„Sherlock“, die grandiose BBC-Neuinterpretation der von Sir Arthur Conan Doyle geschaffenen Figur Sherlock Holmes, ist zurück und die drei Folgen der zweiten Staffel sind keinen Deut schlechter als die Fälle der ersten Staffel, in denen Sherlock Holmes und sein Kosmos von den „Sherlock“-Erfindern Mark Gatiss und Steven Moffat in die Gegenwart verlegt wurden. Für die zweite Staffel haben sie sich drei Sherlock-Holmes-Geschichten (es dürften die bekanntesten Holmes-Geschichten sein) genommen, sie neu interpretiert und mit zahlreichen Querverweisen zu anderen Holmes-Geschichten und -Filmen vollgestopft.
In „Ein Skandal in Belgravia“, basierend auf der Kurzgeschichte „Ein Skandal in Böhmen“, trifft Sherlock Holmes auf Irene Adler, die auch im heutigen London den Männern den Kopf verdreht und mehr will ich jetzt wirklich nicht verraten.
„Die Hunde von Baskerville“ ist die Neuinterpretation von „Der Hund der Baskervilles“ und Autor Mark Gatiss stand vor dem Problem, dass gerade diese Geschichte aus vielen Verfilmungen sehr gut bekannt ist und die Erklärung von Sir Arthur Conan Doyle für den Familienfluch der Baskervilles für einen in der Gegenwart spielenden Film nicht mehr überzeugend ist. Weil aber Verschwörungsgeschichten, so Gatiss, die Geistergeschichten der Gegenwart sind, gibt es in der Nähe des Moores eine Forschungseinrichtung des Militärs und Sherlock Holmes ist, im Gegensatz zum Roman, von Anfang an vor Ort.
In „Der Reichenbachfall“ kommt es dann, wie in der Kurzgeschichte „Das letzte Problem“, zur finalen Konfrontation von Sherlock Holmes und Professor Moriarty, die Holmes nicht überlebt; – wobei Holmes natürlich doch überlebt. Immerhin musste Sir Arthur Conan Doyle Sherlock Holmes auf Wunsch seiner Leser wieder auferstehen lassen. In Guy Ritchies „Sherlock Holmes: Spiel im Schatten“ endet die im viktorianischen England spielende Remmidemmi-Sherlock-Holmes-Version ebenfalls mit dem Sturz von Holmes und Moriarty in den Reichenbachfall und der anschließenden Wiederauferstehung von Holmes.
In dem BBC-Film stürzt Holmes sich von einem Hochhausdach – und wir werden erst mit dem Beginn der dritten Staffel, die bereits bestellt ist, erfahren, wie Holmes dem Tod entging.
Doch vor dem Fall gibt es einen atemberaubenden Thriller, in dem Professor Moriarty behauptet, dass Sherlock Holmes ein Blender, ein Schwindler, sei und er kann es auch beweisen. Holmes muss in „Der Reichenbachfall“ um seine Identität kämpfen.
Auch in den beiden anderen „Sherlock“-Filmen wird Sherlock Holmes‘ Selbstbild auf die Probe stellen. In „Ein Skandal in Belgravia“ muss er sich mit seinem Verhältnis zum anderen Geschlecht und zur Sexualität beschäftigen. Immerhin hat Holmes sich bislang als asexuelle Denkmaschine gesehen, die allen anderen Menschen deshalb überleben ist. In „Die Hunde von Baskerville“ fragt er sich, ob er noch seinem Verstand trauen kann. Denn auch er selbst beginnt an den Hound zu glauben, obwohl es ein solches Wesen nicht geben kann.
Dass die Filme vor Anspielungen auf den gesamten Sherlock-Holmes-Kosmos nur so strotzen, dass die Plots verschachtelt und immer wieder überraschend sind, dass die Filme enorm schnell erzählt sind, dass die Schauspieler hochkarätig sind und dass das Vergnügen viel zu schnell vorbei ist, muss ich wohl nicht extra betonen. Das habe ich ja schon zu den ersten drei spielfilmlangen „Sherlock“-Filmen gesagt.
Und dass die dritte Staffel, natürlich mit dem bewährtem Team, erst 2013 gezeigt wird, muss man wohl als höhere Gewalt akzeptieren. Immerhin sind alle an der Serie Beteiligten gut beschäftigt und auch die nächsten Ermittlungen von Sherlock Holmes und Dr. John Watson sollen ja die Qualität der bisherigen Fälle halten.
