Älter und immer noch gut? Frank Millers „Sin City“ und „The Big Guy and Rusty the Boy Robot“

Februar 21, 2024

Jetzt ist die Neuausgabe von Frank Millers „Sin City“ komplett – und als Bonus gibt es noch ein älteres, bislang nicht ins Deutsche übersetztes Werk von Frank Miller: „The Big Guy and Rusty the Boy Robot“.

Als Frank Miller in den neunziger Jahren seine ultrabrutale Version einer sündigen Hardboiled-Noir-Großstadt schrieb und zeichnete, war er in der Comicszene mit seiner bahnbrechenden Batman-Neuinterpretation, verschiedenen Beiträgen zu bestehenden DC- und Marvel-Serien und Einzelwerken wie „Ronin“, „Martha Washington“ und „Hard Boiled“ schon ein bekannter Name. „Sin City“, seine erste Soloserie, war dann sein großer Durchbruch. In ihr erzählt er, in den dunklen, selten regennassen Straßen von Sin City, Noir-Geschichten von Gangstern, Schlägern, Killern, Privatschnüfflern, Bullen, Psychopathen und vollbusigen Femme Fatales, die mal diesem, mal jenem Gewerbe nachgehen. Verrat ist immer möglich. Gewalt und Mord sind immer eine Option.

Die Serie erschien bei Dark Horse zuerst in Einzelheften und später in verschieden zusammengestellten Sammelbänden. Inzwischen hat sich die Sammlung in sieben unterschiedlich dicken Bücher durchgesetzt. Sechs von ihnen enthalten jeweils eine Geschichte. In einem siebten Band sind mehrere One-Shots gesammelt.

2005 verfilmte Robert Rodriguez mit Frank Miller und Gastregisseur Quentin Tarantino einige von Millers „Sin City“-Geschichten. Unter anderem die aus dem vierten „Sin City“-Buch „Dieser feige Bastard“.

In ihr befreit der harte Cop John Hartigan an seinem letzten Arbeitstag die elfjährige Nancy Callahan aus den Händen von Ethan Roark Jr.. Junior ist der Sohn von Senator Ethan Roark, dem Oberhaupt einer in der Stadt einflussreichen Familie. Hartigan kann Nancy, schwer verletzt, befreien. Aber aufgrund eines Komplotts wandert er für acht Jahre ins Gefängnis. Als er freigelassen wird, beginnt er Nancy zu suchen. Er will sie vor der Familie Roark beschützen. Bei seiner Suche begegnet er auch dem totgeglaubten Junior, der sich an ihm rächen will. Grandiose Lektüre.

Familienbande“ erschien ursprünglich als eigenständige Graphic Novel. Sie ist kürzer als die anderen langen „Sin City“-Geschichten und sie ist die schwächste „Sin City“-Geschichte.

Dwight McCarthy, beschützt von der im Hintergrund agierenden Ninja-Attentäterin Miho, soll für Gail einiges über einen Anschlag von Gangstern auf einen Diner herausfinden. Daneben interessiert er sich aus ‚persönlichen Gründen‘, die erst am Ende der Geschichte enthüllt werden, für das Massaker. Bis zum Ende folgt er einem für uns undurchsichtigem Plan, der ihn durch die Nacht und die dunklen Ecken der Stadt führt.

Mein Problem mit dieser Geschichte ist, dass zu viele wichtige Motive und Hintergründe erst auf den letzten Seiten enthüllt werden.

Bräute, Bier und blaue Bohnen“ ist eine Sammlung von elf kurzen, manchmal nur wenige Seiten langen Kurzgeschichten, die nur sehr locker miteinander verbunden sind. Wir begegnen vielen aus anderen „Sin City“-Geschichten bekannten Figuren wieder. Und wir lernen Delia kennen. Sie will Blue Eyes genannt werden und sie möchte eine Killerin werden. Ihr erster Auftrag und gleichzeitig ihre Bewährungsprobe für den Job ist ihr erster Mord: sie muss den einzigen Mann umbringen, den sie jemals geliebt hat.

