Neu im Kino/Filmkritik: Fortsetzungen, auf die die Welt nicht gewartet hat: „The Expendables 4“

September 21, 2023

2010 war „The Expendables“ ein Überraschungserfolg. Sylvester Stallone versammelte für den Actionkracher etliche Achtziger-Jahre-Action-Stars, nahm Jason Statham als Jungspund dazu, und ließ sie noch einmal das tun, was sie damals getan hatten: blöde Macho-Action, aber dieses Mal mit einem selbstironischen Twist.

Die Altherren-Action amüsierte und kam beim Publikum, das beim Ansehen des Films in Erinnerungen schwelgen konnte, gut an.

Schnell folgten ein zweiter und dritter Film. Weitere Stars spielten mit, u. a. Arnold Schwarzenegger, Harrison Ford, Bruce Willis (der dann wegen unverschämter Gagenforderungen rausgeworfen wurde), Chuck Norris, Jean-Claude Van Damme, Wesley Snipes, Mel Gibson; – und sicher noch einige Schauspieler, deren Namen ich jetzt vergessen habe. Es gab die immergleiche Mischung aus Schlägereien, Explosionen und dummen Sprüchen.

2014 war der bislang letzte Einsatz der freischaffenden Söldnertruppe.

Bei „The Expendables 3“ kritisierten die Fans das PG-13-Rating. Es wurden auch deutlich weniger Tickets verkauft. Sylvester Stallone sicherte den Fans für den nächsten „Expendables“-Film wieder ein nicht-jugendfreies Spektakel zu. Seitdem gab es vereinzelte Meldungen über verschiedene Drehbuchversionen, Regisseure und Schauspieler, die mitspielen wollten, sollten oder nicht mehr mitspielen wollten.

Mehr geschah nicht. Nur dass die Stars älter wurden.

Jetzt ist der vierte „Expendables“-Film draußen.

Dieses Mal wird die Söldnertruppe von ihrem CIA-Verbindungsmann Marsh beauftragt, den Diebstahl von Zündern für Atomsprengköpfen zu verhindern. In Libyen ist Rahmat gerade dabei, sie für Ozelot zu stehlen. Die Identität von Ozelot ist nicht bekannt. Barney Ross (Sylvester Stallone) will den Großgangster seit Ewigkeiten schnappen.

Nach einer großen und verlustreichen Schlacht kann Rahmat mit den Zündern entkommen. Der Waffenfabrik, in dem sie waren, ist danach eine Ruine. Und die Expendables-Söldner lecken in New Orleans ihre Wunden. Die Mission war ein Fehlschlag und es bei ihnen Tote.

Eine zweite Chance erhalten sie, als sie erfahren, dass Rahmat und die inzwischen auf Bomben montierte Zünder auf einem Frachtschiff sind, das sich Richtung China bewegt.

Der Kampf auf dem Schiff nimmt die zweite Hälfte des Films ein und er erschöpft sich weitgehend in einem ermüdendem Geballer und Aufschlitzen von Bösewichtern.

Vom ursprünglichen Team sind nur noch Sylvester Stallone (als Kopf der Expendables), Jason Statham (als sein bester Freund), Dolph Lundgren (der seinen Part im Sitzen und Liegen absolviert) und Randy Couture (unauffällig) dabei. Die Neuzugänge – Megan Fox, Curtis „50 Cent“ Jackson – sind lang nicht so bekannt wie die früheren Ensemble-Mitglieder. Tony Jaa (auf der Seite der Guten) und Iko Uwais (auf der Seite der Bösen) sind zwar als Action-Stars bekannter, aber das breite Publikum dürfte sie nicht erkennen. Das aktuelle Ensemble hat nicht die Zugkraft des Ensembles der ersten drei „Expendables“-Filme.

