TV-Tipp für den 22. April: Mystic River

April 21, 2009

Kabel 1, 20.15

Mystic River (USA 2003, R.: Clint Eastwood)

Drehbuch: Brian Helgeland

LV: Dennis Lehane: Mystic River, 2001 (Spur der Wölfe, Mystic River)

Jimmy Markum, Dave Boyle und Sean Devine waren Jugendfreunde. Jahrzehnte später treffen sie sich wieder. Jimmys Tochter wurde ermordet. Sean soll als Polizist den Mörder finden und Dave gerät in Verdacht, sie umgebracht zu haben.

Seit einigen Jahren dreht Clint Eastwood einen grandiosen Film nach dem nächsten. Auch „Mystic River“ ist ein ruhiges, im positiven Sinn altmodisch erzähltes, düsteres Drama ohne einfache Lösungen über Schuld, Sühne und der Frage nach Gerechtigkeit.

Mit seinen exzellenten Schauspielern, dem guten Drehbuch, der ruhigen Kameraarbeit (Tom Stern, seit „Honkytonk Man“ [1982] bei fast jedem Eastwood-Film dabei) und der stimmigen Musik (Clint Eastwood himself) ist der Film sogar dem etwas ausufernden Roman überlegen.

Neben zahlreichen Nominierungen und Preisen wurde Helgelands Buch auch für den Edgar Allan Poe-Preis als bestes Drehbuch nominiert.

Mit Sean Penn, Tim Robbins, Kevin Bacon, Laurence Fishburne, Marcia Gay Harden, Laura Linney

Hinweise

Homepage von Dennis Lehane

Meine Besprechung von Dennis Lehanes “Coronado” (Coronado, 2006)

Schnittberichte: Vergleich der Kinoversion mit der gekürzten TV-Version (denn auch heute wird wegen der Sendezeit nicht die Kinoversion gezeigt)


Ian Rankins Version von „Ocean’s Eleven“

April 21, 2009

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Nach der Pensionierung von Inspector John Rebus hat sein Erfinder Ian Rankin Zeit, andere Dinge auszuprobieren. Er schrieb ein Serial für die New York Times, eine Oper, Comics, eine kurze Geschichte für ein Leseförderprojekt und man hörte immer wieder etwas von Filmprojekten. Außerdem schrieb Rankin 2008 für die Buchveröffentlichung einen stark erweiterte Version seiner „New York Times“-Fortsetzungsgeschichte „Doors Open“. Die deutsche Ausgabe erschien jetzt, wenige Monate nach der Originalausgabe, als „Der Mackenzie Coup“ bei uns.

Mike Mackenzie ist ein gelangweilter siebenunddreißigjähriger Millionär, der sich für Gemälde interessiert. Zusammen mit seinem Bankberater Allan Cruikshank von der First Caledonian Bank und dem kurz vor der Pensionierung stehenden Kunstprofessor Robert Gissing beschließen sie, einige Bilder zu befreien. Denn die First Caledonian Bank und die National Gallery von Schottland haben viele ihrer Bilder in von vor der breiten Öffentlichkeit verschlossenen Bankräumen und in Lagerhallen. Eine Bilderbefreiung aus der Bank ist zu schwierig, aber Gissing hat einen todsicheren Plan (der natürlich schief geht), wie sie am „Tag der offenen Tür“ aus einer Lagerhalle der National Gallery einige Bilder klauen können.

Selbstverständlich ist so ein Diebstahl nichts für drei Amateure. Sie benötigen professionelle Hilfe, die in Gestalt des lokalen Gangsterbosses Chib Calloway kommt. Mackenzie kennt ihn von der Schule und Calloway beginnt sich gerade für Gemälde zu interessieren. Dass er gleichzeitig Ärger mit einem Chapter der skandinavischen Hell’s Angels hat, die von ihm das immer noch ausstehende Geld für eine Drogenlieferung wollen, und einige Gemälde sehr wertvolle Tauschobjekte sind, erhöht seine Lust, sich an dem Coup zu beteiligen.

Allerdings werden sie von Anfang an von Detective Inspector Ransome, der Calloway hinter Gitter bringen will, beobachtet.

„Der Mackenzie Coup“ ist ein Caper-Krimi und selbstverständlich sind die bekannten Genreversatzstücken von schwieriger Planung, plötzlichen Komplikationen bei der Durchführung, anschließenden Verwicklungen, inclusive Gewalttätigkeiten und Verrat, und überraschender Schlusspointe vorhanden. Aber im Gegensatz zu Donald Westlake, der unter seinem Namen die Dortmunder-Serie und als Richard Stark die Parker-Serie schrieb, platziert Ian Rankin sich in seinem neuen Roman etwas unglücklich zwischen Comedy-Crime und Hardboiled. Denn gerade im direkten Vergleich mit Donald Westlake fallen die Schwächen von „Der Mackenzie Coup“ eklatant auf. Für ein Comedy-Crime-Werk ist „Der Mackenzie Coup“ viel zu ernst, fast schon humorlos, erzählt. Aber für eine richtige Hardboiled-Geschichte ist der Roman dann letztendlich doch zu soft und vorhersehbar. Außerdem sind die Motive der Kunstdiebe für Rankins ernsten Tonfall zu dünn. Mackenzie, zum Beispiel, macht mit, weil er von seinem Leben als Frührentner gelangweilt ist. Seine beiden Freunde, ebenfalls ehrbare Bürger, tun’s, weil sie denken, dass die Öffentlichkeit die Gemälde sehen sollte. Dass sie nach dem Diebstahl die Bilder nur bei sich zu Hause bewundern können und damit eigentlich ihre Aktion ad absurdum führen, stört sie nicht. Für keinen von den dreien ist Geld das Motiv.

In „Der Mackenzie Coup“ ist nach dem jedenfalls vorläufigem Ende der Rebus-Serie vor allem eine Lockerungsübung. Ian Rankin wechselt die Seiten und erzählt eine Gangstergeschichte, die ohne große Änderungen auch vor einigen Jahrzehnten hätte spielen können. Es ist ein Nebenwerk, das nichts über Ian Rankins nächsten Roman sagt.

Ian Rankin: Der Mackenzie Coup

(übersetzt von Ditte und Giovanni Bandini)

Manhattan, 2009

384 Seiten

17,95 Euro

Originalausgabe

Doors Open

Orion Books, 2008

Hinweise

Homepage von Ian Rankin

Deutsche Homepage von Ian Rankin (Goldmann-Verlag)

Meine Besprechung von Ian Rankins „Rebus’s Scotland – A personal journey“ (2005)

Meine Besprechung von Ian Rankins „Eindeutig Mord – Zwölf Fälle für John Rebus“ (A good hanging, 1992)

Meine Besprechung von Ian Rankins “Ein Rest von Schuld“ (Exit Music, 2007)

Meine Besprechung von Ian Rankins „Im Namen der Toten” (The Naming of the Dead, 2006)

Meine Besprechung von Ian Rankins „Die Seelen der Toten“ (Dead Souls, 1999)

Meine Besprechung von Ian Rankins „Der diskrete Mr. Flint“ (Watchman, 1988)



Bonushinweise



Cover der Woche

April 21, 2009

japrisot-blutiger-sommer


TV-Tipp für den 21. April: Der aus dem Regen kam

April 21, 2009

BR, 00.05 (VPS 23.20)

Der aus dem Regen kam (F/I 1969, R.: René Clement)

Drehbuch: Sébastien Japrisot, Lorenzo Ventavoli

Buch zum Film: Sébastien Japrisot: Le passager de la pluie, 1992

Mellie erschießt in Notwehr einen Fremden und lässt die Leiche verschwinden. Eines Tages taucht ein geheimnisvoller Amerikaner auf und erpresst sie.

