Der zwölfjährige Alyosha verschwindet spurlos. Seine Eltern leben nur noch pro forma zusammen und wollen ihn in ein Internat abschieben. Ist Alyosha deshalb vielleicht nicht das Opfer eines Verbrechens sondern freiwillig verschwunden?
TV-Premiere. „Loveless“ ist ein kraftvoller, aber auch unendlich deprimierender und hoffnungsloser Film. Andrey Zvyagintsevs Drama hatte 2017 seine Premiere in Cannes. Es war für mehrere Europäische Filmpreise, unter anderem „Bester europäischer Film“, und den Oscar als bester ausländischer Film nominiert.
Der zwölfjährige Alyosha hat es nach der Schule nicht eilig. Er streift allein durch den grauen, riesigen Park. Es ist die trostlose Zeit zwischen Herbst und Winter, in der die Bäume keine Blätter mehr haben und der erste Schnee noch nicht gefallen ist. Zu Hause erwartet ihn nichts erfreuliches. Seine Eltern Zhenya und Boris sind gerade in der letzten Phase der Scheidung. Sie sind hoffnungslos miteinander zerstritten, haben neue Liebhaber und nur eine Sorge: Wohin mit Alyosha? Denn weder Zhenya noch Boris wollen ihn haben. Sie gehören außerdem zur gehobenen russischen Mittelschicht. Ihr Leben, ihr Habitus und ihre Probleme gleichen daher denen anderer in Großstädten lebender Mittelschichtler, die keine drängenden finanziellen Probleme und das neueste Mobiltelefon haben. Nur Boris ist etwas besorgt, weil er einen orthodoxen Chef hat. Die anstehende Scheidung könnte ihm berufliche Probleme bereiten.
Andrey Zvyagintsev, der Regisseur von „Die Rückkehr“ und „Leviathan“, erzählt in seinem neuen Film „Loveless“ vor allem die Geschichte eines zerstrittenen Ehepaares, das sich bei seinen neuen Partnern einrichtet. Boris bei der deutlich jüngeren, extrem liebesbedürftigen und von ihm schwangeren Frau. Zhenya bei einem vermögenden älteren Unternehmer. Da stört ein Kind aus erster Ehe nur. Vor allem, weil ihre Ehe nur ein Kompromoss mit einem ungewollten Kind war.
Das zeigt sich auch, als Alyosha kurz für der Filmmitte spurlos verschwindet. Er war, so Zhenya zu ihrem Mann am Telefon, am Vortag nicht in der Schule und sein Freund habe ihn seit zwei Tagen nicht gesehen. Aber anstatt jetzt sofort nach Hause zu eilen, will er erst noch weiter im Großraumbüro arbeiten.
Später informieren sie, auf Anraten des für ihren Fall zuständigen Polizisten, eine Freiwilligenorganisation, die verschwundene Kinder sucht. Während der namenlose Koordinator der Organisation die Suche mit einem heiligen Ernst und einem fast schon fanatischen Eifer betreibt und Alyoshas Eltern eher pflichtschuldig mithelfen, zeigt Zvyagintsev weitere, oft in langen Einstellungen gedrehte, immer bedrückende Szenen einer Ehe auf dem emotionalen Nullpunkt in einem kalten Moskau.
„Loveless“ ist ein kraftvoller, aber auch unendlich deprimierender und hoffnungsloser Film. Nur der Leiter des Suchtrupps hat eine Aufgabe. Er engagiert sich für andere. Auch wenn seine Suche erfolglos bleibt.
„Loveless“ hatte 2017 seine Premiere in Cannes. Er war für mehrere Europäische Filmpreise, unter anderem „Bester europäischer Film“, und den Oscar als bester ausländischer Film nominiert.