Folgerichtig fehlt der selbstironische Humor der vorherigen Filme. Ein großer Teil des Humors entstand bei den ersten drei „Expendables“-Filmen aus dem Wissen um die früheren Filme der Actionstars, ihre damals gepflegten Feindschaften (so kämpften „City-Cobra“ Stallone und „City-Hai“ Schwarzenegger um den ersten Platz in den Kinocharts, wer im Film die meisten Menschen tötet und wer den größeren Bizeps hat) und dass hier alte Männer Dinge taten, für die sie seit Jahren viel zu alt sind. Augenzwinkernd präsentierte Altherren-Action eben.

Die Story in „The Expendables 4“ dient nur dazu, die Action zusammenzuhalten. Sie ist eine sinnfreie und lieblose Aneinanderreihung von Standardsituationen aus Actionfilmen. Wahrscheinlich würde sogar ein Schreibcomputer die Verantwortung für dieses Werk ablehnen. Die Grenzen von Zeit und Raum werden schon in den ersten Minuten ignoriert. Kein Twist überrascht. Die Figuren verfügen über keine nennenswerten Eigenschaften. Sie sind Platzhalter, die von einem Schauspieler mit dem nötigen Charisma notdürftig ausgefüllt werden können. Hier gelingt das weder den beiden weiblichen noch den männlichen „Expendables“.

Die Action besteht hauptsächlich aus dem exzessiven Gebrauch von Schusswaffen. Wenn es dann doch einmal zu einem Nahkampf kommt und dem Gegner nicht hinterrücks die Kehle durchgeschnitten wird, wird so schnell geschnitten und mit der Kamera gewackelt, bis nichts mehr erkennbar ist.

Schon in den vorherigen „The Expendables“-Filmen waren die CGI-Effekte nie besonders überzeugend. Aber wegen des Ensembles und der Action konnte man, auch wenn es immer wieder schwerfiel, darüber hinwegsehen. Im vierten Film ist das unmöglich. Es gibt viel zu viel CGI und sie ist immer atemberaubend schlecht.

Abgesehen von ganz wenigen Außendrehs am Pancharevo-See in Bulgarien (für die in Thailand auf einem Bootssteg spielenden Szenen), in einer Fabrik in Griechenland (für Libyen) und an Flugplätzen (für das Beladen und Betreten des „Expendables“-Flugzeugs) wurde der Actionfilm mit einem Minimum an Sets und einem Maximum an Green-Screens in Studios in England, Bulgarien und Griechenland gedreht.

Sogar mit reduzierten Erwartungen ist „The Expendables 4“ nie mehr als ein vernachlässigbares B-Picture, dem der Humor der vorherigen Filme fehlt.

Da wirkt Sylvester Stallones Statement, „The Expendables 4“ sei der erste Teil einer neuen Trilogie wie eine Drohung.

The Expendables 4 (Expend4bles, USA 2023)

Regie: Scott Waugh

Drehbuch: Kurt Wimmer, Tad Daggerhart, Max Adams

mit Jason Statham, Sylvester Stallone, 50 Cent, Megan Fox, Dolph Lundgren, Tony Jaa, Iko Uwais, Randy Couture, Andy Garcia, Jacob Scipio, Levy Tran

Länge: 103 Minuten (langer Abspann, sehr langer Abspann)

FSK: ab 18 Jahre (zum Schutz der Jugend)

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „The Expendables 4“

Metacritic über „The Expendables 4“

Rotten Tomatoes über „The Expendables 4“

Wikipedia über „The Expendables 4“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Scott Waughs „Act of Valor“ (Act of Valor, USA 2012)

Meine Besprechung von Scott Waughs „Need for Speed“ (Need for Speed, USA 2013)

Meine Besprechung von Simon Wests „The Expendables 2“ (The Expendables 2, USA 2012)

Meine Besprechung von Patrick Hughes‘ „The Expendables 3“ (The Expendables, USA 2014)


Neu im Kino/Filmkritik: Protzkarren mit „Need for Speed“

März 21, 2014

 

Need for Speed“ basiert auf einem Videospiel und wie bei vielen Spieleverfilmungen fragte ich mich, ob Spieleverfilmungen wirklich so komplett logikentkernt sein müssen. Allerdings erreicht „Need for Speed“ hier ganz neue Qualitäten, die dazu führen, dass ich mich die ganze Zeit fragte, warum ich auch nur den Funken eines Gefühls in diese Pappkameraden investieren sollte, die sich durchgängig vollkommen idiotisch verhalten.

