Neu im Kino/Filmkritik (kurz): „Speak no evil“, „Rose“, die „Wochenendrebellen“ besuchen „Das Nonnenrennen“

September 29, 2023

Neben dem SF-Kriegsfilm „The Creator“ (tolle Bilder, maue Story) laufen diese Woche auch eine Komödie („Das Nonnenrennen“), ein Horrorfilm („Speak no evil“) und zwei auf Tatsachen basierende Wohlfühldramen („Rose“ und „Wochenendrebellen“) an. Beginnen wir mit der leichtesten Kost: „Das Nonnenrennen“.

Nonnen auf Fahrrädern sind schon einmal ein ziemlich sicherer Lacher. In „Das Nonnenrennen“ setzten sie sich auf die Fahrräder, um ein Fahrradrennen zu gewinnen. Mit dem Gewinn wollen sie ein heruntergekommenes Altersheim sanieren. Für eine Komödie ist das eine durchaus tragfähige Prämisse, aus der dann wenig bis nichts gemacht wird.

Das Nonnenrennen“ ist eine ziemlich lahme Komödie mit etwas Slapstick, altbackenen Witzen und viel Leerlauf.

Das ist Klamauk aus einer anderen Zeit, der irgendwann im Nachmittagsprogramm versendet und gesehen wurde, wenn gerade nicht schon wieder „Das fliegende Klassenzimmer“ (ich rede von der 1973er Version) oder ein Heinz-Erhardt-Film im Fernsehen lief.

Das Nonnenrennen (Juste ciel !, Frankreich 2022)

Regie: Laurent Tirard

Drehbuch: Cécile Larripa, Philippe Pinel, Laurent Tirard

mit Valérie Bonneton, Camille Chamoux, Claire Nadeau, Guilaine Londez, Sidse Babett Knudsen, Louise Malek, François Morel, Jean-Michel Lahmi

Länge: 88 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

Homepage zum Film

Moviepilot über „Das Nonnenrennen“

AlloCiné über „Das Nonnenrennen“

Wikipedia über „Das Nonnenrennen“ 

Meine Besprechung von Laurent Tirards „Der kleine Nick macht Ferien“ (Les Vacances du petit Nicolas, Frankreich 2014)

Horrorfilme müssen sich nicht um kreischende Teenager, die vor oder nach dem ersten Sex vor messerschwingenden Schlitzern davonlaufen, oder um Mütter, die ihr Baby für den Teufel halten, drehen. In „Speak no evil“ steht ein Ehepaar im Mittelpunkt. Bjørn und Louise besuchen in Holland ihre Urlaubsbekanntschaft. Dummerweise entpuppt sich das im Urlaub so nette Paar mit ihrem stillen Kind als gar nicht so nett.

Christian Tafdruf dreht in seinem dritten Spielfilm (nach „Eltern“ und „Eine schreckliche Frau“) langsam an der Spannungsschraube und es macht Spaß, wie aus kleinen Irritationen über Missverständnisse und Unhöflichkeiten etwas anderes wird. Dabei erweisen sich die Gäste als überaus höfllich, geduldig und fügsam. Bis…nein, das wird jetzt nicht verraten.

Nächstes Jahr soll ein US-Remake in die Kinos kommen. Von Blumhouse produziert, von James Watkins inszeniert und mit James McAvoy und Mackenzie Davis in den Hauptrollen.

Speak no evil (Gæsterne, Dänemark/Niederlande 2022)

Regie: Christian Tafdrup

Drehbuch: Christian Tafdrup, Mads Tafdrup

mit Morten Burian, Sidsel Siem Koch, Fedja van Huêt, Karina Smulders

Länge: 98 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

internationaler Titel: Speak no evil

Hinweise

Dänische Homepage zum Film

Moviepilot über „Speak no evil“

Metacritic über „Speak no evil“

Rotten Tomatoes über „Speak no evil“

Wikipedia über „Speak no evil“ (deutsch, englisch, dänisch)

Nach zwei erfundenen Geschichten, haben wir uns zwei wahre Geschichten verdient. „Rose“ spielt in den Neunzigern und erzählt von einer Busreise von Dänemark nach Paris. Ein Problem für die Mitreisenden ist Inger. Vor zwanzig Jahren war sie längere Zeit in Paris. Danach erkrankte sie psychisch. Heute, also im Herbst 1997, lebt sie in einer Psychiatrie, die sie nicht verlassen möchte. Ingers Schwester und ihr Mann möchten ihr mit dieser Paris-Fahrt einen Gefallen tun und Erinnerung an eine glückliche Vergangenheit heraufbeschwören.

