TV-Tipp für den 15. November: Der Fuchs

November 14, 2024

Arte, 20.15

Der Fuchs (Deutschland/Österreich 2022)

Regie: Adrian Goiginger

Drehbuch: Adrian Goiginger

TV-Premiere. In seinem dritten Spielfilm erzählt Adrian Goiginger die Geschichte seines Urgroßvaters Franz Streitberger. Dieser ist ein wortkarger Einzelgänger, der sich 1937 mit seiner Volljährigkeit beim österreichischen Bundesheer einschreibt und nach dem Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland Mitglied der Wehrmacht wird. Während des Zweiten Weltkriegs entdeckt er an der Westfront ein Fuchswelpen. Das Tier wird sein ständiger Begleiter.

Gut inszeniertes, aber auch arg spannungsfrei vor sich hin plätscherndes Biopic. Wahrscheinlich wäre ein Erinnerungsbuch die bessere Alternative gewesen.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Simon Morzé, Marko Kerezovic, Joseph Stoisits, Pit Bukowski, Maximilian Echtinger, Joshua Bader, Stanislaus Steinbichler, Alexander Beyer, Karl Markovics

Hinweise

Filmportal über „Der Fuchs“

Moviepilot über „Der Fuchs“

Wikipedia über „Der Fuchs“

Meine Besprechung von Adrian Goigingers „Die beste aller Welten“ (Österreich/Deutschland 2017)

Meine Besprechung von Adrian Goigingers „Märzengrund“ (Österreich/Deutschland 2022)

Meine Besprechung von Adrian Goigingers „Der Fuchs“ (Deutschland/Österreich 2022)

Meine Besprechung von Adrian Goigingers „Rickerl – Musik is höchstens a Hobby“ (Österreich/Deutschland 2023)


Neu im Kino/Filmkritik: Über die Charakterstudie „Rickerl – Musik is höchstens a Hobby“

Februar 1, 2024

Zwischen den Musicals „Mean Girls – Der Girls Club“ (letzte Woche) und „Die Farbe Lila“ (nächste Woche) und zwei Wochen vor dem Biopic „Bob Marley: One Love“ kommt diese Woche ein Musikfilm ins Kino, der eine Liebeserklärung an den Austropop und die Welt der verrauchten Tschocherl ist.

Im Mittelpunkt steht der Musiker Erich ‚Rickerl‘ Bohacek. Verkörpert wird er von Voodoo Jürgens, einem Vertreter der neuen Generation des Austropops, der in dem Film einige seiner Lieder ungeschnitten auf der Akustik-Gitarre präsentiert. Bei uns sind ja immer noch die Begründer Wolfgang Ambros, Georg Danzer, Reinhard Fendrich, Ludwig Hirsch und STS die bekanntesten und für Adrian Goigingers Film in verschiedenen Schattierungen wichtigsten Vertreter des Austropops.

Rickerl hat immer seine Gitarre und seine handgeschriebenen Texte dabei. Es sind schwarzhumorige Alltagsbeobachtungen über die Menschen, die er kennt und liebt. Er schreibt, von unüberhörbarer Sympathie getragen, von den Gescheiterten, den Randexistenzen, den Spinnern, den Verpeilten, den Jungen und den Alten, die alle im Kapitalismus nicht richtig funktionieren, weil sie lieber in der Beisln rauchen, trinken und reden.

Rickerl will zwar von seiner Musik leben. Er ist talentiert. Er hat auch einen Manager, der gerne einige seiner Songs aufnehmen würde, aber er ist unfähig, seine Karriere sorgfältig zu planen. Er kann noch nicht einmal einen der vielen Aushilfsjob, die ihm vom Amt mit milder Verzweifelung angeboten werde, länger behalten. Zu einem Gespräch mit einer Journalistin, die in seiner Beisl auftaucht, muss er gezwungen werden. Als sie ihn in ihre Radiosendung einlädt, kehrt er vor der Tür des Senders um und verbringt lieber den Tag mit seinem Sohn am See.

Seine Wohnung scheint zu sagen „Verwahrlost aber frei“ (Ambros). Ein Smartphone besitzt er nicht. Auch keinen Computer. Mit seinem Sohn, dem sechsjährigen Dominik, versteht er sich gut. Mit seiner Ex-Freundin Viki, die auch Dominiks Mutter ist, weniger. Sie hat inzwischen einen neuen Freund, den sie auch heiraten will. Für Rickerl ist ihr neuer nur ein ‚gstopfter Piefke‘.