Spannender Psycho-Thriller: „La mise en scène est irréprochable, l’interprétation excellente et le film distille un charme doux-amer plein de suspense. Mais trop de froideur et une intrigue confuse finissent par lasser. Il n’est pas certain que ce film résiste à des diffusions répétées tant ses limites finissent par devenir évidentes.“ (Dictionnaire du cinéma, Robert Laffont)

„Geschickt ausgetüftelter Psycho-Thriller.“ (Lexikon des internationalen Films) „Eine ironische Annäherung an das Genre.“ (Meinolf Zurhorst: Lexikon des Kriminalfilms – Völlig überarbeitete Neuauflage)

Der Film war für den Edgar nominiert und gewann den Golden Globe als bester fremdsprachiger Film

Mit Marlène Jobert, Charles Bronson, Jill Ireland


Hochkarätige Vorlesungsreihe zum Grundgesetz

April 20, 2009

Als Mitveranstalter poste ich unsere Presseerklärung mit kleinen Änderungen:

60 Jahre Grundgesetz – Anspruch und Wirklichkeit

Gemeinsame Ringvorlesung der Humanistischen Union und des Instituts für Recht und Gesellschaft

Heute startet die gemeinsame Ringvorlesung der Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union und des Instituts für Recht und Gesellschaft an der Humboldt Universität zu Berlin.

Unter dem Titel „60 Jahre Grundgesetz – Anspruch und Wirklichkeit“ ziehen Vertreter aus Wissenschaft und Politik eine kritische Bilanz zum 60. Jahrestag des Inkrafttretens des Grundgesetzes. Die Veranstalter haben Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik und Medien eingeladen, sich den Herausforderungen unserer Verfassung zu stellen. Die Spannbreite der Themen reicht von der (Bild-)Geschichte des Grundgesetzes, seiner philosophischen Idee und dem Wandel bis zu aktuellen Debatten wie Gleichheit und Differenz, Sicherheit und Freiheit oder dem Verhältnis des Grundgesetzes zur Europäischen Union.

Zum Auftakt der Veranstaltungsreihe spricht am Montag, dem 20. April 2009, um 16.00 Uhr Prof. Dr. Matthias Mahlmann (Universität Zürich) über „Menschenwürde und republikanische Rechtskultur“. Sein Vortrag wird die Menschenwürde als Leitgedanke nicht nur der nationalen, sondern auch der internationalen Rechtskultur vorstellen. Matthias Mahlmann wird auf die in jüngster Zeit formulierten kritischen Perspektiven auf die Menschenwürde eingehen. Zugleich lotet er die Möglichkeiten einer überzeugenden, ideengeschichtlich informierten Konzeption der Menschenwürde in Bezug auf aktuelle Rechtsfragen aus. Damit leistet er einen Beitrag zur Diskussion um die rechtsethische Orientierung der Gegenwart.

Die Vorlesungen sind während des Sommersemesters immer montags von 16.00 bis 18.00 Uhr im Hauptgebäude der Humboldt-Universität (Kinosaal/Senatssaal, Unter den Linden 6, Berlin-Mitte):

20. April: Matthias Mahlmann (Universität Zürich): Menschenwürde und republikanische Rechtskultur

27. April: Horst Bredekamp (Humboldt-Universität): Das Anikonische des Grundgesetzes und die Galerie der Kanzler

4. Mai: Dieter Grimm (Humboldt-Universität): Identität und Wandel. Das Grundgesetz 1949 und heute

11. Mai: Christian Bommarius (Berliner Zeitung): Geschichte des Grundgesetzes

18. Mai: Susanne Baer (Humboldt-Universität): Gleichheit und Differenz

25. Mai: Brigitte Zypries (Bundesministerin der Justiz): Die Politik und das Bundesverfassungsgericht

8. Juni: Mark A. Zöller (Universität Trier): Europäische Strafgesetzgebung – jenseits des Grundgesetzes?

15. Juni: Georg Nolte (Humboldt-Universität): „Dem Frieden der Welt zu dienen“ – Das Grundgesetz und das Völkerrecht

22. Juni: Herfried Münkler (Humboldt-Universität): Sicherheit und Freiheit

29. Juni: Christoph Möllers (Universität Göttingen): Religiöser Pluralismus und Grundgesetz

6. Juli: Hubert Rottleuthner (Freie Universität Berlin): Das Grundgesetz lesen

13. Juli: Juliane Kokott (Generalanwältin am Europäischen Gerichtshof): Grundgesetz und Europäische Union

Die Veranstalter

Die Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union sieht sich dem Schutz und dem Ausbau verfassungsgemäßer Freiheitsgarantien verpflichtet. Ihre Kritik an ausufernden Sicherheitsgesetzen und gesetzgeberischen Verfassungsverstößen führt sie in Musterklagen immer wieder vor das Bundesverfassungsgericht. Gemeinsam mit anderen Bürger- und Menschenrechtsorganisationen gibt sie den jährlich erscheinenden Grundrechte-Report heraus, der die deutsche Verfassungswirklichkeit kritisch bilanziert.

Das neu gegründete Berliner Institut für Recht und Gesellschaft/Law and Society Institute Berlin (LSI) ist als Ort interdisziplinärer Rechtsforschung der Analyse der sozialen, ökonomischen, politischen, kulturellen und ethischen Grundlagen dieser Entwicklung gewidmet.


TV-Tipp für den 20. April: Mr. Ripley und die Kunst des Tötens

April 20, 2009

ZDF, 22.15

Mr. Ripley und die Kunst des Tötens (D/GB 2005, R.: Roger Spottiswoode)

Drehbuch: William Blake Herron, Donald E. Westlake

LV: Patricia Highsmith: Ripley Under Ground, 1970 (Ripley Under Ground)

Tom Ripley finanziert seinen gehobenen Lebensstil mit echten und falschen Derwatt-Gemälden. Denn niemand weiß, dass Derwatt beriets tot ist und damit das so bleibt, muss Ripley morden.

Endlich feiert die Highsmith-Verfilmung zu der Donald Westlake das Drehbuch schrieb, seine TV-Premiere. Auf DVD ist das Werk schon länger erhältlich.

