„Wir haben nicht genug Leichen.“ – Der Science-Fiction-Rätselthriller „Fern vom Licht des Himmels“

Hier spricht Captain Michelle ‚Shell‘ Campion vom Raumschiff Ragtime. Ich habe hier einen Code 4717, wiederhole: 4717. Kontamination an Bord, mögliche Ansteckung. Passagiere befinden sich noch im Ragtime-Traumzustand. Schicken Sie keine Fähren für die Passagiere, bevor sie von mir hören. Campion Ende.“ Das ist der erste Funkspruch, den Shell nach einem zehnjährigem Tiefschlaf losschickt. In der Zeit wurde die Ragtime auf ihrem Weg von der Erde zu dem Kolonieplaneten Bloodroot von einer Künstlichen Intelligenz gelenkt. An Bord befinden sich, im Tiefschlaf, tausend Siedler.

4717 ist der Code für mehrere vorzeitige Todesfälle. Insgesamt sind 31 Passagiere tot. Shell hat sie zerstückelt in der Entsorgungsanlage des Schiffes gefunden. Die Künstliche Intelligenz, die das Schiff fliegt und die aufpassen sollte, dass nichts passiert, ist ausgefallen. Informationen über das, was während Shells Tiefschlaf geschah, sind nicht verfügbar. Obwohl alles, was auf dem Schiff geschieht, aufgezeichnet wird.

Um herauszufinden, wie es zu diesen Todesfällen kommen konnte, wird der Ermittler Rasheed Fin von Bloodroot zur Ragtime geschickt.

Er beginnt seine Ermittlungen mit dem Zusammensetzen der Leichenteile. Dabei entdeckt er, dass ungefähr zweieinhalb Menschen fehlen.

Kurz darauf taucht, entgegen aller Wahrscheinlichkeit und ohne dass die das Schiff überwachende KI sie davor warnte, ein Wolf auf dem Raumschiff auf.

Das ist nicht das erste Mal und nicht das letzte Mal, dass die KI Fins Arbeit behindert und sie möglicherweise umbringen will.

Bekannt wurde Tade Thompson bei Science-Fiction-Fan mit seiner Wormwood-Trilogie (manchmal auch „Rosewater“-Trilogie genannt). Mit „Fern vom Licht des Himmels“ legt er einen Einzelroman vor. Im Gegensatz zu seinen vorherigen Romanen, die auf der Erde spielen, spielt diese Geschichte im Weltraum in einem Raumschiff, das sich in der Nähe eines weit, weit entfernten Planeten befindet. Während der Ermittlungen von Fin zeichnet Thompson eine reichhaltige Welt, über die hier nicht mehr verraten werden soll. Das würde nämlich auch allzu deutliche Hinweise auf die Lösung des Falles geben.

Zum klassischen Ermitteln kommt Fin und sein nicht-menschlicher Partner Salvo, ein Lamber, kaum. Denn immer wieder durchkreuzen lebensbedrohende Gefahren seine Ermittlungen. Sie sind auch für Shell, den später hinzu gekommenen Lawrence Biz, der früher mit Shells Vater den Weltraum erkundete, und ihre nicht-humanoiden Begleiter lebensbedrohlich.

Insofern ist „Fern vom Licht des Himmels“ formal zwar ein Locked-Room-Mystery im Weltraum, aber kein Rätselkrimi, in dem der Ermittler geduldig die Verdächtigen befragt und am Ende den Mörder präsentiert. Diese Verdächtigen gibt es auf dem Schiff nicht. Aber irgendjemand hat die Master-KI manipuliert. Wie und warum ist unklar. Ebenso ob dieses Wesen (es könnte ja auch ein Alien oder eine KI sein) noch an Bord ist.

Als Thriller mit überraschenden Wendungen und einer wunderschön skizzierten fremden Welt unterhält „Fern vom Licht des Himmels“ prächtig.

Mit Autoren wie Tade Thompson habe ich keine Angst um die Zukunft des Science-Fiction-Genres.

Tade Thompson: Fern vom Licht des Himmels

(übersetzt von Jakob Schmidt)

Golkonda, 2022

384 Seiten

20 Euro

Originalausgabe

Far from the Light of Heaven

Orbit/Little, Brown Book Group, London, 2021

Mehr von Tade Thompson

Ebenfalls bei Golkonda sind bereits die ersten beiden Bände von Tade Thompsons hochgelobter und, unter anderem, mit dem Arthur C. Clarke Award ausgezeichneter Wormwood-Trilogie erschienen. In den in Nigeria in der Stadt Rosewater spielenden Science-Fiction-Romanen „Rosewater“ und „Rosewater: Der Aufstand“ geht es um die Begegnung der Menschheit mit Außerirdischen, die für die Menschheit immer bedrohlicher wird.

Der abschließende dritte Band „Rosewater: Die Erlösung“ soll im Herbst, wahrscheinlich im Oktober, erscheinen.

Tade Thompson: Rosewater

(übersetzt von Jakob Schmidt)

Golkonda, 2020

440 Seiten

20 Euro

Tade Thompson: Rosewater: Der Aufstand

(übersetzt von Jakob Schmidt)

Golkonda, 2022

424 Seiten

22 Euro

Hinweise

Bookmarks über „Fern vom Licht des Himmels“

Perlentaucher über „Fern vom Licht des Himmels“

Golkonda über Tade Thompson

Wikipedia über Tade Thompson

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2 Responses to „Wir haben nicht genug Leichen.“ – Der Science-Fiction-Rätselthriller „Fern vom Licht des Himmels“

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