Adrian Goiginger setzt diesem Musiker, seiner Musik und dem in ihr porträtierten Milieu ein Denkmal. „Rickerl – Musik is höchstens a Hobby“ ist ein liebevolles Porträt einer sich im Verschwinden befindenden Welt, die es so vielleicht nie gegeben hat, die aber höchst heimilig und liebenswert ist.

Rickerl – Musik is höchstens a Hobby (Österreich/Deutschland 2023)

Regie: Adrian Goiginger

Drehbuch: Adrian Goiginger

Musik: Voodoo Jürgens

mit Voodoo Jürgens, Ben Winkler, Agnes Hausmann, Claudius von Stolzmann, Rudi Larsen, Nicole Beutler, Patrick Seletzky, Der Nino aus Wien

Länge: 109 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Rickerl – Musik is höchstens a Hobby“

Moviepilot über „Rickerl – Musik is höchstens a Hobby“

Wikipedia über „Rickerl – Musik is höchstens a Hobby“

Meine Besprechung von Adrian Goigingers „Die beste aller Welten“ (Österreich/Deutschland 2017)

Meine Besprechung von Adrian Goigingers „Märzengrund“ (Österreich/Deutschland 2022)

Meine Besprechung von Adrian Goigingers „Der Fuchs“ (Deutschland/Österreich 2022)

Voodoo Jürgens live


Neu im Kino/Filmkritik: „Der Fuchs“ und der Soldat

April 14, 2023

Als seine bitterarmen Eltern 1927 dem Seiwald-Bauerm die Vormundschaft für ihn übetragen, ist das das Ende von Franz Streitbergers glücklichen Tagen in den Bergen im Pinzgau. Die nächsten zehn Jahre, die Adrian Goiginger in seinem dritten Spielfilm „Der Fuchs“ schnell überspringt, ist Franz ein Knecht auf dem Seiwald-Hof. 1937, gerade volljährig, lässt er sich in Salzburg rekrutieren. Beim Österreichischen Bundesheer gibt es täglich drei Mahlzeiten, Sold und ein Bett.

Drei Jahre später ist er, während des Zweiten Weltkriegs, ein Motorradkurier. Seine Einheit ist auf dem Weg zur Westfront. Im Wald entdeckt der Einzelgänger ein Fuchswelpen, das neben seiner in einer Tierfalle gestorbenen Mutter sitzt. Franz nimmt den Fuchs in seine Obhut. Für ihn entwickelt er väterlichen Gefühle. Zum ersten Mal in seinem Leben hat er Verantwortung für ein anderes Wesen. Jede freie Minute verbringt er mit dem Fuchs; – was zu Konflikten mit seinen Kameraden und Vorgesetzten führt.

In seinem dritten Spielfilme erzählt Adrian Goiginger, sich einige Freiheiten nehmend, ungefähr zwanzig Jahre aus dem Leben seines Urgroßvaters und wie er mit Hilfe des Fuchses reifte. Bis dahin war er für niemand verantwortlich. Bis dahin musste er sich keine Gedanken darüber machen, was es bedeutet, für jemand verantwortlich zu sein und auch Entscheidungen für ihn zu treffen.

Das ist durchgehend gut inszeniert, aber insgesamt auch wenig packend. Goiginger erzählt die Geschichte chronologisch. Deshalb dauert es sehr lange, bis Franz zum ersten Mal dem Fuchs begegnet. Alles was bis dahin geschehen ist, ist eine für diese Begegnung und die nun folgende Freundschaft zwischen Mensch und Tier nicht so wahnsinnig wichtige Vorgeschichte. Goiginger erzählt episodisch. Er überspringt auch mal mehrere Jahre und erzählt so in zwei Filmstunden in schönster Biopic-Manier zwanzig Jahre aus dem Leben von Franz Streitberger. Es gibt auch keinen die gesamte Handlung bestimmenden klar erkennbaren Konflikt. Und ohne Konflikt gibt es kein Drama und keine emotionale Anteilnahme des Publikums. Verschärfend kommt hinzu, dass Franz ein introvertierter Einzelgänger ist. Er ist lieber allein. Er redet nicht mit seinen Kameraden. Diese akzeptieren sein Verhalten und auch, dass er sich über mehr oder weniger lange Zeiträume von der Truppe entfernt. Denn er würde, das wissen alle, niemals desertieren.

Vielleicht hätte Goiginger aus den Erinnerungen seines Urgroßvaters besser einen Roman gemacht.

