Neu im Kino/Filmkritik: „Der Fuchs“ und der Soldat

Als seine bitterarmen Eltern 1927 dem Seiwald-Bauerm die Vormundschaft für ihn übetragen, ist das das Ende von Franz Streitbergers glücklichen Tagen in den Bergen im Pinzgau. Die nächsten zehn Jahre, die Adrian Goiginger in seinem dritten Spielfilm „Der Fuchs“ schnell überspringt, ist Franz ein Knecht auf dem Seiwald-Hof. 1937, gerade volljährig, lässt er sich in Salzburg rekrutieren. Beim Österreichischen Bundesheer gibt es täglich drei Mahlzeiten, Sold und ein Bett.

Drei Jahre später ist er, während des Zweiten Weltkriegs, ein Motorradkurier. Seine Einheit ist auf dem Weg zur Westfront. Im Wald entdeckt der Einzelgänger ein Fuchswelpen, das neben seiner in einer Tierfalle gestorbenen Mutter sitzt. Franz nimmt den Fuchs in seine Obhut. Für ihn entwickelt er väterlichen Gefühle. Zum ersten Mal in seinem Leben hat er Verantwortung für ein anderes Wesen. Jede freie Minute verbringt er mit dem Fuchs; – was zu Konflikten mit seinen Kameraden und Vorgesetzten führt.

In seinem dritten Spielfilme erzählt Adrian Goiginger, sich einige Freiheiten nehmend, ungefähr zwanzig Jahre aus dem Leben seines Urgroßvaters und wie er mit Hilfe des Fuchses reifte. Bis dahin war er für niemand verantwortlich. Bis dahin musste er sich keine Gedanken darüber machen, was es bedeutet, für jemand verantwortlich zu sein und auch Entscheidungen für ihn zu treffen.

Das ist durchgehend gut inszeniert, aber insgesamt auch wenig packend. Goiginger erzählt die Geschichte chronologisch. Deshalb dauert es sehr lange, bis Franz zum ersten Mal dem Fuchs begegnet. Alles was bis dahin geschehen ist, ist eine für diese Begegnung und die nun folgende Freundschaft zwischen Mensch und Tier nicht so wahnsinnig wichtige Vorgeschichte. Goiginger erzählt episodisch. Er überspringt auch mal mehrere Jahre und erzählt so in zwei Filmstunden in schönster Biopic-Manier zwanzig Jahre aus dem Leben von Franz Streitberger. Es gibt auch keinen die gesamte Handlung bestimmenden klar erkennbaren Konflikt. Und ohne Konflikt gibt es kein Drama und keine emotionale Anteilnahme des Publikums. Verschärfend kommt hinzu, dass Franz ein introvertierter Einzelgänger ist. Er ist lieber allein. Er redet nicht mit seinen Kameraden. Diese akzeptieren sein Verhalten und auch, dass er sich über mehr oder weniger lange Zeiträume von der Truppe entfernt. Denn er würde, das wissen alle, niemals desertieren.

Vielleicht hätte Goiginger aus den Erinnerungen seines Urgroßvaters besser einen Roman gemacht.

Der Fuchs (Deutschland/Österreich 2022)

Regie: Adrian Goiginger

Drehbuch: Adrian Goiginger

mit Simon Morzé, Marko Kerezovic, Joseph Stoisits, Pit Bukowski, Maximilian Echtinger, Joshua Bader, Stanislaus Steinbichler, Alexander Beyer, Karl Markovics

Länge: 122 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Der Fuchs“

Moviepilot über „Der Fuchs“

Wikipedia über „Der Fuchs“

Meine Besprechung von Adrian Goigingers „Die beste aller Welten“ (Österreich/Deutschland 2017)

Meine Besprechung von Adrian Goigingers „Märzengrund“ (Österreich/Deutschland 2022)

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