Das Bonusmaterial
Als Bonusmaterial gibt es das zwanzigminütige Making-of „Sherlock uncovered“ und zwei hörenswerte Audiokommentare. Für den Audiokommentar zu „Ein Skandal in Belgravia“ versammelten sich Produzentin Sue Vertue, die beiden „Sherlock“-Erfinder Mark Gatiss und Steven Moffat, Sherlock-Holmes-Darsteller Benedict Cumberbatch und Lara Pulver, die Irene Adler spielen durfte, vor dem Mikrofon. Bei dem „Die Hunde von Baskerville“-Audiokommentar sind wieder Sue Vertue, Steven Moffat und Mark Gatiss dabei und Russel Tovey, der Schauspieler von Henry Knight, dem von Wahnvorstellungen geplagten Klienten von Sherlock Holmes, gesellte sich zu ihnen. Dieser Audiokommentar ist für die Holmesianer etwas interessanter, weil Tovey den beiden „Sherlock“-Erfindern viele Fragen zu den Hintergründen der Serie stellt und die beiden Sherlock-Holmes-Fans Gatiss und Moffat viel aus dem Nähkästchen plaudern.
Das ist insgesamt eine unspektakuläre, aber ordentliche Portion an Hintergrundinformationen.
Sherlock – Staffel 2 (Großbritannien 2012)
Erfinder: Steven Moffat, Mark Gatiss
LV: Charakter von Sir Arthur Conan Doyle
mit Benedict Cumberbatch (Sherlock Holmes), Martin Freeman (Dr. John Watson), Una Stubbs (Mrs. Hudson), Rupert Graves (Detective Inspector Lestrade), Mark Gatiss (Mycroft Holmes), Andrew Scott (Moriarty), Lara Pulver (Irene Adler)
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Blu-ray
Polyband
Bild: 16:9 (1,78:1)
Ton: Deutsch, Englisch (DTS-HD Master Audio 5.1)
Untertitel: Deutsch, Englisch
Bonusmaterial: Audiokommentar zu „Ein Skandal in Belgravia“ und „Die Hunde von Baskerville“, Making of „Sherlock uncovered“, 16-seitiges Booklet
Länge: 270 Minuten (3 x 90 Minuten) (2 Blu-rays)
FSK: ab 12 Jahre
(DVD identisch)
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Die Fälle der zweiten „Sherlock“-Staffel
Ein Skandal in Belgravia (A Scandal in Belgravia)
Regie: Paul McGuigan
Drehbuch: Steven Moffat
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Die Hunde von Baskerville (The Hounds of Baskerville)
Regie: Paul McGuigan
Drehbuch: Mark Gatiss
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Der Reichenbachfall (The Reichenbach Fall)
Regie: Toby Haynes
Drehbuch: Steve Thompson
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Hinweise
The Science of Deduction (Homepage von Sherlock Holmes)
Hartswood Film über „Sherlock“
Wikipedia über „Sherlock“ (deutsch, englisch)
Homepage von Sir Arthur Conan Doyle (Erben)
Krimi-Couch über Sir Arthur Conan Doyle
Kirjasto über Sir Arthur Conan Doyle
Wikipedia über Sir Arthur Conan Doyle (deutsch, englisch)
Sherlockian.net (Einstiegsseite mit vielen Links)
Facebook-Seite der deutschen Sherlock-Holmes-Gesellschaft
Thrilling Detective über Sherlock Holmes
Meine Besprechung von Arthur Conan Doyles “Sherlock Holmes Geschichten”, “Sherlock Holmes Kriminalgeschichten” und “The Adventures of Sherlock Holmes” (und hier eine Auflistung der in diesen Werken enthaltenen Geschichten)
Meine Besprechung von Anthony Horowitzs „Das Geheimnis des weißen Bandes“ (The House of Silk, 2011)
Meine Besprechung von „Sherlock: Ein Fall von Pink“ (A Study in Pink, GB 2010)
Meine Besprechung von „Sherlock: Eine Legende kehrt zurück – Staffel 1“ (Sherlock, GB 2010)
Meine Besprechung von “Sherlock: Ein Skandal in Belgravia” (A Scandal in Belgravia, GB 2012)
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