Alan Ball entwickelt für HBO eine auf Charlie Hustons „Das Clean-Team“ (The Mystic Arts of Erasing all Kinds of Death, 2009) basierende Serie. Huston schrieb das Drehbuch für den Piloten und im August soll mit dem Dreh begonnen werden. Wann die Serie nach Deutschland kommt…
LV: Ernest Haycox: Stage to Lordsburg, 1937 (Postkutsche nach Lordsburg, Erzählung)
1880: Einige Menschen, unter anderem eine Schwangere, eine Prostituierte, ein betrügerischer Banker, ein Spieler, ein Säufer, ein ängstlicher Whiskyvertreter und der Sheriff müssen die durch das Apachengebiet fahrende Postkutsche nach Lordsburg nehmen. Unterwegs nehmen sie als weiteren Passagier den aus dem Knast geflüchteten John Ringo auf. Dieser will in Lordsburg eine Rechnung mit den Plummer-Brüdern begleichen.
Weil die Apachen auf dem Kriegspfad sind und die Reisenden untereinander zerstritten sind, ist ungewiss, ob sie überhaupt ihr Ziel erreichen.
„Stagecoach“ ist ein zeitloser Western-Klassiker, der damals John Wayne zum Star machte, den Western nach einer jahrelangen Dürrezeit rundum erneuerte und zahllose Western beeinflusste.
Auch heute (ich konnte ihn vor einigen Jahren in einem Studentenkino sehen) wirkt er immer noch frisch: wenn John Wayne das erste Mal auftaucht, die Konflikte in der Reisegruppe, der Kampf gegen die Indianer am Ende des Films, die präzise komponierten Bilder und das pointierte Drehbuch mit so gemeinen Sätzen: „Was für die Banken gut ist, ist auch für die Nation gut!“
mit John Wayne, Claire Trevor, John Carradine, Thomas Mitchell, Andy Devine, Donald Meek, George Bancroft
auch bekannt als „Höllenfahrt nach Santa Fe“ (Yep, hat mit dem Film nichts zu tun.)
Drehbuch: Peter Fonda, Dennis Hopper, Terry Southern
Vor dem Drehstart sollte es nur ein weiterer billiger Biker-Film werden. Doch als „Easy Rider“ in die Kinos kam, wurde er zu einem Kultfilm für eine Generation und der Initialzündung für das New Hollywood. Oder, wie ein älterer Mann während der Berlinale-Aufführung 2004 zu seinem Nachbarn sagte:
„Ich habe den Film noch nie gesehen.“
„Wirklich?“
„Nüchtern.“
Die Story des Roadmovies ist denkbar einfach: zwei junge Männer fahren mit ihren Motorrädern von Los Angeles nach New Orleans zum Mardi Gras. Ihre Reise wird zu einem Porträt Amerikas.
Die Musik von Steppenwolf, The Byrds, The Band, Roger McGuinn und Jimi Hendrix trug sicher auch ihren Teil zum Erfolg bei.
„Easy Rider (war) der richtige Film zur richtigen Zeit. Sein Kassenerfolg gab der Filmindustrie, die in den sechziger Jahren mit superteuren, starbestückten Ausstattungsfilmen ihr Publikum nicht mehr gefunden hatte, eine neue Richtung vor: Filme für ein junges Publikum, gedreht außerhalb der Studios on location.
Wahrscheinlich war Easy Rider auch deshalb ein solcher Erfolg, weil er eben nicht den vollkommenen Bruch mit der Tradition vollzog (…), sondern vielmehr anknüpfte an amerikanische Mythen – und sie zugleich hinterfragte. Aus dem Gegensatz von klassischer narrativer Struktur im Motiv der Reise und visuellem Bruch mit den Gewohnheiten erwächst die Stärke von Easy Rider, der seine Kraft ebenso den Kinoerinnerungen an die Landschaftsbilder des Westens verdankt wie der präzisen Auswahl von zeitgenössischen Rocksongs.“ (Frank Arnold in Hans Helmut Prinzler/Gabriele Jatho: New Hollywood 1967 – 1976: Trouble in Wonderland)
mit Peter Fonda, Dennis Hopper, Jack Nicholson, Karen Black, Phil Spector, Bridget Fonda (ungenanntes Debüt; Kind in der Kommune)
Bei den Alligatorpapieren sind meine neuen TV-Krimi-Buch-Tipps online. Krimifans dürfen sich in den kommenden Tagen unter anderem auf diese Verfilmungen von Kriminalromanen freuen:
Neben den üblichen Verdächtigen gibt es auch einige eher selten gezeigte Filme wie William Friedkins Robin-Moore-Verfilmung „French Connection“ und John Frankenheimers Fortsetzung „French Connection II“, William Friedkins Georges-Arnaud-Verfilmung „Atemlos vor Angst“ und seine Gerald-Petievich-Verfilmung „Leben und Sterben in L. A.“, Alfred Hitchcocks Ethal-Lina-White-Verfilmung „Eine Dame verschwindet“, Sidney Lumets Robert-Daley-Verfilmung „Nacht über Manhattan“, Lucky McKee und Trgve Allister Diesens Jack-Ketchum-Verfilmung „Blutrot“, Wolfgang Staudtes Michael-Molsner-Verfilmung „Tote brauchen keine Wohnung“, Richard Fleischers Erlmore-Leonard-Verfilmung „Das Gesetz bin ich“, James Wans Brian-Garfield-Verfilmung „Death Sentence – Todesurteil“ und, für Komplettisten, Paul Bogarts Raymond-Chandler-Verfilmung „Die Dritte im Hinterhalt“.
Der Wolf hetzt die Meute (USA 1984, R.: Richard Tuggle)
Drehbuch: Richard Tuggle
New-Orleans-Cop Wes Block jagt einen Prostituiertenmörder. Als eine Prostituierte, bei der er kurz vorher war, ermordet wird, vermutet er eine Beziehung zwischen ihm und dem Mörder. Er hält es sogar nicht für ausgeschlossen, selbst der Täter zu sein.
Als Zuschauer wissen wir in dem Regiedebüt des Drehbuchautors von „Flucht von Alcatraz“ (obwohl Eastwood im Hintergrund dann doch Regie führte) schon früh, dass sich Block in diesem Punkt irrt. Dennoch ist „Der Wolf hetzt die Meute“ (doofer deutscher Titel des wesentlich treffenderen Originaltitels „Tightrope“) ein spannender Psycho-Thriller, der die dunkle Seite von Dirty Harry erkundet, bei den Kritikern ziemlich gut ankam und an der Kasse erfolgreich war.
