Neu im Kino/Buch- und Filmkritik: „Die drei ??? und der Karpatenhund“ in Rocky Beach, Kalifornien

Januar 23, 2025

Nach ihrem Abenteuer in Transsilvanien sind ‚Die drei ???“ Justus Jonas (Julius Weckauf), Peter Shaw (Nevio Wendt) und Bob Andrews (Levi Brandl) wieder zurück in ihrer Heimat Rocky Beach, der in Kalifornien in der Nähe von Los Angeles liegenden Kleinstadt. Dort betreiben die drei ungefähr fünfzehnjährigen Schulfreunde auf einem Schrottplatz in einem ausrangiertem Campinganhänger eine Detektei. Sie übernehmen jeden Fall. Aber die meisten Fälle, wie verschwundene Einhörner und verlegte Brillen, langweilen sie. Das ändert sich, als Fenton Prentice (Ulrich Tukur) sie um Hilfe bittet. Prentice ist Kunsthändler. In seiner Galerie will er demnächst die Werke seines kürzlich verstorbenen Freundes Edward ausstellen. Sein letztes Werk ist der Karpatenhund, ein von einer alten Sage inspirierter Hund aus Kristall.

Seit Edwards Tod wird Prentice nachts in seiner Wohnung von einem schrecklichen Hundejaulen verfolgt. Prentice fragt sich, ob der Fluch des Karpatenhundes ihn heimsucht, in den Wahnsinn und Tod treiben will.

Prentice wohnt im Mulholland View, einem leicht heruntergekommenem Apartmentkomplex, das den Charme alten Hollywoods mit etwas Noir- Atmosphäre und leichtem David-Lynch-Feeling verströmt. Die anderen Mieter sind die neugierige und zänkische Verwalterin des Hauses, Edwards unverkäufliche Dinge zusammenbastelnder Bruder, eine als Kellnerin arbeitende Schauspielerin, eine am Strand mit Akrobatikshows Geld verdienende Schlangenfrau, ein tagsüber am Pool meditierender und in den Tag hineinlebender Supermarktverkäufer und ein viel beschäftigter Börsenmakler.

Weil die drei jugendlichen Detektive nicht an eine übernatürliche Erklärungen glauben, muss einer dieser Mieter für das Heulen des Karpatenhundes verantwortlich sein.

Noch bevor sie mit ihren Ermittlungen richtig beginnen können, wird aus Edwards Atelier der wertvolle Karpatenhund geklaut. Der Dieb kann mit seiner Beute im Mulholland-View-Wohnkomplex entkommen. Jetzt wollen Justus, Peter und Bob auch den Diebstahl aufklären.

Nach dem Europaausflug spielt das zweite Kinoabenteuer mit den aktuellen ‚drei ???‘ – Julius Weckauf, Nevio Wendt und Levi Brandl – in der Gegend, in der sie normalerweise ermitteln. Und dieses Mal benehmen sie sich auch wie drei gute Freunde, die gemeinsam Abenteuer erleben wollen und sich in ihren Fähigkeiten als Detektive vorzüglich ergänzen. Halt genauso wie die Fans der ‚drei ???‘ Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews ihre niemals älter werdenden jugendlichen Ermittler seit 1964, als sie in den USA das erste „Die drei ???“-Buch erschien, kennen und vor allem in Deutschland lieben. Während in den USA die Buchserie mit den nicht alternden Teenager-Detektiven schon vor Jahrzehnten eingestellt wurde, erscheinen in Deutschland, geschrieben von deutschsprachigen Autoren, weitere Romane und auch Hörspiele. Es sind Krimis für Kinder. Und auch Tim Dünschedes „Die drei ??? und der Karpatenhund“ ist ein Krimi für ungefähr zehnjährige Kinder.

Alles in diesem Krimi ist kindgerecht und für Kinder, die sich einen spannenden Krimi ohne elterliche Begleitung ansehen wollen. Die Eltern, wenn sie denn unbedingt mit ins Kino kommen wollen, können ein wenig in Erinnerungen an lang zurückliegende Leseabende mit den drei jungen Detektiven schwelgen und den Film mit der für den Film stark veränderten Roman- und Hörspielvorlage vergleichen. Sie werden auch einige der offensichtlichen Anspielungen auf klassische Hollywood-Kriminal- und Horrorfilme erkennen. Trotzdem ist das kein Film für sie. Es ist auch kein Film für pubertierende Teenager. Justus, Peter und Bob sind zwar in der Pubertät und in desem Film alt genug, um nach US-amerikanischem Recht mit sechzehn Jahren Auto zu fahren (keine Panik, nur kurz am Filmende nach dem Abschluss des Falles), aber sie haben keine Pubertätsprobleme und sie interessieren sich auch überhaupt nicht für Mädchen.

