Neu im Kino/Filmkritik: Liam Neeson als Hauptdarsteller in Joe Carnahans „The Grey“

April 11, 2012

Mit „The Grey – Unter Wölfen“ hat Joe Carnahan nach dem düsteren Polizeithriller „Narc“, der durchgeknallten, schwarzhumorigen Actionkomödie „Smokin‘ Aces“ und der Blockbuster-Actionkomödie „The A-Team“ einen geradlinigen Abenteuerfilm gedreht, der zwar in Alaska spielt, aber nur wenige Kilometer entfernt in Kanada, in der Nähe von Smithers (5500 Einwohner), zwölf Autostunden nördlich von Vancouver, mitten in den verschneiten und entsprechend kalten Ausläufern der Rocky Mountains gedreht wurde.

Dieses Mal erzählt Joe Carnahan die Geschichte einer Gruppe Männer, deren Flugzeug mitten in der Einöde abstürzt und die dann um ihr Überleben kämpft. So weit, so konventionell und die Jack-London-Fans sind wahrscheinlich schon begeistert in das nächste Kino gerannt.

Die Liam-Neeson-Fans dürfen sich anschließen. Immerhin hat Neeson hier die Hauptrolle und er ist brillant als verbitterter, einzelgängerischer Aufpasser John Ottway. Der Biologe hat sich, wie die anderen Arbeiter in der Ölraffinerie, in die menschenfeindliche Einöde zurückgezogen. Sie sind, nun, nicht unbedingt die Männer, mit denen man im Club bei einem Glas Rotwein über abendländische Philosophie diskutiert. Ottways Job ist es, die Arbeiter vor herumstreunenden Tieren, vor allem Wölfe, zu schützen.

Wegen eines Schichtwechsels fliegen Ottway und die aktuelle Crew zurück nach Kanada in die Zivilisation. Während des Flugs stürzt das Flugzeug mitten im Nirgendwo ab. Nur acht Männer überleben den Absturz. Weil Ottway am meisten Ahnung vom Überleben in der Wildnis hat, wird er ihr Anführer. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg zur nächsten Siedlung. Dabei werden sie von einem Rudel Wölfe, für die sie nur die nächste Mahlzeit sind, verfolgt.

Dieses archetypische Duell zwischen Mensch und Tier erzählt Joe Carnahan ohne störende Subplots und ausgewalzte Hintergrundgeschichten, in denen wir alles über die Charaktere erfahren. Sogar Ottways Vergangenheit und der Grund für seinen Rückzug in die Einöde bleibt, bis auf einige Bilder, die so kryptisch sind, dass sie eher die Funktion einer Fantasie erfüllt, im Dunkeln. Umso kraftvoller wird der Hauptplot, der gerade in seiner Reduktion, auch als Allegorie mit einer sehr klaren Botschaft gesehen werden kann: Nur wer nicht kämpft, hat schon verloren.

Im Dunkeln bleiben die meiste Zeit auch die Wölfe. Sie attackieren die Überlebenden schnell und rücksichtslos. Oft auch in der Dunkelheit. Sie belauern die Menschen und oft sind nur Details von ihnen sicht- und hörbar. Die Fantasie des Zuschauers, unterstützt von einem genial-furchterregendem Soundtrack, der die gefühlte Temperatur im Kino um einige Grad senkt, übernimmt den Rest. Das erinnert in seinem Schreckenspotential an das Monster in Ridley Scotts „Alien“, der auch einer der „The Grey“-Produzenten ist. Und natürlich weiß Joe Carnahan, dass er nichts zeigen kann, was nicht von der Fantasie des Zuschauers übertroffen wird. Also kann er gleich die Arbeit machen.

Joe Carnahan haucht der altbekannten Überleben-in-der-Wildnis-Story durch die raue Art seines Erzählens so viel neues Leben ein, dass „The Grey“ trotz, oder wegen, der grandiosen Landschaft ein beklemmend-düsterer, alptraumhafter Abenteuerfilm ist.

Die Academy of Science Fiction, Fantasy & Horror Films, die die prestigeträchtigen Saturn Awards verleiht, hat „The Grey“ als besten Horrorfilm/Thriller nominiert und bei der Konkurrenz (unter anderem „Contagion“ und „Verblendung“) hat er gute Chancen den Preis bei der Preisverleihung am 20. Juni zu erhalten.

The Grey – Unter Wölfen (The Grey, USA 2012)

Regie: Joe Carnahan

Drehbuch: Joe Carnahan, Ian Mackenzie Jeffers

LV: Ian Mackenzie Jeffers: Ghost Walker (Publikationsdatum und -ort unklar)

mit Liam Neeson, Frank Grillo, Dermot Mulroney, Dallas Roberts, Joe Anderson, Nonso Anozie, James Badge Dale

Länge: 117 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „The Grey“

Rotten Tomatoes über „The Grey“

Wikipedia über „The Grey“ (deutsch, englisch)


Neu im Kino/Filmkritik: Liam Neeson als Nebendarsteller in Peter Bergs „Battleship“

April 11, 2012

Battleship“ ist die Filmversion von „Schiffe versenken“ – und genau das ist der Film: Schiffe versenken. Mit möglichst viel Lärm und möglichst wenig Dialog. Wenn es mehr als fünf zusammenhängende Worte sind, dann ist es schon eine Ansprache.