Im Rückblick ist „Der Wolf hetzt die Meute“ einer von Eastwoods besten Filmen aus den achtziger Jahren.
mit Clint Eastwood, Genevieve Bujold, Dan Hedaya, Alison Eastwood, Jennifer Beck
In den Achtzigern war Horst Schimanski der beliebteste Tatort-Kommissar. Heute dürfte das für das Team Frank Thiel/Karl-Friedrich Boerne gelten; – jedenfalls wenn man seinen Krimi nicht todernst mag, kann man sich durch neunzig Minuten lachen.
Auch „Tempelräuber“, das jetzt von Martin Schüller zu einem „Roman zum Film“ umgearbeitet wurde, hat einige Lacher. Das beginnt mit der Bemerkung von Staatsanwältin Klemm: „In dieser Stadt zählt ein toter Priester so viel wie zwei tote Bürgermeister. Oder drei tote Polizisten.“
Als sie erfährt, dass der in der Nacht von einem Auto überfahrene Geistliche Ludwig Mühlenberg, der Leiter des Sankt-Vincenz-Seminars, ist, meint sie nur: „Verdoppeln Sie alles, was ich gesagt habe.“
Es geht weiter mit dem Auftritt von Professor Karl-Friedrich Boerne in seinem Institut. Er wurde in der Nacht von dem Mörder überfahren und jetzt sind beide Arme gebrochen (Seltsamerweise hat er sich nicht weiter verletzt). Aber das hält ihn nicht von der Arbeit ab: „Ein paar Kratzer. Unbedeutende Frakturen. (…) Aber das wird mich nicht davon abhalten, meine Pflicht zu erledigen.“
Nur sind diese Szenen im Film witziger. Die rauchige Stimme von Mechthild Grossmann als Staatsanwältin, Der neben ihr kleine Axel Prahl als Kommissar Frank Thiel, dem die ganze Kirchensache als eingefleischtes Nordlicht am Arsch vorbeigeht.
Oder wenn Jan-Josef Liefers als snobistischer Professor Boerne einige Minuten später versucht mit zwei gebrochenen Armen eine Obduktion durchzuführen (geht natürlich nicht) und er alle Anwesenden wie seine persönlichen Diener behandelt (die davon natürlich nicht begeistert sind). Das ist im Buch – auch wenn man den „Tatort“ kennt und das sich lässig die Pointen zuschiebende Team aus Axel Prahl (Kommissar Thiel), Jan-Josef Liefers (Professor Boerne), Christine Urspruch (Silke ‚Alberich‘ Haller) und Mechthild Grossmann (Staatsanwältin Klemm) vor Augen hat – nicht so witzig.
Denn während die Filme vom Zusammenspiel der Schauspieler leben und so der Krimiplot zur Nebensache wird (Gibt es wirklich jemand, der diese Tatorte wegen des Plots sieht?), rückt er im Buch ins Zentrum. Der ist jedoch ein eher schwacher Whodunit mit einer ziemlich weit hergeholten Lösung.
Die einzelnen Verdächtigen (der Einbrecher, die geheimnisvolle Frau, der Nachfolger) werden eher pflichtschuldig abgehandelt. Die Geschichte wird vor allem mit einer gehörigen Portion absurden Humors und Kommissar Zufall vorangetrieben. So ist es im Film witzig, wenn bei der Tat nicht nur Professor Boerne überfahren wird, sondern auch das Taxi von Thiels Vater als Mordwaffe benutzt wird und dann spurlos verschwindet.
Im Buch liest sich das dann arg gewollt nach Drehbuchratgeber und rückt die Schwächen des Plots in den Mittelpunkt.
„Moltke“ ist der neunzehnte Schimanski-Film und, abgesehen von dem Auftritt von Dieter Bohlen und seiner Musik (damals und heute: Würg.), ein guter „Tatort“, der den Sozialarbeiter Schimanski während der Weihnachtstage auf Hochtouren arbeiten lässt und, aus Schimanskis Sicht, eine zünftige Rachegeschichte im Gangstermilieu erzählt.
Der Hüne Zbigniew ‚Moltke‘ Pawlak saß neun Jahre im Knast. Er hatte zusammen mit drei Komplizen einen aus dem Ruder gelaufenen Überfall auf einen Supermarkt verübt. Ein Wachmann starb, Pawlaks Bruder erhielt einen Bauchschuss und wurde von einem der Verbrecher erschossen. Moltke blieb bei seinem Bruder, wurde verhaftet und verurteilt. Seine Komplizen verschwanden mit dem Geld. Moltke wartete schweigend auf seine Entlassung und jetzt, so nimmt Schimanski, der den Underdog Moltke ganz sympathisch findet, an, jetzt will Moltke sich rächen.
Schimanski versucht das Schlimmste zu verhindern.
War in „Tempelräuber“ der fehlende Humor und die nur leichte Überzeichnung der Charaktere störend, ist es bei der ebenfalls von Martin Schüller geschriebenen Romanversion von „Moltke“ genau umgekehrt. So wirkt Schimanski öfters wie ein trotziges kleines Kind und geistig, wenn Thanner ihm das Weltall erklärt, etwas beschränkt. Da war der „Tatort“-Schimanski wesentlich erwachsener. Schüller porträtiert eher den Schimanski aus der gleichnamigen, wesentlich schlechteren TV-Serie.
Am Ende der Geschichte, wenn Moltke den letzten seiner Komplize stellt und Schimanski zum letzten Mal versucht Moltke zu helfen, hätte Schüller sich weniger sklavisch an das Drehbuch halten können. Denn anstatt einfach die einzelnen Szenen aufeinander folgen zu lassen, hätte er, wie James Rollins in „Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“, die Lücken zwischen den Szenen auffüllen können. So wird das Ende dieses ungewöhnlichen „Tatorts“ in Buchform etwas unrund.
Vielleicht wäre der Roman auch besser geworden, wenn Martin Schüller die Geschichte aus der Sicht Schimanskis in der ersten Person erzählt hätte. Damit hätte er an die Grundidee der ersten Schimanski-Tatorte angeknüpft, in denen der Film ausschließlich Schimanskis Sicht erzählt wurde.
„Tempelräuber“ und „Moltke“ sind okaye „Bücher zum Film“, die aber beide Male hinter den Filmen zurückbleiben.
