Neu im Kino/Filmkritik: Roland Emmerich inszeniert die Schlacht um „Midway – Für die Freiheit“ in den Heldentod

November 8, 2019

Es war vielleicht nicht die entscheidende Schlacht des Zweiten Weltkriegs, aber die Schlacht um Midway war eine entscheidende Schlacht zwischen den USA und Japan im Zweiten Weltkrieg, die den weiteren Kriegsverlauf im Pazifik prägte.

Nach dem Überfall auf Pearl Harbor am 7. Dezember 1941 beginnt der Krieg zwischen den beiden Ländern. Die amerikanischen Streitkräfte sind nach diesem Angriff, auf den sie nicht vorbereitet waren, entscheidend geschwächt.

Ihren nächsten großen Angriff planen die Japaner auf die Midwayinseln, auf denen ein Luftwaffenstützpunkt der US Navy ist. Aber amerikanische Entschlüsselungsexperten fangen japanische Funksprüche ab und vermuten, dass ein Angriff auf die Midwayinseln geplant ist. Admiral Chester W. Nimitz, der zu dem Zeitpunkt Oberbefehlshaber im Pazifik ist, hält die Vermutungen von U. S. Navy-Geheimdienstoffizier Edwin Layton und seiner Entschlüsselungsexperten für stichhaltig. Unter größter Geheimhaltung verlegt er seine Flotte, unter anderem drei Flugzeugträger, zu den Inseln.

Die anschließende Schlacht um die Midwayinseln dauert vom 4. bis zum 7. Juni 1942. Die Amerikaner verlieren einen Flugzeugträger, einen Zerstörer und 98 Flugzeuge. Es sterben 307 US-Soldaten.

Die von der starken US-amerikanischen Präsenz überraschten Japaner verlieren vier Flugzeugträger, einen Kreuzer und ungefähr dreihundert Trägerflugzeuge. 3057 Japaner sterben in der Schlacht, die als Wendepunkt des Pazifikkrieges gilt. Danach waren die Japaner in der Defensive.

Über vierzig Jahre nach Jack Smights Kriegsfilm „Schlacht um Midway“ verfilmt Roland Emmerich jetzt, immer nah an den historisch verbürgten Ereignissen entlang, die Vorgeschichte und die Schlacht neu. Sein Film beginnt nach einem kurzen Prolog, mit dem Angriff auf Pearl Harbor und endet kurz nach der Schlacht um die Midwayinseln. Wie schon bei Smight gibt es ein großes Aufgebot bekannter Schauspieler: Woody Harrelson spielt Chester W. Nimitz, Patrick Wilson den Geheimdienstoffizier Edwin Layton, Aaron Eckhart Jimmy Doolitle, Luke Evans Wade McClusky, Dennis Quaid William ‚Bull‘ Halsey und Ed Skrein in der Hauptrolle den tapferen Piloten Richard Halsey ‚Dick‘ Best.

Der Film ist dann genau das patriotische, starbesetzte Heldenepos, das man erwartet und das so schon vor Jahrzehnten gemacht wurde. Und das, wenn die japanischen Offiziere sich nach der Schlacht tapfer mit ihrer Niederlage abfinden, an der Selbstparodie entlangschrammt.

Trotzdem gelingt es Emmerich in seinem Fünfziger-Jahre-Kriegsfilm einige eigene Akzente zu setzen. So wird die japanische Seite erstaunlich ausführlich gezeigt. Es wird sich dann auch wenigstens etwas bemüht, ihre Sicht des Konflikts zu zeigen. In den Szenen wird sogar japanisch gesprochen (wenigstens in der Originalfassung des Films).

Auch ist „Midway“ für einen Kriegsfilm, der den tapferen Soldaten in einer siegreichen Schlacht zelebriert, erstaunlich unpathetisch und unpatriotisch.

Das ändert aber nichts daran, dass alle US-Soldaten unglaublich tapfer sind. Sie alle sind edle Krieger. Die Japaner dagegen dürfen all die Kriegsverbrechen und Gemeinheiten begehen, die es rechtfertigen, dass sie im Kampf getötet werden. Das beginnt schon mit ihrem feigen Angriff auf Pearl Harbor und endet bei ihrem Umgang mit US-Navy-Soldaten, die während der Schlacht um Midway in Gefangenschaft geraten.

Das ist die altbekannte Schwarzweiß-Zeichnung von guten, tapferen und siegreichen Amerikanern und bösen, hinterhältigen und hochnäsigen Japanern.

Es gibt vollkommen verschenkte Subplots. Zum Beispiel der Subplot mit Aaron Eckhart als Jimmy Doolittle, der am 18. April 1942 in einem Überraschungsangriff Tokio bombardiert. Anschließend fliegen sie in Richtung China, wo Doolittle und seine Untergebenen, die die Mission bis dahin überlebten, sich mit einigen ihnen helfenden Einheimischen unterhalten. Anschließend verschwindet er aus dem Film. Für den weiteren Film sind seine Szenen so bedeutungslos, dass man sie umstandslos in das Bonusmaterial hätte verbannen können.

Oder die Szenen mit Geoffrey Blake als John Ford. Der Westernregisseur war damals wirklich auf Midway und filmte die Schlacht. Blake gibt eine denkwürdige Vorstellung als knurriger Regisseur der alten Macho-Schule, der mitten im Bombenhagel von seinem Kameramann nur verlangt, dass er weiterdreht. Leider sieht man ihn in nur zwei Szenen. Im Abspann, wo wir einige Informationen über das weitere Leben der US-amerikanischen Helden erhalten, noch nicht einmal erwähnt, dass Ford aus seinen Aufnahmen den Oscar-prämierten Film „The Battle of Midway“ machte. Angesichts der Länge des Films mit gut hundertvierzig Minuten hätte man diese Szenen ebenfalls in das Bonusmaterial verbannen können.