Der Fuchs (Deutschland/Österreich 2022)

Regie: Adrian Goiginger

Drehbuch: Adrian Goiginger

mit Simon Morzé, Marko Kerezovic, Joseph Stoisits, Pit Bukowski, Maximilian Echtinger, Joshua Bader, Stanislaus Steinbichler, Alexander Beyer, Karl Markovics

Länge: 122 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

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Meine Besprechung von Adrian Goigingers „Die beste aller Welten“ (Österreich/Deutschland 2017)

Meine Besprechung von Adrian Goigingers „Märzengrund“ (Österreich/Deutschland 2022)


Neu im Kino/Filmkritik: „Märzengrund“, die Sucht nach Freiheit

August 26, 2022

Schon als Kind vergräbt Elias seine Nase lieber in ein Buch als in einen Misthaufen. Weil er in den Sechzigern in Tirol im Zillertal aufwächst, führt das zu Problemen mit seinem Vater. Er ist Großbauer und er möchte, dass Elias später den Hof übernimmt. Damit wäre Elias im Tal ein gemachter Mann.

Aber Elias will dieses Leben nicht. Und dann verliebt er sich kurz vor dem Ende seiner Schulzeit, auch noch in die falsche Frau. Sie ist älter als er und geschieden. Das sind schon zwei gute Gründe, die 1968 auf dem Land, wo die 68er Bewegung höchstens in den Fernsehnachrichten erwähnt wurde, gegen so eine Beziehung sprechen. Außerdem ist sie überaus lebenslustig. Sie vergnügt sich tanzend in der Dorf-Disco und schwimmt nackt im See. Mit Elias.

Um seinen Sohn zur Vernunft zu bringen, schickt er ihn für mehrere Monate auf die ihm gehörende Hochalm Märzengrund. Dort soll er allein das Vieh hüten. Elias, der auch psychische Probleme hat, genießt dieses einsame Leben. Hier hat er endlich die Ruhe, die er im Tal vermisst. Hier kann er so leben, wie er möchte. Dieses Leben in der zuerst aufgezwungenen, schnell selbstgewählten Einsamkeit will er nicht mehr aufgeben. Nach dem Winter kommt es darüber zum endgültigen Bruch zwischen Elias und seinem Vater.

In den folgenden Monaten steigt Elias in den Alpen so weit es geht nach oben. In einer Gegend über der Baumgrenze, in die normalerweise kein Mensch kommt, baut er sich eine Hütte.

Jahrzehnte später wird Elias mit einem Hubschrauber in ein Krankenhaus gebracht. Er ist inzwischen ein älterer Mann, der von dem Leben in den Bergen gezeichnet ist und viel älter aussieht als er ist. Er muss behandelt werden. Nachdem er nicht mehr in Lebensgefahr schwebt, kommt er in ein Altersheim. Zunächst, so wird ihm gesagt, zur Genesung.

Dieser dritte, fast in der Gegenwart spielende Akt ist der große Schwachpunkt von Adrian Gogingers zweitem, mit vielen Zeitsprüngen erzähltem Spielfilm.

Sein Debüt war vor fünf Jahren das überzeugende Drogendrama „Die beste aller Welten“. Sein zweiter Kinofilm „Märzengrund“ basiert ebenfalls auf einer wahren Geschichte. Felix Mitterer verarbeitete sie 2016 als Auftragsarbeit für das in Stumm stattfindete Festival Stummer Schrei zu einem Theaterstück. Das Stück bildet die Grundlage für den Film. Die Geschichte wird konsequent von der Theaterbühne in die freie Natur und in die Berge verlegt. Regisseur Goiginger, der nach einem Treatment von Mitterer das Drehbuch schrieb, zeigt ausführlich das anstrengende Leben von Elias in den Bergen. Er muss sich eine Hütte bauen, in der er, während die Hütte im Schnee versinkt, den Winter überleben kann. Und er muss sein Essen jagen. Das ist leichter gesagt, als getan. Goiginger findet dafür Bilder, die an Terrence Malicks Naturverklärung erinnern.

In Rückblenden erzählt Goiginger dann, wie Elias zur Entscheidung kommt, ab 1968 sein Leben in dieser Hütte abseits der anderen Menschen und den Zwängen der Gesellschaft zu führen. In einer finalen, den zweiten Akt beendenden Konfrontation mit seinem Vater verzichtet Elias auf den Hof, das damit verbundene erkleckliche Erbe und den Einfluss im Tal. In dem Moment wissen und verstehen wir, warum Elias sein erimitäres Leben wählte.