Die drei ??? und der Karpatenhund“ ist ein Film für Kinder, der nicht kindisch ist. Dünschede und Drehbuchautorin Anil Kizilbuga, die auch das Buch für „Die drei ??? – Erbe des Drachen“ schrieb, präsentieren einen ordentlich entwickelter Rätselkrimi mit mehreren Verdächtigen, falschen Spuren, kindgerechter Action und Spannung.

Der dritte Fall mit dem aktuellen Ermittlerteam wurde zusammen mit „Die drei ??? und der Karpatenhund“ gedreht. „Die drei ??? – Toteninsel“ soll in einem Jahr in die Kinos kommen.

Zum Filmstart veröffentlichte der Kosmos-Verlag, wo die „Die drei ???“-Jugendkrimis seit 1968 erscheinen, den von André Marx geschriebenen Roman zum Film. Es ist eine flüssig geschriebene Romanfassung des Films; mit vielen Bildern aus dem Film.

Die drei ??? und der Karpatenhund (Deutschland 2025)

Regie: Tim Dünschede

Drehbuch: Anil Kizilbuga

LV: M. V. Carey: The Mystery of the Invisible Dog, 1975 (Die drei ??? und der Karpatenhund)

Roman zum Film: André Marx: Die drei ??? und der Karpatenhund, 2024

mit Julius Weckauf, Nevio Wendt, Levi Brandl, Ulrich Tukur, Sunnyi Melles, Florian Lukas, Jördis Triebel, Filip Schnack, Philipp Christopher, Bernd Hölscher, Christoph Bach, Siri-Anna Faal, Johannes Nussbaum, Tamara Lopez

Länge: 107 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Das Buch zum Kinofilm

André Marx: Die drei ??? und der Karpatenhund

Kosmos, 2024

192 Seiten

13 Euro

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Die drei ??? und der Karpatenhund“

Moviepilot über „Die drei ??? und der Karpatenhund“

Kosmos über „Die drei ???“

Wikipedia über „Die drei ???“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Tim Dünschedes „Limbo“ (Deutschland 2019)

Meine Besprechung von Tim Dünschedes „Die drei ??? – Erbe des Drachen“ (Deutschland 2023)


Neu im Kino/Filmkritik: „Die drei ??? – Erbe des Drachen“, gesucht und gefunden in Dracula-Land

Januar 30, 2023

Ach, da werden Kindheitserinnerungen wach. Denn „Die drei ???“-Krimis (mit den Bemerkungen von Alfred Hitchcock) begleiteten mich zuverlässig durch einige Lesejahre. Die ab 1979 produzierten Hörspiele ließ ich links liegen. Einerseits interessierten mich Hörspiele niemals sonderlich, andererseits gab es in der Stadtbücherei nur die Bücher. Irgendwann hörte ich auf, die neuen Fälle der drei jungen Detektive, die sich „Die drei ???“ nennen, zu lesen. Ich wurde älter. Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews nicht. Die verlebten einfach, ohne älter zu werden, noch einen Feriensommer in Rocky Beach, Kalifornien, und lösten einen weiteren Kriminalfall.

In den USA erschienen ab 1987 keine neuen Romane mit den drei ???. In Deutschland, wo die drei jugendlichen Ermittler schon damals überaus beliebt waren, erschienen weitere Abenteuer. Geschrieben von deutschen Autoren.

2007 und 2009 gab es mit „Die drei ??? – Das Geheimnis der Geisterinsel“ und „Die drei ??? – Das verfluchte Schloss“ auch zwei Kinofilme mit Justus, Peter und Bob. Beides sind deutsche Produktionen.

Und jetzt gibt es einen neuen Spielfilm mit den drei ???, der selbstverständlich in Rocky Beach beginnt. Ebenso selbstverständlich haben die drei Jungs wegen der Schulferien gerade viel Zeit.

