oder Glauben behoben werden. Oder, wenn es so besser in die Geschichte passt, nicht.

Eternals“ ist ein Film wie von einem Komitee gemacht, das unwichtige Fragen beantwortet und den Rest ignoriert. Als hätte es keinen Syd Field gegeben. Aber auch ohne die Lektüre von Syd Field stellt sich die Frage, warum Marvel jetzt beginnt, die Fehler des DC Extended Universe (DCEU) nachzuahmen.

Eternals (Eternals, USA 2021)

Regie: Chloé Zhao

Drehbuch: Chloé Zhao, Patrick Burleigh, Ryan Firpo, Kaz Firpo (nach einer Geschichte von Ryan Firpo und Kaz Firpo) (basierend auf dem Marvel-Ensemble von Jack Kirby)

mit Gemma Chan, Richard Madden, Kumail Nanjiani, Lia McHugh, Brian Tyree Henry, Lauren Ridloff, Barry Keoghan, Don Lee (Ma Dong-seok), Kit Harington, Salma Hayek, Angelina Jolie

Länge: 157 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Kinostart: 3. November 2021

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Eternals“

Metacritic über „Eternals“

Rotten Tomatoes über „Eternals“

Wikipedia über „Eternals“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Chloé Zhaos „Nomadland“ (Nomadland, USA 2020)


Neu im Kino/Filmkritik: Die Buddy-Komödie „Stuber – 5 Sterne undercover“

August 22, 2019

Nach einer lange überfälligen Augen-OP soll der stahlharte Old-School-Cop Vic Manning (Dave Bautista) sich unbedingt einen Tag schonen. Da erhält er den Hinweis auf einen großen Drogendeal, der in einigen Stunden stattfinden soll. Der Mann, der seinen Partner ermordete und den er seitdem unermüdlich sucht, soll bei dem Deal dabei sein. Weil es wahrscheinlich einen Verräter in den eigenen Reihen gibt, und weil Manning sowieso am liebsten alleine arbeitet, will er den Bösewicht alleine zur Strecke bringen.

Weil Manning die ersten Stunden nach der Augen-OP blind ist, bestellt er sich ein Uber-Taxi. Sein Fahrer Stu (Kumail Nanjani) ist das vollkommene Gegenteil von Manning. Er ist dagegen ein schweigsames Muskelpaket, das Konflikte mit Gewalt löst. Stu ist dagegen gesprächig, höflich und sanftmütig. Für eine Fünf-Sterne-Bewertung tut er fast alles.

Dieses gegensätzliche Paar ballert, kloppt und witzelt sich bei der Verbrecherjagd durch Los Angeles.

Stuber – 5 Sterne undercover“ heißt die Buddy-Action-Komödie, die über neunzig Minuten die sattsam bekannte Formel aus Action und Comedy wiederholt und dabei zeigt, was herauskommt, wenn bei einer Buddy-Komödie die Witze nicht zünden, die Action lahm ist und die beiden Hauptdarsteller nicht miteinander harmonisieren. Michael Dowse inszenierte einen vergessenswerten Film, der einen wehmütig an die Klassiker des Genres, wie „Nur 48 Stunden“, „Red Heat“ oder die „Lethal Weapon“-Filme, denken lässt. Die sind auch beim zehnten Ansehen immer noch unterhaltsamer als „Stuber“ beim ersten Ansehen.

Stuber – 5 Sterne undercover (Stuber, USA 2019)

Regie: Michael Dowse

Drehbuch: Tripper Clancy

mit Dave Bautista, Kumail Nanjiani, Iko Uwais, Natalie Morales, Betty Gilpin, Jimmy Tatro, Mira Sorvino, Karen Gillan

Länge: 94 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Stuber“

Metacritic über „Stuber“

Rotten Tomatoes über „Stuber“

Wikipedia über „Stuber“