TV-Tipp für den 17. September: Der Schrei der Eule, Der Frauenmörder von Paris

September 16, 2010

Unser Hauptstadtsender hat sein Programm geändert:

RBB, 00.00

Der Schrei der Eule (F 1987, R.: Claude Chabrol)

Drehbuch: Claude Chabrol, Odile Barski

LV: Patricia Highsmith: The Cry of the Owl, 1962 (Der Schrei der Eule)

Robert beobachtet nachts heimlich die schöne Juliette. Sie verliebt sich in ihn und verlässt ihren Verlobten Patrick. Als er nach einer Schlägerei spurlos verschwindet, wird Robert des Mordes verdächtigt. Aber Patrick ist noch quicklebendig.

Highsmith sezierte in ihren Büchern die Abgründe des Bürgertums. Chabrol in seinen Filmen. „Der Schrei der Eule“ markiert das langerwartete Treffen. Ein feiner Film.

Mit Christophe Malavoy, Mathilda May, Jacques Penot

RBB, 01.45

Der Frauenmörder von Paris (F/I 1963, R.: Claude Chabrol)

Drehbuch: Françoise Sagan

Buch zum Film: Françoise Sagan, Claude Chabrol, Maria Dessauer: Landru, 1963 (Landru)

Während des ersten Weltkriegs wird der Spießbürger Landru zum Mörder. Weil er mit dem Verkauf von Antiquitäten seine Frau, ihre vier Kinder und das Dienstmädchen nicht mehr versorgen kann, macht er sich an reiche, alleinstehende Frauen heran, lässt sich Vollmachten ausstellen, bringt sie um und verbrennt die Leichen in seinem Landhaus. Als er erwischt wird, kann er vor Gericht die Sympathien des Publikums gewinnen.

Chabrols Film, der in der 1993 vom ZDF restaurierten Fassung gezeigt wird, beruht auf einem wahren Fall: 1919 wurde Henri Désiré Landru angeklagt, in seinem Landhaus zehn Frauen und einen Jungen ermordet zu haben. In dem Haus wurden Gebiss- und Knochenreste gefunden. Landru leugnete die Taten. Nach einer dreijährigen Untersuchungshaft wurde er in einem Indizienprozess zum Tode verurteilt und 1922 hingerichtet.

Selbstverständlich liefert Claude Chabrol keine detailgenaue Rekonstruktion der Ereignisse. “Der Frauenmörder von Paris” ist eine historische Satire – verbunden mit der sarkastischen Frage, was denn der Tod von zehn Frauen im Vergleich zum Tod Tausender junger Männer in den Schützengräben sei.

Der Fall Landru war auch der Ausgangspunkt für Charlie Chaplins “Mr. Verdoux – Der Frauenmörder von Paris” (USA 1947) und Jürgen Alberts halbdokumentarischen Roman “Landru” (1987).

Mit Charles Denner, Michèle Morgan, Danielle Darrieux, Hildegard Knef (als Hildegarde Neff), Stéphane Audran

auch “Landru der Frauenmörder von Paris”

Hinweise

Wikipedia über Claude Chabrol (deutsch, englisch, französisch)

Claude Chabrol in der Kriminalakte


DVD-Kritik: „Torturer“ – Keine neue Dimension des Terrors

September 16, 2010

Rick (Andrew W. Walker) foltert 2003 in einem Gefängnis die irakische Gefangene Ayesha (Mahsa Masoudi, Filmdebüt). Sie soll eine Terroristin sein. Bei dem Verhör scheint einiges aus dem Ruder gelaufen zu sein. Denn jetzt ist Rick in einem anonymen Büro und unterhält sich mit einem Doktor (Nichelle Nichols, Uhura aus Raumschiff Enterprise). Er erzählt ihr, wie er das Verhör führte. Sie versucht ihm zu helfen und beruhigt ihn immer wieder. Denn unter Präsident Bush ist Folter legal und er ist geschützt. Egal, was bei dem Verhör geschah. Aber irgendwann läuft auch diese Therapiesitzung aus dem Ruder. Denn, so die simple und immer wieder betonte Moral der Geschichte: auch der Folterer trägt beim Foltern seelische Schäden davon.

Autor und Regisseur Graham Green hatte in seinem Spielfilmdebüt sicher die besten Absichten. Aber auch die besten Absichten helfen nicht, wenn die Dialoge mau sind, alles erklärt wird und sich in einer Endlosschleife wiederholt. So erklären sich in der Therapiesitzung Rick und der Doktor gegenseitig das Stockholm-Syndrom, die verschiedenen Stufen von Folter, welche Gesetze es gibt und, als ob das nicht schon genug schlechter „C. S. I.“-Stil wäre, geht ein guter Teil der Filmzeit dafür drauf, dass sie wiederholt, was er gerade gesagt hat. Oder vice versa. Aber in jedem Fall in der Häufung einfach nur noch langweilig redundant.