Zur zweiten „Tatort“-Lieferung aus dem Emons-Verlag gehören außerdem „Erntedank“ (mit Charlotte Lindholm), „Seenot“ (mit Klara Blum), „Bevor es dunkel wird“ (mit Charlotte Sänger und Fritz Dellwo) und „Vermisst“ (mit Lena Odenthalo und Mario Kopper).
Für September ist bereits die dritte Lieferung angekündigt: „Schwarzer Peter“ (mit Eva Saalfeld und Andreas Keppler), „Todesbrücke“ (mit Till Ritter und Felix Stark), „Das ewige Böse“ (mit Frank Thiel und Karl-Friedrich Boerne), „Das Phantom“ (mit Max Ballauf und Freddy Schenk), „Borowski und die einsamen Herzen“ (mit Klaus Borowski) und „Starkbier“ (mit Ivo Batic und Franz Leitmayr, ein grandioser „Tatort“ in dem Carlo Menzinger die Ermittlungen leitet).
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Martin Schüller: Tempelräuber
Emons, 2010
160 Seiten
8,95 Euro
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Vorlage
Tatort: Tempelräuber (D 2009)
Regie: Matthias Tiefenbacher
Drehbuch: Magnus Vattrodt
mit Axel Prahl, Jan Josef Liefers, Friederike Kempter, Christine Urspruch, Mechthild Grossmann, Claus Dieter Clausnitzer, Ulrich Noethen , Rosalie Thomass, Johanna Gastdorf, Wolf-Niklas Schykowski, Marita Breuer
Erstausstrahlung: 25. Oktober 2009 (Folge 745)
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Martin Schüller: Moltke
Emons, 2010
160 Seiten
8,95 Euro
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Vorlage
Tatort: Moltke (D 1988)
Regie: Hajo Gies
Drehbuch: Axel Götz, Jan Hinter, Thomas Wesskamp
mit Götz George, Eberhard Feik, Ulrich Matschoss, Chiem van Houweninge, Hubert Kramar, Iris Disse, Gerd Silberbauer, Wolfgang Preiss, Jan Biczycki, Jürgen Heinrich, Dieter Bohlen, Ludger Pistor
Nachtschicht: Der Ausbruch (D 2007, R.: Lars Becker)
Drehbuch: Lars Becker
Die beiden Knackis Töfting (bekannt aus dem ersten Nachtschicht-Film) und Gecko fliehen aus dem Gefängnis. Töfting will Kommissar Erichsen, der ihn in den Knast schickte, zuerst um sein Schwarzgeld erleichtern und dann umbringen. Klar, dass Erichsen sich das nicht gefallen lässt und gewohnt feinfühlig vorgeht.
Vierter, gewohnt hochkarätiger besetzter Einsatz des Nachtschicht-Teams mit einer neuen Chefin: nach dem Weggang von Katharina Böhm versucht Barbara Auer das Team zu zähmen. Ob ihr das gelingt? In jedem Fall gibt’s neunzig unterhaltsame Minuten.
Mit Armin Rohde, Ken Duken, Minh-Khai Phan-Thi, Barbara Auer, Pierre Semmler, Florian Lukas, Hussi Kutlucan, Jan Josef Liefers, Anna Loos, Bela B., Dominique Pinon
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ZDFneo, 21.45
Nachtschicht: Ich habe Angst (D 2008, R.: Lars Becker)
Drehbuch: Lars Becker
Auch in ihrer fünften Nacht gibt es für den Hamburger Kriminaldauerdienst viel zu tun. Bei einer Razzia entwischt ihnen der Kopf der Fälscherbande. Eine Lehrerin meldet sich anonym beim KDD und zeigt eine Kindesmisshandlung an. Ein Mann wird erstochen.
Zufälle über Zufälle – aber von Lars Becker schlüssig, pointiert und gewohnt unterhaltsam als Porträt einer Nacht zusammengefügt.
Mit Armin Rohde, Minh-Khai Phan-Thi, Ken Duken, Barbara Auer, Pierre Semmler, Ulrike Krumbiegel, Matthias Brandt
Beim Sehen ist das Science-Fiction-Kammerspiel „Moon“, wie „Matrix“, ein toller Trip, der zum Nachdenken und zum Diskutieren über die im Film angesprochenen philosophischen Fragen einlädt. Aber, wie „Matrix“, hat „Moon“ auch mit einigen scheunentorgroßen Plotlöchern (die hier, weil sie wichtige Plottwists verraten würden, nicht diskutiert werden) zu kämpfen. Dass man diese gerne ignoriert, spricht wiederum für das Filmdebüt von Duncan Jones mit dem grandiosen Sam Rockwell in einer Doppelrolle.
Er spielt den Zeitarbeiter Sam Bell, der seit fast drei Jahren als Hausmeister auf einer Mondstation arbeitet und den Vertrag auch als Gelegenheit nutzen will, sein Leben in Ordnung zu bringen. Der Konzern Lunar baut dort den Rohstoff Helium-3 für saubere Energie ab. In wenigen Tagen darf er auf die Erde zurückfliegen und selbstverständlich freut er sich auf die Begegnung mit seiner Frau und seiner Tochter. Denn in den vergangenen Jahren hatte er, weil die Live-Übertragung unterbrochen war, nur einige Videobotschaften von ihr erhalten. Sowieso ist die Technik auf der Mondstation nicht gerade auf dem neuesten Stand.
Bells einziger Gefährte ist der ihm helfende Computer Gerty (Der im Original von Kevin Spacey wundervoll emotionslos gesprochen wird.).
Trotzdem sieht Bell plötzliche eine Frau in seinem Sessel sitzen. Später bei einer Routineinspektion der riesigen Helium-3-Abbauanlage, glaubt er wieder eine Frau zu sehen und baut einen Unfall bei dem er sich schwer verletzt.
Kurz darauf wacht er in der Krankenstation auf. Seine Kopfwunde ist verheilt. Dafür stolpert er jetzt wie ein Neugeborener durch die Raumstation. Doch das ist nicht sein schlimmstes Problem. Denn er trifft einen Doppelgänger und fragt sich, ob er nicht komplett durchgeknallt ist. Vorläufig wird er den Doppelgänger wie den sprichwörtlichen Freund Harvey behandeln.
Außerdem ist ein Rettungsteam angekündigt, das ihn, so vermutet sein Doppelgänger, vielleicht gar nicht retten soll.