Der siebte und letzte „Sin City“-Band „Einmal Hölle und zurück“ erzählt die längste „Sin City“-Geschichte. Sie besteht aus neun Einzelheften, die 1999 und 2000 erschienen. Der erfolglose Maler und desillusionierte Kriegsheld Wallace sieht, wie die ebenfalls erfolglose Schauspielerin Esther ins Meer springen will. Er hält sie davon ab, verliebt sich in sie (böser Fehler) und will ihr helfen (nächster böser Fehler). Denn die Dame befindet sich im Fadenkreuz eines Killers.

Mit fast dreihundert Seiten ist das die längste Geschichte, was auch daran liegt, dass Wallace von der Killerin Blue Eyes unter Drogen gesetzt wird und plötzlich auf einem sehr schlechten, sehr farbigem Trip ist, in dem er, neben vielen bekannten Figuren, auch Big Boy und Rusty (auf Seite 200/201) begegnet. Der Rest des Comics ist, wie alle anderen „Sin City“-Comics, in Schwarz-Weiß (und, ja, für die Pedanten, einigen Farbtupfern) und einer sehr avantgardistischen Seitengestaltung erzählt.

Die „Sin City“-Geschichten gehören immer noch zu Millers besten Werken. Sie sind, wie die aktuelle Lektüre von allen „Sin City“-Comics zeigt, immer noch äußerst lesenswerte, sehr brutale Hardboiled-Comics, die in einer zeitlosen Über-Noir-Fantasiewelt spielen.

Während Frank Miller die „Sin City“-Geschichten schrieb, nahm er sich, nach „Hard Boiled“, die Zeit für einen weiteren Comic mit Zeichner Geof Darrow. „The Big Guy and Rusty the Boy Robot“ ist ihre Version einer „Godzilla“-Geschichte, verbunden mit dem Touch eines naiven Comics für Kinder. Denn Rusty the Boy Robot sieht wie ein kleiner Junge aus. Er ist Japans letzte Verteidigungslinie gegen ein riesiges reptilienartiges Monster, das aus einem Labor ausgebrochen ist, durch Tokio trampelt, dabei Menschen tötet und Gebäude zerstört. Weil der unbekümmert hemdsärmelig auftretende Rusty das Monster nicht besiegen kann, hilft ihm im zweiten und finalen Heft (der Comic erschien ursprünglich in zwei Comicheften) Big Guy aus den USA.

Für Fans von „Godzilla“- und Monstergeschichten ist „The Big Guy and Rusty the Boy Robot“ ein Fest.

Die jetzt bei Cross Cult erschienene deutsche Erstausgabe punktet mit ihrem großen Format (22 x 32 cm), das einen förmlich in die detailreichen, teils doppelseitigen Panels von Zeichner Geof Darrow und Kolorist Dave Stewart versinken lässt. Es gibt außerdem eine Cover-Galerie, eine Pin-Up-Galerie und eine weitere Geschichte mit den beiden Helden („Das Ungeheuer vom Unabhängigkeitstag!“).

Frank Miller: Sin City: Dieser feige Bastard (Band 4)

(übersetzt von Karlheinz Borchert, Paul Scholz und Andreas Mergenthaler)

Cross Cult, 2023

240 Seiten

30 Euro

Originalausgabe

Frank Miller’s Sin City Volume 4: That Yellow Bastard (# 1 – 6)

Dark Horse, 1996

Frank Miller: Sin City: Familienbande (Band 5)

(übersetzt von Rossi Schreiber, Lutz Göllner und Andreas Mergenthaler)

Cross Cult, 2023

144 Seiten

20 Euro

Originalausgabe

Frank Miller’s Sin City Volume 5: Family Values

Dark Horse, 1997

Frank Miller: Sin City: Bräute, Bier und blaue Bohnen (Band 6)

(übersetzt von Rossi Schreiber, Lutz Göllner und Andreas Mergenthaler)

Cross Cult, 2023

168 Seiten

25 Euro

Originalausgabe

Frank Miller’s Sin City Volume 6: Booze, Broads, & Bullets

Dark Horse 1993/1994/1995/1996/1997

Frank Miller: Sin City: Einmal Hölle und zurück (Band 7)

(übersetzt von Rossi Schreiber, Lutz Göllner und Dirk Lenz)

