Neu im Kino/Filmkritik: Kreative Titelwahl, nächste Folge: „Criminal Squad 2“

Januar 16, 2025

Beginnen wir mit dem erfreulichen Teil: „Criminal Squad 2“ gehört nicht zu den vielen Fortsetzungen, die die Geschichte des ersten Films noch einmal, allerdings schlechter, erzählen. Das mussten wir im Kino in den vergangenen Monaten viel zu oft erleiden.

Christian Gudegast, Regisseur und Autor von „Criminal Squad“ und „Criminal Squad 2“, erzählt die Geschichte von Detective Nick O’Brien und Verbrecher Donnie Wilson weiter.

Im ersten Film, der 2018 in den Kinos lief, ging es um eine Bande, die in Los Angeles brutale Banküberfälle beging. Gejagt und gestellt wurden sie von Nick ‚Big Nick‘ O’Brien (Gerald Butler) und seinen Männern. Formal sind sie eine Spezialeinheit, in Wahrheit sind sie eine Bande gesetzloser Tough-Guy-Cops. Für sie ist die Dienstmarke die Erlaubnis, nach Belieben Gesetze zu brechen, Gewalt anzuwenden und auch zu foltern. Am Ende konnte Donnie Wilson (O’Shea Jackson Jr.), das Mastermind hinter den Überfällen, entkommen.

Der Thriller war eine geschredderte Frankenstein-Version von Michael Manns „Heat“.

Die Fortsetzung besteht aus den geschnittenen Szenen unzähliger besserer Heist-Movies, garniert mit überflüssigen Schimpfworten und ranzigem 80er-Jahre-Testosteron. Während in Heist-Movies die penible Planung und präzise Durchführung eines Einbruchs, bevorzugt ohne Gewalt anzuwenden, im Mittelpunkt steht, stehen in „Criminal Squad 2“ die Animositäten zwischen den Verbrechern im Mittelpunkt. Diese erschöpfen sich weitgehend in peinlichem Meiner-ist-größer-Macho-Getue und, im Original, großzügig in fast jeden Satz eingestreuten Schimpfworten. In den USA reichten die verbalen „Fucks“ für ein als Werbemaßnahme dringend ersehntes R-Rating.

Gudegast lässt die Geschichte in Europa spielen. In Nizza will Donnie Wilson die gut gesicherte weltgrößte Diamantenbörse, ein mehrere Häuserblöcke umfassendes Areal, ausrauben. Dafür arbeitet er mit einer extra für den Job zusammengestellten Verbrecherbande zusammen.

Als O’Brien erfährt, dass Wilson in Nizza ist, fliegt er allein dorthin und trifft sich mit Wilson. Er verlangt von dem Verbrecher, dass er an dem geplanten Diebstahl beteiligt wird. Er behauptet, er möchte endlich viel Geld verdienen und er habe keine Lust mehr auf die Polizeiarbeit. Für alle, die sich noch dunkel an den ersten „Criminal Squad“-Film erinnern, hört sich das nach einer faustdicken, absolut unglaubwürdigen Lüge an. Bislang war die Polizeiarbeit für ihn die beste aller Welten. Schließlich konnte er sich als Polizist schlecht benehmen und Straftaten begehen, ohne dafür bestraft zu werden. Und jetzt soll er dieses Leben als Schrecken der Straße gegen ein unauffälliges Leben auf der Flucht eintauschen wollen?

Diese Frage schiebt Wilson schnell beiseite. Gemeinsam beginnen sie mit der Planung, die in diesem Heist-Thriller erstaunlich wenig Erzählzeit beansprucht. Die Verbrecher beschäftigen sich lieber mit Sightseeing, pubertären Muskelspielen und gegenseitigen Beleidigungen. In der Originalfassung wird über hundert Mal „fuck“ gesagt. Action gibt es dagegen nur am Anfang und Ende des Films. Diese besteht, unspektakulär inszeniert und wild geschnitten, aus den bekannten Standardsituationen, in denen wild herumgeballert und mit quietschenden Reifen über den Asphalt gebrettert wird.

„Criminal Squad 2“ ist ein lahmer, vollgequasselter Heist-Krimi, der sich nur rudimentär für die Feinplanung des Einbruchs interessiert und mangels Action noch nicht einmal anspruchlose Actionfans befriedigt.

P. S.: Ich habe die 144-minütige US-Kinofassung gesehen. In die deutschen Kinos kommt die 13 Minuten kürzere internationale Fassung. Die Kürzungen dürften vor allem Straffungen im Mittelteil sein.

P. P. S.: Zwei weitere Fortsetzungen sind geplant.

Criminal Squad 2 (Den of Thieves: Pantera, USA/Spanien/Frankreich 2024)

Regie: Christian Gudegast

Drehbuch: Christian Gudegast (basierend auf Charakteren von Christian Gudegast und Paul Scheuring)

mit Gerard Butler, O’Shea Jackson Jr., Evin Ahmad, Salvatore Esposito, Meadow Williams, Swen Temmel, Michael Bisping, Orli Shuka

Länge: 131 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Moviepilot über „Criminal Squad 2“

Metacritic über „Criminal Squad 2“

Rotten Tomatoes über „Criminal Squad 2“

Wikipedia über „Criminal Squad 2“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Christian Gudegasts „Criminal Squad“ (Den of Thieves, USA 2018)


Neu im Kino/Filmkritik: Die „Criminal Squad“ begeistert nicht

Februar 1, 2018

Wenn „Criminal Squad“ dreißig Minuten kürzer und dreißig Jahre älter wäre, wäre er einer dieser 80er-Jahre-Actionfilme, die damals bei Jungs so gut ankamen. Nicht mit Arnold Schwarzenegger oder Sylvester Stallone in der Hauptrolle. Auch nicht mit Chuck Norris, sondern der dritten oder vierten Garde.