Für diese Thrillerelemente interessieren sich Duncan Jones und Drehbuchautor Nathan Parker kaum. Auch die Anklage gegen das menschenverachtende Gebaren eines Konzerns, der anscheinend skrupellos Menschen opfert, ist den Machern egal. Lunar ist einfach nur ein austauschbarer, Menschen opfernder Konzern. Sein Verhalten ist sogar, ähnlich der Roboter in „Matrix“, letztendlich vollkommen irrational.
Jones und Parker stellen in ihrem langsam erzählten Film von Anfang an, wie bereits Andrei Tarkowski und Steven Soderbergh in ihren Stanislaw-Lem-Verfilmungen „Solaris“ und Douglas Trumbell in „Lautlos im Weltall“, Fragen nach dem Menschsein, seinen Wünschen und wie ein Mensch mit der Einsamkeit umgeht.
Mit diesen Fragen richten sie sich an ein erwachsenes Publikum, das Science-Fiction nicht nur als Entschuldigung zum fotogenen Zerstören von Städten, Kontinenten und Welten versteht.
Und Sam Rockwell zeigt wieder einmal sein Können. Der immer noch sträflich unterschätzte Schauspieler stemmt den Film im Alleingang. Er bereichert mit dieser Doppelrolle, nach „Frost/Nixon“, „Choke – Der Simulant“, „Per Anhalter durch die Galaxis“, „Geständnisse – Confessions of a dangerous mind“ und „Heist – Der letzte Coup“, sein schon jetzt reichhaltiges Repertoire von aufregenden Charakterstudien um eine weitere schräge Charakterstudie. In „Moon“ zeigt er dabei eine beeindruckende Studie eines körperlichen Verfalls und porträtiert den gleichen Menschen in verschiedenen Entwicklungsstufen, der sich immer wieder fragt, ob er noch normal ist und was die Realität ist.
Moon (Moon, GB 2009)
Regie: Duncan Jones
Drehbuch: Nathan Parker (nach einer Idee von Duncan Jones)
mit Sam Rockwell, Kevin Spacey, Dominique McElligott, Kaya Scodelario, Benedict Wong, Matt Berry, Malcolm Stewart
Nachtschicht: Tod im Supermarkt (D 2006, R.: Lars Becker)
Drehbuch: Lars Becker
Dieses Mal sucht das Nachtschicht-Team den Mörder eines Supermarkt-Wachmanns.
Dritter Nachtschicht-Krimi, der auf seiner Plus-Seite zahlreiche ironische Anspielungen und gute Schauspieler, auf der Minus-Seite einen nicht sonderlich logischen Whodunit verbucht. Und dabei waren die ersten beiden Nachtschicht-Filme gerade weil sie die Whodunit-Stereotypen vermieden gut.
Mit Armin Rohde, Katharina Böhm, Ken Duken, Minh-Phai-Thi, Marie Bäumer, Devid Striesow
„Steamboat Bill Jr.“ (bei uns auch bekannt als „Wasser hat Balken“ und „Wasser hat keine Balken“) ist ein Stummfilm von 1928 mit Buster Keaton in der Hauptrolle.
Eine ruhige Nacht wird das nicht für Erichsen und sein Team: ein unheilbar an Krebs erkrankter Knacki will seine letzten Tage mit seinem Sohn verbringen. Deshalb entführt er ihn von seinen Adoptiveltern: einem Polizisten, der gerade gegen Erichsen ermittelt. Außerdem macht ein entlaufener Irrer das Revier unsicher.
Nach dem überwältigenden Erfolg des ersten Nachtschicht-Filmes durfte Lars Becker mit den bewährten Schauspielern ein weiteres Mal zuschlagen. Und weil auch der zweite „Nachtschicht“-Film ein voller Erfolg war, folgten seitdem einige weitere sehr gelungene Krimis.
Mit Armin Rohde, Katharina Böhm, Minh-Khai Phan-Thi, Ken Duken, Ercan Durmaz, Axel Prahl
Heute präsentieren wir Ihnen in diesem Theater einen kleinen Rundblick mit vier Kriminalfilmen, vier Noirs und vier Literaturverfilmungen (drei Romane, eine Kurzgeschichte). Beginnen wir in den Vierzigern.
Koch Media setzt die liebevoll gestaltete „Film Noir“-Collection nach einer langen Pause mit dem unbekannten in Farbe gedrehtem Noir „Desert Fury – Liebe gewinnt“ und dem Noir-Semiklassiker „Der schwarze Spiegel“ fort.
„Desert Fury“ ist, trotz einiger interessanter Aspekte, kein vergessenes Meisterwerk, sondern ein typischer Vierziger-Jahre-Hollywood-Film, bei dem die damals noch seltene Verwendung von Farbe eine Bedeutung des Films verheißt, die er nicht hat. Denn „Desert Fury“ ist kein A-Film wie „Vom Winde verweht“ oder ein kassenträchtiges Musical.
Regisseur Lewis Allen ist ein Hollywood-Handwerker, der später sein Geld vor allem im Fernsehen verdiente. So inszenierte er einige „Perry Mason“- und „Kobra, übernehmen Sie“-Folgen und über vierzig „Bonanza“-Folgen.
Autor A. I. Bezzerides schrieb später das Drehbuch für „Rattennest“ (Kiss me deadly, USA 1955) und er erfand die Westernserie „Big Valley“.
Der zweite Drehbuchautor Robert Rossen verdiente, als „Desert Fury“ gedreht wurde, bereits seit einem guten Jahrzehnt in Hollywood sein Geld. Sein erstes Drehbuch war „Mord im Nachtclub“ (Marked Woman. USA 1937); ein Vehikel für Bette Davis und Humphrey Bogart. Kurz darauf schrieb er „Die wilden Zwanziger“ (The roaring Twenties, USA 1939). Anschließend führte er Regie (oft nach eigenen Drehbüchern) bei „Jagd nach Millionen“ (Body and Soul, USA 1947), „Der Mann, der herrschen wollte“ (All the King’s Men, USA 1949), „Sie kamen nach Corduba“ (They came to Corduba, USA 1959), „Haie der Großstadt“ (The Hustler, USA 1961) und „Lilith“ (USA 1964).
Die drei wissen also, wie eine Geschichte in neunzig Minuten erzählt wird. Über den legendären Produzenten Hal B. Wallis muss ja nichts gesagt werden. Seinen Namen hat jeder Filmfan mindestens ein halbes Dutzend Mal gelesen. Ich sage nur „Die wilden Zwanziger“, „High Sierra“, „Der Malteser-Falke“, „Casablanca“ und „Der Marshall“ (True Grit, USA 1969).