Bevor sie einen Fall übernehmen können, geht es nach Europa. In Transsilvanien auf dem Schloss der Gräfin Codrina wird der Horrrofilm „Dracula Rises“ gedreht. Justus, Peter und Bob dürfen mitreisen. Sie sollen Peters Vater, der eine Spezialeffektefirma hat, im Hintergrund bei den Dreharbeiten helfen und unter keinen Umständen in irgendeinem Fall ermitteln.

Dummerweise beobachten sie schon in der ersten Nacht seltsame Dinge. Ihre Neugierde ist geweckt. Gesteigert wird sie, als sie von einer Legende erfahren, nach der es in der Burg einen Schatz geben soll und sie Geschichten von dem vor fünfzig Jahren spurlos verschwundenen Bruder der Gräfin, einer Bruderschaft und, selbstverständlich, Untoten hören.

Diese Schatzsuche, garniert mit etwas Geschichtsunterricht über Graf Dracula, seine reale Inspiration und Hintergrundinformationen zur Entstehung eines Films, gestaltet sich für Kinder durchaus unterhaltsam. Erwachsene werden dagegen monieren, dass alles doch etwas einfach geraten ist und, mit etwas mehr Mühe, viel besser hätte sein können. Denn bis der Krimiplot wirklich erkennbar ist, vergeht viel Zeit mit Nebenschauplätzen. Entsprechend schnell werden dann die Täter überführt und ihre Motive enthüllt. Die Informationen über Graf Dracula hören sich wie erlesenes Wikipedia-Wissen an. Über die Herstellung eines Films hätte es durchaus fundiertere Informationen geben können.

Am meisten hat mit aber immer wieder gestört, dass die drei ??? in Tim Dünschedes Kinderkrimi öfters nicht wie beste Freunde, sondern wie beste Schulfeinde wirken, die zu dem Europatrip zwangsverpflichtet wurden. Das ist nicht das Bild, das ich von Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews, drei unzertrennlichen Freunden, habe.

Die drei ??? – Erbe des Drachen (Deutschland 2023)

Regie: Tim Dünschede

Drehbuch: Tim Dünschede, Anil Kizilbuga (nach einer Erzähleung von André Marx)

mit Julius Weckauf, Nevio Wendt, Levi Brandl, Mark Waschke, Natalia Belitski, Valentin Popescu, Fabra Dieng, Gudrun Landgrebe, Gedeon Burkhard, Florian Lukas, Jördis Triebel

Länge: 100 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Die drei ??? – Erbe des Drachen“

Moviepilot über „Die drei ??? – Erbe des Drachen“

Wikipedia über „Die drei ???“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Tim Dünschedes „Limbo“ (Deutschland 2019)


TV-Tipp für den 1. Juni: Limbo

Mai 31, 2021

ARD, 22.50

Limbo (Deutschland 2019)

Regie: Tim Dünschede

Drehbuch: Anil Kizilbuga

TV-Premiere. Formal beeindruckender Uni-Abschlussfilm. Tim Dünschede erzählt die Geschichte ohne einen Schnitt. Dummerweise ist die Gangstergeschichte (es geht um eine Compliance-Managerin, die unsaubere Zahlungen entdeckt, einen Undercover-Polizisten, der ein Geldwäsche-Netzwerk enttarnen soll und um illegale Boxkämpfe) eine Ansammlung von Klischees, schlechten Entscheidungen und schlechten Dialogen.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Elisa Schlott, Tilman Strauß, Martin Semmelrogge, Christian Strasser, Matthias Herrmann, Steffen Wink

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Limbo“

Moviepilot über „Limbo“

Wikipedia über „Limbo“

Meine Besprechung von Tim Dünschedes „Limbo“ (Deutschland 2019)


Neu im Kino/Filmkritik: „Limbo“, der nächste Film ohne einen Schnitt

Februar 20, 2020

Limbo“ wird beworben als der erste neunzigminütige One-Shot einer Filmhochschule. Es ist auch ein Abschlussfilm, der nicht die übliche Nabelschau des Regisseurs betreibt. Er erzählt nicht zum x-ten Mal über Liebesleid und -freud und über den Abschied aus der Provinz, in der man zwischen Rasenmähern und Volksfesten die glücklichen Tage seiner Kindheit verbrachte. „Limbo“ ist ein Thriller, irgendwo zwischen Finanz-, Cop- und Gangsterthriller.