“RIPLEY UNDER GROUND is a lighthearted black comedy, cloaked in the guise of a murder mystery. (…)RIPLEY UNDER GROUND is well-made, enjoyable fluff, and has enough pleasant twists to make it worth seeking out.” (Peter Martin, twitchfilm.net)

Mit Barry Pepper, Jacinda Barrett, Tom Wilkinson, Willem Dafoe, Alan Cumming, Claire Forlani

Auch bekannt als “Ripley Under Ground” (DVD-Titel)

Wiederholung: Mittwoch, 22. April, 00.20 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Homepage von Donald E. Westlake

Kriminalakte: Nachruf auf Donald E. Westlake

Kriminalakte: Covergalerie Donald E. Westlake

Meine Besprechung von Donald E. Westlakes Dortmunder-Roman „What’s so funny?“

Meine Besprechung von Donald E. Westlakes Dortmunder-Roman „Watch your back!“

Meine Besprechung von Donald E. Westlakes Dortmunder-Kurzroman „Die Geldmacher“ (Walking around money; erschienen in „Die hohe Kunst des Mordens“ [Transgressions])

Meine Besprechung von Donald E. Westlakes „Mafiatod“ (361, 1962)

Meine Vorstellung von Westlakes als Richard Stark geschriebener Parker-Serie (mit „Nobody runs forever“)

Meine Besprechung von Richard Starks Parker-Romans „Ask the Parrot“

Meine Doppelbesprechung von Richard Starks Parker-Romanen „Fragen Sie den Papagei“ (Ask the Parrot) und „Dirty Money“


Kleinkram: The Wire, Drehbücher von Pilotfolgen, B-Movies bei AMC, Kurzgeschichte von Steven Gould, Interviews mit George Pelecanos und Charles Ardai

April 19, 2009

Wow, das ist etwas: Die Bibel für David Simons vielfach ausgezeichnete HBO-Polizeiserie „The Wire“ (die es wahrscheinlich niemals ins deutsche Free-TV schaffen wird).

Ebenfalls sehr lehrreich sind natürlich auch die Drehbücher für Pilotfolgen von TV-Serien. Hier gibt es eine sehr umfangreiche Liste. Dabei sind unter anderem die Drehbücher der ersten Folge von „24“, „Battlestar Galactica“, „Bones“, „Burn Notice“ (RTL II will’s, glaube ich, dieses Jahr ausstrahlen), „The Closer“, „Dark Angel“, „Dexter“, „Hill Street Blues“, „The Mentalist“, „Monk“, „N. Y. P. D. Blue“, „Prison Break“, „The Shield“, „The Sopranos“, „The Wire“, undundund.

Bei AMC können etliche B-Movies angesehen werden. Natürlich als Original in Englisch und ohne Untertitel. Die meisten Filme haben eher historischen Wert, aber auch „Dark Star“ und einige Edward-L.-Cahn- und Roger-Corman-Streifen sind dabei.

B-Movies eben.

Bei Tor hat „Jumpers“-Autor Steven Gould die S-F-Geschichte „Bug in the Arroyo“ veröffentlicht (und den Lesern, wie die Kommentare zeigen, gefällt’s).

George Pelecanos redet über sein neues Buch „The Way Home“ (angekündigt für 12. Mai 2009 in USA) und andere Dinge.

Bei Things I’d rather be doing beantwortet Hard-Case-Crime-Macher Charles Ardai einige Fragen.


TV-Tipp für den 19. April: Psychopathen – Meister der Grausamkeit

April 19, 2009

Das ist doch ein Arte-Themenabend für Krimifans: „Psychopathen – Meister der Grausamkeit“. Den Anfang macht:

Arte, 20.15

Der talentierte Mr. Ripley (USA 1999, R.: Anthony Minghella)

Drehbuch: Anthony Minghella

LV: Paricia Highsmith: The talented Mr. Ripley, 1955 (Nur die Sonne war Zeuge, Der talentierte Mr. Ripley)

Eigentlich sollte der mittellose Tom Ripley den reichen Reedersohn Dickie Greenleaf nur aufspüren und wieder nach Hause bringen. Aber sie sehen sich so verdammt ähnlich und Ripley gefällt das Leben als reicher Müßiggänger.

Zweite Verfilmung des ersten Tom Ripley-Romanes (hier: Matt Damon, 1960 in der legendären Erstverfilmung „Nur die Sonne war Zeuge“ von René Clement war es Alain Delon) – dieses Mal als klassisches Hollywood-Kino, welches die Atmosphäre der 50er perfekt rekonstruiert. „Der talentierte Mr. Ripley“ ist im Wesentlichen nettes, etwas langatmiges, nicht sonderlich fesselndes Ausstattungskino.

Mit Matt Damon, Gwynieth Paltrow, Jude Law, Cate Blanchett

Wiederholung: Montag, 20. April, 14.45 Uhr

Hinweise

Drehbuch „The talented Mr. Ripley“ von Anthony Minghella (Fassung 1. November 1999)

Krimi-Couch über Patricia Highsmith

Kaliber 38 über Patricia Highsmith (ausführliche Bibliogrpahie)

W. W. Norton über Patricia Highsmith (Verlagsseite)

Diogenes über Patricia Highsmith

Arte, 22.30

Ich bin ein Psychopath (Aus/D 2009, R.: Iain Walker)

Drehbuch: Iain Walker

Spielfilmlange Doku über Sam Vaknin, der behauptet, ein Psychopath zu sein und sich von Wissenschaftlern untersuchen lässt.

Wiederholungen

Freitag, 24. April, 09.55 Uhr

Dienstag, 28. April, 03.00 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Homepage von Sam Vaknin

Arte zum Themenabend


TV-Tipp für den 18. April: Der Hades-Faktor

April 18, 2009

RTL II, 20.15

Der Hades- Faktor (USA 2006, R.: Mick Jackson)

Drehbuch: Elwood Reid

LV: Robert Ludlum, Gayle Lynds: The Hades Factor, 2000 (Der Hades Faktor)

Böse Menschen lassen in den USA einen mörderischen Ableger des Ebola-Viruses frei. Nur der ehemalige Agent Jon Smith kann die Terroristen stoppen.

Die Besetzung ist gut. Es wurde viel in Berlin gedreht (Lokalpatriotismus). Der Trailer sieht sehr nach “24” aus. Stephen Dorff wird zu einem Kiefer Sutherland-Lookalike. Und Anjelica Huston spielt die Präsidentin der USA. Das klingt ziemlich vielversprechend. Am Ende ist es doch nur ein dreistündiger TV-Film, der das Versprechen des Trailers niemals einlöst. Dafür gibt es zu wenig Action, zu wenige Verwicklungen und alles ist zu eindeutig in Gut und Böse unterteilt. Nett, aber trotz der Besetzung verzichtbar.

