


Peter Zeindler, der am 18. Februar seinen 75. Geburtstag feierte, ist vor allem für seine Spionagethriller bekannt. Er wurde öfters mit seinem Vorbild John le Carré verglichen, er erhielt mehrere Preise und verschwand in den vergangenen Jahren aus den deutschen Buchhandlungen. Nicht, weil er keine neuen Bücher mehr veröffentlichte, sondern weil er diese Bücher bei Schweizer Verlagen (hauptsächlich Arche Literaturverlag) veröffentlichte. Erst mit den beiden bei Pendragon veröffentlichten Büchern „Das Sargbukett“ und „Die Meisterpartie“ kehrte er auf den hiesigen Buchmarkt zurück. Da trifft es sich gut, dass kürzlich auch seine Nachwendeagentengeschichte „Feuerprobe“ in der „Kriminellen Sittengeschichte Deutschlands“ wiederveröffentlicht wurde. Denn die beiden Pendragon-Bücher sind Zeindler-Untypisch.
„Die Meisterpartie“ enthält zwölf Kurzgeschichten, die mehr oder weniger Kriminalgeschichten sind. Er schreibt über immer wieder über Doppelagenten und die Versuche sie zu enttarnen; über Schriftsteller (so ist ein Schriftsteller als Vorleser auf einer Kreuzfahrt dabei und er verliebt sich in die falsche Frau; ein anderer möchte mit allen Mitteln, dass sein Werk von einem Großkritiker abgefeiert wird), über eine ältere Dame in den Fängen eines Bankbeamten (oder umgekehrt?), einen hilfsbereiten Lehrer-Kollegen (oder doch nicht?), einen hilfsbereiten Heimwerker (oder doch nicht?), einen Mann, der für seine Frau alles mit sich tun würde und über Ehefrauen, die an alles gedacht haben. Die oft ohne einen Mord auskommenden Geschichten zeigen, dass Zeindler mehr als ein Agentenroman-Autor ist. Sie sind witzig, ironisch, immer mit einem überraschenden Ende und meistens spielen sie unter Menschen, die, wie der Erzähler, ihre Lebensmitte bereits überschritten haben, teilweise schon in Rente sind und keine drängenden finanziellen Sorgen haben. „Die Meisterpartie“ ist eine ebenso angenehme Lektüre wie Zeindlers zweites Pendragon-Buch „Das Sargbukett“.
In dem sanften Rätselkrimi in der Tradition von Agatha Christie lässt er Sophie in einen Mordfall stolpern. Sie will ihren mal wieder verschwundenen dementen Mann Eugen aus einer Wirtschaft abholen. Doch er ist schon weg. Dafür entdeckt sie an seinem Platz ein Sargbukett und sie trifft einen vorlauten jungen Mann. Ihre Neugier, immerhin ist sie eine begeisterte Leserin der Abenteuer von Miss Marple, Hercule Poirot und Lord Peter Wimsey, ist geweckt. Zusammen mit dem jungen Mann als ihrem eher unfreiwilligen Begleiter und Fahrer (mit seiner Harley Davidson), will sie Herausfinden, warum ihr Mann das Sargbukett kaufte. Als sie auf der Beerdigung des vermögenden Bertram Senger eintreffen, ist Sophie nach einem Blick auf die Trauergemeinde überzeugt, dass der Verblichene ermordet wurde. Sie will – aus reiner Neugierde – den Mörder überführen.
„Das Sargbukett“ funktioniert vor allem als kurze Liebeserklärung an Miss Marple. Denn bevor allzuviel über die Logik der Geschichte nachgedacht und mitgerätselt werden kann, ist die Geschichte bereits schmunzelnd gelesen.
