Realistisch ist das nicht gerade, aber aus zahlreichen Krimis bekannt: der Ermittler ist persönlich in den Fall involviert – und vor allem in einem Einzelroman oder -film kann das sehr gut funktionieren. In einer Serie eher weniger. Aber letztendlich hängt es natürlich vom Können der Macher ab, eine spannende und mitreisende Geschichte zu erzählen.
Die Mo-Hayder-Verfilmung „Die Behandlung“ setzt sich da zwischen die Stühle. Sie basiert auf ihrem zweiten Jack-Caffery-Roman. Inzwischen hat sie sieben Caffery-Romane veröffentlicht, aber zwischen dem zweiten und dem dritten Carrery-Roman lagen sieben Jahre, in denen sie zwei andere Romane veröffentlichte.
Als eine Familie entführt, gefoltert und nach einigen Tagen aus der Gefangenschaft entkommen kann und ihr Kind kurz darauf tot aufgefunden wird, bemerkt Inspektor Nick Cafmeyer (Geert Van Rampelberg, „Code 37“, „The Broken Circle“) Gemeinsamkeiten zwischen dieser Entführung und der Entführung seines immer noch spurlos verschwundenen Bruders vor vielen Jahren. Damals als Kind beobachtete er die Entführung, aber der Täter, ein Nachbar, wurde nicht verhaftet und er liefert sich immer noch ein Psychoduell mit Cafmeyer, der allein im Haus seiner Eltern wohnt.
Bei seinen Ermittlungen beschreitet Cafmeyer immer wieder eigene Wege, überschreitet auch das Gesetz und hat immer wieder den richtigen Riecher wenn er den „Troll“, wie in Gerüchten ein Kindermörder genannt wird, verfolgt.
Diese erste Verfillmung eines Romans von Mo Hayder ist als atmosphärischer Kriminalfilm, der vor allem auf seine Bilder setzt, durchaus gelungen und auch die Transformation der Geschichte von London nach Belgien funktioniert. Aber bei Belgien muss man, wenn es um Pädophilie und pädophile Netzwerke (die im Film nur angedeutet werden) geht, natürlich an den Belgien erschütternden Fall Dutroux denken, der vor fast zwanzig Jahren auch europaweit für Aufsehen sorgte. Dann ist, wie in diesem Film, in dem auch immer wieder ein größeres Pädophilennetzwerk angedeutet wird, ein verhaltensgestörter Einzeltäter eine milde Enttäuschung.
Letztendlich ist „Die Behandlung“ nicht mehr als ein handelsüblicher Thriller, der aber – wieder einmal – zeigt, dass gute Genreware nicht unbedingt aus Hollywood kommen muss und dass man auch ohne ein extraordinär hohes Budget einen gut aussehenden Film drehen kann.
Das Bonusmaterial ist kurz, aber informativ.
Die Behandlung (De Behandeling, Belgien 2014)
Regie: Hans Herbots
Drehbuch: Carl Joos
LV: Mo Hayder: The Treatment, 2002 (Die Behandlung)
mit Geert Van Rampelberg, Ina Geerts, Johan van Assche, Laura Verlinden, Dominique Van Malder, Roel Swaenenberg, Kyan Steverlynck, Ingrid De Vos
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DVD
Capelight
Bild: 2.40:1 (16:9)
Ton: Deutsch, Niederländisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch
Bonusmaterial: Premieren-Featurette, Entfallene Szenen, Trailer, Wendecover
Länge: 125 Minuten
FSK: ab 16 Jahre
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Hinweise
Rotten Tomatoes über „Die Behandlung“
Wikipedia über „Die Behandlung“ und Mo Hayder (deutsch, englisch)
Homepage von Mo Hayder
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Ein etwas älteres deutsch-englisches Interview mit Mo Hayder

Veröffentlicht von AxelB