“Relativ aufwändiger und prominent besetzter TV-Zweiteiler, der sich stereotyper Feindbilder bedient.“ (Lexikon des internationalen Films)

Mit Stephen Dorff, Danny Huston, Mira Survino, Anjelica Huston, Blair Underwood, Sophia Myles

Hinweise

Wikipedia über „Der Hades-Faktor“

Robert-Ludlum-Fanseite

Homepage von Gayle Lynds


„Es war einmal ein Junge namens Ray Pye,…“

April 17, 2009

Es dauerte 25 Jahre, bis der Knoten platze und Hollywood begann, die Romane von Jack Ketchum zu verfilmen. Dabei genoss bereits sein erstes Werk „Off Season“ (Beutezeit) unter Horrorfans schnell Kultstatus. Stephen King, um nur seinen bekanntesten Fan zu nennen, preist seit Jahren unermüdlich seine Werke. Aber Hollywood schwieg.

2005 war mit der Verfilmung des für den Bram-Stoker-Preis nominierten „The Lost“ dann anscheinend der Bann gebrochen. Schnell folgten „The Girl next Door“ und „Red“ (Filmbesprechung folgt). „Offspring“ befindet sich gerade in der Postproduktion. Und was, wenn wir an die vielen misslungenen Stephen-King-, Elmore-Leonard- und Donald-Westlake-Verfilmungen denken, am erstaunlichsten ist, ist die Tatsache, dass die Jack-Ketchum-Verfilmungen bis jetzt wirklich den Tonfall der Vorlagen treffen.

Jack Ketchums Roman „The Lost“

In „The Lost“ erzählt Jack Ketchum die Geschichte eines Psychopathen und mehrerer, ihn wie Satelliten umkreisender, seelisch verlorener Menschen während des für sie nicht existierenden Summer of Love.

1965 ermordet der Teenager Ray Pye nachts am See Lisa Steiner. Elise Hanlon kann schwerverletzt flüchten. Pyes Freunde Tim Bess und Jennifer Fitch haben die Tat beobachtet und ihm geholfen die Spuren zu verwischen.

Vier Jahre später stirbt Elise Hanlon, die nie aus dem Koma erwachte. und der Kleinstadt-Detective Charlie Schilling möchte den Fall immer noch lösen. Doch anstatt den Krimiplot energisch voranzutreiben, entwirft Jack Ketchum ein pessimistisches Porträt einiger Bewohner der Kleinstadt Sparta, New Jersey, bei dem die Zahl der Sympathieträger an den Fingern einer abgehackten Hand abgezählt werden kann. Neben dem an Minderwertigkeitskomplexen leidenden Psychopathen Ray Pye, der bevorzugt jüngere Frauen vögelt und als kleiner Drogenhändler der ungekrönte König der Kleinstadtjugendlichen ist, den ihm hörigen Freunden Tim Bess und Jennifer Fitch, die nichts gegen Rays zahlreiche Seitensprünge hat, sind das vor allem die beiden 1965 ermittelnden Polizisten und ein gerade aus San Francisco zugezogenes Mädchen.

Detective Charlie Schilling ist ein geschiedener Alkoholiker, der seine Abende nach dem Besuch in der Bar, allein vor dem Fernseher mit einer Dose Bier verbringt. Sein Kollege Ed Anderson ist inzwischen Frührentner und hat eine Beziehung zur gerade volljährig gewordenen Sally Richmond. Katherine Wallace, das neuen Mädchen in der Stadt, findet Ray Pye interessant, hat eine in der Irrenanstalt sitzende, todkranke Mutter und stiftet Ray zu mehreren kleinen Verbrechen an. Keiner von ihnen taugt als Vorbild. .

Nach Hanlons Tod beginnt Charlie Schilling wieder den Druck auf Pye zu erhöhen. Er will ihn jetzt endlich als Doppelmörder überführen, indem er dessen übergroßes Ego beschädigt. Er sprengt eine Party von Pye, bei der er kostenlos Drogen an Minderjährige verteilte. Gleichzeitig überzeugt er Sally Richmond, die Stelle in dem Motel der Familie Pye, wo auch Ray arbeitet, zu kündigen, und er redet mit Pyes Freunden. Pyes Nerven sind deshalb schon zum Zerreißen gespannt. Verschärfend kommt für den Kleinstadt-Aufreißer hinzu, dass Sally nicht mit ihm ins Bett steigen will, seine große Liebe Katherine die Beziehung zu ihm beendet und Tim, der für ihn Drogen bei sich aufbewahrt und dabei ungefragt einen Teil für sich abzweigt, ihn betrügt.

Das alles wird Pye irgendwann zuviel und er explodiert. Er beginnt sich an all den Menschen, die sich ihm verweigerten, in einem Amoklauf zu rächen.

Jack Ketchums großartiger, aber auch bedrückender und beunruhigender Roman ist die fast klinische Studie eines Amokläufers und seines Umfeldes.

Dabei ist „The Lost“ so sehr mit der Handlungszeit, dem August 1969, verbunden, dass eine andere Handlungszeit unmöglich erscheint. Denn während die Hippiebewegung den Summer of Love und Woodstock feiert, ist in Sparta nichts von der Utopie einer besseren Welt angekommen. Nur die Drogen und die Gewalt, gepaart mit einer kräftigen Portion reaktionärem Denken, sind in der Provinz angekommen; – falls sie nicht schon immer da waren. Pyes erste Sätze im Buch und im Film sind, nachdem er sieht, wie die Freundinnen Steiner und Hanlon sich einen unschuldigen Kuss geben: „Ach du Scheiße. Lesben. Mann, das ist echt widerlich.“

Das und seine Neugier, wie es ist, einen Menschen sterben zu sehen, führen zu den ersten Morden.

Später ist er von dem Morden der Charlie-Manson-Familie, vor allem dem bestialischen an Sharon Tate, fasziniert. Zum wenige Tage später stattfindenden Woodstock-Festival will er allerdings nicht fahren. Denn dort ist alles versammelt, was er verabscheut. Insofern zeigt Jack Ketchum, ähnlich wie die Rockband „Velvet Underground“, die düstere Seite der späten sechziger Jahre.

Chris Sivertsons Film „The Lost“

Chris Sivertson, der das Drehbuch schrieb und Regie führte, verlegte die Geschichte in eine seltsam zeitlose Gegenwart, indem er alle direkten Hinweise auf die Sechziger tilgte. Aber die Gegenwart mit Computern, Flachbildschirmen, Handys und HipHop ist in Sivertsons Kleinstadt-Amerika noch lange nicht angekommen. Davon abgesehen folgt er fast schon sklavisch Ketchums Geschichte und dessen düsterer Vision der menschlichen Gemeinschaft von kaputten und dysfunktionalen Beziehungen. Die einzige intakte Beziehung im Buch und im Film, die Liebe von Ed Anderson und Sally Richmond, wird von ihnen vor der Öffentlichkeit verschwiegen. Damals, wir erinnern uns an Vladimir Nabokovs 1955 zuerst in Frankreich erschienes Meisterwerk „Lolita“, war eine Beziehung zwischen einer gerade gesetzlich volljährigen Frau und einem sechzigjährigen Mann nicht viel weniger skandalös als heute.