Und dann ist da noch Burt Lancaster in einer seiner ersten Rollen als honoriger Dorfpolizist Tom Hanson, der in die neunzehnjährige Paula verliebt ist. Diese hat gerade wieder ihre Schule geschmissen und trifft auf dem Weg in die Stadt den Spieler Eddie Bendix und seinen Kumpel Johnny Ryan. Sie findet den zwielichtigen Bendix attraktiv und dass ihre Mutter Fritzi Haller, die Chefin des Spielcasinos (und damit qua Beruf ebenfalls zwielichtig), Bendix von früher hasst, verstärkt natürlich Paulas Liebe zu Bendix.
Das größte Problem von „Desert Fury“ ist die widersprüchliche und unlogische Zeichnung der von der damals 25-jährigen Lizabeth Scott gespielten Hauptrolle Paula Haller. Ihr Verhalten entspricht viel zu oft nicht ihrem Alter, das irgendwo zwischen kurz nach der Pubertät und kurz vor Studienabschluss liegt. Jedenfalls fährt sie Auto, raucht und trinkt und ist immer noch finanziell von ihrer Mutter abhängig. Einerseits hat sie eine gute Beziehung zu ihr. Andererseits ist Bendix für sie gerade deshalb attraktiv, weil ihre Mutter ihn ablehnt. Und anscheinend hat sie in den vergangenen Jahren nichts von Bendix gehört. Das ist, weil die Geschichte in einer Kleinstadt spielt und die früheren Ereignisse sicher Stadtgespräch waren, unglaubwürdig.
Dieses Hin und Her zwischen ihrer Mutter, ihrem Freund und vielleicht zukünftigem Ehemann Tom Hanson und dem Spieler Eddie Bendix erinnert an das widersprüchliche Verhalten einer Pubertierenden und nicht einer knapp Zwanzigjährigen.
Auch die Schlusspointe zeichnet sich schon von der ersten Minute des aus heutiger Sicht ziemlich zähen Films, der unentschlossen zwischen „Western“ (einige Topoi wie die den Ort beherrschende Casinobesitzerin, die Landschaft und die vielen Pferde), Familiengeschichte, Drama, Coming-of-age (Paula muss erwachsen werden), garniert mit einer kleinen Krimibeigabe, pendelt, ab.
Desert Fury – Liebe gewinnt (Desert Fury, USA 1947)
Regie: Lewis Allen
Drehbuch: A. I. Bezzerides, Robert Rossen
LV: Ramona Stewart: Desert Town, 1946
mit John Hodiak, Lizabeth Scott, Burt Lancaster, Wendell Corey, Mary Astor
Ein ganz anderes Kaliber ist dagegen „Der schwarze Spiegel“.
Bewundernswert effektiv führt Robert Siodmak in den ersten Minuten von „Der schwarze Spiegel“ zu der zentralen Frage, welche der beiden Zwillingsschwestern den Mord begangen hat.
Bereits nach den ersten Zeugenaussagen kennt der Kommissar die Mörderin. Aber sie hat ein wasserdichtes Alibi. Nach zwölf Minuten entdeckt er, dass die Tatverdächtige eine Zwillingsschwester hat. Weil er mit den normalen Polizeimethoden nicht herausfinden kann, welche den Mord begangen hat, bittet er einen Psychiater um ein Gutachten. Denn, so hoffen die beiden Männer, durch eine Analyse ihres Verhaltens können sie herausfinden, welche der Schwestern den Mord begangen hat.
Für uns Zuschauer ist ziemlich schnell offensichtlich, welche Schwester den Mord begangen hat. Denn neben ihrem unterschiedlichen Verhalten, hat Siodmak auch alles getan, um die beiden von Olivia de Havilland gespielten Schwestern unterscheidbar zu machen. Sie tragen verschiedene Kleider und immer eine Brosche mit dem ersten Buchstaben ihres Vornamens oder eine Kette mit dem Vornamen. So entsteht auch in den vielen Szenen, in denen beide Schwestern gleichzeitig auftreten, keine Verwirrung. Diese sind auch mit heute noch verblüffenden Tricks gedreht.
Der, wie Siodmak, aus Deutschland geflüchtete Eugen Schüfftan, der bereits in Fritz Langs Science-Fiction-Film „Metropolis“ für atemberaubende Effekte sorgte, plante die Aufnahmen der von Olivia de Havilland gespielten Zwillingsschwestern, die oft in einem Bild zu sehen sind und ganz natürlich miteinander agieren. Dafür mischte er bereits während des Drehs Doubles, Doppelbelichtungen und Rückprojektionen.
„Der schwarze Spiegel“ ist ein spannender Noir, der sich der Whodunit-Formel bedient, das Doppelgänger-Motiv interessant anwendet und als einer der ersten Filme die Psychoanalyse benutzt, um den Täter zu überführen. Weil die böse Schwester als Mörderin überführt wird, hat „Der schwarze Spiegel“ auch ein Noir-untypisch beruhigendes Ende.
Denn „Was sonst im Film noir die beiden entgegengesetzten Charakterseiten ein und derselben Person darstellen, ist hier auf zwei Schwestern verteilt.“ (Paul Werner: Film noir und Neo-Noir) Und nachdem die eine verhaftet wird, kann die andere friedlich bis ans Ende ihrer Tage leben.
In Noir-Fankreisen hat „Der schwarze Spiegel“ einen guten Ruf. Weil „Der schwarze Spiegel“ schon seit Ewigkeiten nicht mehr im Fernsehen lief, dürfte ihn kaum noch jemand kenne. Dabei lohnt sich die Wiederentdeckung.
Der schwarze Spiegel (The dark mirror, USA 1946)
Regie: Robert Siodmak
Drehbuch: Nunnally Johnson
LV: Vladimir Pozner: The dark mirror (Kurzgeschichte, Good Hosekeeping, 1945)
mit Olivia de Havilland, Lew Ayres, Thomas Mitchell, Richard Long, Charles Evans
Springen wir in die Gegenwart. Jedenfalls optisch. Denn der französische Cop-Thriller „Diamond 13“ ist in jeder Beziehung vom Noir und dem französischen Kriminalfilm beeinflusst. Das Team von dem bei uns sträflich unterschätztem Noir „36 – Tödliche Rivalen“ (Fr 2004) fand sich wieder zusammen. Ex-Polizist Olivier Marchal (der auch „36 – Tödliche Rivalen“ inszenierte) schrieb das Drehbuch und übernahm die zweite Hauptrolle. Gérard Depardieu, der inzwischen Brandosche Ausmaße hat, übernahm die Hauptrolle. Valeria Golino, die in „36 – Tödliche Rivalen“ mitspielte, sprang in letzter Minute ab. Die schwangere Asia Argento übernahm die Rolle der Freundin von Depardieu, die ihn in der Polizeihierarchie überholte und ihm jetzt Befehle gibt. Gilles Béhat verdiente in den vergangenen Jahren seine Brötchen als TV-Krimiregisseur. Einer seiner ersten Spielfilme war 1983 die David-Goodis-Verfilmung „Rue Barbare“ (mit Bernard Giraudeau).
