Neu im Kino/Filmkritik: „White House Down“ oder Weißes Haus zertrümmern, die Zweite

 

Mit „White House Down“ und „Olympus has fallen“ starteten innerhalb weniger Wochen zwei Spielfilme, die von bekannten Regisseuren mit einem hochkarätigem Ensemble inszeniert wurden und letztendlich, mit minimalen Variationen die gleiche Geschichte erzählen. Denn beide Male wird das Weiße Haus von Terroristen besetzt und ein Mann erledigt die Terroristen im Alleingang. Das ist „Stirb langsam“ im Weißen Haus. Nur unwahrscheinlicher. Beide Male, wenn man die Prämisse akzeptiert, unterhaltsam und welche Version einem besser gefällt, ist eine Frage der persönlichen Vorlieben. Also welche Schauspieler einem besser gefallen, ob man es lieber etwas kürzer und blutig („Olympus has fallen“) oder etwas länger und jugendfrei hat („White House Down“).

Wobei dies ein Problem von Roland Emmerichs Film ist. Denn obwohl in „White House Down“ wild um sich geschossen wird und das Mobiliar fotogen zerstört wird, treffen die Bösewichter nur die Couch, aber nicht den sich dahinter versteckenden Mann und Blut fließt bei diesem Massaker auch nicht.

Channing Tatum spielt in „White House Down“ John Cale (nicht zu verwechseln mit dem Musiker, eher schon mit John McClane), der unbedingt Leibwächter des US-Präsidenten James Sawyer (Jamie Foxx als James Stewart meets Tom Sawyer) werden möchte. Dummerweise entspricht sein Lebenslauf nicht den Anforderungen des Secret Service, wie ihm Carol Finnerty (Maggie Gyllenhaal) im Vorstellungsgespräch unmissverständlich sagt. Sie ist auch eine Ex-Freundin von ihm – und hier zeigt sich, dass Cale sich wohl arg schlampig auf das Gespräch vorbereitet hat.

Während der geschiedene Vater Cale anschließend mit seiner naseweisen Tochter Emily (Joey King), ein wahrer Polit-Junkie, eine Führung durch das Weiße Haus mitmacht, wird das Gebäude von Terroristen besetzt. Angeführt werden sie von Emil Stenz (Jason Clarke) und Secret-Service-Chef Martin Walker (James Woods), der seinen letzten Arbeitstag denkwürdig gestalten will.

Cale versucht jetzt, streng nach „Stirb langsam“-Drehbuch, aber ohne Schimpfworte, die Geisel, seine Tochter und den Präsidenten zu retten.

Als erstes fällt bei James Vanderbilts Drehbuch, der Mann schrieb immerhin das Buch für David Finchers „Zodiac“, auf, dass mit den länglichen, formelhaften und dialoglastigen Einführungen der Charaktere viel zu viel Zeit vergeht, bis die Terroristen nach einer halben Stunde das Weiße Haus besetzten. Da hätte man ruhig einiges kürzen können.

Während der Geiselnahme fällt immer wieder auf, dass Vanderbilt fast schon ängstlich wirkliche Konflikte vermeidet. Cale trifft zwar immer wieder auf die Bösewichter. Es gibt Kämpfe. Es gibt Action. Es gibt Spannung. Aber es ist immer nur die oberflächliche Spannung von Guten, die gegen die Bösen mit Fäusten und Schusswaffen kämpfen. Als in einer Szene der Anführer der Terroristen die Tochter von Cale erschießen will, wenn Cale ihm nicht den Präsidenten übergibt, ergibt dieser sich sofort freiwillig – und Cale muss sich nicht entscheiden, ob ihm seine Tochter oder der Präsident wichtiger ist. Er muss keine Idee haben, um die Situation zu entschärfen. Hier wurde ohne Not eine potentiell grandiose Szene verschenkt, in der sich sein Charakter hätte zeigen können.

Der Grund für die Besetzung des Weißen Hauses und der damit kolportierte politische Hintergrund (es geht um irgendwelche multilateralen Friedensverhandlungen und einen im Auslandseinsatz gefallenen Sohn) ist nicht mehr als ein MacGuffin, der noch nicht einmal besonders originell ist. Denn während die „White House Macher“ teilweise fast schon stolz darauf hinweisen, dass bei ihnen die Bösewichter keine Asiaten oder Islamisten, sondern weiße Amerikaner sind, die nicht mit der Politik des Präsidenten einverstanden sind, ist das für Fans der TV-Serie „24“ ein verdächtig vertrauter Topoi, inclusive der Verbindung mit dem Militärisch-Industriellen Komplex. Und spätestens seit „The Sentinel – Wem kannst du trauen?“ (USA 2006, R.: Clark Johnson, nach dem Roman von Gerald Petievich) wissen wir auch, dass man den Leibwächtern des Präsidenten nicht immer trauen kann.

Auch afroamerikanische Präsidenten sind spätestens seit „24“ kein Aufreger mehr. Dennis Haysbert war, neben Morgan Freeman, der in „Olympus has fallen“ den Ersatzpräsidenten spielt, eine überzeugende Verkörperung eines Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika. Das waren – dank der Drehbuchautoren – kluge Männer.

In „White House Down“ tritt Jamie Foxx in ihre Fußstapfen und sie sind zu groß für ihn. Denn hier wird der Präsident zu einer Lachnummer mit verquältem Buddy-Humor.

Einen solchen Buddy-Humor hätte sich „Olympus has fallen“-Präsident Aaron Eckhart verbeten.

Auch Maggie Gyllenhaal und Richard Jenkins, der in der Krisensituation das Amt des Präsidenten übernehmen muss, sind blasser als ihre „Olympus has fallen“-Verkörperungen. Jenkins hat einfach das schlechtere Drehbuchmaterial als Morgan Freeman. Und Maggie Gyllenhaal hat dann doch nicht die Statur von Angela Bassett als Chef des Secret Service.

Die Tricks bei der Zerstörung des Weißen Hauses und umliegender Gebäude sind in „White House Down“ nicht besser als in „Olympus has fallen“. Dabei hat Emmerichs Film das deutlich größere Budget.

Patriotisch sind beide Filme. Aber das kommt jetzt nicht wirklich überraschend.

Trotzdem habe ich mich auch bei „White House Down“ nicht gelangweilt. „Olympus has fallen“ hat mir etwas besser gefallen, weil die Schauspieler präsenter sind, es keinen falschen Buddy-Humor gibt und er etwas kraftvoller ist. Aber „White House Down“ ist ordentliches Blockbuster-Kino mit Action, Humor, einer, nach Blockbuster-Standard, schlüssigen Geschichte und Jason Clarke und James Woods als Bösewichter. Das ist viel mehr als einige andere Blockbuster in diesem Sommer hatten.

White House Down - Plakat

White House Down (White House Down, USA 2013)

Regie: Roland Emmerich

Drehbuch: James Vanderbilt

mit Channing Tatum, Jamie Foxx, Maggie Gyllenhaal, Jason Clarke, Richard Jenkins, James Woods, Joey King

Länge: 131 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „White House Down“

Moviepilot über „White Hose Down“

Metacritic über „White House Down“

Rotten Tomatoes über „White House Down“

Wikipedia über „White House Down“ (deutsch, englisch)

 

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