Es ist allerdings ein aktueller Film, der gerne eine proletarische Version von „Heat“ mit einem tollen Twist wäre, der in den Neunzigern „Wow“ und heute „Gähn“ ist. Jedenfalls ist das nach den Handlungsfragmenten zu vermuten.

Es geht um eine Bande von Verbrechern, die Banken und Geldtransporter in Los Angeles ausraubt. Das geschieht dort, wie ein Insert am Filmanfang verrät, alle 48 Minuten. Die Bande um Ex-Special-Forces-Soldat und Ex-Sträfling Ray Merrimen (Pablo Schreiber) macht das allerdings sehr professionell und im Zweifelsfall mit der nötigen Gewalt. So verwandelt sich ihr jüngster Überfall in eine wahre Straßenschlacht.

Auftritt von ‚Big Nick‘ O’Brien (Gerald Butler) und seinem Team, den ‚Regulators‘, einer Spezialeinheit des L. A. County Sheriff’s Department, für die die Polizeimarke die Lizenz zum Ausleben ihrer niederen Triebe ist. Polizeiarbeit bedeutet für sie, mit maximaler Gewalt vorzugehen, Verdächtige zu foltern und sich schlecht zu benehmen. Es sind die Macho-Cops, die man in den Achtzigern in Filmen noch akzeptierte. Heute sind sie ein Haufen reaktionärer Rednecks, die immer noch Glauben, im Wilden Westen zu leben.

Bei der Darstellung dieser Truppe unternimmt Regisseur Christian Gudegast in seinem Debütfilm keinen Versuch, deren Verhalten zu problematisieren. Denn unkontrollierte Spezial- und Sondereinheiten haben immer eine Tendenz, das Gesetz im eigenen Interesse selbstherrlich auszulegen, ihre Taten mit den Ergebnissen zu rechtfertigen und, wenn das Umfeld stimmt, selbst zu Verbrechern zu werden. Los Angeles hat da eine lange Geschichte, die auch filmisch gut aufgearbeitet ist. Zu den aktuellen Beispielen zählen die Thriller „Dark Blue“ (spielt 1992 während und nach dem Rodney-King-Prozess), „Training Day“, „Final Call“, „Rampart – Cop außer Kontrolle“ und die TV-Serie „The Shield“, die alle vom Rampart-Skandal inspiriert waren. Damals wurden über siebzig Polizisten, die teilweise auch Mitglied der CRASH-Einheit waren, unter anderem wegen Polizeigewalt, Drogenhandel und Bankraub angeklagt. Wer will, kann auch in „Criminal Squad“ ferne Echos dieses Skandals finden. Immerhin hatte Christian Gudegast die Idee für den Film bereits 2002.

Criminal Squad“ macht sich allerdings mit diesen wirklich tumben Macho-Cops gemein und wir sollen sie als die Helden begreifen, weil sie auf der Seite der Guten stehen und in der Verbrechensbekämpfung der Zweck alle Mittel heiligt.

Die Verbrecher sind da nur die andere Seite der Medaille.

Über die Charaktere erfahren wir in dem über zweistündigem Film nichts. Das gilt für die beiden Hauptfiguren – O’Brien und Merrimen, die sich schon seit ihrer Schulzeit, als sie in gegnerischen High-School-Football-Manschaften spielten, kennen – und für ihre Gefolgsleute, die bis zum Ende „Cop 1“, „Cop 2“, „Cop 3“ und „Gangster 1“, „Gangster 2“ und „Gangster 3“ bleiben.

Die Filmgeschichte wiederholt die bekannten Situationen und Klischees des Polizeifilms und Heist-Movies. Allerdings ohne ihnen irgendeine Bedeutung zu geben oder sie in eine sinnvolle Geschichte einzubetten. Sie poppen einfach ungefähr in dem Moment auf, in dem sie in so einem Film aufpoppen müssen. Höflich formuliert sieht „Criminal Squad“ aus, als habe man „Heat“ durch einen Schredder gejagt, in den Müll geworfen und dann von Frankensteins Monster nach seinem Ebenbild zusammensetzen gelassen.

Gegen dieses Totaldisaster ist jeder Michael-Bay-Film ein Fest feinfühligen, strukturieren und überlegten Erzählens mit differenzierten Charakteren. Und wenn man den „Den of Thieves“ (Originaltitel) nicht bis zum Jahresende vergessen hat, ist dieses strunzdumme, überlange und tödlich langweilige Mucki-Kino ein heißer Anwärter für einen der vorderen Plätze auf jeder Jahresflopliste.

Criminal Squad (Den of Thieves, USA 2018)

Regie: Christian Gudegast

Drehbuch: Christian Gudegast, Paul Scheuring

mit Gerard Butler, Curtis ’50 Cent‘ Jackson, Pablo Schreiber, O’Shea Jackson, Maurice Compte, Evan Jones, Kaiwi Lyman, Mo McRae, Brian Van Holt, Meadow Williams

Länge: 124 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Criminal Squad“

Metacritic über „Criminal Squad“

Rotten Tomatoes über „Criminal Squad“

Wikipedia über „Criminal Squad“ (deutsch, englisch)