In „Diamond 13“ führt dieses Team die in „36 – Tödliche Rivalen“ angesprochenen Ideen und Themen fort. Wieder geht es um die internen Kämpfe der Polizei, die schmale Grenze zwischen Verbrecher und Polizist und Freundschaft und Vertrauen. Das sind im Polizeifilm und im französischen Kriminalfilm keine neuen Topoi, aber sie sorgen immer wieder für zwei spannende, moralische Grauzonen erkundende Stunden.
Denn die Polizisten sind mehr mit sich selbst, ihrer Unfähigkeit ihr Leben auf die Reihe zu bekommen und internen Streitigkeiten beschäftigt, als mit der Jagd nach Verbrechern. Und wenn sie Verbrecher jagen, dehnen sie die Gesetze mehr als einmal. Manchmal nehmen sie das Gesetz auch in die eigenen Hände – und manchmal hat das ungeahnte Folgen.
Depardieu spielt in „Diamond 13“ den desillusionierten Cop Mat, der schon alles gesehen hat, allein lebt und keine größeren Ziele mehr hat. Eines Tages bittet ihn sein todkranker Ex-Partner Franck um Hilfe. Er hat einen todsicheren Plan zum Ausrauben von einigen Gangstern. Mat lehnt zunächst ab, aber er wird – wie das bei todsicheren Plänen immer so ist und wenn dann noch hehre Vorstellungen von Freundschaft und Ehre mitspielen – dennoch in die Geschichte hineingezogen, die seine Fähigkeiten als harter Straßenbulle der Dirty-Harry-Schule übersteigt.
„Diamond 13“ ist ein feines, traditionsbewusstes Old-School-Werk, das die FSK-18-Freigabe nicht verdient hat. So werden Erwartungen geweckt, die „Diamond 13“ nicht einlösen will. Denn in einem Noir spielt die Action eher die dritte als die zweite Geige. An erste Stelle stehen die Charaktere, ihre Nöte, Ängste und moralische Verstrickungen. „Diamond 13“ ist da keine Ausnahme.
Dass, mal wieder der deutsche Kinostart ausfiel, ist inzwischen bei französischen Filmen, die nicht von Claude Chabrol sind, mit amourösen Verstrickungen das Arthaus-Publikum becircen oder action-krachig das Multiplex-Publikum unterhalten, die Regel. Das ist schade, aber wahrscheinlich nicht mehr zu ändern.
Das halbstündige Making-of liefert einige interessante Hintergründe zum Film und inszeniert eine kleine Diskussion ob „Diamond 13“ ein Noir oder ein Polizeifilm ist. Er ist natürlich beides.
Diamond 13 (Diamond 13, Fr 2009)
Regie: Gilles Béat (Pseudonym von Gilles Béhat)
Drehbuch: Gilles Béhat, Olivier Marchal
LV: Hugues Pagan: L’Etage des Morts
mit Gérard Depardieu, Olivier Marchal, Asia Argento, Anne Coesens, Aïssa Maïga
„Killshot“ ist eine wegen der Produktionsgeschichte durchwachsene Elmore-Leonard-Verfilmung in einer lieblosen DVD-Ausgabe. Sogar auf den Filmtrailer wurde verzichtet.
Das ist die traurige Schlusspointe eines Projektes, das hoffnungsvoll begann und nach den ersten Testvorführungen zum ungeliebten Kind wurde, das lange im Archiv verschwand.
Als 2005 die ersten Meldungen über die Verfilmung von Elmore Leonards Roman „Killshot“ die Runde machten, waren die Erwartungen hoch. Regisseur John Madden ist, obwohl er in England etliche TV-Krimis inszenierte, nicht als Genreregisseur bekannt. „Shakespeare in love“, „Corellis Mandoline“ und „Der Beweis“ sind seine bekanntesten Filme und wirklich schlecht (auch wenn man sie nicht mag) sind sie nicht. Außerdem waren Steven Soderbergh und Barry Sonnenfeld vor „Out of sight“ und „Schnappt Shorty“ ja auch nicht unbedingt als Krimiregisseure bekannt.
Die Besetzung las sich ebenfalls vielversprechend: Diane Lane, Thomas Jane, Mickey Rourke, Joseph Gordon-Levitt, Rosario Dawson, Hal Holbrook, Johnny Knoxville (seine Szenen sind geschnitten) – alles bekannte Namen, von denen mindestens die Hälfte für Qualität bürgt.
Dann gab’s, nachdem im Januar 2006 der Film fertig war, Meldungen von Nachdrehs (nicht unbedingt ungewöhnlich) und umfangreichen Umschnitten (schon ungewöhnlicher) und der Film verschwand im Weinstein-Archiv. Letztes Jahr kam der Film – mit neunzig Minuten ungewöhnlich kurz – dann ziemlich unbemerkt ins Kino. In den USA gab es letztes Jahr, vor der DVD-Veröffentlichung, nur einen Pro-Forma-Kinostart.
Jetzt erschien ausgesprochen ärmliche DVD-Ausgabe. Denn es gibt keine Extras.
Naja, einige Trailer.
Aber kein Making-of, keine Featurettes, keine Interviews mit den Machern, keine geschnittenen Szenen, kein Audiokommentar. Nichts. Nada. Und auf eine „Collector’s Edition“ innerhalb der nächsten Monate würde ich keinen einzigen Cent setzen. Dabei wäre gerade hier, wie bei Orson Welles‘ „Im Zeichen des Bösen“ (Touch of Evil, USA 1958), ein „Director’s Cut“ oder der Schnitt der ersten Testvorführungen eine tolle Sache.
So müssen wir uns – wahrscheinlich bis in alle Ewigkeit – mit dem Torso begnügen. Und sogar dieser ist ziemlich ansehnlich.