Direkt vor „Das Sargbukett“ veröffentlichte Peter Zeindler den mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichneten Agentenroman „Feuerprobe“. Allerdings ist „Feuerprobe“, besonders nach den kürzeren Texten, ein beeindruckend missratener Roman. Die Geschichte spielt während des Zusammenbruchs der DDR. Gerd Brenner spioniert als Agent für die DDR seit Jahrzehnten die Amerikaner in Ramstein aus. Doch jetzt weiß er nicht, wie es weitergehen soll. Ein Treffen mit seinem Instrukteur Fred geht schief. In Ramstein wird seine Informantin umgebracht, ein amerikanischer Soldat will ihn umbringen und Fred hat seiner Frau, vor einem tödlichen Autounfall, alles über sein Doppelleben erzählt. Die arrangiert sich beeindruckend schnell mit ihrem neuen Wissen und Brenner macht sich auf den Weg in die DDR.
Tja, und spätestens jetzt häufen sich die Fragen an die Motivation der Charaktere und die Wahrscheinlichkeit. Dass dabei einige Handlungsfäden ganz vergessen oder irgendwann wieder sehr lieblos aufgegriffen werden, verärgert zusätzlich.
Aber das Kernproblem von „Feuerprobe“ ist die Motivation des Erzählers Brenner. Denn während des Lesens und auch nach der Lektüre ist vollkommen unklar, was er erreichen will und inwiefern sein Handeln ihn näher an dieses Ziel bringt. So erscheinen alle seine Handlungen vollkommen beliebig und mehr oder weniger irrational. Denn nach dem missglückten Treffen in Zürich zieht er sich nicht, in der Hoffnung nicht enttarnt zu werden, in seine Tarnexistenz zurück. Er geht auch nicht zum Verfassungsschutz und bietet sich ihnen als Überläufer an. Stattdessen tut er alles, um auf sich Aufmerksam zu machen. Er setzt eine Meldung in die DDR ab, dass er nicht mehr als Agent arbeite (keine Ahnung warum) und fährt kurz darauf in die DDR (dito). Dort sucht er den echten Gerd Brenner. Denn die Identität des Erzählers ist selbstverständlich eine erfundene Identität, für die ein realer Name genommen wurde. Entgegen jeder Wahrscheinlichkeit, hat der echte Brenner bis vor wenigen Tagen noch quietschfidel in der DDR gelebt (Stellen Sie sich mal vor, der echte Brenner hätte Republikflucht begangen und an den deutschen Behörden wäre aufgefallen, dass sie schon einen Brenner haben.). Brenners Frau hüpft sofort mit dem Erzähler ins Bett und hilft ihm anschließend ohne zu Fragen bei seinen, teilweise illegalen, Taten. Der Erzähler setzt sich in ein Seminar seines genialen Ausbilders und Führungsoffiziers und wird erstaunlich lange von ihm nicht erkannt. Später, um seine Tarnung, die im Wesentlichen aus gefärbten Haaren besteht, zu überprüfen setzt er sich wieder in das Seminar und wird – Oh Wunder! – nicht erkannt. Warum der Erzähler sich so in Gefahr begibt, ist vollkommen unklar. Es ist allerdings auch vollkommen unklar, was der Erzähler in der DDR will.
Wenn allerdings nicht klar ist, welches Ziel ein Charakter verfolgt, erscheinen alle seine Handlungen sinnlos und beliebig. Die Geschichte selbst langweilig und banal. Das ist, als ob man ein Kartenspiel beobachte, ohne die Regeln zu kennen.
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Peter Zeindler: Die Meisterpartie
Pendragon, 2009
160 Seiten
14,90 Euro
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Peter Zeindler: Das Sargbukett
Pendragon, 2009
160 Seiten
9,90 Euro
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Erstausgabe
Das Sargbukett oder Sophies erster Fall
Arche Literaturverlag, 1992
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Peter Zeindler: Feuerprobe
(Kriminelle Sittengeschichte Deutschlands, mit einem Porträt von Frank Göhre)
Edition Köln, 2008
336 Seiten
13,80 Euro
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Erstausgabe
Arche Literaturverlag, 1991
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Weitere Ausgaben
Goldmann, 1993
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Hinweise
Krimi-Couch über Peter Zeindler (Achtung: die Serieneinteilung ist falsch.)
Veröffentlicht von AxelB 