Also, es geht um Tobey Marshall, einen begnadeten, herzensguten Automechaniker, der in illegalen Straßenrennen Geld verdient, und der mit dem stinkreichen und daher arroganten Ex-NASCAR-Rennfahrer Dino Brewster verfeindet ist. Um seinen Schuldenberg abzubezahlen, motzt er für Dino einen Mustang Shelby auf. Das drei Millionen Dollar teure Auto wird nach England verkauft und bei einem kleinen Rennen, tagsüber auf der gut befahreren Autobahn, zwischen Dino, Tobey und Tobeys Kumpel Little Pete bringt Dino Little Pete um und haut ab. Tobey wandert in den Knast – und wir fragen uns, ob es im Staat New York keine Forensiker mehr gibt, die einen Blick auf fehlende Bremsspuren, demolierte Autos und Videoaufnahmen werfen und Zeugen befragen. Auch alle Anwälte waren nach dem Unfall anscheinend anderweitig beschäftigt.

Jedenfalls wandert Tobey als Mörder von Little Pete in den Knast. Zwei Jahre später wird er entlassen, will sich rächen, kriegt als Leihwagen den superteuren Mustang Shelby (aus Great Britain mit blonder Aufpasserin eingeflogen) und macht sich, natürlich im Auto, auf den Weg zum nächsten illegalen Autorennen, das irgendwo in der Nähe von San Francisco stattfindet. Denn die optimale Vorbereitung für ein Rennen ist nun einmal eine 48-stündige Überlandfahrt von New York nach Kalifornien.

Need for Speed“ klont weitgehend humorfrei „Auf dem Highway ist die Hölle los“ ohne das Autorennen von Küste zu Küste und ohne die Stars, mit der „Fast & Furious“-Serie; wobei nach „Need for Speed“ sogar der grottige „The Fast and the Furious: Tokyo Drift“ wie ein filmisches Meisterwerk wirkt. Immerhin sind Tobeys brave Kumpels ähnlich multiethnisch wie Doms wesentlich unterhaltsamere Gangsterposse.

Bis auf die erfrischende Mißachtung von Geld, wenn immer wieder innerhalb von Sekunden Autos, die mehrere Millionen wert sind, geschrottet oder auch mal mit einem Hubschrauber abtransportiert werden und den handgemachten Actionszenen, inclusive einiger spektakulärer Bilder von Stunts und Crashs, gibt es nichts, was die Klischeeparade „Need for Speed“ auch nur irgendwie sehenswert macht.

Ach ja, im Gegensatz zu „Alarm für Cobra 11“ wird hier sogar im 3D-Modus geschrottet.

Need for Speed - Plakat

Need for Speed (Need for Speed, USA 2013)

Regie: Scott Waugh

Drehbuch: George Gatins (nach einer Idee von George Gatins und John Gatins)

mit Aaron Paul, Dominic Cooper, Imogen Pots, Ramon Rodriguez, Michael Keaton, Rami Malek, Scott Mescudi, Dakota Johnson, Harrison Gilbertson

Länge: 131 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Amerikanische Homeapge zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Need for Speed“

Moviepilot über „Need for Speed“

Metacritic über „Need for Speed“

Rotten Tomatoes über „Need for Speed“

Wikipedia über „Need for Speed“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Scott Waughs „Act of Valor“ (Act of Valor, USA 2012)