Midway“ ist ein altmodischer Kriegsfilm, der mal wieder den Krieg als Schule für den Mann darstellt. Daher stehen auch die Kampfflieger und all die anderen Soldaten, die an der Front kämpfen und sterben, im Mittelpunkt. Die Entschlüsselungsexperten, die mit ihrer Arbeit die entscheidenden Informationen für die Entsendung der Schiffe nach Midway gaben, werden nur einmal gezeigt und anschließend in Nebensätze verbannt.

Midway – Für die Freiheit (Midway, USA 2019)

Regie: Roland Emmerich

Drehbuch: Wes Tooke

mit Ed Skrein, Patrick Wilson, Woody Harrelson, Luke Evans, Aaron Eckhart, Mandy Moore, Dennis Quaid, Nick Jonas, Etsushi Toyokawa, Tadanobu Asano, Luke Kleintank, Darren Criss, Keean Johnson

Länge: 139 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Moviepilot über „Midway“

Metacritic über „Midway“

Rotten Tomatoes über „Midway“

Wikipedia über „Midway“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Roland Emmerichs „White House Down“ (White House Down, USA 2013)

Meine Besprechung von Roland Emmerichs „Stonewall“ (Stonewall, USA 2015)

Meine Besprechung von Roland Emmerichs „Independence Day: Wiederkehr (Independence Day: Resurgence, USA 2016)

 

 


Neu im Kino/Filmkritik: Wuff! „Max“ ist ein toller Army-Hund

Oktober 2, 2015

Fans von Actionfilmen, die auch den Abspann lesen, werden bei „Max“ zwei interessante Namen finden: Boaz Yakin und Sheldon Lettich. Yakin hat „The Rookie“ und „Die Unfassbaren – Now you see me“ geschrieben und, nach seinem Drehbuch, „Safe – Todsicher“ inszeniert, Lettich hat „Bloodsport“ und „Rambo III“ geschrieben und, nach seinem Drehbuch, „Geballte Ladung“ inszeniert. Gut, das sind nicht die unumstrittenen Meisterwerke des Genres, aber sie machen schon neugierig auf „Max“. Yakin inszenierte den Film nach einem gemeinsam mit Lettich geschriebenem Drehbuch, das auf wahren Ereignissen basieren soll. Aber das wird inzwischen ja bei jedem zweiten Film gesagt. Die anderen sind von Marvel.
Jedenfalls ist der titelgebende „Max“ ein Malinois, ein belgischer Schäferhund, der als Militärhund in Afghanistan Sprengstoff suchte. Bei einem Kampfeinsatz stirbt sein Hundeführer Kyle Wincott und damit seine Bezugsperson. Zurück in den USA nimmt Kyles Vater Ray, selbst ein verwundeter Kriegsveteran, den kriegstraumatisierten Hund auf. Denn er sei ein Teil der Familie und die Wincotts würden auf ihre Familie aufpassen. Kyles pubertierender Bruder Justin, der von Max akzeptiert wird, soll sich um Max kümmern. Widerwillig übernimmt Justin die Aufgabe, die dank der schönen Carmen, die viel von Hunden versteht, plötzlich eine höchst attraktive Seite hat.
Als Tyler Harne, Kyles bester Freund und Kampfgefährte, bei den Wincotts auftaucht, wird er vom Familienoberhaupt sofort in die Familie aufgenommen. Nur Max reagiert agressiv. Und natürlich hat er, wie Justin schnell erfährt, den richtigen Riecher.
„Max“ ist ein Jugendfilm, der tief im Revier von „Lassie“ wildert, und ihn mit einer pathetisch konservativen Moral abschmeckt, in der Familie, Militär und Staat ungebrochen hochgehalten werden. Dieser hier auch christlich geprägte Konservatismus aus einer vergangenen Zeit war schon in „American Sniper“ befremdlich. In einem Jugendfilm, auch wenn er einen ethnisch bunt gemischten Cast hat und Ray Wincott kein Rassist ist, wirkt er noch befremdlicher. Er zeigt aber auch, wer heute zur US-Armee geht. Yakin vertieft allerdings die Frage, was dieser Konservatismus mit einer Post-9/11-Militärlaufbahn zu tun hat, nicht. Ebenso umschifft er alle anderen möglichen Tiefen seiner Geschichte zugunsten einer banalen Abenteuergeschichte, die auch gut in einem „Fünf Freunde“-Film aufgehoben wäre.
Wenn man darüber hinwegsehen kann, ist „Max“ ein vorherhsehbarer, aber gut gemeinter, durchaus unterhaltsamer und auch durchaus sympathischer Film für pubertierende Hundeliebhaber, die nicht schon wieder einen „Lassie“-Film sehen wollen.

Max - Plakat

Max (Max, USA 2015)
Regie: Boaz Yakin
Drehbuch: Boaz Yakin, Sheldon Lettich
mit Thomas Haden Church, Josh Wiggins, Luke Kleintank, Lauren Graham, Robbie Amell, Mia Xitlali, Dejon LaQuake, Jay Hernandez, Owen Harn
Länge: 111 Minuten
FSK: ?

Hinweise
Amerikanische Homepage zum Film
Film-Zeit über „Max“
Moviepilot über „Max“
Metacritic über „Max“
Rotten Tomatoes über „Max“
Wikipedia über „Max“
Meine Besprechung von Boaz Yakins „Safe – Todsicher“ (Safe, USA 2012) (und der DVD)