Vorbereitende Lektüre: Über die ersten beiden Bände von Tade Thompsons Rosewater-Trilogie

Februar 26, 2024

Im April erscheint, so die Planung des Golkonda Verlags, „Die Erlösung“, der abschließende Band der Wormwood-Trilogie, die auch mal Rosewater-Trilogie genannt wird. Wormwood bezeichnet das außerirdische Wesen, das 2012 in London gelandet ist und sich durch die Erdkruste bewegt; Rosewater den Ort, an dem die Science-Fiction-Romane spielen.

Bis „Die Erlösung“ in wenigen Wochen erscheint, ist also noch genug Zeit, sich die ersten beiden in der Science-Fiction-Community hochgelobten Bände durchzulesen. So erhielt der erste Band den Arthur C. Clarke Award.

Rosewater ist eine prosperierende Stadt in Nigeria. Dort hat ein außerirdisches Wesen eine Biokuppel errichtet, die anscheinend einfach nur so da ist. Einmal im Jahr öffnet sich die Kuppel und heilt Menschen. Sicher, manchmal ist das Ergebnis etwas schräg. Aber normalerweise sind danach auch unheilbare Kranke genesen. Die wiederauferstandenen Toten, die Reanimierten, sind in den kommenden Monaten vielleicht etwas nervig, aber nicht weiter störend.

Dass die Außerirdischen nicht nur harmlose, physisch nicht in Erscheinung tretende Wohltäter sind, verrät Tade Thompson in „Rosewater: Der Aufstand“, dem zweiten Band der Trilogie.

Im ersten Band „Rosewater“, der vor allem 2066 in Rosewater spielt, konzentriert sich auf Kaaro. Er gehört zu den Menschen, die nach einem Kontakt mit den Außerirdischen, zu einem „Empfänger“ wurde. Seitdem kann er auf die Gedanken, Gefühle und Erinnerungen von anderen Menschen zugreifen. Für Strafverfolger ist diese Gabe natürlich ein Gottesgeschenk. Für die Empfänger nicht so sehr. Denn wer will schon ständig wissen, was Verbrecher, Vergewaltiger und Mörder denken und fühlen? Weil Kaaro, wie wir aus Rückblenden erfahren, eine kriminelle Vergangenheit hat, wird er von der Regierungsbehörde Sektion 45, verkörpert durch Femi Allagomeji, gezwungen, für sie in die Gehirne von anderen Menschen einzudringen.

Als immer mehr Empfänger unter ungeklärten Umständen sterben, beginnt Kaaro nach Zusammenhängen und dem Täter zu suchen.

Rosewater: Der Aufstand“ spielt ein Jahr später. Kaaro hat nur eine Nebenrolle. 2067 fordert Jack Jacques, der Bürgermeister von Rosewater, die Unabhängigkeit Rosewaters von Nigeria. Der Präsident von Nigeria lehnt die Forderung rundweg ab. Es kommt zu dem titelgebenden Machtkampf um Rosewater. Währenddessen arbeiten die Außerirdischen im Hintergrund weiter daran, die Welt zu erobern.

Im Gegensatz zum ersten Wormwood-Band, einer mit vielen Zeitsprüngen erzählten Hardboiled-Ich-Erzählung, erzählt Tade Thompson in „Der Aufstand“ parallel ungefähr ein halbes Dutzend Geschichten mit unterschiedlichen Protagonisten und wie sie sich begegnen.

Es sind unter anderem Alyssa Sutcliffe, eine in einer ruhigen Vorstadt von Rosewater lebende Ehefrau und Mutter. Eines Tages kann sie sich an nichts mehr erinnern. Ihr Körper wurde von den Außerirdischen übernommen.

Anthony ist ein menschlicher Avatar von Wormwood. Über ihn erfahren wir Leser mehr über die Außerirdischen, ihren Planeten und ihre Pläne. Denn es gibt, soviel kann verraten werden, nicht nur einen Außerirdischen.