Die oft aus zahlreichen Nebenrollen bekannten Schauspieler sind großartig: Michael Bowen (Jackie Brown, Magnolia, Kill Bill) als fanatischer Alki-Polizist. Ed Lauter (Die Kampfmaschine/Die härteste Meile, French Connection II, Nevada-Pass, Familiengrab, Cujo) als sein Ex-Kollege und Tony Carreiro (Lethal Weapon 2, Ensemblemitglied der bei uns nie gezeigten Comedy-Serie „Doctor, Doctor“ und zahlreiche Gastauftritte in TV-Serien) als Katherines Vater. Eine besondere Erwähnung verdient Dee Wallace-Stone (E. T., Cujo). Sie tritt nur in einer einzigen Szene als Mutter von Elise Hanlon auf. Aber ihr Gespräch an der Haustür mit Polizist Schilling als von Schmerzen geplagte, betrunkene, von zuviel Alkohol und Drogen aufgequollene und verlebte Mutter bleibt nachhaltig im Gedächtnis.

Auch die noch unbekannten jugendlichen Darsteller, die teilweise aus einschlägigen Filmen und Gastauftritten in TV-Serien bekannt sind, überzeugen: Marc Senter als Ray Pye, Shay Astar als Jennifer Fitch, Alex Frost als Tim Bess, Megan Henning als Sally Richmond und Robin Sydney als Katherine Wallace.

„Jack Ketchum’s The Lost“ ist eine gelungene Romanverfilmung und ein präzises Porträt einer Gruppe Jugendlicher und wie ein Verbrechen ihr Leben beeinflusst. Es ist allerdings auch kein angenehmer Film. Gerade wegen des Mangels an potentiellen Sympathieträgern und seinen präzisen Beobachtungen ist es kein Film für einen entspannt-vergnügten Samstagabend. Denn entgegen dem Hollywood-Trend heischt Sivertson in seiner Independent-Produktion nicht um falsche Sympathie für seine Charaktere. Diese Haltung erinnert an Larry Clarks illusionslosem Blick auf die New Yorker Jugendlichen im New York der Neunziger in seinem semidokumentarischen Debüt „Kids“.

Sivertson, der mit „Jack Ketchum’s The Lost“ sein Debüt als alleiniger Regisseur gab und später den Razzie-Liebling „I know who killed me“ (Ich weiß, wer mich getötet hat) drehte, ist hier ein erstaunlich souveräner Regisseur. Schon seine präzise Einführung des Psychopathen Ray Pye als letztendlich und trotz aller Coolness ziemlich armen Wicht verrät alles wirklich Wissenswerte über ihn. Der Film beginnt mit dem Textinsert „Es war einmal ein Junge namens Ray Pye, der steckte zerdrückte Bierdosen in seine Stiefel um größer zu sein.“ Erst danach sehen wir von hinten den zu einem im Wald liegenden Klo stacksenden Pye und seine verklemmt-witzige Reaktion, als er das nackte Mädchen, das er später umbringen wird, sieht. Dazu ertönt „The Pied Piper“, gesungen von Crispian St. Peters und wir wissen, dass wir mehr über diesen Typen im ärmellosen, schwarzen T-Shirt erfahren wollen.

Die Charaktere, ihre Beziehungen und die sich zwischen ihnen entwickelnde Dynamik stehen in „Jack Ketchum’s The Lost“ eindeutig im Mittelpunkt. Denn trotz der FSK-18-Freigabe, die aufgrund des durchweg pessimistisch-nihilistischen Tonfalls in Ordnung geht, ist bis auf den Doppelmord an den Teenagern am Anfang und Ray Pyes Amoklauf am Ende des Films wenig körperliche Gewalt zu sehen.

Die DVD

Das Bonusmaterial ist sehr überschaubar, weil der interessanteste Teil der Verleihfassung, der Audiokommentar, nicht übernommen wurde. Der Grund dafür ist ganz einfach: Für die Kaufversion musste New KSM die Schere ansetzen. Dabei wurde, wie der Schnittbericht zeigt, das Ende um über zwei Minuten gekürzt.

Ich halte das für eine Unverschämtheit.

Nicht dass New KSM die Schere ansetzte. Das ist aus ökonomischen Gründen nachvollziehbar. Sondern dass wegen der FSK Erwachsene einen Film nur verstümmelt sehen dürfen. Denn wenn ich mir das Originalende ansehe, muss ich sagen, dass ich in anderen Filmen, wie „Saw“, schon schlimmeres gesehen habe und hier die Gewalt die konsequente und aus der Geschichte begründete Eruption einer lange aufgestauten Wut von Pye und Schilling ist. Das ist schmerzhaft anzusehen, aber Erwachsene sollten so etwas sehen dürfen.

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Jack Ketchum’s The Lost – Teenage Serial Killer (The Lost, USA 2005)

Regie: Chris Sivertson

Drehbuch: Chris Sivertson

Mit Marc Senter, Shay Astar, Alex Frost, Megan Henning, Robin Sydney, Dee Wallace-Stone, Michael Bowen, Ed Lauter, Erin Brown

DVD

New KSM

Bild: 16:9, 2,35:1

Ton: Deutsch/Englisch (Dolby Digital 5.1)

Bonus: Trailer, Biographien, Bildergalerie, Wendecover

Laufzeit: ca. 113 Minuten

Freigabe: 18 Jahre (FSK)

Vorlage

Jack Ketchum: The Lost

Cemetery Dance Publications, 2001

(Eine deutsche Übersetzung ist im Heyne Verlag in Arbeit.)

Hinweise

MySpace-Seite zum Film

Horror Fanatics: Interview mit Chris Sivertson zu „The Lost“

eFilmCritic: Interview mit Chris Sivertson zu „The Lost“

Schnittberichte mit einem genauen Schnittbericht

DVD-Forum: Schnittbericht

Kriminalakte: Interview mit Jack Ketchum

Meine Besprechung von Jack Ketchums “Amokjagd” (Joyride, 1995)

Meine Besprechung von Jack Ketchums “Blutrot” (Red, 1995)


TV-Tipp für den 17. April: Das Auge

April 17, 2009

3sat, 22.25

Das Auge (F 1983, R.: Claude Miller)

Drehbuch: Michel Audiard, Jacques Audiard

LV: Marc Behm: The eye of the beholder, 1980 (Das Auge)

Ein Privatdetektiv soll eine Frau beschatten. Dummerweise ist sie eine Serienmörderin und er entwickelt väterliche Gefühle für sie.

Von der Kritik hochgelobtes, düster-humorvolles Roadmovie mit Hichcock-Anleihen über eine obsessive Liebe.

