Sebastian Bergman ist ein richtiger Stinkstiefel, der gleich in den ersten Minuten von „Der Mann, der kein Mörder war“ in einem Hörsaal eine Reihe Polizisten und Polizeischüler kräftig beleidigt und die Lektüre seiner Bücher empfiehlt. Der angekündigte Vortrag entfällt.
Kurz darauf mischt er sich mit der Energie des Verzweifelten – er verlor während des Tsunamis 2004 in Thailand Frau und Kind – in polizeiliche Ermittlungen ein und bedrängt den ihm von früher bekannten Ermittlungsleiter Torkel Höglund, ihn als Profiler bei den Ermittlungen an einem Schülermord hinzuzuziehen. Denn – wir vermuten es schon nach dem Titel – der Tatverdächtige ist nicht der Mörder.
Sebastian Bergman ist eine Erfindung der Krimiautoren Michael Hjorth und Hans Rosenfeldt, die auch die Drehbücher für die Verfilmungen schrieben, die ungefähr zeitgleich mit den ersten beiden Romanen entstanden, die jetzt auf DVD vorliegen und bei deren Entwicklung Bergman-Darsteller Rolf Lassgård (auch bekannt als Kommissar Wallander) mithalf. Der dritte Bergman-Roman ist bereits verfilmt, der vierte wird gerade verfilmt und beide Verfilmungen sollen nächstes Jahr im ZDF gezeigt werden.
Die deutschen Ausgaben der dicken Romane „Der Mann, der kein Mörder war“, „Die Frauen, die er kannte“ und „Die Toten, die niemand vermisst“ erschienen bei Rowohlt Polaris.
Im zweiten Bergman-Krimi „Die Frauen, die er kannte“ steht Sebastian Bergmans Leben stärker im Mittelpunkt. Denn ein Frauenmörder kopiert die Morde von Edward, einem gut abgesichert in der Psychiatrie sitzendem Serienmörder, den Bergman überführte und über den er zwei Bestseller schrieb. Aber es kommt noch schlimmer: der Nachahmungstäter bringt Bergmans letztes Bettabenteuer um und auch bei den anderen Opfern gibt es Verbindungen zu den Frauen, die Bergman kannte. Bergman ist, wie Stieg Larssons Mikael Blomkvist, ein echter Womanizer, der mehr Affären als ein Playboy hat und der James Bond als ziemlichen Kostverächter erscheinen lässt. Und, weil der Mörder erstens viel über Bergman weiß und zweitens weitermorden wird, erstellt Bergman schon einmal eine Liste der möglichen Opfer, auf die auch seine beiden Arbeitskolleginnen gehören. Die eine, weil er mit ihr im Bett war. Die andere, weil sie – ohne es zu wissen – seine Tochter ist.
Beide TV-Filme sind okaye Krimiunterhaltung, ohne besonders eigenständig zu sein. Dafür ist Sebastian Bergman zu sehr eine „Cracker“-Kopie für Arme. Ein Vergleich, der sich schon bei seinem Auftritt in einem Hörsaal aufdrängt. Während Bergman wie ein Betrunkener vor sich hin faselt, schleudert Eddie ‚Fitz‘ Fitzgerald (Robbie Coltrane) die Werke von philosophische Größen durch die Luft. Das war und ist ein denkwürdiger erster Auftritt eines Filmcharakters. Dagegen ist Bergman nur ein langweiliger Misantroph aus dem Krimibaukasten für Antihelden.
Während „Der Mann, der kein Mörder war“ ein klassischer Rätselkrimi ist, geht „Die Frauen, die er kannte“ in Richtung Thriller und erinnert dabei immer wieder an die vielen Vorbilder. Vor allem natürlich Hannibal Lector.
Aber dafür ist der Film von Michael Hjorth ruhiger aufgenommen als „Der Mann, der kein Mörder war“. In dem Krimi lässt Daniel Espinosa, wie in seinem Hollywood-Debüt „Safe House“, die Kamera pseudodokumentarisch wackeln, als gäbe es kein Morgen und es wird geschnitten, als sollte eine Konfettiparade vorbereitet werden. Das lenkt dann ziemlich erfolgreich von der gar nicht so schlechten Geschichte ab.
Sebastian Bergman – Spuren des Todes I (Schweden/Deutschland 2010)
mit Rolf Lassgård (Sebastian Bergman), Gunnel Fred (Ursula Andersson), Tomas Laustiola (Torkel Höglund), Moa Silén (Vanja Lithner), Christopher Wagelin (Billy Rosén)
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Die ersten Spurenanalysen
Der Mann, der kein Mörder war (Den fördömde 1)
Regie: Daniel Espinosa
Drehbuch: Michael Hjorth, Hans Rosenfeldt
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Die Frauen, die er kannte (Den fördömde 2)
Regie: Michael Hjorth
Drehbuch: Michael Hjorth, Hans Rosenfeldt
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DVD
Edel
Bild: 1,78:1 (16:9)
Ton: Deutsch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: –
Bonusmaterial: –
Länge: 175 Minuten (2 DVDs)
FSK: ab 16 Jahre
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Der dritte gewohnt seitenstarke Sebastian-Bergman-Fall erschien kürzlich
Michael Hjorth & Hans Rosenfeldt: Die Toten, die niemand vermisst
(übersetzt von Ursel Allenstein)
Rowohlt Polaris, 2013
624 Seiten
14,99 Euro
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Originalausgabe
Fjällgraven
Norsteds Förlagsgrupp AB, Stockholm 2012
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Hinweis
Krimi-Couch über Hjorth & Rosenfeldt