Kaaros Freundin Aminat arbeitet für die Sektion 45. Sie soll ein Mittel gegen die Xenoform finden. Das sind Mikroorganismen, die menschliche Zellen nachahmen und so menschliche Körper übernehmen. Sie und ihre Chefin Femi werden von Jack Jacques in den Kampf um die Unabhängigkeit Rosewaters verwickelt.

Und Bewon ärgert sich mit einer Pflanze herum, die aus seiner Spüle kommt und die immer größer wird.

Rosewater“ ist eine Ich-Erzählung im Stil eines Hardboiled-Krimis. „Der Aufstand“ ist als Ensembledrama eine episch angelegte Mischung aus Alien-Invasions-Geschichte und Politthriller, in dem es um Intrigen und Machtkämpfe geht. In beiden postmodern erzählten Science-Fiction-Geschichten gibt es außerdem eine satte Portion Cyberpunk und Afrofuturismus.

In beiden Bücher überzeugt Tade Thompson, wie auch in seinem Rätselkrimi „Fern vom Licht des Himmels“, als Stilist, schwarzhumoriger Erzähler und Schöpfer einer ganz eigenen zukünfttigen Welt.

Rosewater“ und „Der Aufstand“ sind äußerst lesenswerte Hard-Science-Fiction-Thriller mit einem Hauch afrikanischer Mystik. Der Handlungsort und das Verwenden von Ideen des Afrofuturismus führen zu einem ganz neuen Blick auf bekannte Cyberpunk-Topoi.

In einigen Wochen erfahren wir dann, wie die Wormwood-Trilogie endet. Unter anderem sind Kaaro, seine Freundin Aminat, Femi und ‚Bicycle Girl‘ Oyin Da wieder dabei. In „Rosewater“ sollte Kaaro sie 2055 für die Sektion 45 suchen. Er führte den Auftrag anders als von seinen Auftraggebern geplant aus.

Tade Thompson: Rosewater (Band 1 der Wormwood-Trilogie)

(übersetzt von Jakob Schmidt)

Golkonda, 2020

440 Seiten

20 Euro

Originalausgabe

Rosewater

Apex Publications, Lexinton, Kentucky/USA, 2016

Britische Erstausgabe

Orbit, 2018 (Imprint von Little, Brown Book Group, London, UK)

Tade Thompson: Rosewater: Der Aufstand (Band 2 der Wormwood-Trilogie)

(übersetzt von Jakob Schmidt)

Golkonda, 2022

424 Seiten

22 Euro

Originalausgabe

The Rosewater Insurrection

Orbit, 2019

 

Hinweise

Bookmarks über „Rosewater“ und über „Rosewater: Der Aufstand“

Golkonda über Tade Thompson

Wikipedia über Tade Thompson und über die Rosewater-Trilogie (Band 1, Band 2)

Meine Besprechung von Tade Thompsons „ Fern vom Licht des Himmels“ (Far from the Light of Heaven, 2021)


„Wir haben nicht genug Leichen.“ – Der Science-Fiction-Rätselthriller „Fern vom Licht des Himmels“

Januar 18, 2023

Hier spricht Captain Michelle ‚Shell‘ Campion vom Raumschiff Ragtime. Ich habe hier einen Code 4717, wiederhole: 4717. Kontamination an Bord, mögliche Ansteckung. Passagiere befinden sich noch im Ragtime-Traumzustand. Schicken Sie keine Fähren für die Passagiere, bevor sie von mir hören. Campion Ende.“ Das ist der erste Funkspruch, den Shell nach einem zehnjährigem Tiefschlaf losschickt. In der Zeit wurde die Ragtime auf ihrem Weg von der Erde zu dem Kolonieplaneten Bloodroot von einer Künstlichen Intelligenz gelenkt. An Bord befinden sich, im Tiefschlaf, tausend Siedler.

4717 ist der Code für mehrere vorzeitige Todesfälle. Insgesamt sind 31 Passagiere tot. Shell hat sie zerstückelt in der Entsorgungsanlage des Schiffes gefunden. Die Künstliche Intelligenz, die das Schiff fliegt und die aufpassen sollte, dass nichts passiert, ist ausgefallen. Informationen über das, was während Shells Tiefschlaf geschah, sind nicht verfügbar. Obwohl alles, was auf dem Schiff geschieht, aufgezeichnet wird.