Dieser, aus dem ersten und zweiten Akt bestehende Teil des Films ist überaus gelungen.

Der dritte, Jahrzehnte später spielende Akt ist dann nur noch ein überflüssiger Nachschlag, in dem Elias sich mit dem Krankenhaus, seiner Krankheit und seiner Familie arrangieren muss. In dem Moment besteht sie aus seiner Mutter, die ihn als Kind mit Lesestoff versorgte und immer wieder vor dem Vater beschützte, und seiner Schwester. Elias steht jetzt nicht mehr vor der Frage, wie er Leben möchte, sondern wie sein Leben war. Johannes Krisch, der den älteren Elias spielt, darf hier groß aufspielen. Ohne diesen Szenen hätte Krisch, seit 1989 Mitglied des Wiener Burgtheaters, nur einen kurzen Auftritt. Der jüngere Elias wird von Jakob Mader in seiner ersten nennenswerten Filmrolle gespielt und er trägt den insgesamt sehenswerten Film.

Märzengrund (Österreich/Deutschland 2022)

Regie: Adrian Goiginger

Drehbuch: Adrian Goiginger, Felix Mitterer (Co-Autor)

mit Jakob Mader, Johannes Krisch, Gerti Drassl, Harald Windisch, Verena Altenberger, Iris Unterberger, Carmen Gratl

Länge: 110 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

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Meine Besprechung von Adrian Goigingers „Die beste aller Welten“ (Österreich/Deutschland 2017)


TV-Tipp für den 27. Juli: Die beste aller Welten

Juli 26, 2022

BR, 00.40

Die beste aller Welten (Österreich/Deutschland 2017)

Regie: Adrian Goiginger

Drehbuch: Adrian Goiginger

Starkes autobiographisches Drama über einen Jungen und seine drogensüchtige Mutter, die ihn in einer Sozialsiedlung am Stadtrand von Salzburg groß zieht. Sie sind arm. Aber sind sie auch glücklich?

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

Sein neuer Film „Märzengrund“ startet am 25. August. Meine Besprechung des insgesamt sehenswerten Dramas gibt es zum Kinostart.

mit Verena Altenberger, Jeremy Miliker, Lukas Miko, Michael Pink, Reinhold G. Moritz, Philipp Stix, Georg Veitl

Hinweise

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Filmportal über „Die beste aller Welten“

Moviepilot über „Die beste aller Welten“

Rotten Tomatoes über „Die beste aller Welten“

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Berlinale über „Die beste aller Welten“

Meine Besprechung von Adrian Goigingers „Die beste aller Welten“ (Österreich/Deutschland 2017)


TV-Tipp für den 2. Juli: Die beste aller Welten

Juli 1, 2019

ARD, 22.45

Die beste aller Welten (Österreich/Deutschland 2017)

Regie: Adrian Goiginger

Drehbuch: Adrian Goiginger

Starkes autobiographisches Drama über einen Jungen und seine drogensüchtige Mutter, die ihn in einer Sozialsiedlung am Stadtrand von Salzburg groß zieht. Sie sind arm. Aber sind sie auch glücklich?

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Verena Altenberger, Jeremy Miliker, Lukas Miko, Michael Pink, Reinhold G. Moritz, Philipp Stix, Georg Veitl

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Moviepilot über „Die beste aller Welten“

Rotten Tomatoes über „Die beste aller Welten“

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Berlinale über „Die beste aller Welten“

Meine Besprechung von Adrian Goigingers „Die beste aller Welten“ (Österreich/Deutschland 2017)


Neu im Kino/Filmkritik: Ist das wirklich „Die beste aller Welten“?

September 29, 2017

Der siebenjährige Adrian ist ein aufgeweckter Junge, der die Natur liebt, in seiner Fantasie gegen Monster kämpft und später Abenteuer werden möchte; – nun, ja, das will in dem Alter ungefähr jeder zweite Junge. Die anderen schwanken noch zwischen Cowboy, Feuerwehrmann und Polizist.

Seine Mutter Helga muss ihn allein groß ziehen. Aber sie liebt ihn über alles und versucht auch alles, um ihm eine glückliche Kindheit in der heruntergekommenen Sozialwohnung am Salzburger Stadtrand zu ermöglichen.

Allerdings ist sie drogensüchtig. An eine geregelte Arbeit ist nicht zu denken. Das Jugendamt kommt immer wieder vorbei. Und ihre Freunde sind ebenfalls drogensüchtig.

