Neu im Kino/Filmkritik: „Wilma will mehr“ – ehrlich?

Juli 31, 2025

Auf den ersten Blick hat Wilma genug Aus- und Fortbildungen für ein halbes Dutzend Leben. Aber es sind die falschen. Ein Teil sind Aus- und Fortbildungen, die nur in der DDR anerkannt waren. Ein Teil sind nett, aber unwichtig. Und dann gibt es noch die Ausbildungen, die durch den Wandel der Industrie unwichtig wurden, weil sie von der neuen Techniken ersetzt wurden oder die Betriebe in der Lausitz einfach schließen. Deshalb arbeitet die verheiratete Wilma in einem Baumarkt und schlägt sich, zehn Jahre nach der Wende, durch das Leben im wiedervereinigten Deutschland.

Als sie ihren Mann mit einer anderen Frau im Ehebett erwischt, reicht es ihr. Sie packt ihre Koffer und fährt nach Wien. Dort lebt ein früherer Arbeitskollege. Er schwärmte ihr bei einem Besuch in seiner alten Heimat von seinem neuen Leben vor.

Und hier kommen wir zu dem Problem, dass der Filmtitel „Wilma will mehr“ einen Film verspricht, der Maren-Kea Freeses Film nicht sein will. Der Titel impliziert, dass Wilma ein besseres Leben will und dass sie dafür aktiv etwas tut. Aber genau das tut Wilma nicht. Sie ist eine Kämpfernatur, die sich nicht unterkriegen lässt. Stoisch schlägt die patente Arbeiterin sich durch, nimmt auch in Wien jeden Job an, befreundet sich mit anderen Menschen und sie trifft immer wieder auf Menschen, die ihr helfen. Eine Bohème-WG nimmt sie auf. Bei einem Tanzkurs zeigt sie ihr Können. In diesen Momenten lebt sie ein anderes Leben als in der Lausitz und ein anderes Leben wäre möglich.

Ihre Erlebnisse in Wien führen zu zahlreichen gut beobachteten Szenen. Weil zu anekdotisch erzählt wird, stehen sie oft etwas unverbunden nebeneinander.

Am Ende kehrt Wilma zurück in ihre alte Heimat und in ihr altes Leben. Das degradiert ihre Fahrt nach Wien zu einem verlängertem Wochenendausflug.

Maren-Kea Freese erzählt Wilmas Leben in der Lausitz und in Wien mit spürbarer Sympathie für ihre Figuren und ihre Lebensumstände. Aber es bleibt, im Gegensatz zu den klassenkämpferischen Filmen von Ken Loach, bei einem isoliert stehendem Einzelfall.

Deshalb wäre „Wilma“ ein besserer Titel für diese harmlose Charakterstudie gewesen.

Wilma will mehr (Deutschland 2025)

Regie: Maren-Kea Freese

Drehbuch: Maren-Kea Freese

mit Fritzi Haberlandt, Thomas Gerber, Stephan Grossmann, Meret Engelhardt, Valentin Postlmayr, Simon Steinhorst, Xenia Snagowski

Länge: 112 Minuten

FSK: ab 0 Jahre

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Wilma will mehr“

Moviepilot über „Wilma will mehr“

Wikipedia über „Wilma will mehr“