Die erste Chronik der „Lachnummer BER“

During - Lachnummer BER - 2

Eine Sache hat – so sieht es jedenfalls im Moment noch aus – bei unserem neuen Hauptstadtflughafen geklappt: die Korruptionsbekämpfung. Vor Baubeginn schloss die Bauherrengesellschaft Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH (FBS) einen Integritätspakt mit Transparency International ab, der anscheinend wirklich dazu führte, dass es bei der Vergabe und dem Bau keine Korruption gab.

Dafür wurde, wenig erstaunlich, von bei Ausschreibungen unterlegenen Firmen emsig geklagt; ebenso von Anwohnern. Die klagten gegen den ungünstigen Standort, den Nachtflug, den Lärm und die nachträgliche Veränderung der Flugrouten, die dazu führte, dass Anwohner und Gemeinden, die vorher nicht vom Fluglärm betroffen waren, dann doch betroffen waren. Dafür waren dann andere Gemeinden nicht mehr oder erheblich weniger von Fluglärm betroffen.

Abgesehen davon ging ungefähr alles bei dem von den Bundesländern Berlin und Brandenburg und dem Bund finanzierten und beaufsichtigten Flughafenbau schief, der immer noch im Bau ist und, nachdem er schon 2010, 2011, 2012 und 2013 (wobei diese Termine niemand in Berlin und Brandenburg mehr ernst nahm) eröffnen sollte und im Moment keinen Eröffnungstermin hat. Aber die gut informierten Kreise spekulieren auf allerfrühestens 2015. Da wird es dann auch irgendeine Eröffnung geben, weil im Frühjahr 2015 die Baugenehmigung abläuft. Dann begänne das gesamte Genehmigungsverfahren von vorne. Mit ungewissem Ausgang.

Die weniger gut informierten Kreise, also der normale großmäulige Berliner Pöbel, hält spätere Termine für viel wahrscheinlicher und spottet, dass niemand die Absicht habe, einen Flughafen zu eröffnen.

Selbstverständlich stiegen seitdem die Kosten. Derzeit gibt es keine seriöse Prognose über die endgültigen Kosten.

In dieser Situation, in der wirklich noch kein Ende abzusehen ist, schrieb der berliner Flugverkehrjournalist Rainer W. During sein Sachbuch „Lachnummer BER – Das Debakel um den Hauptstadtflughafen: Eine Chronik“, das deshalb auch nicht mehr als eine vorläufige Bestandsaufnahme sein kann.

Er zeichnet den Weg von den ersten Planungen, die es schon in den späten achtziger Jahren zu Vorwendezeiten gab, bis zur Gegenwart nach. Dabei geht er strickt chronologisch vor, verzichtet auf Schuldzuweisungen und damit verbundenen tiefergehenden Analysen. Zum Beispiel ob die Konstruktion der Bauherrengesellschaft und des Aufsichtsrates zu einer organisierten Unveranwortlichkeit führten.

Das wäre natürlich der spannende Teil gewesen, aber die nackte Chronik genügt schon, um das gigantische Versagen von Politikern und Planern aufzuzeigen. Immerhin vergisst man so schnell so unglaublich viele Details und, wer nicht in Berlin oder Brandenburg lebt, hat wahrscheinlich noch nicht einmal die zahlreichen Streitigkeiten und Probleme mitbekommen. Deshalb wären eine Kurzchronik mit den wichtigsten Eckdaten, ein Personenverzeichnis (so wie früher in den alten rororo-Kriminalromanen), einige Grafiken, zum Beispiel zum Fluggastaufkommen und den Flugrouten und ein Verzeichnis mit weiterführenden Links hilfreich gewesen.

Insgesamt ist der Zwischenbericht ein lesenswertes Buch, dem sicher noch weitere Bücher folgen werden. Schon jetzt liegen die Erlebnisberichte „Black Box BER“ vom Flughafenarchitekten Meinhard von Gerkan (dessen Firma auch Generalplaner war und dem, nachdem die Eröffnung am 3. Juni 2012 kurzfristig abgesagt wurde, fristlos gekündigt wurde) und „Der Hauptstadtflughafen: Politik und Missmanagement. Ein Insider berichtet“ von Controller Matthias Roth vor.

Ergänzend kann man sich ja schon einmal in den von verschiedenen Untersuchungsausschüssen in den vergangenen Jahren erstellten Untersuchungsberichten austoben und die Arbeit des aktuellen Untersuchungsausschusses im Berliner Abgeordnetenhaus verfolgen.

Denn die Geschichte ist noch lange nicht zu Ende und mit Überraschungen ist zu rechnen.

Rainer W. During: Lachnummer BER – Das Debakel um den Hauptstadtflughafen: Eine Chronik

Rotbuch, 2013

240 Seiten

14,99 Euro

Hinweise

Wikipedia über den Flughafen

Abgeordnetenhaus Berlin: Unterseite des Untersuchungsausschusses (steht eigentlich nur das Programm)

Piratenpartei/Fraktion im Abgeordnetenhaus: Seite zum BER (groß gestartet, erscheint mir jetzt etwas verwaist. Naja, wie der BER)

Eine Liste der Bürgerinitiativen, die sich mit dem BER beschäftigen

und, last but least: die BER-Flughafen-Homepage (alles so schön bunt hier)

One Response to Die erste Chronik der „Lachnummer BER“

  1. […] NEUES BUCH ZUM BER Rainer W. During: Lachnummer BER – Das Debakel um den Hauptstadtflughafen: Eine Chronik Rotbuch, 2013 | 240 Seiten | 14,99 Euro https://kriminalakte.wordpress.com/2013/10/08/die-erste-chronik-der-lachnummer-ber/ […]

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