Warum diese Welt für Adrian trotzdem „Die beste aller Welten“ ist, erzählt Adrian Goiginger in seinem Debütfilm, der auf einer wahren Geschichte basiert. Es ist seine Geschichte und die seiner Mutter, die im Juli 2012 mit 39 Jahren starb. Das war für den 1991 geborenen Goiginger die Initialzündung, um über sie, ihre Beziehung und sein Leben nachzudenken: „Mir wurde bewusst, wie krass die Geschichte meiner Kindheit ist. Zum anderen aber auch die für die meisten Menschen unvorstellbare Tatsache, dass man auch mit einer schwer drogensüchtigen Mutter eine sehr schöne Kindheit haben kann. Da ich das am eigenen Leib erlebt habe, schlicht und einfach gesund herausgekommen bin und es wahrscheinlich nur wenige Menschen gibt, die diese Erfahrung machen und diese auch reflektieren können, wurde in mir ein Gefühl stark, dass ich es der Welt in gewisser Weise schuldig bin, meine Geschichte zu erzählen.“

Das tat er in einem Film, der die Geschichte konsequent aus Adrians Sicht erzählt, der sich auf die Beziehung zwischen Adrian und seiner Mutter konzentriert und der das Drogenmilieu nicht glorifiziert, sondern realistisch und authentisch schildert. Dabei hilft ihm der gewählte Blickwinkel. Adrian sieht vieles, aber er begreift, im Gegensatz zu uns, nur teilweise, was die Erwachsenen tun, wenn sie Drogen konsumieren, ihm eine andere Flasche zum Trinken geben oder seine Mutter ihn in seinem Zimmer einsperrt.

Weil Goiginger in „Die beste aller Welten“ seine Geschichte erzählt, spielt der Film in den späten Neunzigern. Es wird noch in Schilling bezahlt und am Ende erfahren wir, wie sich das Leben der Filmcharaktere weiter entwickelte.

Abgesehen von diesen Details, die den Film an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit verorten (soweit für Drogensüchtige Jahreszahlen überhaupt wichtig sind), erzählt Goiginger eine universelle Geschichte, die auch in jeder anderen Sozialbausiedlung spielen könnte. Denn mit sieben Jahren ist Mutter die Größte und man hat man sein Leben noch vor sich.

Außerdem meint Goiginger: „Ein Kind muss keinen Reichtum haben, keine Spielsachen, kein gesundes Essen, sondern nur eines: Liebe.“

Bei dem Essen werden ihm alle Nudel- und Nutella-begeisterten Kinder zustimmen.

Der Film hatte seine Premiere auf der diesjährigen Berlinale in der „Perspektive Deutsches Kino“. Dort erhielt er eine Nominierung als bester Debütfilm und den Kompass-Perspektive-Preis. Danach tourte er sehr erfolgreich über die Filmfestivals. Zuletzt erhielt er auf den 13. Ahrenshooper Filmnächten den Preis für den besten Film und den Publikumspreis. Außerdem erhielt er vor wenigen Tagen den Nachwuchspreis „First Steps“ mit folgender Begründung: „Regisseur Adrian Goiginger denunziert keine Figur, macht die Sucht als Lebensgrundlage verständlich. Er hat dafür großartige Schauspieler gefunden, allen voran der mitreißende [Adrian-Darsteller] Jeremy Miliker. Einer der bewegendsten Filme des Jahres.“

Jetzt hoffen wir, dass Adrian Goiginger schnell das Geld für seinen zweiten Film zusammenbekommt und dass wir von ihm genauso begeistert sind.

Die beste aller Welten (Österreich/Deutschland 2017)

Regie: Adrian Goiginger

Drehbuch: Adrian Goiginger

mit Verena Altenberger, Jeremy Miliker, Lukas Miko, Michael Pink, Reinhold G. Moritz, Philipp Stix, Georg Veitl

Länge: 99 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Am Samstag, den 30. September stellen Regisseur Adrian Goiginger und Michael Pink („der Grieche“) den Film in Berlin und Potsdam persönlich vor:

17.45 Uhr Thalia Potsdam, Rudolf-Breitscheid-Str. 50, 14482 Potsdam

20.15 Uhr Filmkunst 66, Bleibtreustraße 12, 10623 Berlin

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Moviepilot über „Die beste aller Welten“

Rotten Tomatoes über „Die beste aller Welten“

Wikipedia über „Die beste aller Welten“

Berlinale über „Die beste aller Welten“