Während der Vorstellungsrunde im Bus eröffnet Inger den Mitreisenden, dass sie schizophren ist. Mit ihrem auffälligem Verhalten irritiert und verärgert sie zunächst die Mitreisenden.

Niels Arden Oplev („Worlds apart“, „Verblendung“) hat ein nettes Roadmovie gedreht, das zum gegenseitigen Verständnis aufruft. Sehr überzeugend ist Hauptdarstelleirn Sofie Gråbøl, die hier eine ganz andere Frau als in „Kommissarin Lund“ spielt.

In Skandinavien war das angenehm herbe Feelgood-Movie im Kino ein Überraschungserfolg.

Rose – Eine unvergessliche Reise nach Paris (Rose, Dänemark 2022)

Regie: Niels Arden Oplev

Drehbuch: Niels Arden Oplev

mit Sofie Gråbøl, Lene Maria Christensen, Anders W. Berthelsen, Søren Malling, Luca Reichardt Ben Coker, Peter Gantzler, Christiane G. Koch, Karen-Lise Mynster, Illyès Salah, Jean-Pierre Lorit

Länge: 106 Minuten

FSK:ab 12 Jahre

Hinweise

Moviepilot über „Rose“

Rotten Tomatoes über „Rose“

Wikipedia über „Rose“

Meine Besprechung von Niels Arden Oplevs „Verblendung“ (Män som hatar kvinnor, Schweden/Deutschland/Dänemark 2009)

Meine Besprechung von Niels Arden Oplevs „Flatliners“ (Flatliners, USA 2017)

Ein Aufruf zum Verstehen ist auch „Wochenendrebellen“. Marc Rothemund erzählt die wahre Geschichte von dem zehnjährigen Jason (Cecilio Andresen) und seinem Vater Mirco (Florian David Fitz). Jason ist Asperger-Autist. Hochbegabt, aber sehr schwierig im Umgang. Als er hört, dass jeder Jugendliche einen Lieblings-Fußballverein hat, will er auch einen Lieblings-Fußballverein haben. Die Vorschläge seiner Eltern, nämlich einfach ihren Verein zu nehmen, lehnt er rundweg ab. Das könnte ja nicht der beste Verein sein. Deshalb will er jeden Verein in der ersten, zweiten und dritten Liga in Deutschland bei einem Heimspiel besuchen und nach vorher festgelegten Kriterien bewerten. Sein Vater, der die Dimension des Projekts zunächst nicht überblickt und mehr Zeit mit Jason verbringen will, ist einverstanden, dass sie gemeinsam die Fußballspiele von 56 Mannschaften besuchen.

Wochenendrebellen“ ist ein okayer Feelgood-Mainstream-Film, der zu sehr an der Oberfläche bleibt. So gelingt es ihm nur in wenigen Sekunden zu vermitteln, wie Jason die Welt wahrnimmt (nämlich als ein einziges bedrohliches Chaos) und wie wichtig Sicherheit stiftende Routinen für ihn sind. Nie gelingt es ihm, erfahrbar zu machen, warum Fußball für so viele Menschen so wichtig ist und warum Jason sich immer wieder in diese chaotische Welt begibt. Da wäre mehr, viel mehr möglich gewesen.

Wochenendrebellen (Deutschland 2023)

Regie: Marc Rothemund

Drehbuch: Richard Kropf

LV: Mirco von Juterczenka, Jason von Juterczenka: Wir Wochenendrebellen – Wie ein autistischer Junge und sein Vater über den Fußball zum Glück finden, 2017

mit Florian David Fitz, Cecilio Andresen, Aylin Tezel, Florina Siegel, Joachim Król, Petra Marie Cammin, Milena Dreissig, Leslie Malton, Tilo Nest, Michaela Wiebisch

Länge: 109 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Wochenendrebellen“

Moviepilot über „Wochenendrebellen“

Wikipedia über „Wochenendrebellen“ (deutsch, englisch)

 


Neu im Kino/Filmkritik: „Der kleine Nick macht Ferien“ und wir dürfen ihn begleiten

