Neu im Kino/Filmkritik: Über Brian Shoafs „Aardvark“

August 24, 2019

Dass Josh Norman (Zachary Quinto) psychische Probleme hat, ist vom ersten Moment an offensichtlich. Aber immerhin weiß er das und geht zu einer Psychologin, die er auch bezahlen kann. Das ist angesichts seiner abgenutzten Kleidung und seiner unzuverlässig erledigten Aushilfsarbeit in einem Stehcafé nicht selbstverständlich.

Er erzählt seiner Therapeutin Emily Milburton (Jenny Slate), sein Bruder Craig sei zurückgekehrt. Craig sei ein bekannter Hollywoodschauspieler, ein Verwandlungskünstler, der hundertfünfzigprozentig in jede Rolle hineinschlüpft. So wie Josh ihn schildert, ist Craig ein Gestaltwandler, der ihn überallhin verfolgt.

Für die im Beruf noch sehr unerfahrene Emily ist die Diagnose aus fachlicher Sicht einfach. Josh hat massive Wahnvorstellungen.

Diese Erklärung liefert auch der Film einige Minuten später, Dann begegnet Josh in einer Gasse einer Bettlerin, die er für Craig hält und die unter keinen Umständen ein Mann ist.

Außerdem taucht Craig (Jon Hamm) kurz darauf bei Emily auf. Er erzählt ihr einiges über seinen Bruder und umwirbt sie.

Aardvark“ ist vor allem ein Showcase für Hauptdarsteller Zachary Quinto. Er ist bekannt als Spock aus den neuen „Star Trek“-Filmen und er ist einer der Produzenten des Films. Davon abgesehen ist Brian Shoafs Spielfilmdebüt ein missglückter und sehr dröger Mix aus Psychostudie (immer wieder, wie in „Fight Club“, erzählt aus Joshs Perspektive), Familienaufstellung (Was geschah in der Kindheit von Josh und Craig?) und Liebesgeschichte (Kriegt die fesche Therapeutin den edlen Hollywoodstar?).

Das Drama ist Film für die Zachary-Quinto- und Jon-Hamm-Komplettisten.

P. S.: Aardvark ist das englische Wort für Erdferkel.

Aardvark (Aardvark, USA 2017)

Regie: Brian Shoaf

Drehbuch: Brian Shoaf

mit Zachary Quinto, Jenny Slate, Jon Hamm, Sheila Vand

Länge: 89 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Moviepilot über „Aardvark“

Metacritic über „Aardvark“

Rotten Tomatoes über „Aardvark“

Wikipedia über „Aardvark“ 


Neu im Kino/Filmkritik: „Whiskey Tango Foxtrot“ – Tina Fey in Afghanistan

Juni 3, 2016

Kim Baker (Tina Fey) fühlt sich von ihrem Job in der Lokalnachrichtenredaktion eines Kabelsenders unterfordert und sie gehört zu den wenigen unverheirateten, kinderlosen Mitarbeitern. Das prädestiniert sie 2002 für den zunächst nur für einige Monate geplanten Einsatz in Afghanistan als Kriegsreporterin. Sie fliegt vollkommen unvorbereitet dorthin – und der Film „Whiskey Tango Foxtrot“ erzählt, basierend auf dem Buch der echten Kim Barker (für den Film wurde ihr Name leicht geändert), von ihren Erlebnissen an der Front, die viel Stoff für Anekdoten hergeben. Immerhin blieb sie mehrere Jahre dort.

Und genau das ist das Problem von Glenn Ficarra und John Requas Film, der keine 1-zu-1-Verfilmung von Barkers Buch ist. Die Episoden reihen sich aneinander. Zuerst lernt Baker die ihr fremde Welt der Kriegsreporter und der Afghanen kennen. Wobei sie die einheimische Kultur mehr oder weniger oft galant ignoriert. Genauso wie Anweisungen von Militärs, die sie beschützen sollen. Das ist natürlich, immer wieder lustig, und der Zusammenprall der verschiedenen Kulturen sorgt für einige Lacher. Dazwischen – wobei dieses ‚dazwischen‘ den größeren Teil des Films ausmacht – gibt es Einblicke in die Freizeitgestaltung der Journalisten, die sich anscheinend in dem reichhaltigen Konsum alkoholischer Getränke und auch außerehelicher Affären mit Kollegen erschöpft. Das spielt sich bevorzugt in dem gut geschützten Hotel, in dem die Journalisten leben, ab, während draußen der Krieg tobt, der sie ungefähr so sehr interessiert, wie Studenten die Kommunalpolitik während sie sich im Studentenwohnheim betrinken.

Insofern ist „Whiskey Tango Foxtrot“ das Äquivalent zu einem Kneipenabend mit einem oder mehreren Kriegsreportern, die von ihrem letzten Einsatz erzählen. Das ist vergnüglich, aber durchgehend oberflächlich und fernab von jeglicher Selbstkritik oder Analyse. Und Klischees, vor allem über die Einheimischen, helfen beim Erzählen der Anekdoten.

Für einen Film ist das natürlich etwas wenig.

Wenn dann, am Ende der Kriegssatire, Bakers Freund, Vertrauter und Geliebter Iain MacKelpie (Martin Freeman), ein schottischer Fotoreporter mit hohem Alkohol- und Frauenkonsum, entführt wird und Baker, auch mit Erpressungen, Himmel und Hölle (vulgo einem mächtigen afghanischen Politiker [Alfred Molina als interessante Besetzung] und das US-Militär) in Bewegung setzt, um MacKelpie zu befreien, dann wirkt das nicht wie das schlüssige Ende einer Geschichte, sondern wie eine schnell angeklebte Episode, die den vorherigen Anekdoten einen größeren Sinnzusammenhang geben soll. Weil das zu überraschend kommt, nicht zum mäandernden Stil des vorherigen Films passt und die bislang planlose Barker plötzlich planvoll und eiskalt handelt, funktioniert nicht.

Die mehr klamaukige als treffende Satire lässt eben genau die Analyse und Haltung vermissen, die nötig wäre, um aus „Whiskey Tango Foxtrot“ mehr als das neue Tina-Fey-Vehikel zu machen. Die setzt sich allerdings voll ein und darf mehrmals herrlich derangiert nach einer alkoholgeschwängerten Nacht aufwachen und aus ihrem Fenster auf den Innenhof des ‚Fun House‘ blicken.

WTF?!

Whiskey Tango Foxtrot - US-Plakat 2

Whiskey Tango Foxtrot (Whiskey Tango Foxtrot, USA 2016)

Regie: Glenn Ficarra, John Requa

Drehbuch: Robert Carlock

LV: Kim Barker: The Taliban Shuffle: Strange Days in Afghanistan and Pakistan, 2011

mit Tina Fey, Margot Robbie, Martin Freeman, Alfred Molina, Billy Bob Thornton, Christopher Abbot, Nicholas Braun, Stephen Peacocke, Sheila Vand

Länge: 112 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Whiskey Tango Foxtrot“

Metacritic über „Whiskey Tango Foxtrot“

Rotten Tomatoes über „Whiskey Tango Foxtrot“

Wikipedia über „Whiskey Tango Foxtrot“ (englisch)