Cross Cult, 2023

328 Seiten

45 Euro

Originalausgabe

Frank Miller’s Sin City Volumen 7: Hell and Back (#1 – 9)

Dark Horse, 1999 – 2000

Frank Miller/Geof Darrow/Dave Stewart: The Big Guy and Rusty the Boy Robot

(übersetzt von Josef Rother)

Cross Cult, 2023

112 Seiten

30 Euro

Originalausgabe

The Big Guy and Rusty the Boy Robot # 1 – 2

Dark Horse, 1995

Hinweise

Wikipedia über Frank Miller (deutsch, englisch) und „Sin City“ (deutsch, englisch)

Blog/Homepage von Frank Miller

Meine Besprechung von Frank Miller/David Mazzucchelli/Richmond Lewis‘ „Batman – Das erste Jahr“ (Batman # 404 – 407, 1987)

Meine Besprechung von Frank Miller/Geof Darrows „Hard Boiled“ (Hard Boiled, 1990/1992)

Meine Besprechung von Frank Miller/Dave Gibbons’ “Martha Washington – Ein amerikanischer Traum (Band 1)” (Give me liberty, 1990)

Meine Besprechung von Frank Millers „Sin City: Stadt ohne Gnade (Band 1)“ (Frank Miller’s Sin City Volume 1: The Hard Goodbye, 1991/1992)

Meine Besprechung von Frank Millers „Sin City: Eine Braut, für die man mordet (Band 2)“ (Frank Miller’s Sin City Volume 2: A Dame to kill for, 1993/1994)

Meine Besprechung von Frank Millers „Sin City: Das große Sterben (Band 3)“ (Frank Miller’s Sin City Volume 3: The big fat Kill, 1994/1995)

Meine Besprechung von Frank Miller/Jim Lee/Scott Williams’ “All-Star Batman” (All Star Batman & Robin: The Boy Wonder, 2005 – 2008)

Meine Besprechung von Frank Millers “Holy Terror” (Holy Terror, 2011)

Meine Besprechung von Frank Miller/Brian Azzarello/Andy Kubert/Klaus Janson/Brad Anderson/Alex Sinclairs „Batman – Die Übermenschen“ (Dark Knight III: The Master Race # 1 – 9, 2018)

Meine Besprechung von Frank Miller/Robert Rodriguez‘ „Sin City 2: A Dame to kill for (Frank Miller’s Sin City: A Dame to kill for, USA 2014)

 


Der Horror. Über die Joe „Hill House Comics“ „Daphne Byrne – Besessen“ von „See Dogs – Blutige Wellen“ im „Schiff der lebenden Toten“ und „Ein Kühlschrank voller Köpfe“

März 1, 2023

In den USA erschien „Sea Dogs – Blutige Wellen“ ursprünglich in den US-Heftausgaben von anderen Geschichten der „Hill House Comcis“-Reihe. Meist wurden in einem Heft nur zwei Seiten der von Joe Hill geschriebenen und Dan McDaid gezeichneten Geschichte veröffentlicht.

Die Geschichte spielt während des US-amerikanischen Unabhängigkeitskrieges (1775 – 1783). Die Kolonisten, die um ihre Unabhängigkeit von der britischen Krone kämpfen, scheinen den Kampf zu verlieren. Denn die britischen Kriegsschiffe verhindern die Lieferung des für den Sieg dringend benötigten Nachschubs.

Da hat Benjamin Tallmadge, ein Geheimdienstoffizier der Kolonisten, eine brillante Idee. Er schleust unter falscher Identität drei Werwölfe auf die HMS Havoc. Das Kriegsschiff ist wegen seiner vielen Kanonen und seinem Kapitän allseits gefürchtet. Ein Schlag gegen die HMS Havoc wäre daher ein entscheidender Schritt zum Sieg.

Kurz nachdem das Kriegsschiff den Hafen verlassen hat, beginnen die Werwölfe in den Nächten die anderen Besatzungsmitglieder zu töten. Tagsüber sehen sie wie normale Männer aus.

Deshalb hat die Suche nach ihnen auch etwas von einem Whodunit.