Claude Miller zu seinem vierten Spielfilm: „Das ist wie in den großen Erziehungsromanen, in denen die Personen reisen, um sich am Ende ihres Lebens mit einer Fülle von Erfahrungen in ihrem eigenen Garten wiederzufinden. Diese innerliche Reise gibt es im Film – sie ist etwas, das ich auf der Reise der männlichen Hauptfigur, des ‚Auges’, wie eine Art von Therapie behandeln möchte.“

Mit Michel Serrault, Isabelle Adjani, Guy Marchand, Stéphane Audran, Geneviève Page, Sami Frey

Hinweis

Kriminalakte: Nachruf auf Marc Behm


Brian Azzarello wütet in Blackwater

April 16, 2009

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Brian Azzarello hat die grandiosen Noir-Comics „Jonny Double“ und „100 Bullets“ geschrieben. Mit „Loveless“ versuchte er eine Erneuerung des Western aus dem Geist des Italo-Westerns, gepaart mit einem illusionslosen Blick auf die Realität in den Südstaaten nach dem Bürgerkrieg. Allerdings ist auch der zweite „Loveless“-Band, ganz im Gegensatz zur langlebigen „100 Bullets“-Serie, keine wirklich überzeugende Lektüre.

In dem zweiten „Loveless“-Band sind drei kurze und die vierteilige Geschichte „Begraben in Blackwater“ enthalten. In den Einzelheften werden die bereits in dem ersten „Loveless“-Band „Blutrache“ angerissenen Backstories einiger Charaktere ausführlicher geschildert. In „Das eiserne Gesetz“ erzählt der ehemalige Sklave Atticus am Lagerfeuer einem Negerjungen, wie es ihm im Norden erging. In „Heißes Blut“ erfahren wir, dass Ruth Cutter während des Krieges als Waffenschmugglerin arbeitete und wie sie die Nachricht vom Tod ihres Mannes Wes erhielt.In „Die Ruhe vor dem Sturm“ führt Wes Cutter als Sheriff seine Rache an seinem alten Heimatort Blackwater fort, indem er ein Pferderennen veranstaltet.

Diese drei Geschichten wurden von Danijel Zezelj mit groben Strichen und fast einfarbig gezeichnet. Bunter und filigraner wird es in dem ursprünglich in vier Heften erschienenen „Begraben in Blackwater“. Die ersten beiden Hefte sind, wie die ersten fünf „Loveless“-Hefte, von Marcelo Frusin (In der deutschen Ausgabe werden diese Hefte irrtümlich Zezelj zugeschrieben.) und die letzten beiden Hefte von Werther Dell’Edera gezeichnet.

In dem Vierteiler versucht Wes Cutter herauszufinden, wer eine Farmerfamilie umbrachte. Dabei benutzt er die Jagd nach den Mördern für seine eigenen Zwecke (also der Abrechnung an den miesen Bewohnern von Blackwater). Die Fronten zwischen Gut und Böse, zwischen den Nordstaaten-Soldaten, den neuen Machthabern und den in den Wäldern lebenden Banditen sind so diffus, dass ungefähr jeder – wozu auch Wes Cutter gehört – als Täter in Frage kommt. Und für die einzelnen Charaktere ist, wie in den anderen Geschichten, die jüngste Vergangenheit in zahlreichen Flashbacks immer noch sehr lebendig.

In den „Loveless“-Geschichten entsteht kaleidoskopartig ein pessimistisches und sehr brutales Porträt der USA in den Jahren um den Bürgerkrieg. Aber die einzelnen Geschichten stehen zu unverbunden nebeneinander und das Ende von „Begraben in Blackwater“ mit dem Tod von einem Hauptcharakter ist eher zufällig als zwingend, um wirklich auf die nächste Hefte neugierig zu machen. „Loveless“ wirkt auch nach zwölf Heften und dem (scheinbaren) Ende der ersten großen „Loveless“-Geschichte weniger wie eine in sich geschlossene Erzählung, sondern mehr wie ein beherzter Griff in den Zettelkasten. In den USA wurde „Loveless“ nach 24 Heften eingestellt.

Brian Azzarello/Marcelo Frusin/Daniel Zezelj/Werther Dell’Edera: Loveless 2 – Begraben in Blackwater

(übersetzt von Bernd Kronsbein)

Panini 2009

172 Seiten

19,95 Euro

Originalausgabe

Loveless: Thicker than Blackwater

Heft 6 – 12

DC Comics , 2007

Hinweise

News A Rama: Interview mit Brian Azzarello (Oktober 2006)

UGO: Interview mit Brian Azzarello (circa 2006)

Comics Bulletin: Interview mit Brian Azzarello (circa 2006/2007)

EMF: Interview mit Marcello Frusin (29. Februar 2008)

Meine Besprechung von Brian Azzarello/Eduardo Rissos “Jonny Double” (Jonny Double, 2002)

Meine Besprechung von Brian Azzarello/Marcello Frusins “Loveless 1 – Blutrache” (Loveless: A Kin’ of Homecoming, 2006)

Meine Besprechung von Brian Azzarello/Eduardo Rissos “100 Bullets 3 – Alle guten Dinge” (100 Bullets: Hang up on the Hang Low, 2001)


TV-Tipp für den 16. April: Tatort: Wo ist Max Gravert?

April 16, 2009

WDR, 20.15

Tatort: Wo ist Max Gravert? (D 2005, R.: Lars Kraume)

Drehbuch: Lars Kraume

Jahrelang quälte der Hessische Rundfund uns mit unterirdischen Tatorten und einem Fliege tragendem Ermittler. Als Brinkmann-Darsteller Karl-Heinz von Hassel dann endlich in den Ruhestand ging, wurde anscheinend in Frankfurt ein Schalter umgelegt und seitdem erfreut das Team Jörg Schüttauf/Andrea Sawatzki (aka Dellwo/Sänger) mit guten, in der Wirklichkeit stehenden Krimis.

In ihrem sechsten Fall setzt sich Max Gravert mit den Millionen von seinen krebskranken Versicherten ab. Zwei der Todgeweihten (Jürgen Vogel und Tom Schilling) sind extrem stinkig und gehen bei ihrer Suche nach Max Gravert und der Kohle über Leichen. Die Kommissare Dellwo und Sänger versuchen das Schlimmste zu verhindern.

2006 erhielt dieser Tatort den Publikumspreis beim Deutschen Fernsehkrimipreis.

Mit Andrea Sawatzki, Jörg Schüttuaf, Thomas Balou Martin, Oliver Booth, Tom Schilling, Jürgen Vogel, Matthias Matschke

Hinweis

Tatort-Fundus über Dellwo/Sänger


„Will Eisner’s The Spirit“ ermittelt weiter

April 15, 2009

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Autor Darwyn Cooke und Zeichner J. Bone sorgten 2007 für eine gelungene Wiederbelebung von Will Eisners legendärem „The Spirit“. Die tollen Geschichten, stilecht gezeichnet und mit dem nötigen Witz präsentiert, zeigten, dass die Idee von Eisner, einen maskierten Mann auf Gangsterjagd zu schicken auch heute noch funktioniert. Denn der Spirit hat keine übernatürlichen Kräfte. Er ist nur der beherzte Verbrecherjäger Denny Colt, der nachdem er bei einem nicht genehmigten Polizeieinsatz starb, als Maskierter (Naja, im Gegensatz zu den Superhelden ist der Spirit mit seiner blauen Augenbinde eigentlich überhaupt nicht verkleidet.) wiederauferstand.

