Normalerweise spielen die Geschichten von James Patterson in den USA. Aber mit seiner „Private“-Serie über eine internationale Detektei mit scheinbar unbegrenzten Ressourcen, kann er seine Geschichten auch in anderen Ländern spielen lassen und die deutsche Hauptstadt mit ihrer einzigartigen Geschichte ist ein dankbares Pflaster für Geschichten, die so nur in Berlin spielen können.
Private-Detektiv Chris Schneider, der in Ostdeutschland seine Kindheit verbrachte, wird in einem verlassenen Schlachthaus in Ahrensfelde ermordet. Als seine Ex-Freundin und Kollegin Mathilde Engel über ein GPS-Signal einen Hinweis auf das Schlachthaus erhält, entdeckt sie dort in einem Kellerraum mehrere Leichen. Kurz darauf wird die Ruine in die Luft gejagt.
Engel beginnt, zusammen mit der Polizei (der ermittelnde Kommissar ist ebenfalls Ostdeutscher), nach dem Täter zu suchen. Dabei führen ihre Ermittlungen sie in die Vor-Wende-Vergangenheit. Das Motiv für den Mord an ihrem Kollegen scheint in dessen Kindheit zu liegen und der Täter, ein Meister im Verkleiden und Verwischen seiner Spuren, will noch weitere Menschen umbringen.
Auch wenn der Edgar-nominierte Thriller-Autor Mark Sullivan, dessen vorherigen Romane vor allem bei Fischer erschienen, den Roman geschrieben hat, wurde die Geschichte, wie schon bei ihrer vorherigen Zusammenarbeit „Der Countdown des Todes“, ebenfalls für die Private-Serie, von James Patterson und Mark Sullivan erfunden und Patterson hat, wie auch bei seinen zahlreichen anderen Kooperationen, die ihn zu einem enorm produktiven und kommerziell erfolgreichem Autor machen, natürlich das letzte Wort gehabt. Insofern ist „Der Tag der Rache“ ein typischer Patterson: viele kurze Kapitel und eine Story, die unterhalten soll. Weitere Ansprüche sind nicht erkennbar. Die Charaktere und die Handlung von „Der Tag der Rache“ wirken wie aus einer TV-Serie; keine dieser hochklassigen Serien, über die Kritiker lange Elogen schreiben und Wissenschaftler Dissertationen anfertigen, sondern eine dieser Serien, die man nach Feierabend, ohne groß nachzudenken, zur Entspannung ansieht und schnell wieder vergisst und wie sie in der Vergangenheit zum Beispiel von Aaron Spelling und Stephen J. Cannell produziert wurden.
Auch die Sprache ist bestenfalls funktional, teilweise auch verquast. So gibt es anstatt einem „sagte“ auf Seite 47 (willkürlich herausgegriffen) „meldete sich“, „beschwerte sich“, „erwiderte“, „seufzte“, „versprach“, was vielleicht ein Rückfall in die alte Übersetzerunsitte ist, nach der man niemals, auch wenn es im Original so steht, nur „sagte“ schreiben darf, sondern immer noch Regieanweisungen geben muss. Als ob das Gesagte nicht ausreichen würde.
„Der Tag der Rache“ selbst ist ein okayer Schmöker, der für Berliner wegen des Handlungsortes gewinnt, aber auch nicht weiter im Gedächtnis bleibt und insgesamt sehr amerikanisch ist; – was sogar für ihn spricht. Denn das Team Patterson/Sullivan zeigt, dass in Deutschland spielende Krimis nicht bieder und provinziell sein müssen.
Besser werden sie so nicht unbedingt.
James Patterson/Mark Sullivan: Der Tag der Rache
(übersetzt von Helmut Splinter)
Goldmann, 2013
384 Seiten
9,99 Euro
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Originalausgabe
Private Berlin
Little, Brown and Company, 2013
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Hinweise
Krimi-Couch über Mark Sullivan
The Rap Sheet über James Patterson
Fantastic Fiction über James Patterson
James Patterson auf der Krimi-Couch
Meine Besprechung von James Patterson/Michael Ledwidges „Im Affekt“ (The Quickie, 2007)
Meine Besprechung der James-Patterson-Verfilmung „Alex Cross“ (Alex Cross, USA 2012)
James Patterson in der Kriminalakte
PW: Mark Sullivan über seine Zusammenarbeit mit James Patterson (Dezember 2012)

Veröffentlicht von AxelB