Die von Joe Hill erfundene Geschichte leidet etwas unter ihrem Format, das ihn und Zeichner McDaid dazu zwingt, alle zwei, drei Seiten einen Cliffhanger zu produzieren. Entsprechend kurz sind die einzelnen Szenen. Umgekehrt passiert ständig etwas und es gibt keine Atempause bei der Suche nach den Werwölfen, die währenddessen munter die Besatzung töten.

Und jetzt kommen wir zu einigen anderen Hill House Comics, die in den vergangenen Jahren in der von Joe Hill herausgegebenen Reihe erschienen sind und die hier noch nicht abgefeiert wurden. Nämlich Laura Marks‘ „Daphne Byrne – Besessen“, Joe Hills „Schiff der lebenden Toten“ und Rio Youers‘ „Ein Kühlschrank voller Köpfe“.

Daphne Byrne – Besessen“ ist der schwächste der hier besprochenen Comics. Die im Original in sechs Heften erschienene, von Theater- und Drehbuchautorin Laura Marks geschriebene, von Kelley Jones gezeichnete Geschichte spielt 1886 in New York.

Die Schülerin Daphne Byrne glaubt, dass ihre Mutter von einem Medium, das behauptet, mit den Geistern der Verstorbenen reden zu können, ein Betrüger ist und sie finanziell ruinieren möchte. Dabei können sie nach dem Tod ihres Vaters jeden Cent gut gebrauchen. Deshalb versucht Daphne ihre Mutter zu überzeugen, dass sie an eine Betrüger geraten ist.

Zur gleichen Zeit trifft Daphne auf dem Friedhof am Grab ihres Vaters einen charismatischen jungen Mann, der behauptet so etwas wie ihr Bruder zu sein. Er entführt sie in eine fremde Welt in der es vielleicht doch Geister und Dämonen gibt. Falls sie nicht an Wahnvorstellungen leidet. Denn dieser für andere unsichtbare Mann könnte durchaus nur eine Fantasiefigur sein.

Das ist der Auftakt für eine durchaus spannende Geistergeschichte, in der auch sehr diesseitige Betrüger mitspielen und es teilweise wirklich gruselig wird. Wer also solche Geschichten mag, sollte hier zuschlagen.

Über hundert Jahre später spielt „Schiff der lebenden Toten“, das schon vom Titel an andere Geschichten mit lebenden Toten erinnert. Die Macher, Autor Joe Hill und Zeichner Stuart Immonen, nennen ihre Horrorgeschichte eine Hommage an H. P. Lovecraft und John Carpenters „Das Ding aus einer anderen Welt“. Und genau wie Carpenters Horrorfilm spielt Hills Horrorgeschichte in einer eisigen Umgebung.

Im April 1983 verschwindet die Derleth, ein Vermessungsschiff einer Ölbohrgesellschaft, spurlos in der Arktis. Vierzig Jahre später wird auf einem Marinestützpunkt das automatische Notsignal der Derleth empfangen.

Die Besitzer des Schiffes beauftragen Kapitän Gage Carpenter mit der Bergung des Schiffes, das in einem Atoll liegt, das die USA und Russland für sich beanspruchen. Carpenter fährt mit einer kleinen Besatzung los.

In einem Atoll entdecken sie das Schiff und, entgegen aller Wahrscheinlichkeit und gegen den gesunden Menschenverstand, die Besatzung der Derleth, die in den vergangenen vierzig Jahren nicht alterte.

Und mehr soll über diesen spannenden Horrorthriller nicht verraten werden.

Aus der Gegenwart geht es wieder zurück in die Vergangenheit. „Ein Kühlschrank voller Köpfe“ spielt 1984, ein Jahr nach den Ereignissen von „Ein Korb voller Köpfe“, wieder auf Brody Island, Maine. Arlene und Calvin, ein junges Pärchen, mieten sich auf der Insel ein. Sie suchen Artefakte aus der Wikinger-Zeit. Vor allem eine sagenumwobene Axt. Wenn man mit dieser Axt einen Menschen enthauptet, bleibt der Kopf am Leben.

Dummerweise sind sie nicht die einzigen, die diese Axt suchen. Und schnell, sehr schnell füllt sich der titelgebende Kühlschrank mit sprechenden Köpfen, die über ihr körperloses Dasein wenig erfreut sind und entsprechend lautstark darüber meckern..