Oktober 5, 2014

Wie transportiert man eine Geschichte aus den frühen sechziger Jahren, ein Kinderbuch, in die Gegenwart? Man kann sie natürlich in die Gegenwart verlegen oder man macht es wie Laurent Tirard bei seiner Verfilmung von „Der kleine Nick macht Ferien“. Er lässt die Geschichte in den späten Fünfzigern/frühen Sechzigern spielen. In den langen französischen Sommerferien, in denen die Städter in die Berge oder ans Meer fahren. Dieses Jahr fahren Nicks Eltern ans Meer. Oma ist auch dabei. Papa hätte das zwar gerne verhindert, aber das war Mamas Bedingung, um Papas Wunsch nach einem Strandurlaub zu erfüllen. Nick kommt dagegen gut mit Oma aus. Immerhin hat sie einen riesigen Vorrat an Bonbons, die es gegen Küsschen gibt.
Am Strand findet Nick schnell einige Freunde. Während die Rasselbande den Strand und das Hotel unsicher macht, auch einmal in einem Badezimmer die Rohre für Dusche und Toilette vertauscht, gibt es pointierte Beobachtungen zum Strandleben in einem Fünfziger-Jahre-Urlaubsort.
Gleichzeitig nehmen die Erwachsenen und ihre Probleme einen breiten Raum ein. Papa fragt sich, was er auf die Urlaubskarte für seinen Chef schreiben soll. Mama wird von einem exaltiertem italienischem Filmproduzenten, der anscheinend gerade aus einem Fellini-Film herausgefallen ist, als neuer Star entdeckt. Während Mama die Aufmerksamkeit genießt, verzweifelt Papa.
Nick hat ein ganz anderes Problem: Isabelle. Die Tochter eines alten Freundes von Papa, den sie zufällig im Hotel trafen. Während Isabelle ihn komisch anstarrt, halten ihre Eltern sie für ein schönes Paar. Nick der schon die Hochzeitsglocken mit diesem stummen Monster klingeln hört, will mit seinen Strandfreunden die Heiratspläne seiner Eltern für ihn sabotieren. Mit allen Mitteln, wozu auch die schon erwähnte „Psycho“-Dusche gehört. Denn Nick will eigentlich Marie-Hedwig, seine Freundin aus Paris, die mit ihren Eltern an einem anderen Ort urlaubt, heiraten.
Laurent Tirard, der bereits 2009 „Der kleine Nick“ (ebenfalls mit Kad Merad und Valérie Lemercier als Eltern) drehte, der damals in Frankreich der erfolgreichste Film des Jahres war, tobt sich in seinem neuen Film „Der kleine Nick macht Ferien“ in der Vergangenheit aus, als müsste er eine Farbversion von „Monsieur Hulot macht Ferien“ drehen. Das ist von der ersten bis zur letzten Minute wundervoll Retro.
Und wie in Jacques Tatis Komödienklassiker ist auch in „Der kleine Nick macht Ferien“ die Filmgeschichte in erster Linie eine Ansammlung von Anekdoten, die zu einigen eher vernachlässigbaren Geschichten verknüpft werden, bei denen ziemlich schnell die Eltern und ihre Probleme im Mittelpunkt stehen. Außerdem ist die warmherzige Retro-Komödie mit Anspielungen geplastert, die nur Erwachsene und Cineasten verstehen, was den Film dann zu einem Film für Kinder und jung gebliebene Erwachsene macht.

Der kleine Nick macht Ferien - Plakat

Der kleine Nick macht Ferien (Les Vacances du petit Nicolas, Frankreich 2014)
Regie: Laurent Tirard
Drehbuch: Laurent Tirard, Grégoire Vigneron
LV: René Goscinny, Jean-Jacques Sempé: Les Vacances du petit Nicolas, 1962 (Der kleine Nick und die Ferien; Der kleine Nick macht Ferien)
mit Mathéo Boisselier, Valérie Lemercier, Kad Merad, Dominique Lavanant, Erja Malatier, Francois-Xavier Demaison, Bouli Lanners, Luca Zingaretti, Julie Engelbrecht
Länge: 97 Minuten
FSK: ab 0 Jahre

Hinweise
Deutsche Homepage zum Film
Film-Zeit über „Der kleine Nick macht Ferien“
Moviepilot über „Der kleine Nick macht Ferien“
Rotten Tomatoes über „Der kleine Nick macht Ferien“
AlloCiné über „Der kleine Nick macht Ferien“
Wikipedia über „Der kleine Nick macht Ferien“