Beginnen wir mit einigen wichtigen Informationen über diesen Horrorfilm:
Die Kinofassung ist uncut. Die DVD/Blu-ray-Fassung wurde um drei Minuten gekürzt und ist ebenfalls ab 18 Jahre freigegeben. Eine ungekürzte Fassung, über die sonst noch nichts bekannt ist, soll im ersten Quartal 2023 als UHD/BD-Mediabook erscheinen.
Damit ist klar, dass „Terrifier 2“ kein Film für Zartbesaitete ist.
Der Verleih hypt das Werk zum „Skandalfilm des Jahres“.
Nun ja. Die große Zeit der Skandalfilme, in denen Filme für wochen- oder sogar monatelange erregte Diskussionen sorgten, ist schon lange vorbei. Außerdem hat „Terrifier 2“ bislang keine mir bekannte Diskussion entfacht. Weder um den Inhalt, noch um die beachtliche Brutalität des Gezeigten. Darüber wurde zuletzt ausführlich in den achtziger Jahren diskutiert, als Videocassetten die Wohnzimmer eroberten und Horror-, Zombie- und Sexfilme plötzlich von Minderjährigen ohne irgendeine Kontrolle durch Erwachsene gesehen werden konnten. In Großbritannien war das die Zeit der „Video Nasties“, in Deutschland wurden brutale Horrorfilme indiziert und es gab erregte Diskussionen über die Menschenwürde von Zombies; also ob das Zeigen der Enthauptung eines Zombies mit dem Zeigen der Enthauptung eines Menschen vergleichbar ist.
Diese Zeiten sind lange vorbei. Daran ändert auch ‚Art, the Clown‘ nichts. Er mordet sich höchst blutig durch Halloween. Damien Leone zeigt das, wieder einmal, mit großer Liebe zu handgemachten Effekten und zum Horrorkino der siebziger und achtziger Jahre. Wenn in „Terrifier 2“ nicht ab und an ein Smartphone im Bild wäre, könnte man glauben, der Film sei vor vierzig Jahren entstanden, als die Nacht im Neonlicht erstrahlte und Synthesizer der letzte Schrei waren. John Carpenter popularisierte sie für den Horrorfilm. In „Terrifier 2“ sind sie wieder zu hören.
Die Story, die Damien Leone für seinen neuesten Film schrieb, ist vernachlässigbar. Ein Jahr nach den Ereignissen von „Terrifier“ ist Art, der Clown in Miles County ein urbaner Mythos. An Halloween habe die einen Angst vor seiner Rückkehr und einer weiteren leichengesättigten Nacht. Die anderen verkleiden sich als Art. Deshalb erschrecken einige seiner Opfer in Miles County nicht, als sie ihm begegnen.
Einige seiner potentiellen Opfer, vor allem Sienna Shaw und ihr jüngerer Bruder Jonathan, werden ausführlicher vorgestellt. Aber letztendlich geht es nur darum, dass Art, der Clown sich durch die Stadt mordet. Möglichst blutig. Gerne mit einem Messer. Aber er nimmt auch alle anderen Gegenstände, die sich als Hieb- oder Stichwaffe eignen.
„Terrifier 2“ ist der vierte Auftritt dieses Horrorclowns. Seinen ersten Auftritt hatte er 2008 als Nebenfigur in Damien Leones Kurzfilm „The 9th Circle“. 2011 folgte der Kurzfilm „Terrifier“. Beide Kurzfilme verwendete Leone in seinem Spielfilmdebüt „All Hallow’s Eve“ (2013).
2016 inszenierte er den Spielfilm „Terrifier“, der fast vollständig im Keller eines verlassenen, heruntergekommenen Mietshauses spielt und mit einem kaum vorhandenem Budget gedreht wurde. Nämlich angeblich 35.000 US-Dollar. Für „Terrifier 2“ hat er jetzt 250.000 US-Dollar. Das ist immer noch so gut wie nichts, aber es erlaubt Leone, die Handlung an mehreren Orten spielen zu lassen. Besonders wichtig sind ein Fernsehstudio, das es so wohl nur in der Fantasie gibt, das Haus der Familie Shaw, eine Schule, in der Jonathan den Clown mit einem ähnlich gekleideten weiblichem Clown sieht, ein Laden, in dem Halloween-Verkleidungen verkauft werden, ein Club, in dem eine Halloween-Party stattfindet, und ein verlassener Vergnügungspark, in dem das Finale spielt. Bis dahin begeht der Clown mehr Morde als im ersten Film. Auch die Laufzeit ist länger. „Terrifier“ war 85 Minuten; „Terrifier 2“ ist epische 138 Minuten. Trotzdem vergeht die Zeit recht schnell. Nur das Finale ist etwas lang geraten. Art, der Clown darf wieder und wieder auferstehen und weiter gegen Sienna kämpfen, die ihn so oft tötet, dass ich irgendwann mit dem Zählen aufhörte.
Art, der Clown ist ein Bösewicht, den man nicht so leicht vergisst. Er tritt immer in einem schwarz-weißem Phantomimenkostüm auf. Er trägt einen neckischen kleinen Hut. Er hat eine grotesk lange Nase. Sein Gesicht ist unter der Maske nicht zu erkennen. Wo sein Mund ist, ist ein Grinsen. Er bewegt sich äußerst elegant, leichtfüßig und oft tänzelnd durch die Stadt. Er hat immer etwas verspieltes. Seine Taten sind brutal, aber seine Bewegungen, Gesten und Mimik verleihen ihnen immer eine witzige Note, irgendwo zwischen unschuldig kindlichem und tiefschwarzem Humor. David Howard Thornton, der ihn schon im ersten „Terrifier“-Spielfilm spielte, hat Erfahrung als Phantomime und dieses Wissen setzt er hier ein, um die Grausamkeit der Taten zu mindern und dem Clown eine menschliche Note zu verleihen.
Eben diese Verbindung aus unschuldiger, Kinder zum Lachen bringender Phantomime und grausamen Morden macht Art, den Clown zu einem erinnerungswürdigem Filmbösewicht, der selbstverständlich zurückkehren wird.
Insgesamt ist „Terrifer 2“ in jeder Beziehung besser als sein Vorgänger. Und damit ein Fest für Fans des gut abgehangenen Splatterfilms, die auf die Frage „Mehr oder weniger Blut?“ immer mit „Mehr spritzendes Blut ist immer gut.“ antworten.
Alle, die mehr oder etwas anderes von einem Film erwarten, können getrost auf diesen Horrorfilm verzichten.
Terrifier 2 (Terrifier 2, USA 2022)
Regie: Damien Leone
Drehbuch: Damien Leone
mit David Howard Thornton, Lauren LaVera, Jenna Kannell, Catherine Corcoran, Kailey Hyman, Samantha Scaffidi, Katie Maguire
Länge: 138 Minuten
FSK: ab 18 Jahre
–
Hinweise