Wer mit „Kick-Ass“, der grandiosen und sehr respektlosen Liebeserklärung an die Superhelden, nichts anfangen konnte, sollte um „Kick-Ass 2“ einen großen Bogen machen. Denn der Film und der ihm zugrunde liegende Comic „Kick-Ass 2“ von Autor Mark Millar und Zeichner John S. Romita, Jr., ergänzt um etliche Szenen aus „Hit-Girl“ (die im Comic eine Elfjährige, im Film eine Fünfzehnjährige, ist) ist brutal, oft vulgär, zynisch, schwarzhumorig und nie wirklich jugendfrei. Deshalb ist „Kick-Ass 2“ auch „frei ab 18 Jahre“ und er hat sich diese Freigabe ehrlich verdient.
Nach dem Ende von „Kick-Ass“ ist Frank D’Amico (Mark Strong) tot. Kick-Ass (Aaron Taylor-Johnson), ein Möchtegern-Superheld mit dem Talent, sich verprügeln zu lassen, und Hit-Girl (Chloë Grace Moretz), ein Mädchen, das lässig ganze Legionen böser Jungs verprügelt und tötet, töteten den Mafia-Boss D’Amico und seine Männer. Dabei starb Hit-Girls Vater Big Daddy (Nicholas Cage in einem seiner besten Leinwandauftritte der vergangenen Jahre).
Hit-Girl Mindy McCready lebt jetzt bei Detective Marcus Williams (Morris Chestnut), der mit ihrem Vater befreundet war, und besucht die Schule. Eine für sie fremde Welt. Denn anstatt ihrer Bestimmung folgend, Verbrecher zu vermöbeln, muss sie jetzt Soap-Operas gucken und sich für Justin Bieber begeistern.
Aber die meiste Zeit schwänzt sie die Schule (Keine Panik. Sie hat den Schulcomputer gehackt und ist deshalb auf dem Papier immer anwesend.) und bildet Kick-Ass Dave Lizewski aus. Denn Daves Ambitionen sind größer als seine kämpferischen Fähigkeiten.
Als Marcus herausbekommt, dass Mindy nicht zur Schule geht, muss sie ihm versprechen, zur Schule zu gehen. Weil Big-Daddy sie erzogen hat, gegebene Versprechen zu halten, hält sie sich auch daran.
Dave, der schon immer davon träumte, zu einem Team von Superhelden zu gehören, schließt sich Colonel Stars and Stripes (Jim Carrey) an. Der zum Gläubigen konvertierte Gangster hat die Gruppe „Justice Forever“ gegründet. Gemeinsam gehen sie mit ziemlich drastischen Methoden gegen Gangster vor. Meistens patrouillieren sie allerdings, wie eine Bürgerwehr in kindischen Verkleidungen, durch die Straßen, geben Autogramme und helfen in der Suppenküche aus.
Währenddessen will Chris D’Amico (Christopher Mintz-Plasse), der Sohn von Frank D’Amico und der in „Kick-Ass“ Red Mist war, seinen Vater rächen. Nach dem Tod seiner Mutter entdeckt er eine Ledermontur in ihrem Nachlass, zieht sie an und nennt sich jetzt „The Motherfucker“. Weil seine verbrecherischen Fähigkeiten proportional zu seinen Ambitionen sind, kauft er sich eine Bande von Schlägern ein, die ihm bei seiner Mission helfen sollen. Seine beste Waffe ist „Mother Russia“, wie er eine muskelbepackte Ex-KGB-Agentin nennt und deren Spitznamen man nicht mit „Mütterchen Russland“ übersetzen sollte. Sie ist die böse Schwester, die Ivan Drago (Dolph Lundgren) vor dem Frühstück vermöbelt und dann – vielleicht – verspeist.
Der große Spaß an „Kick-Ass 2“, in dem er auch um das Erwachsen-Werden geht, ist, dass Mark Millar, John Romita, Jr. und Jeff Wadlow jedes Superhelden-Klischee nehmen und es vom Kopf auf die Füße stellen, einem Realitätscheck unterziehen, die Superheldenmythologie kräftig entstauben und dann doch wieder – irgendwie – bestätigen. Aber halt auf eine zynisch-schwarzhumorige, pathosfreie Art.