Die von Autor Rio Youers und Zeichner Tom Fowler erzählte Geschichte „Ein Kühlschrank voller Köpfe“ kann ebenfalls als John-Carpenter-Horrorfilm oder präziser als Grindhouse-Film in der Tradition von „Planet Terror“ und „Machete“ bezeichnet werden. Denn die Geschichte ist äußerst blutig, sehr schwarzhumorig und überaus witzig. Jedenfalls wenn man sprechende Köpfe, die über ihr Schicksal jammern, fluchen und immer noch frech und vulgär sind, witzig findet.

Wie es sich für eine Anthologieserie gehört,kann jede Geschchte ohne die Kenntnis der anderen Geschichten genossen werden und ein Zusammenfügen der einzelnen Geschichten in einem gemeinsamen Universum ist auh nicht geplant. Zum Glück. Es sind einfach nur spannende Horrorgeschichten.

Von mir aus könnte das ewig so weitergehen. Auch wenn aktuell auf der dazugehörigen DC-Seite keine weiteren Hill House Comics angekündigt sind.

Joe Hill/Dan McDaid: See Dogs – Blutige Wellen

(übersetzt von Bernd Kronsbein)

Panini, 2023

100 Seiten

13 Euro

Originalausgabe/ursprünglich publiziert in

Basketfull of Heads # 1 -7, 2019/2020

The Dollhouse Family # 1 – 6, 2020

The low, low Woods # 1 – 6, 2020

Daphne Byrne # 1 – 6, 2020

Plunge # 1- 5, 2020

Laura Marks/Kelley Jones/Michelle Madsen: Daphne Byrne – Besessen

(übersetzt von Gerlinde Althoff)

Panini, 2021

164 Seiten

19 Euro

Originalausgabe/enthält

Daphne Byrne # 1 – 6

DC Black Label/Hill House Comics, März 2020 – September 2020

Joe Hill/Stuart Immonen/Dave Stewart: Schiff der lebenden Toten

(übersetzt von Gerlinde Althoff)

Panini, 2021

172 Seiten

19 Euro

Originalausgabe/enthält

Plunge # 1 – 6

DC Black Label/Hill House Comics, April – Oktober 2020

Rio Youers/Tom Fowler: Ein Kühlschrank voller Köpfe

(übersetzt von Bernd Kronsbein)

Panini, 2022

164 Seiten

19 Euro

Originalausgabe/enthält

Refrigerator Full of Heads # 1 – 6

DC Black Label/Hill House Comics, Oktober 2021 – Juni 2022

Hinweise

Homepage von Joe Hill

Wikipedia über Joe Hill (deutsch, englisch)

Joe Hill in der Kriminalakte

Meine Besprechung von Scott Derricksons Joe-Hill-Verfilmung „The Black Phone“ (The Black Phone, USA 2022)

Meine Besprechung von Joe Hill/Stephen King/Richard Mathesons „Road Rage“ (Road Rage, 2012)

Meine Besprechung von Joe Hill/Gabriel Rodriguez‘ „Tales from the Darkside – Geschichten aus der Schattenwelt“ (Tales from the Darkside # 1 – 4, 2016)

DC über Hill House Comics

Meine Besprechung von Joe Hill/Leomacs/Dave Stewarts „Ein Korb voller Köpfe“ (Basketful of Heads # 1 – 7, 2019/2020) (DC Black Label/Hill House Comics)

Meine Besprechung von M. R. Carey/Peter Gross‘ „Das Puppenhaus“ (The Dollhouse Family # 1 – 6, 2020) (DC Black Label/Hill House Comics)

Meine Besprechung von Carmen Maria Machado/Danis „Im tiefen, tiefen Wald“ (The low, low Woods # 1 – 6, 2020) (DC Black Label/Hill House Comics)


Über die ersten drei „Hill House Comics“-Horrorgeschichten: „Ein Korb voller Köpfe“, „Das Puppenhaus“, „Im tiefen, tiefen Wald“

März 1, 2021

Joe Hill, Sohn eines durchaus bekannten Schriftstellers und inzwischen auch selbst ein bekannter und mehrfach verfilmter Horrorautor, veröffentlichte seinen letzten Roman „The Fireman“ (Fireman) 2016. Seitdem konzentrierte er sich auf andere Dinge, wie die Comic-Anthologie-Reihe „Hill House Comics“. In ihr erscheinen seit Dezember 2019 in sich abgeschlossene Horrorgeschichten von ihm und anderen Autoren. Auch die Zeichner wechseln mit jeder Geschichte.

