Neu im Kino/Filmkritik: Die introvertierte Komödie „Viva la Libertà“

März 1, 2014

Italien ist – jedenfalls politisch betrachtet – ein Irrenhaus, das damit auch die Vorlage für entsprechende Satiren bietet. Auch „Viva la Libertà“ ist eine Satire auf die italienische Politik.

Enrico Oliveri (Toni Servillo) ist der Vorsitzende der wichtigsten Oppositionspartei. Aber die Umfragen sind mies, alle kritisieren ihn und hoffen doch auf ihn, weil sie keine Alternative haben. Ihm wird das alles zu viel und er verschwindet spurlos. Sein engster Mitarbeiter Andrea Bottini (Valerio Mastandrea) deckt ihn zunächst, aber alle fragen nach Enrico. Da erfährt er von Enricos Bruder Giovanni (wieder Toni Servillo) und als dieser spontan in einem Restaurant einem Polit-Journalisten ein Interview als Enrico gibt und der Journalist glücklich über das Exclusiv-Interview von dannen zieht, hat Bottini eine grandiose Idee. Der Doppelgänger kann doch einige Tage den Parteivorsitzenden spielen. Das Aussehen passt und Giovanni muss halt einfach still sein.

Aber Giovanni, ein exzentrischer Philosoph zwischen Genie und Wahnsinn, der bis vor kurzem in einer geschlossenen Anstalt war und schon seit Ewigkeiten nicht mehr mit seinem Bruder gesprochen hat, denkt nicht daran. Mit einem beseelten Lächeln stellt er sich vor die Mikrofone und becirct die Massen mit halbphilosophischen Sentenzen. Die Öffentlichkeit ist begeistert. Endlich redet ein Politiker Klartext und spricht die Probleme des Landes ohne Scheuklappen an. Für mich waren Giovannis Sätze dagegen nur allgemeines Geplauder, das sich, mit abendländischer Bildung gesättigt, schön anhörte, aber nur mit anderen Worten, teils sogar noch wolkiger, die Sprechblasen der Politiker wiederholte.

Aber neben der Geschichte von Giovanni erzählt Roberto Andò, der die Vorlage und das Drehbuch schrieb und Regie führte, auch die Geschichte von Enrico, der nach Frankreich zu einer alten Geliebten (Valeria Bruni Tedeschi) flüchtete, bei ihr untertaucht, sich mit ihrem neuen Freund, einem Regisseur, über Filme unterhält (denn die Oliveri-Brüder sind auch große Filmfans) und schließlich bei dem Dreh für einen Film mithilft. Hier findet er sein kleines Glück. Jedenfalls für den Moment.

Viva la Libertà“ ist eine im gemäßigten Tempo erzählte melancholische Komödie der leisen Tönen, in der wenig über die italienische Politik (als Politik-Komödie versagt der Film kläglich), aber viel über die Midlife-Crises eines Mannes erfahren. Denn Enrico fragt sich, ob er in der Vergangenheit die richtigen Entscheidungen getroffen hat oder ob er nicht doch mit Danielle und einer Arbeit im Filmgeschäft glücklicher geworden wäre.

Und Toni Servillo (zuletzt „La Grande Bellezza – Die große Schönheit“) liefert in einer Doppelrolle eine weitere Glanzleistung.

Viva la Liberta - Plakat

Viva la Libertà (Viva la Libertà, Italien 2013)

Regie: Roberto Andò

Drehbuch: Roberto Andò, Angelo Pasquin

LV: Roberto Andò: Il trono vuoto, 2012

mit Toni Servillo, Valerio Mastandrea, Valeria Bruni Tedeschi, Michela Cescon, Anna Bonaiuto, Eric Trung Nguyen

Länge: 96 Minuten

FSK: ab 0 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Viva la Libertà“

Moviepilot über „Viva la Libertà“

Rotten Tomatoes über „Viva la Libertà“ (derzeit noch keine Besprechungen)

Wikipedia über „Viva la Libertà“ (englisch, italienisch)