Die Story ist typischer Leonard: Carmen Colson und ihr Mann Wayne beobachten den Mafia-Killer und Indianer Blackbird in Michigan bei einem Verbrechen. Sie gehen zur Polizei und werden in ein Zeugenschutzprogramm gesteckt. In Missouri sollen sie ein neues Leben beginnen (In dem Buch ist der komödiantische Höhepunkt erreicht, wenn der Polizist den Colsons die Papiere zum Zeugenschutzprogramm vorliest.). Blackbird – wie wir uns denken können – findet sie.
Diese Story ist aber nicht so wichtig. So gibt es immer wieder Szenen, die die Handlung kaum bis überhaupt nicht voranbringen, aber viel über die Charaktere, ihre Sehnsüchte und ihre Beziehung zueinander verraten. Es gibt Bilder von einem ländlichen Amerika, das von den meisten Hollywood-Produktionen ignoriert wird, aber aus den New-Hollywood-Produktionen der siebziger Jahre vertraut ist.
Allerdings schwankt „Killshot“ viel zu unentschlossen zwischen Krimi und Drama. Neben dem Krimiplot und der Mafiageschichte (Blackbird arbeitet als Killer für den Toronto-Mob) gibt es auch ein eher banales Ehedrama. Carmen Colson will sich scheiden lassen. Ihr Mann hofft dagegen immer noch, sie umstimmen zu können. Dieser, letztendlich sehr zahm ausgetragene Konflikt (immerhin sind die Colsons erwachsene Menschen, die mit Mitte Vierzig über ihr weiteres Leben nachdenken), zieht sich durch den ganzen Film und steht dem Krimiplot immer wieder im Weg.
Auch dieser Plot springt manchmal und einige Subplots enden im nirgendwo. In diesen Momenten wünscht man sich den „Director’s Cut“. Bis dahin muss man mit dieser durchaus faszinierenden Fassung, die zu den besseren Leonard-Verfilmungen gehört, vorliebnehmen.
Überaus gelungener Einstand einer Gruppe Hamburger Polizisten, die die Nachtschicht haben und gleichzeitig mehrere Fälle lösen müssen. Der größte Fall ist dabei in einer Bank die Geiselnahme von Ex-Roadie Schlosser.
Becker: „Wir orientieren uns an der Popkultur.“ und der „Tip“ ist wirklich begeistert von diesem hochkarätig besetzten TV-Movie.
Mit Armin Rohde, Uwe Ochsenknecht, Katharina Böhm, Ken Duken, Cosma Shiva Hagen, Minh-Khai Phan-Thi
Im Vergleich zu „Das Science Fiction Jahr 2009“ ist die neueste Ausgabe des Science-Fiction-Jahrbuchs mit 1152 Seiten dünn ausgefallen. Die vorherige Ausgabe hatte 1600 Seiten und lag wie ein überdimensionierter Wackelpudding in den Händen.
Dagegen hat man bei der neuesten Ausgabe wieder das Gefühl, ein vom Handling her lesbares Buch in den Händen zu halten. Der Schwerpunkt beschränkt sich dieses Jahr auf den 150-seitigen Text: „Wenn gestern morgen ist – Zeitmaschinen, Zeitreisen und Zeitparadoxien in Science und Fiction“ von Rüdiger Vaas. In den vorherigen Jahren waren es mehrere Texte; zuletzt über 400 Seiten über Superhelden.
Der Rest des Science-Fiction-Jahrbuchs bewegt sich im gewohnten Umfang und in den bekannten Kategorien. Es gibt Interviews mit Stephen Baxter und China Miéville, Porträts über J. G. Ballard, Frank Schätzing, Walter Jon Williams und David Foster Wallace.
Es gibt Essays zu James Camerons „Avatar“, „Star Trek“, „Terminator“ und „Battlestar Galactica“ von ihren Anfängen bis zur Gegenwart. Es wird über „25 Jahre Detroit-Techno“ geschrieben und über die „Weltfabrik der Theoretiker – Wie Annäherungen zur wissenschaftlichen Weltanschauung werden“ nachgedacht.
Es gibt Nachrufe, Buchbesprechungen, Film-, Hörspiel und Computerspielkritiken, Marktberichte und eine Auflistung im letzten Jahr preisgekrönter Science-Fiction-Werke.
Es gibt, auch wenn einen nicht alles interessiert, viel zu lesen.
Damit ist das von Sascha Mamczak und Wolfgang Jeschke herausgegebene Jahrbuch auch im fünfundzwanzigsten (!) Jahr wieder eine Fundgrube für alle an Science-Fiction Interessierte. Denn in keinem anderen Buch wird so intensiv der Austausch über alle Spielarten von Science-Fiction gepflegt. Es ist allerdings auch immer noch das einzige Kompendium dieser Art. Und das obwohl im Kino die erfolgreichsten Filme Science-Fiction- und Fantasy-Filme sind. Zuletzt „Avatar“. Auch einige Science-Fiction-Bücher verkaufen sich ausgesprochen gut. Zuletzt Frank Schätzing mit „Limit“. Science-Fiction-Serien, wie „Raumschiff Enterprise“, „Stargate“ (jeweils mehrere Serien), „Lost“, „Battlestar Galactica“ und „Fringe“, sind im TV und auf DVD erfolgreich.
Daher: Herzlichen Glückwunsch zur 25. Ausgabe des Jahrbuchs. Vor einem viertel Jahrhundert hätte wahrscheinlich niemand vermutet, dass das Science-Fiction-Jahrbuch auch „2010“ erscheint.
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Sascha Mamczak/Wolgang Jeschke (Hrsg.): Das Science Fiction Jahr 2010
Plender verdient sein Geld, indem er wohlhabende Männer mit kompromittierenden Fotos erpresst. Sein neuestes Opfer ist der Modefotograf Vincent Mandel, den er noch aus der gemeinsamen Schulzeit kennt.
Tolle Ted-Lewis-Verfilmung, die bei uns nur eine ziemlich unbeachtete DVD-Premiere erlebte. Die Story kann zwar nicht verhehlen, dass sie von Ted Lewis bereits in den Siebzigern geschrieben wurde und sich daher in inzwischen bekannten Bahnen bewegt. Aber das ist auch der einzige Nachteil; – hm, eigentlich auch kein richtiger Nachteil, sondern nur ein wohliges Gefühl von Vertrautheit.
“Noir-Thriller nach klassischen Vorbildern” (Lexikon des internationalen Films)
Die größte Entdeckung ist sicher Pierre Richard, der als “Der große Blonde mit schwarzen Schuh” und ähnliche klamaukige Komödien bekannt wurde und hier eine dramatische Rolle spielt.