Den Auftakt machte „Ein Korb voller Köpfe“, geschrieben von Joe Hill, gezeichnet von Leomacs und Riccardo la Bella. In diesem 1983 spielendem Thriller mit einem übernatürlichem Element sind vier verurteilte Straftäter auf der in Maine liegende Insel Brody Island flüchtig. Sofort beginnt die vom örtlichen Sheriff angeführte Jagd.

Für Liam Ellsworth, der während des Sommers als Praktikant für die Inselpolizei arbeitete, ist es der letzte Arbeitstag. Seine Freundin June Branch besucht ihn und gemeinsam sollen sie, während der Sheriff und seine Männer die Flüchtlinge jagen, das Haus des Sheriffs bewachen. Dort, so glaubt der Sheriff, seien sie sicher.

Da brechen die Flüchtlinge in das Haus ein und verwüsten es. Sie foltern Liam und verschleppen ihn in den Wald. Als June aus ihrem Versteck kommt, trifft sie auf einen der Flüchtlinge, der das Haus bewachen soll. Er greift sie an. Sie schnappt sich eine historische Wikinger-Axt und schlägt ihm den Kopf ab. Und entgegen aller Erwartungen ist der Verbrecher danach nicht tot. Sein Kopf ist weiterhin quicklebendig und redselig.

Auf der Suche nach ihrem Freund trifft June in der stürmischen Nacht auf weitere Männer, die sie angreifen, von ihr geköpft werden und in dem titelgebenden „Korb voller Köpfe“ landen.

Im Grunde ist „Ein Korb voller Köpfe“ ein klassischer Survival-Thriller mit Noir-Elementen. Denn Hill zeichnet eine Welt, in der jeder jeden betrügt und alle hinter einem belastenden Tonband her sind. Auf dem Tonband soll Liam als Undercover-Agent seine Gespräche mit seinen Kollegen aufgezeichnet haben. Dazu kommen als Horrorelement die sprechenden Männerköpfe mit teilweise äußerst witzigen Dialogen. Das ergibt einen spannenden Thriller mit feministischen Untertönen und einer gelungenen Schlußpointe.

Auch in den anderen auf deutsch veröffentlichten „Hill House Comics“ haben Frauen eine zentrale Rolle und es gibt eine feministische Botschaft.

In „Das Puppenhaus“, geschrieben von M. R. Carey (aka Mike Carey), gezeichnet von Peter Gross, die bereits bei „Lucifer und „The Unwritten“ zusammen gearbeitet haben, erhält die kleine Alice 1979 von ihrer verstorbenen Großtante ein 1828 angefertigtes Puppenhaus mit besonders echt aussehenden Bewohnern.

Alice beginnt mit den Puppen zu spielen. Und erfährt von ihnen einen Zauberspruch, der es ihr ermöglicht zu schrumpfen und im Puppenhaus mit den Bewohnern Zeit zu verbringen. Dummerweise hat das Puppenhaus ein düsteres Geheimnis. Und das Haus hat einen mörderischen Einfluss auf Alice.

Carey und Gross erzählen die Geschichte des Hauses und seiner Bewohner über mehrere Jahrhunderte. Dieser komplexe Aufbau führt dazu, dass die Geheimnisse des Hauses, die hier noch nicht einmal angedeutet werden sollen, nur langsam enthüllt werden.

Von den drei „Hill House Comics“-Geschichten ist „Das Puppenhaus“, auch weil große Teile der Geschichte im 19. Jahrhundert in England spielen, am nächsten an einer traditionellen Gothic-Horror-Story.

