TV-Tipp für den 25. Juni: Zentralflughafen THF

Juni 24, 2019

Arte, 23.10

Zentralflughafen THF (Deutschland/Frankreich/Brasilien 2018)

Regie: Karim Aïnouz

Drehbuch: Karim Aïnouz

Sehenswerte beobachtende Doku über die Flüchtlinge, die im Zentralflughafen Tempelhof in Berlin viele Monate untergebracht waren.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Ibrahim Al Hussein, Qutaiba Nafea

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Zentralflughafen THF“

Moviepilot über „Zentralflughafen THF“

Rotten Tomatoes über „Zentralflughafen THF“

Berlinale über „Zentralflughafen THF“

Meine Besprechung von Karim Ainouz‘ „Zentralflughafen THF“ (Deutschland/Frankreich/Brasilien 2018)


Neu im Kino/Filmkritik: „Zentralflughafen THF“, Flüchtlingsunterkunft im Herzen von Berlin

Juli 6, 2018

Während die Berliner noch über mögliche und nicht mögliche Nachnutzungen des unter Denkmalschutz stehenden, ab Mitte der dreißiger Jahre in seiner heutigen Form gebauten Flughafengebäudes und Nazi-Prestigeprojekts redeten, kam es im Sommer 2015 zu dem allseits bekannten Ansturm von Flüchtlingen und Berlin hatte die aus Verzweiflung geborene Idee, einen Teil der Flüchtlinge in dem leer stehendem Flughafen unterzubringen. In sieben Hangars wurden Wohnzellen für über dreitausend Menschen errichtet. Bis man in der Hauptstadt einen besseren Ort für sie gefunden hat, sollten diese Hallen ihre Wohnung und ihr Lebensmittelpunkt sein. Diese Unterbringung dauerte nicht ein, zwei Nächte, sondern Wochen und oft Monate.

Karim Aïnouz, der in der Nähe des 2008 stillgelegten innerstädtischen Flughafens lebt, entschloss sich schon bei der Ankunft der ersten Flüchtlinge in Tempelhof, einen Film über Deutschlands größte Flüchtlingsunterkunft zu drehen. „Zentralflughafen THF“ ist eine kommentarlose Langzeitbeobachtung. Ein Jahr begleitet er mit seiner Kamera zwei der in dem Flughafen lebende Flüchtlinge. Es sind Ibrahim Al Hussein und Qutaiba Nafea.

Der Syrer Ibrahim Al Hussein wurde 1994 in Manbij (Aleppo) geboren. Vor seinem Abitur verließ er im Oktober 2015 seine Heimat, seine Eltern und seine sieben Geschwister. In Tempelhof lebte er von Januar 2016 bis März 2017.

Der Iraker Qutaiba Nafea wurde 1978 in Ramadi (Provinz Anbar) geboren. Am Baghdad Medical Institute machte er sein Diplom als Physiotherapeut. Anschließend begann er an der Mosul Medical University Medizin und Chirurgie zu studieren. Nachdem sein jüngerer Bruder und sein Mitbewohner in der Nähe von Ramadi getötet wurden, floh er mit seiner Frau aus dem Irak. Im November 2015 kamen sie in Deutschland an. Bis Februar 2016 lebten sie in Tempelhof. Er arbeitet in der Flüchtlingsunterkunft auch als Übersetzer und hilft den Ärzten bei ihrer Arbeit. Während er oft im Bild ist, sieht man seine Frau nicht.

Diese beiden Männer stehen im Zentrum von „Zentralflughafen THF“, der chronologisch ihr Leben in dem Flughafen zeigt und nie den Flughafen verlässt. Alles spielt sich innerhalb von zwölf Monaten in dem Flughafengebäude und dem davor liegendem Flugfeld, das seit der Schließung des Flugbetriebs von den Berlinern als riesiger Freizeitpark in Besitz genommen wurde, ab. Mit seinen gut komponierten, schönen Bildern von Kameramann Juan Sarmiento G., dem ruhigen Erzähltempo und seiner mitfühlenden Haltung zeigt Aïnouz‘ Dokumentarfilm gut, wie das Leben im Transit ist. Kaum ein Tag unterscheidet sich von dem anderen. Das gesamte Leben ist auf Pause gestellt. Für eine unbestimmte Zeit wird gewartet und gehofft.

Mit seiner Konzentration auf die Bewohner der Unterkunft und ihren Alltag zeigt Aïnouz auch die Gesichter hinter den Zahlen. Sie sind nicht mehr anonyme Masse, sondern Menschen.

Das macht seinen Film unbedingt sehenswert. Es ist aber auch ein Dokumentarfilm, der sich auf das reine Beobachten und die bei Gesprächen aufgefangenen Originaltöne verlässt. Was da nicht gesagt wird oder gezeigt werden kann, existiert nicht. Es gibt nur die Perspektive der Porträtierten. Die Betreiber der Einrichtung, freiwillige Helfer, Sozialarbeiter, Anwälte, Beamte, Politiker oder Wissenschaftler werden nicht befragt. Man erfährt nichts über die Konflikte, die es um die Unterbringung der Flüchtlinge in Berlin gab und auch wenig über die Probleme des Zusammenlebens in einer riesigen Unterkunft. Das liegt nicht an der Konzentration auf die beiden Protagonisten, sondern an dem gewählten Stil, der schon jetzt dazu führt, dass man schon jetzt viele Dinge gerne genauer erklärt bekäme. In einigen Jahren wird dieser Wunsch nach Hintergrundinformationen und Erklärungen noch stärker sein.

Seit 2017 ist die Notunterkunft in den Hangars geschlossen. Am Randbereich des Flughafens gibt es ein Containerdorf. Diese Zwischennutzung soll spätestens 2020 enden.

Zentralflughafen THF (Deutschland/Frankreich/Brasilien 2018)

Regie: Karim Aïnouz

Drehbuch: Karim Aïnouz

mit Ibrahim Al Hussein, Qutaiba Nafea

Länge: 97 Minuten

FSK: ?

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Zentralflughafen THF“

Moviepilot über „Zentralflughafen THF“

Rotten Tomatoes über „Zentralflughafen THF“

Berlinale über „Zentralflughafen THF“