Weil aber ein profanes Schiffe versenken zwischen zwei Ländern heute ungefähr so spannend wie eine Regierungserklärung ist, haben die Macher sich eine Science-Fiction-Geschichte ausgedacht und die geht so: Während eines Flottenmanövers bei Hawaii tauchen außerirdische Raumschiffe auf und, gemäß der allseits bekannten Doktrin der Militärischen Intelligenz, wird gleich begonnen, sich zu beschießen.

Mehr will ich jetzt von der Handlung nicht verraten. Außer vielleicht, dass es in dem Drehbuch, das anscheinend von einem Schreibcomputer zusammengestückelt wurde, ein, zwei minimale Überraschungen gibt, die den ganzen Mist aber nicht retten. „Battleship“ ist einfach komplett unlogische Militär-Pornographie, in der Wissenschaftler nur als grenzdebile, lebensuntaugliche Deppen und Politiker überhaupt nicht vorkommen. Immerhin stören sie so nicht das Militär bei der Arbeit.

Der Held Alex Hopper (Taylor Kitsch, anfangs mit „John Carter“-Frisur, später militärisch kurz) ist einer dieser in solchen Filmen immer vorkommenden, unangepassten Hallodris, die im Kampf bei sich unerwartete Führungsqualitäten (die wir, auch ohne Kenntnis des Drehbuchs, kannten) entdecken und zum Mann (aus Sicht des Militärs) werden.

Auch die anderen Charaktere sind ähnlich Nulldimensional angelegt. Eindimensional wäre schon eine außerordentliche Steigerung und die Charaktere in „Independence Day“ oder „Armageddon – Das jüngste Gericht“ hatten dagegen schon eine ungeheure Tiefe.

Liam Neeson hat als knurriger Admiral Shane ungefähr eine Handvoll Auftritte, die wegen der Menge über den Cameo-Status hinausgehen. Außerdem hat er hierfür sicher ein hübsches Sümmchen auf sein Konto überwiesen bekommen.

R&B-Sängerin Rihanna hat in „Battleship“ ihre erste Filmrolle und sie fällt als Eye Candy mit Wumme auch nicht unbedingt negativ auf. Nur singen tut sie nicht. Obwohl Musik doch, wie wir seit „Mars Attacks!“ wissen, ein probates Mittel gegen Aliens ist.

Herrje, wenn Regisseur Peter Berg („Operation: Kingdom“, „Hancock“) und die Drehbuchautoren Joe und Erich Hoeber („Whiteout“, „R. E. D.“) nicht schon einige ordentliche bis gute Filme auf ihrem Konto hätten, wäre das ziemlich humorfreie, tatkräftig vom Militär unterstützte „Battleship“ nicht so enttäuschend.

Ein strunzdummer, ohrenbetäubender, das Militär und militärische Tugenden (Ballern! Ballern! Ballern bis der Gegner pulverisiert ist.) hochhaltender Film wäre es trotzdem.

Oder in der Sprache des Film: Treffer! Film versenkt! Mission erfüllt! Kollateralschäden egal!

Aber zum Glück nur in 2D.

Battleship (Battleship, USA 2012)

Regie: Peter Berg

Drehbuch: Joe Hoeber, Erich Hoeber

mit Taylor Kitsch, Alexander Skarsgård, Rihanna, Brooklyn Decker, Tadanobu Asano, Greg Gadson, Liam Neeson, Peter MacNicol, Louis Lombardi (eine Szene als Barkeeper)

Länge: 131 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Battleship“

Rotten Tomatoes über „Battleship“

Wikipedia über „Battleship“


TV-Tipp für den 12. April: Nachtschicht: Vatertag

April 11, 2012

ZDFneo, 20.15

Nachtschicht: Vatertag (D 2004, R.: Lars Becker)

Drehbuch: Lars Becker

Eine ruhige Nacht wird das nicht für Erichsen und sein Team: ein unheilbar an Krebs erkrankter Knacki will seine letzten Tage mit seinem Sohn verbringen. Deshalb entführt er ihn von seinen Adoptiveltern: einem Polizisten, der gerade gegen Erichsen ermittelt. Außerdem macht ein entlaufener Irrer das Revier unsicher.

Nach dem überwältigenden Erfolg des ersten Nachtschicht-Filmes durfte Lars Becker mit den bewährten Schauspielern ein weiteres Mal zuschlagen. Und weil auch der zweite „Nachtschicht“-Film ein voller Erfolg war, folgten seitdem einige weitere sehr gelungene Krimis.