Um herauszufinden, wie es zu diesen Todesfällen kommen konnte, wird der Ermittler Rasheed Fin von Bloodroot zur Ragtime geschickt.

Er beginnt seine Ermittlungen mit dem Zusammensetzen der Leichenteile. Dabei entdeckt er, dass ungefähr zweieinhalb Menschen fehlen.

Kurz darauf taucht, entgegen aller Wahrscheinlichkeit und ohne dass die das Schiff überwachende KI sie davor warnte, ein Wolf auf dem Raumschiff auf.

Das ist nicht das erste Mal und nicht das letzte Mal, dass die KI Fins Arbeit behindert und sie möglicherweise umbringen will.

Bekannt wurde Tade Thompson bei Science-Fiction-Fan mit seiner Wormwood-Trilogie (manchmal auch „Rosewater“-Trilogie genannt). Mit „Fern vom Licht des Himmels“ legt er einen Einzelroman vor. Im Gegensatz zu seinen vorherigen Romanen, die auf der Erde spielen, spielt diese Geschichte im Weltraum in einem Raumschiff, das sich in der Nähe eines weit, weit entfernten Planeten befindet. Während der Ermittlungen von Fin zeichnet Thompson eine reichhaltige Welt, über die hier nicht mehr verraten werden soll. Das würde nämlich auch allzu deutliche Hinweise auf die Lösung des Falles geben.

Zum klassischen Ermitteln kommt Fin und sein nicht-menschlicher Partner Salvo, ein Lamber, kaum. Denn immer wieder durchkreuzen lebensbedrohende Gefahren seine Ermittlungen. Sie sind auch für Shell, den später hinzu gekommenen Lawrence Biz, der früher mit Shells Vater den Weltraum erkundete, und ihre nicht-humanoiden Begleiter lebensbedrohlich.

Insofern ist „Fern vom Licht des Himmels“ formal zwar ein Locked-Room-Mystery im Weltraum, aber kein Rätselkrimi, in dem der Ermittler geduldig die Verdächtigen befragt und am Ende den Mörder präsentiert. Diese Verdächtigen gibt es auf dem Schiff nicht. Aber irgendjemand hat die Master-KI manipuliert. Wie und warum ist unklar. Ebenso ob dieses Wesen (es könnte ja auch ein Alien oder eine KI sein) noch an Bord ist.

Als Thriller mit überraschenden Wendungen und einer wunderschön skizzierten fremden Welt unterhält „Fern vom Licht des Himmels“ prächtig.

Mit Autoren wie Tade Thompson habe ich keine Angst um die Zukunft des Science-Fiction-Genres.

Tade Thompson: Fern vom Licht des Himmels

(übersetzt von Jakob Schmidt)

Golkonda, 2022

384 Seiten

20 Euro

Originalausgabe

Far from the Light of Heaven

Orbit/Little, Brown Book Group, London, 2021

Mehr von Tade Thompson

Ebenfalls bei Golkonda sind bereits die ersten beiden Bände von Tade Thompsons hochgelobter und, unter anderem, mit dem Arthur C. Clarke Award ausgezeichneter Wormwood-Trilogie erschienen. In den in Nigeria in der Stadt Rosewater spielenden Science-Fiction-Romanen „Rosewater“ und „Rosewater: Der Aufstand“ geht es um die Begegnung der Menschheit mit Außerirdischen, die für die Menschheit immer bedrohlicher wird.

Der abschließende dritte Band „Rosewater: Die Erlösung“ soll im Herbst, wahrscheinlich im Oktober, erscheinen.

Tade Thompson: Rosewater

(übersetzt von Jakob Schmidt)

Golkonda, 2020

440 Seiten

20 Euro

Tade Thompson: Rosewater: Der Aufstand

(übersetzt von Jakob Schmidt)

Golkonda, 2022

424 Seiten

22 Euro

Hinweise

Bookmarks über „Fern vom Licht des Himmels“

Perlentaucher über „Fern vom Licht des Himmels“

Golkonda über Tade Thompson

Wikipedia über Tade Thompson