So wird der „war against terror“ mit all seinen rechtstaatliche Standards verachtenden Auswirkungen schnell auf das Niveau einer schlechten Talkshow heruntersaniert.

Die Geschichte des langatmigen Thesentheaters selbst ist auf den ersten Blick mit zwei bis drei Zeitebenen (das Verhör, die Therapiesitzung und ein Attentäter, der mit seinem Transporter zu einem unbekannten Ziel fährt) und ebenso vielen verschiedenen Schauplätzen komplex, aber im Endeffekt und mit dem weit hergeholten Ende, einfach nur ein billiger Taschenspielertrick. Die Chemie zwischen den Schauspielern tendiert gegen null und gerade bei der Therapiesitzung spielen Andrew W. Walker und Nichelle Nichols ihre Charaktere von Szene zu Szene so verschieden, dass man sich fragt, ob sie absichtlich schlecht spielen oder die Therapiesitzung als Alptraum nur in Ricks Kopf statt findet.

Dies alles kann nicht mit dem niedrigen Budget („Torturer“ spielt bis auf wenige Szenen in zwei Räumen und wurde, jedenfalls sehen die Bilder so auf, auf Video aufgenommen) entschuldigt werden. Denn gerade wenn wenig Geld vorhanden ist und man nicht mit riesigen Explosionen von der Geschichte ablenken kann, ist ein gut geplottetes Drehbuch mit glaubhaften Charakteren und treffenden Dialogen umso wichtiger. Und das ist bei „Torturer“ ein auf der moralisch richtigen Seite stehender Totalausfall.

Torturer (The Torturer; Graham Green’s The Torturer, USA 2008)

Regie: Graham Green

Drehbuch: Graham Green

mit Andrew W. Walker, Mahsa Masoudi, Nichelle Nichols

DVD

Bronson

Bild: 2,35:1 (anamorph)

Ton: Deutsch (Dolby Digital 5.1), Deutsch (DTS 5.1), Englisch (Dolby Digital 5.1)

Untertitel: Deutsch

Bonusmaterial: Bildergalerie, Poster, Trailer, Wendecover

Länge: 83 Minuten

FSK: ab 18 Jahre

Hinweis

Homepage zum Film


TV-Tipp für den 16. September: Jesse Stone – Eiskalt

September 16, 2010

ZDF, 00.35

Jesse Stone – Eiskalt (USA 2005, R.: Robert Harmon)

Drehbuch: John Fasano, Michael Brandman

LV: Robert B. Parker: Stone Cold, 2003

Das Städtchen Paradise hat zwei neue Einwohner: die Lincolns. Sie sind Serienkiller und der Polizeichef von Paradise, Jesse Stone, beginnt sie zu jagen.

Neben der erfolgreichen Spenser-Serie und der unter Fans gehassten Sunny-Randall-Serie schrieb Robert B. Parker auch die Jesse-Stone-Romane. In ihnen ist ein geschiedener L.-A.-Cop mit einem Alkoholproblem, der in der Kleinstadt Paradise bei Boston zur Ruhe kommen will, der Held. Gerade die ersten Romane waren düsterer als von Robert B. Parker gewohnt und sorgfältiger konstruiert als die Spenser-Romane, die von Parker teilweise per Autopilot geschrieben werden.

Stone Cold“ ist der vierte Jesse-Stone-Roman, aber die erste Jesse-Stone-Verfilmung. Der angenehm altmodische Thriller wurde positiv aufgenommen, bis jetzt wurden fünf weitere Jesse-Stone-Filme im US-TV ausgestrahlt und weitere Jesse-Stone-Filme sind geplant.

Mit Tom Selleck, Jane Adams, Reg Rogers, Mimi Rogers

Hinweise

Homepage von Robert B. Parker

Mein Porträt der Spenser-Serie und von Robert B. Parker

Meine Besprechung von Robert B. Parkers „Die blonde Witwe“ (Widow’s walk, 2002)

Meine Besprechung von Robert B. Parkers “Alte Wunden” (Back Story, 2003)

Meine Besprechung von Robert B. Parkers „Der stille Schüler“ (School Days, 2005)

Meine Besprechung von Robert B. Parkers „Der gute Terrorist“ (Now & Then, 2007)

Meine Besprechung von Robert B. Parkers “Hundert Dollar Baby” (Hundred Dollar Baby, 2006)

Mein Nachruf auf Robert B. Parker

Robert B. Parker in der Kriminalakte