Mit Armin Rohde, Katharina Böhm, Minh-Khai Phan-Thi, Ken Duken, Ercan Durmaz, Axel Prahl

Hinweise

ZDF über „Nachtschicht“

Wikipedia über „Nachtschicht“

Lexikon der deutschen Krimi-Autoren über Lars Becker

Lars Becker in der Kriminalakte


Mennan Yapos Kurzfilm „Framed“

April 11, 2012

Bevor Mennan Yapo „Lautlos“ (mit Joachim Król) und „Die Vorahnung“ (Premonition, mit Sandra Bullock) drehte, drehte er 1999 den Kurzfilm „Framed“

„Wir hatten ihn weltweit zu Festivals geschickt und er kam wirklich überall gut an. Die Leute kamen aus dem Film mit einem seltsamen, unerklärlichen Gefühl. Ich weiß noch, wie er in Bilbao lief, Seattle oder in Palm Springs. Und in Hof. Als er dort gezeigt wurde, gab es großartige Reaktionen. Da kamen Filmemacher auf mich zu, die ich nicht kannte. Die haben gesagt: ‚Wow, das ist dein erster Film? Respekt, sehr assoziativ.'“

(Mennan Yapo in Marko Kregel: Hollywood – Traum und Wirklichkeit, Schüren 2012)

 


Die Nominierungen für den Thriller Award 2012 der ITW

April 11, 2012

Die International Thriller Writers (ITW) haben die Finalisten für den diesjährigen Thriller Award veröffentlicht. Um die Trophäe für den besten Thriller des Jahres kämpfen:

BEST HARD COVER NOVEL

Jonathan Hayes – A HARD DEATH (Harper)

Stephen King – 11/22/63 (Scribner) (Der Anschlag)

Michael Koryta – THE RIDGE (Little, Brown and Co.)

Marcus Sakey – THE TWO DEATHS OF DANIEL HAYES (Dutton Adult)

BEST PAPERBACK ORIGINAL

Jeff Abbott – THE LAST MINUTE (Sphere/Little, Brown UK)

John Gilstrap – THREAT WARNING (Pinnacle)

Helen Grant – THE GLASS DEMON (Delacorte Press)

Steven James – THE QUEEN (Revell)

John Rector – ALREADY GONE (Thomas & Mercer)

BEST FIRST NOVEL

James Barney – THE GENESIS KEY (Harper)

Melinda Leigh – SHE CAN RUN (Montlake Romance)

Paul McEuen – SPIRAL (The Dial Press)

H.T. Narea – THE FUND (Forge Books)

Leslie Tentler – MIDNIGHT CALLER (Mira)

BEST SHORT STORY

James Scott Bell – “One More Lie” (Compendium Press)

Michael Lewin – “Anything to Win” (Strand Magazine)

Twist Phelan – “Happine$$” (MYSTERY WRITERS OF AMERICA PRESENTS THE RICH AND THE DEAD, Grand Central Publishing)

Tim L. Williams – “Half-Lives” (Dell Magazine)

Dave Zeltserman – “A Hostage Situation” (Ellery Queen Mystery Magazine)

Die Preisverleihung ist, während des sechsten Thriller Fest, am 14. Juli im Grand Hyatt, New York City.

(via ITW)


TV-Tipp für den 11. April: Lone Star

April 11, 2012

SWR, 23.00

Lone Star (USA 1996, R.: John Sayles)

Drehbuch: John Sayles

In Texas wird in der Wüste ein Skelett mit einem Sheriffstern gefunden. Sheriff Sam Deeds (Chris Cooper) versucht den vierzig Jahre alten Mordfall zu klären und schnell fragt er sich, was sein verstorbener Vater, der ungekrönte und immer noch geachtete Herrscher der Stadt, mit dem Mord zu tun hat und ob er sein Andenken beschmutzen soll.

„Sayles ist ein Meisterwerk mehrschichtigen Erzählens gelungen: mit knapp einem Dutzend wichtigen Rollen, mit überlegter Koppelung von Gegenwart und Vergangenheit, lakonisch-doppelsinnigen Dialogen, ausgefeilter Kameraarbeit, Musik, die drei Kulturen einfängt, und atemberaubenden Zeitübergängen.“ (Fischer Film Almanach 1998)

Bei dem Lob vergisst man fast, dass „Lone Star“ auch ein verdammt unterhaltsamer Krimi ist.

Das Drehbuch war für einen Oscar („Fargo“ gewann), einen Golden Globe, den BAFTA, den Independent Spirit Award und den Preis der Writers Guild of America (wieder gewann „Fargo“) nominiert.

mit Chris Cooper, Elisabeth Pena, Kris Kristofferson, Miriam Colon, Matthew McConaughey, Frances McDormand

Hinweise

Wikipedia über „Lone Star“ (deutsch, englisch)

Homepage von John Sayles

John Sayles in der Kriminalakte