Oh, und Frau Kurylenko, die danach bei “Hitman”, “Max Payne” und “James Bond: Quantum of Solace” durch die Kulisse stolpern durfte, spielt auch mit.
Mit Yvan Attal, Clovis Comillac, Olga Kurylenko, Pierre Richard
LV: Victor Canning: The rainbird pattern, 1972 (später “Family plot”; „Auf der Spur“)
Mrs. Rainbird verspricht dem Medium Blanche 10.000 Dollar, wenn sie ihren vor Jahrzehnten verstossenen Neffen findet. Dieser finanziert inzwischen seinen Lebensunterhalt mit Entführungen und unterstellt Blanche und ihrem Freund George niedere Motive.
Was für ein Abgang: eine lockere Krimikomödie mit tiefschwarzem Humor.
Ernest Lehman: „Was Hitchcock wirklich an diesem Filmprojekt faszinierte, war die Idee von zwei getrennt ablaufenden unterschiedlichen Geschichten, die langsam zueinander finden und letztlich zu einer Geschichte werden. Ich ließ nicht locker, ihn darauf hinzuweisen, dass das Publikum nicht einen Film aufgrund seiner einzigartigen Struktur sehen will – es sei denn, Hitchcock plane, den Film als eine Art Dozent zu begleiten und ihn den Zuschauern zu erklären.“ – Mmh, da hat er Recht. „Family Plot“ (hübsch doppeldeutiger Titel) ist beim zweiten, dritten Sehen besser als beim Ersten. Und die Rückprojektionen sind schlecht wie immer.
Mit Karen Black, Bruce Dern, Barbara Harris, William Devane, Ed Lauter, Cathleen Nesbitt
Die Geschichte von Cable, der von Cyclops in die Zukunft geschickt wurde, geht episodisch und gewohnt knackig weiter. Dabei ist Autor Duane Swierczynski (aka Duane Louis) ziemlich frei, verschiedene zukünftige Welten, die auch in verschiedenen Zeitströmen existieren, zu erfinden. Denn auch wenn diese eine Zukunft fatal endet, kann es noch eine andere geben. Das ist für Science-Fiction-Fans und Philip-K.-Dick-Leser ein alter Hut, der letztes Jahr mit den Reboots von „Terminator: Die Erlösung“ und „Star Trek“ allgemein bekannt wurde.
In dem aus vier Heften bestehenden „Warten auf das Ende der Welt“ haben Cable und sein Schützling in „New Liberty“ eine Zuflucht gefunden. „New Liberty“ ist ein von der Welt abgeschiedenes Paradies, das keinen Kontakt mit der Außenwelt hat. Cable freundet sich mit Hope an und sein Schützling erhält endlich einen Namen: Hope Summers. Die Idylle wird zerstört, als amerikanische Soldaten, die wie Ungeziefer aussehen, „New Liberty“ besetzen. Sie nennen es Befreiung und sogar der unpolitischste Leser wird an die derzeitigen Auslandseinsätze des US-Militärs denken. Bevor Cable und sein Schützling flüchten können, müssen sie allerdings Hope aus den Klauen der Besatzer befreien.
In dem Zweiteiler „Wüstenblues“ entwickelt Hope langsam ihre Superkräfte. Weil Cable und Hope in der Wüste nicht lange überleben können, springen sie weiter in die Zukunft und landen im „Messias-Krieg“, einer umfangreichen Crossover-Geschichte von „Cable“ und der „X-Force“, die in sieben Heften gegen Stryfe, den Herrscher dieser Zukunft, kämpfen müssen.
Nach einem verheißungsvollen Set-Up endet der „Messias-Krieg“ in einem ziemlich verwirrendem Kampf, bei dem nur noch Marvel-Gesamtleser den Überblick behalten werden. Bei den anderen führt das gerade im zweiten Band des „Messias-Krieges“ öfters zu Was-zur-Hölle-geht-hier-eigentlich-ab-Momenten.
Aber im dritten Cable-Band sind zwei hübsche Geschichten enthalten und „Warten auf das Ende der Welt“ liefert auch einen sehr gemeinen, wenig subtilen Kommentar zur militärisch geprägten Außenpolitik der USA.
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Duane Swierczynski (Autor)/Ariel Olivetti (Zeichner): Cable 3 – Warten auf das Ende der Welt
(übersetzt von Michael Strittmatter)
Paninic Comics 2010
148 Seiten
16,95 Euro
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enthält
Warten auf das Ende der Welt (Waiting for the end of the world, Teil 1 – 4)
Wüstenblues (Wasteland Blues, Teil 1 – 2)
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Originalausgabe
Waiting for the end of the world, Chapter 1: The last place on earth (Cable 7, Dezember 2008)
Waiting for the end of the world, Chapter 2: Invasion U. S. A. (Cable 8, Januar 2009)
Waiting for the end of the world, Chapter 3: Little triggers (Cable 9, Februar 2009)
Waiting for the end of the world, Chapter 4: Ain’t no dog (Cable 10, März 2009)
Wasteland Blues, Chapter 1 (Cable 11, April 2009)
Wasteland Blues, Conclusion (Cable 12, Mai 2009)
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Duane Swierczynski/Craig Kyle/Christopher Yost (Autoren)/Ariel Olivetti/Clayton Crain (Zeichner): Cable 4: Messias-Krieg – Teil 1 (Teil 1 von 2)
(übersetzt von Michael Strittmatter)
Panini Comics, 2010
100 Seiten
12,95 Euro
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enthält
Messiah War, Chapter 1 (X-Force/Cable: Messiah War 1, Mai 2009)
Messiah War, Chapter 2 (Cable 13, Juni 2009)
Messiah War, Chapter 3 (X-Force 14, Juni 2009)
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Duane Swierczynski/Craig Kyle/Christopher Yost (Autoren)/Ariel Olivetti/Clayton Crain (Zeichner): X-Force 4: Messias-Krieg – Teil 2 (Teil 2 von 2)
(übersetzt von Michael Strittmatter)
Panini Comics, 2010
100 Seiten
12,95 Euro
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enthält
Messiah War, Chapter 4 (Cable [vol. 2] 14, Juli 2009)
Messiah War, Chapter 5 (X-Force [vol. 3] 15, Juli 2009)
Messiah War, Chapter 6 (Cable [vol. 2] 15, August 2009)
Messiah War, Chapter 7 (X-Force [vol. 3] 16, August 2009)