Zur Vorlage oder Die gezeichneten Abenteuer von Kick-Ass und Hit-Girl
Der Film folgt ziemlich genau, bis auf das Finale, der Comicvorlage „Kick-Ass 2“, ergänzt um große Teile aus „Hit-Girl“, wobei im Film Hit-Girl älter als in den Vorlagen ist, weil die Hauptdarstellerin älter wurde. Die Namen einiger Charaktere wurden geändert. So wurde aus Chris Genovese Chris D’Amico. Naja, eine alte Hollywood-Weisheit sagt: „You can always change the name.“
Und der gesamte Film spielt mit Insider-Gags, Zeichen und Insignien, die das Herz des Fans erfreuen, ohne die Geschichte zu stören oder allzu besserwisserisch rüberzukommen. So hängt Daves Vater in einer Szene ein Plakat auf, während er ihm etwas von Verantwortung und den Unterschieden zwischen Comics und dem echten Leben erzählt. Auf dem Plakat ist das Cover von Mark Millar/Leinil Yus „Superior“ abgebildet. In diesem Comic möchte der an MS erkrankte Simon gerne ein Superheld sein. Ormon erfüllt ihm diesen Wunsch. Aber nach einer Woche hätte er gerne seine Seele, sonst wird Superior wieder der kranke Junge. Millar erzählt seine Version von der Verführbarkeit des Einzelnen in seinem typischen Stil – und gleichzeitig liefert er eine Liebeserklärung an Superman, der Simon für Superior als Vorbild diente.
Mark Millar und Leinil Yu widmeten „Superior“ Christopher Reeve und Richard Donner.
Die Comics sind genauso lesenswert wie „Kick-Ass 2“ sehenswert ist. Jedenfalls wenn man auf diese Art von Humor steht.
Kick-Ass 2 (Kick-Ass 2, USA 2013
Regie: Jeff Wadlow
Drehbuch: Jeff Wadlow
LV: Mark Millar/John S. Romita Jr.: Kick-Ass 2, 2010/2012 (Kick-Ass 2)
mit Aaron Taylor-Johnson, Chloë Grace Moretz, Morris Chestnut, Christopher Mintz-Plasse, Jim Carrey, Yancy Butler, John Leguizamo, Clark Duke, Augustus Prew, Lyndsy Fonseca, Donald Faison, Lindy Booth, Robert Emms, Monica Dolan, Steven Mackintosh, Olga Kurkulina, Daniel Kaluuya, Tom Wu, Andy Nyman, Iain Glen
Länge: 103 Minuten
FSK: ab 18 Jahre
–
Die direkte Vorlage für den Film und damit zusammenhängende Werke von Mark Millar
Mark Millar/John Romita, Jr.: Kick-Ass 2 (Band 1)
(übersetzt von Bernd Kronsbein)
Panini, 2012
108 Seiten
12,95 Euro
–
Originalausgabe
Kick-Ass 2 – Issue 1 – 4
Icon Comics, Dezember 2010 – November 2011
–
Mark Millar/John Romita, Jr.: Kick-Ass 2 (Band 2)
(übersetzt von Bernd Kronsbein)
Panini, 2012
100 Seiten
12,95 Euro
–
Originalausgabe
Kick-Ass 2 – Issue 5 – 7
Icon Comics, Januar – Mai 2012
–
Die beiden „Kick-Ass 2“-Einzelbände erschienen auch Sammelband.
–
Mark Millar/John Romita, Jr.: Hit-Girl – Kick-Ass 2: Die Vorgeschichte
(übersetzt von Bernd Kronsbein)
Panini, 2013
124 Seiten
14,95 Euro
–
Originalausgabe
Hit-Girl, Issue 1 – 5
Icon Comics, August 2012 – April 2013
–
Mark Millar/Leinil Yu: Superior – Band 2
(übersetzt von Bernd Kronsbein)
Panini, 2012
100 Seiten
12,95 Euro
–
Originalausgabe
Superior, Issue 5 – 7
Icon Comics, Dezember 2011 – März 2012
–
Hinweise
Amerikanische Homepage zum Film
Rotten Tomatoes über „Kick-Ass 2“
Wikipedia über „Kick-Ass 2“ (deutsch, englisch)
Meine Besprechung von Mark Millar/Steve McNivens „Nemesis“ (Nemesis, 2010/2011)
Meine Besprechung von Mark Millar/Grant Morrisons “Vampirella: Heiliger Krieg (Master Series 1)”
–
Die Charakterposter
Ein brandneues Interview mit Jeff Wadlow und Christopher Mintz-Plasse