Im bislang letzten Band der „Hill House Comics“-Reihe „Im tiefen, tiefen Wald“ geht es in das Kaff Shudder-to-Think in Pennsylvania. Shudder-to-Think war eine prosperierende Kohlestadt. Die gesamte Gegend atmete Kohle und schwitzte sie aus. Heute ist das nur noch eine Erinnerung zwischen dampfenden Erdspalten, leer stehenden und verfallenen Häusern und Anwesen, die als Party-Location für die wenigen Jugendlichen dienen. Die meisten Menschen sind weg gezogen.

Die Teenager Octavia und Eldora sind beste Freundinnen. Kennen lernten sie sich vor Jahren im Wald, in den sie nicht allein gehen sollten. Als Octavia von einem Wesen, das wie ein enthäuteter Mensch aussieht, angefallen wird, kann Eldora ihr helfen. Seitdem sind sie beste Freundinnen, die viel Zeit miteinander verbringen.

Jahre nach der Begegnung mit dem Waldwesen gehen sie als Teenager zusammen ins Kino und verschlafen den Film. Sie glauben, dass in dieser Zeit etwas mit ihnen geschehen ist. Sie wollen herausfinden, was mit ihnen geschehen ist.

Auf ihrer Suche nach Antworten müssen sie sich mit der Geschichte der Stadt, Mythen, Aberglaube und verdrängten Erinnerungen.

Im tiefen, tiefen Wald“ wurde von Carmen Maria Machado (die Autorin gibt hier ihr Comicdebüt) geschrieben und von Dani gezeichnet. Sie erzählen eine Coming-of-Age-Geschichte, die auch von Stephen King stammen könnte; – der hätte sie natürlich vollkommen anders erzählt.

Die ersten drei in der „Hill House Comics“-Reihe veröffentlichten Geschichten sind, bei allen Unterschieden gelungene Horrorgeschichten mit überraschenden Wendungen und starken Heldinnen.

So fürchterlich kann es weitergehen.

Joe Hill/Leomacs/Dave Stewart: Ein Korb voller Köpfe

(übersetzt von Gerlinde Althoff)

Panini, 2020

188 Seiten

20 Euro

Originalausgabe

Basketful of Heads # 1 – 7

DC Black Label/Hill House Comics, Dezember 2019 – Juli 2020

M. R. Carey/Peter Gross: Das Puppenhaus

(übersetzt von Gerlinde Althoff)

Panini, 2020

164 Seiten

19 Euro

Originalausgabe

The Dollhouse Family # 1 – 6

DC Black Label/Hill House Comics, Januar – Juni 2020

Carmen Maria Machado/Dani: Im tiefen, tiefen Wald

(übersetzt von Gerlinde Althoff)

Panini, 2020

164 Seiten

19 Euro

Originalausgabe

The low, low Woods # 1 – 6

DC Black Label/Hill House Comics, Februar – August 2020

Hinweise

DC über Hill House Comics

Meine Besprechung von Joe Hill/Stephen King/Richard Mathesons „Road Rage“ (Road Rage, 2012)

Meine Besprechung von Joe Hill/Gabriel Rodriguez‘ „Tales from the Darkside – Geschichten aus der Schattenwelt“ (Tales from the Darkside # 1 – 4, 2016)

Meine Besprechung von Colm McCarthy M.-R.-Carey-Verfilmung „The Girl with All the Gifts“ (The Girls with All the Gifts, Großbritannien/USA 2016)


Neu im Kino/Filmkritik: Die Gitarrendoku „Love Supreme – Sechs Saiten und ein Brett“