In seinem Spielfilmdebüt verfolgt Tim Dünschede, Absolvent der HFF München, anfangs die junge Compliance Managerin Ana (Elisa Schlott), die einem Freitagnachmittag in den Unterlagen der Bank Hinweise auf finanzielle Unregelmäßigkeiten entdeckt. Als sie ihrem Vorgesetzten Frank Mailing (Mathias Herrmann) davon erzählen will, ist er nicht daran interessiert. Aber er und sein Begleiter laden sie ein, mit ihnen den Abend zu verbringen. Sie fahren zu einer verlassenen Fabrikhalle, in der es eine Nobelparty und einen illegalen Boxkampf geben wird.

In dem verwinkeltem Gebäude sind auch der Kleingangster Ozzy (Martin Semmelrogge) und sein jüngster Begleiter Carsten (Tilman Strauß). Ozzy will ihn mit dem Wiener (Christian Strasser) bekannt machen. Der Wiener ist ein Gangsterboss, dem der Club gehört. Carsten ist ein Undercover-Cop, der aus dem mit Firewalls hochgesichertem Computer des Wieners wichtige Daten stehlen soll.

Oh, und er ist auch der Bruder von Ana.

Diese Story ist der eindeutige Schwachpunkt des Films. Sie ist eine Ansammlung von Klischees, schlechten Entscheidungen und schlechten Dialogen.

Die Figuren verhalten sich immer wieder unplausibel, weil sie den Vorgaben des Drehbuchs gehorchen müssen. So entdeckt Ana am Filmanfang den Betrug und sie will sofort mit ihren Vorgesetzten darüber reden. Aber als sie kurz darauf im Auto neben ihrem Chef sitzt und sie auf der langen Autofahrt zu ihrem Ziel die Gelegenheit hätte, ihm sofort zu sagen, was sie entdeckte, macht sie zuerst einmal Smalltalk mit den beiden Männern. Sie erzählt auch, warum sie im Finanzgewerbe arbeitet. Das sind durchaus wichtige Informationen zu ihrer Motivation, die uns hier auf die denkbar ungeschickteste Art geliefert werden.

Später, auf der Party, verliert sie ihre Tasche, in der die Beweise für die Verbrechen der Bank sind. Selbstverständlich beginnt sie panisch ihre Tasche zu suchen. Bis sie an der Bar vom Kellner ein Freigetränk bekommt, sich entspannt hinsetzt und auf Ozzy trifft, mit dem sie sich dann locker-flockig über Gott und die Welt unterhält.

Diese hanebüchene Geschichte wird ohne einen einzigen Schnitt erzählt. Und allein für diesen Mut und wie er die Herausforderung meistert, gebührt Tim Dünschede jeder Respekt.

Sie legt allerdings auch zwei Probleme von One-Shot-Filmen offen. Es ist schwer Spannung herzustellen, weil die Kamera nicht zwischen zwei Perspektiven wechseln kann. Damit können in einem Thriller bewährte Suspense-Momente (wie das Platzieren der Bombe mit Zeitzünder unter dem Tisch, an dem später Männer Skat spielen oder wenn sich ein Bösewicht dem Ort nähert, an dem Held in dem Moment unter keinen Umständen sein darf) nur schwer bis überhaupt nicht realisiert werden. Denn es muss immer einen Grund geben, warum die Kamera eine Figur verlässt. Das tut Dünschede ziemlich oft. So führt er im ersten Drittel die beiden Hauptfiguren Ana und Carsten in getrennten Handlungssträngen ein. Das gelingt ihm, indem die Kamera an einer Tankstelle Ana verlässt und sie sich zu Carsten bewegt.

Ein anderes Problem ist, dass auch die langweiligen Teile nicht aus dem Film herausgeschnitten werden können, weil alles in Echtzeit spielen und die Figuren von einem Ort zu einem anderen Ort gelangen müssen. In „Limbo“ verfolgt die Kamera daher die Figuren in der Fabrikhalle viel beim treppauf und treppab gehen.

Als filmisches Experiment ist „Limbo“ definitiv einen Blick wert. Vor allem wenn man sich weniger für die Geschichte und mehr für die technischen Aspekte und die Frage, wie bestimmte Probleme beim Erzählen der Geschichte gelöst werden, interessiert.

Limbo (Deutschland 2019)

Regie: Tim Dünschede

Drehbuch: Anil Kizilbuga

mit Elisa Schlott, Tilman Strauß, Martin Semmelrogge, Christian Strasser, Matthias Herrmann, Steffen Wink

Länge: 89 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

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Filmportal über „Limbo“

Moviepilot über „Limbo“