Nachdem Zeichner J. Bone sich anderen Projekten zuwandte, hörte auch Darwyn Cooke, der die „Spirit“-Comics nur mit Bone erzählen wollte, nach nur elf Abenteuern auf. Das siebte Heft war ein Summer-Special mit drei von verschiedenen Autoren geschriebenen kurzen „Spirit“-Abenteuern.

Auch der dritte „Spirit“-Sammelband beginnt mit einem abwechslungsreichen „Holiday Special“ von den Autoren Glen David Gold und Eduardo Risso (Einhundert!), Dennis O’Neil (Familienschatz) und Gail Simone (In den kalten Abgründen eines eisigen Herzens). Die restlichen fünf „Spirit“-Geschichten sind dann von dem neuen Team: den Autoren Sergio Aragonés und Mark Evanier und den Zeichnern Paul Smith (Heft 15, 16, 18 [mit Walden Wong]), Mike Ploog (Heft 14) und Alvier Almancio (Heft 17). Optisch ist also für Abwechslung gesorgt.

Und die Geschichten?

In „Die Mediziner-Morde“ will The Spirit quasi im Auftrag der Polizei herausfinden, wer Ärzte umbringt. Die Lösung liegt in einem früheren Verbrechen.

In „Der Diamantentausch“ erfährt The Spirit von einer großen Lieferung gestohlener Diamanten, die demnächst in Central City ankommen sollen. Die Spur führt nach Paris zum Miss-World-Wettbewerb.

In „Double für Mord“ wird während der Dreharbeiten der Hauptdarsteller erschossen. Der Spirit versucht als Schauspieler getarnt den Mörder zu finden.

In „Kreuzfahrt“ soll Denny Colt, im Auftrag der Argosy Versicherung, eine reiche, ältere Dame und ihren Schmuck unauffällig bewachen. Dummerweise sind auch seine Freundin Ellen und einige andere Verbrecher an Bord.

In „Fluch der Mumien!“ soll der Spirit für den Zoll eine Ladung Mumien auf ihrem Weg von Ägypten nach Amerika bewachen. Als die Mumien bereits in Kairo gestohlen werden, hilft Denny Colt seinen Kollegen bei der Suche.

Im direkten Vergleich zu Darwyn Cooke sind die Geschichten des Teams Sergio Aragonés/Mark Evanier enttäuschend. Denn während Cooke gelungen mit den verschiedenen Genres und Stilen spielte, wie Will Eisner filmische Techniken für die Geschichten benutzte, zahlreiche popkulturelle Anspielungen einflocht, einen sehr ironisch-unheroischen Blick auf „Spirit“ Denny Colt hatte (Colt wurde regelmäßig verprügelt, etliche Frauen, wie Silk Satin, waren ihm überlegen und auch zu Hause lief nicht alles rund.), sich jede Geschichte radikal von der vorherigen unterschied und bekannte Charaktere immer wieder auftauchten, sind die neuen „The Spirit“-Abenteuer die B-Movie-Variante irgendwo zwischen Mr. Moto, Charlie Chan und einem x-beliebigem Krimi-Serial. Commissioner Dolan, dessen Tochter Ellen und der minderjährige Taxifahrer Ebony sind als Stammpersonal dabei. In der letzten Geschichte hat sogar der Octopus einen kurzen; in der zweiten hat Madame P’Gell einen längeren, aber eher unbedeutenden Auftritt. Die Geschichten verlaufen, dem Gesetz der Serie gehorchend, jetzt immer nach dem gleichen Muster und Denny Colt ist nur noch ein besserer Privatdetektiv.

Deshalb ist „The Spirit 3“ nur eine nette Lektüre für Zwischendurch.

Sergio Aragonés/Mark Evanier/Paul Smith: Will Eisner’s The Spirit – 3

(übersetzt von Gerlinde Althoff)

Panini, 2009

148 Seiten

16,95 Euro

Originalausgabe

The Spirit Heft 13 – 18

DC Comics, Februar 2008 – August 2008

Enthält

Holiday Special (The Spirit 13: Holiday Special, Februar 2008)

Die Mediziner-Morde (The Spirit 14: The Medical Murders, März 2008)

Der Diamantentausch (The Spirit 15: The Diamond Exchange, April 2008)

Double für Mord (The Spirit 16: Stand in for Murder, Juni 2008)

Kreuzfahrt (The Spirit 17: Sea Cruise, Juli 2008)

Fluch der Mumien! (The Spirit 18: Curse of the Mummies!, August 2008)

Hinweise

Homepage von Sergio Aragonés

Homepage von Mark Evanier

Comicmix: Interview mit Mark Evanier (10. März 2008)

Wizard Universe: Interview mit Mark Evanier (15. April 2008)

Meine Besprechung von Darwyn Cooke/J. Bone/Dave Stewarts “Will Eisner’s The Spirit – 1” (The Spirit, No. 1 – 6, 2007)

Meine Besprechung von Darwyn Cooke/Walter Simonson/Jimmy Palmiottis “Will Eisner’s The Spirit – 2” (The Spirit, No. 7 – 12, 2007/2008)


TV-Tipp für den 15. April: Das Netz

April 15, 2009

Kabel 1, 20.15

Das Netz (USA 1995, R.: Irwin Winkler)

Drehbuch: John Brancato, Michael Ferris

Was geschieht, wenn ein Drehbuch von Brancato/Ferris nicht in die Hände eines visuellen Könners wie David Fincher, sondern eines guten Produzenten (Rocky, Wie ein wilder Stier, GoodFellas) und bestenfalls okayen Regisseurs wie Irwin Winkler gerät, kann, nachdem wir gestern “The Game” gesehen haben, heute bei “Das Netz” studiert werden.

Wieder geht es um eine Person, deren Leben von einer anonymen Macht ausgelöscht wird. Hier ist es Sandra Bullock als Computerfreak, die ihre Kontakte zur normalen Welt seit Jahren ausschließlich per PC erledigt (Das müssen wir einfach so glauben. Auch dass sie am Traumstrand nicht die Männer, sondern den Laptop-Bildschirm studiert.). Nachdem sie ein geheimes Programm entdeckt, wird ihre elektronische Identität gelöscht, sie wird von Unbekannten gejagt und eine fremde Frau behauptet, sie zu sein. Bullock nimmt den Kampf um ihr Leben und ihre persönlichen Daten auf.

Doch im Gegensatz zu „The Game“ (lassen wir mal die visuelle Komponente beiseite) versucht „Das Netz“ todernst vor den Gefahren des Datenmissbrauchs zu warnen und bedient sich ziemlich vorhersehbar den gängigen Thrillerkonventionen.