November 20, 2014

Das Problem bei „Love Supreme – Sechs Saiten und ein Brett“ sind nicht die oft kurzen Musikschnipsel. Das ist zwar schade und ärgerlich, wenn man von bekannten Liedern und Live-Auftritten bekannter Musiker nur einige Sekunden hört, aber durchaus verständlich, weil die Musikrechte manchmal extraordinär teuer sind und die Musik nicht im Mittelpunkt der Doku steht. Wobei die Konzertausschnitte mit der Unbekanntheit der Musiker länger werden, bis wir auf der Couch von Session-Gitarrist Tom Bukovac landen, der auf fünfhundert Nashville-Alben mitspielte. Aber wer kennt schon einen Session-Gitarristen?
Das Problem ist auch nicht, dass die meisten Gitarristen eher unbekannt und auch die Stars nicht unbedingt allgemein bekannte Weltstars sind. Als Filmemacher mit überschaubarem Budget freut man sich, wenn bekannte Gesichter wie Marius Müller-Westernhagen, Wolfgang Niedecken, Peter Maffay und Dave Stewart sich Zeit nehmen. Und oft haben unbekanntere Gitarristen und Session-Musiker etwas interessantes zu erzählen. Man fragt sie halt viel zu selten.
Das Problem bei „Love Supreme“ (wobei Jazzfans da nur an John Coltranes „A Love Supreme“ denken können) ist, dass die Regisseure Steffen König und Olaf Neumann nicht wussten, was sie erzählen wollten. Sie sagen zwar, dass sie herausfinden wollten, warum immer mehr Musiker Duesenberg-Gitarren benutzen und wer sie baut. Dieses vollkommen unkritische Firmenporträt ist ein Teil der spielfilmlangen Dokumentation. Wir dürfen zusehen, wie eine E-Gitarre gebaut wird (Erklärungen gibt es keine) und zuhören, wie Dieter Gölsdorf, der Entwickler der Duesenberg-Gitarren, über sich und seine Gitarren spricht. Aber außer Jugenderinnerungen und Allgemeinplätzen erfährt man nichts; – und dabei wäre gegen ein ordentliches Firmenporträt nichts einzuwenden.
Aber die meiste Zeit reden die Gitarristen in der Dokumentation über Gott und die Welt. Das ist durchaus interessant, aber es sind beliebige Zitate, ohne größeren Zusammenhang und Überbau. Manchmal wird auch die Duesenberg-Gitarre lobend erwähnt. Sie liege gut in der Hand. Sie klinge gut. Manchmal wird sie in den Konzertausschnitten auch erkennbar gespielt. Manchmal eine andere E-Gitarre oder eine Akustik-Gitarre.
Und irgendwann fragt man sich, ob die Duesenberg-Gitarre nur von Rockmusikern, meistens der gut abgehangenen Mainstream-Sorte, und einigen Blues-Musikern (die hier die Feigenblatt-Rolle übernehmen dürfen) gespielt wird. Es gibt keine Jazzer, keine Heavy-Metal-Gitarristen, keine Punker, keine Experimentalmusiker.
Ärgerlich ist während der gesamten Musik-Dokumentation der erbärmliche Sound. Die Konzerte sind meistens ein einziger Lärmmatsch, das den Charme eines Bootlegs hat. Die Interviews klingen teils übersteuert, teils gibt es nervige Nebengeräusche, weil König und Neumann sich mit dem Musiker in einer Wirtschaft unterhielten und das Klirren der Gläser und die Gespräche der anderen Gäste immer wieder stören. Schon mit einem besseren Mikrofon (und das muss kein extrem teures Mikrofon sein) oder einer gescheiten Raumwahl hätte hier das Schlimmste verhindert werden können.

Love Supreme - Plakat

Love Supreme – Sechs Saiten und ein Brett (Deutschland 2014)
Regie: Steffen König, Olaf Neumann
Drehbuch: Steffen König, Olaf Neumann
mit Tom Bukovac, Sarah Buxton, Mike Campbell, Carl Carlton, Nathan Fawley, Vince Gill, Dieter Gölsdorf, Uwe Hassbecker, Dann Huff, Steven Hufsteter, Keb‘ Mo‘, Robert Knight, Helmut Krumminga, Tito Larriva, Anna Loos, Louisiana Red, Peter Maffay, Ryan McGarvey, Grant Mickelson, Marius Müller-Westernhagen, Wolfgang Niedecken, Andy Powell, Ingo Renner, Brad Rice, Dave Stewart, Matt ‚Mojo‘ Tedder
und die Bands der Musiker, wozu auch, wegen Andy Powell, Wishbone Ash gehört
Länge: 94 Minuten
FSK: ab 0 Jahre

Hinweise

Homepage zum Film
Facebook-Seite zum Film
Film-Zeit über „Love Supreme“
Moviepilot über „Love Supreme“