Neu im Kino/Filmkritik: „Under the Tree“ neben Nachbars Garten

Mai 17, 2019

So ein Baum im Garten spendet Schatten. Er kann in einer Reihenhaussiedlung auch für Ärger sorgen, wenn die neue, junge und sportbegeisterte Frau des Nachbarn sich gerne sonnen würde und der Baum das verhindert. Also sollte er mindestens gestutzt werden. Aber Baldvin und vor allem Inga, auf deren Grundstück der Baum steht, denken nicht daran. Inga, schon auf den ersten Blick das Gegenteil von Eybjörg, ist eine wirklich schlecht gelaunte, grantige, nicht wahnsinnig auf ihr Äußeres achtende Großmutter. Sie begegnet der neuen Nachbarin mit blanker Abneigung.

Während dieser Konflikt, angetrieben von den Frauen, langsam über die normalen Stufen eines Nachbarschaftsstreit eskaliert, quartiert sich Ingas Sohn wieder bei ihnen ein.

Atli wurde nämlich eines Nachts von seiner Frau beim Ansehen eines Pornos erwischt. Weil der Sexfilm zeigt, wie Atli mit einer anderen, ihr ebenfalls bekannten Frau Geschlechtsverkehr hat, wirft sie Atli sofort aus der gemeinsamen Wohnung und verbietet ihm jeden Kontakt zu ihrem gemeinsamen Kind. Er möchte, allerdings denkbar ungeschickt, den Ehestreit wieder beenden.

Under the Tree“ hat auf den ersten Blick alles, was zu einer Schwarzen Komödie gehört. Aber eine Schwarze Komödie ist das Drama erst am Ende, wenn der Konflikt um den Baum grotesk, blutig und rasant innerhalb weniger Minuten eskaliert und endet. In dem Moment wirkt dieses Blutbad allerdings weniger wie eine lange überfällige Eruption unterdrückter Gefühle, sondern wie eine Verzweiflungstat von Regisseur Hafsteinn Gunnar Sigurðsson, um seinen bis dahin sehr drögen Film zu beenden.

Die Figuren sind – abgesehen von der Idee, dass die Frauen die treibenden Kräfte und die Männer eher passiv sind – blass und eindimensional. Die Handlung ist, abgesehen von einigen abschweifenden Episoden, wie die Mieterversammlung in Atlis Haus, vorhersehbar.

Und schwarzhumorig ist letztendlich nur das Ende. Bis dahin gibt es keinen Humor, sondern Tristesse und Schwermut, die einen Ingmar-Bergman-Film wie ein fröhliches Fest des Lebens wirken lässt.

Under the Tree (Undir trénu, Island 2017)

Regie: Hafsteinn Gunnar Sigurðsson

Drehbuch: Huldar Breiðfjörð, Hafsteinn Gunnar Sigurðsson (nach einer Idee von Huldar Breiðfjörð)

mit Steinþór Hróar Steinþórsson, Edda Björgvinsdóttir, Sigurður Sigurjónsson, Þorsteinn Bachmann, Selma Björnsdóttir, Lára Jóhanna Jónsdóttir, Dóra Jóhannsdóttir, Sigrídur Sigurpálsdóttir Scheving

Länge: 89 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Filmportal über „Under the Tree“

Moviepilot über „Under the Tree“

Metacritic über „Under the Tree“

Rotten Tomatoes über „Under the Tree“

Wikipedia über „Under the Tree“