„If the computers say you don’t exist, how can you prove that you do? This paranoid fantasy is so resonant that it makes „The Net“ an enjoyably creepy thriller, even though Irwin Winkler belongs to the nothing-is-too-obvious school of directing.” (Caryn James, New York Times, 28. Juli 1995)

Mit Sandra Bullock, Jeremy Northam, Dennis Miller, Diane Baker

Hinweise

Wikipedia über “Das Netz”


Cover der Woche

April 14, 2009

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TV-Tipp für den 14. April: The Game

April 14, 2009

BR, 21.45

The Game – Das Geschenk seines Lebens (USA 1997, R.: David Fincher)

Drehbuch: John Brancato, Michael Ferris

Conrad schenkt seinem stinkreichen, einsamen Arschloch-Bruder Nicholas Van Orton einen Gutschein für ein Spiel, das sein Leben interessanter gestalten soll. Nachdem Nicholas das Rollenspiel beginnt, beginnt er die Kontrolle über sein Leben zu verlieren.

Düsterer Thriller (jedenfalls bis zum Beginn des dritten Aktes), der Fincher zwischen „Se7en“ und „Fight Club“ in Topform zeigt. Zuletzt drehte er das epische, bieder-nette Ausstattungs-Biopic „Der seltsame Fall des Benjamin Button“.

„Das Ganze ist ein intellektuelles Spiel mit Genre-Elementen und den Erwartungen eines an unzähligen Filmminuten geschulten Publikums. (…) Die Besonderheit an The Game ist nun, dass Fincher gerade darauf zielt, seinen Film als Spielmaterial kenntlich zu machen; methodisch tut er dies mit Sigmund Freud als Aushilfsregisseur, stilistisch mit den Mitteln des Verfolgungswahns.“ (Michael Kohler in Frank Schnelle, Hrsg.: David Fincher)

Mit Michael Douglas, Sean Penn, Deborah Kara Unger, James Rebhorn, Peter Donat, Carroll Baker, Armin Mueller-Stahl, Jack Kehoe (sein bislang letzter Auftritt, als Lieutenant Sullivan), Spike Jonze (kleine Nebenrolle), Michael Massee (dito kleine Nebenrolle)

Wiederholung: SWR: Mittwoch, 22. April, 23.00 Uhr

Hinweise

Senses of Cinema über David Fincher

Drehbuch „The Game“ von John Brancato und Michael Ferris (19. Oktober 1995)

Drehbuch „The Game“ von John Brancato und Michael Ferris, überarbeitet von Larry Gross und Andrew Kevin Walker (8. Februar 1996 -Shooting Script)

Bonushinweis

Am Mittwoch, den 15. April, zeigt Kabel 1 um 20.15 Uhr den netten Paranoia-Thriller „Das Netz“ (USA 1995, R.: Irwin Winkler, mit Sandra Bullock), für den ebenfalls Brancato/Ferris das Drehbuch schrieben.


Nominierungen für den Last Laugh Award 2009

April 13, 2009

Die Nominierungen für den diesjährigen Last Laugh Award sind bereits seit einigen Tagen draußen. Der Preis wird an den besten witzigen Kriminalroman, der 2008 in England veröffentlicht wurde verliehen.

Die Nominierten sind:

Gilbert Adair: And Then There Was No One (Faber & Faber)

Christopher Brookmyre: A Snowball in Hell (Little, Brown)

Colin Cotterill: Anarchy and Old Dogs (Quercus)

Christopher Fowler: The Victoria Vanishes (Transworld/Doubleday)

Mike Ripley: Angels Unaware (Allison & Busby)

Donald E. Westlake: Don’t Ask (Quercus)

Der Preis wird während des CrimeFest am 16. Mai im Marriott Royal Hotel in Bristol verliehen.

Deutsche Leser dürften vor allem Adair, Cotterill und Westlake („Don’t Ask“ ist natürlich ein weiterer grandioser Dortmunder-Roman, der in den USA bereits 1993 erschien.) kennen. Fowler wurde mal vor Jahren übersetzt; Ripley dito, aber in einem so kleinen Verlag, dass wahrscheinlich niemand es erfahren hat und Brookmyre ist immer noch nicht übersetzt.

(Dank an The Rap Sheet für die Infos; dort gibt es auch die Nominierungen für den Sounds of Crime Awards, aber weil ich Hörbücher nicht höre…)


Neue TV-Krimi-Buch-Tipps online

April 11, 2009

Bevor Alfred die Ostereier versteckt, hat er die wie immer wunderschön gelayouteten TV-Krimi-Buch-Tipps für die Ostertage und die Tage danach online gestellt. Hier gibt’s den kurzen Überblick:

Nach dem Ostereiersuchen kann der Wolf in drei TV-Premieren bei der Suche nach der Wahrheit beobachtet werden. Und Wilsberg muss mal wieder in quasi eigener Sache ermitteln. Persönlich geht’s weiter in Alfred Hitchcocks Frederick-Knott-Verfilmung „Bei Anruf Mord“ und Bruce Willis rundet mit den ersten drei „Stirb langsam“-Filmen das Osterprogramm ab.
Außerdem sehenswert sind Ulu Grosbards John-Gregory-Dunne-Verfilmung „Fesseln der Macht“, William Friedkins Gerald-Petievich-Verfilmung „Leben und Sterben in L. A.“, Claude Millers Marc-Behm-Verfilmung „Das Auge“, Raoul-Walshs A.-I.-Bezzerides-Verfilmung „Nachts unterwegs“ (mit Humphrey Bogart), Anthony Minghellas Patricia-Highsmith-Verfilmung „Der talentierte Mr. Ripley“, und zum Vergleich Roger Spottiswoodes Patricia-Highsmith-Verfilmung „Mr. Ripley oder die Kunst des Tötens“ (nach einem Drehbuch von Donald Westlake), Carol Reeds Graham-Greene-Verfilmung „Der dritte Mann“, Clint Eastwoods Dennis-Lehane-Verfilmung „Mystic River“, Larry Clarks selten gezeigte Eddie-Little-Verfilmung „Ein neuer Tag im Paradies“ und der zweite Süden-Film „Kommissar Süden und der Luftgitarrist“ dürfte auch okay sein.


Neu im Kino: Bedingungslos

April 11, 2009

Bedingungslos (Kærlighed på film, DK 2007)

Regie: Ole Bornedal

Drehbuch: Ole Bornedal

In Dänemark war Bornedals Film der erfolgreichste dänische Film des Jahres 2007. Bei uns startet der neue Film des „Nachtwache“-Regisseurs in so wenigen Kinos, dass er höchstens ein Insiderhit werden kann. Die Story (ein Mann hat genug von seinem bürgerlichen Leben, gibt sich als jemand anderes aus und stolpert in Teufels Küche) ist natürlich gut abgehangener Noir. Die zahlreichen Noir-Referenzen erfreuen die Filmfans. Die normalen Kinogänger können sich dagegen einfach an einem „düsteren Thriller, der ziemlich gute Laune macht“ (Birgit Roschy, epd-film 4/2009) erfreuen.

mit Anders W. Berthelsen, Rebecka Hemse, Nikolaj Lie Kaas

Hinweise

Dänische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Bedingungslos“