Die kellnerrnde und sich vor allem um ihre Mutter kümmernde Anthropologiestudentin Sofia Papastergiadis (Emma Mackey) fährt mit ihrer Mutter Rose (Fiona Shaw) nach Almeria. In der spanischen Küstenstadt trifft die seit Jahrzehnten in einem Rollstuhl sitzende Rose auf einen Arzt, der sie vielleicht heilen kann. Dabei ist schnell, spätestens während Roses erstem Gespräch mit dem Doktor, klar, dass Rose jederzeit aufstehen und gehen könnte. Aber sie will nicht.
Während der Tage zwischen gemietetem Apartment und Arztbesuchen trifft Sofia am Strand auf die geheimnisvolle, sexuellen Abenteuern und Gesprächen nicht abgeneigte Ingrid Bauer (Vicky Krieps).
„Hot Milk“ ist der Debütfilm von Rebecca Lenkiewicz. Sie schrieb zuletzt die Drehbücher für das #MeToo-Drama „She said“ und die Wanderergeschichte „Der Salzpfad“ (Kinostart: 17. Juli).
In ihrem auf dem gleichnamigem Roman von Deborah Levy basierendem Drama geht es um die Beziehung zwischen einer selbstsüchtigen Mutter und einer Tochter, die ihr alle Wünsche erfüllt. Ob und wie sehr sie sich emanzipiert (was schon lange überfällig ist), ist dann das Thema des zähe neunzig Minuten vor sich hin plätschernden Films, der mich seltsam unberührt zurückließ.
Hot Milk (Hot Milk, Großbritannien 2025)
Regie: Rebecca Lenkiewicz
Drehbuch: Rebecca Lenkiewicz
LV: Deborah Levy: Hot Milk, 2016 (Heiße Milch)
mit Emma Mackey, Fiona Shaw, Vicky Krieps, Vincent Perez
Tod auf dem Nil (Death on the Nile, USA/Großbritannien 2022)
Regie: Kenneth Branagh
Drehbuch: Michael Green
LV: Agatha Christie: Death on the Nile, 1937 (Der Tod auf dem Nil)
Wenn Hercule Poirot Ägypten besucht, dann bleibt für das normale Touristenprogramm wenig Zeit. Denn es gibt einen Tod auf dem Nil – und jeder, der zum Tatzeitpunkt auf dem Touristendampfer war, gehört zu den Verdächtigen.
TV-Premiere. Zweiter Poirot-Film von und mit Kenneth Branagh, wieder ein Remake einer allseits bekannten Poirot-Verfilmung und wieder solala.
mit Kenneth Branagh, Gal Gadot, Armie Hammer, Rose Leslie, Emma Mackey, Letitia Wright, Annette Bening, Russell Brand, Tom Bateman, Jennifer Saunders, Dawn French, Ali Fazal, Sophie Okonedo
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Die Vorlage (im Filmcover)
Agatha Christíe: Der Tod auf dem Nil – Ein Fall für Poirot
Als Hercule Poirot in Ägypten vor einer Pyramide meditiert, wird er von einem alten Bekannten gestört. Der bringt den belgischen Privatdetektiv mit der sehr reichen, sehr schönen und überaus jungen Erbin Linnet Ridgeway zusammen. Sie ist, mit ihrer Entourage, unzähligen Koffern und einer Tanzband gerade auf ihrer mondänen Hochzeitsreise. Alles könnte perfekt sein, wenn sie und ihr Mann Simon Doyle nicht von Jacqueline De Bellefort, der vorherigen Freundin ihres Ehemannes, verfolgt würden. De Bellefort machte sie miteinander bekannt. Jetzt ist sie eine vom Hass auf das glückliche Paar zerfressene Stalkerin.
Linnet Ridgeway (bzw. nach der Heirat Doyle) lädt den berühmten Detektiv Poirot ein, sie und ihre Hochzeitsgesellschaft auf den von ihr gemieteten Luxus-Schaufelraddampfer S. S. Karnak zu begleiten. Die Millionenerbin hofft, dass sie so De Bellefort entkommen kann.
Aber kurz darauf ist De Bellefort trotzdem auf dem Dampfer. Etwas später liegt Linnet Ridgeway erschossen in ihrer Kabine im Bett.
Hercule Poirot beginnt den Täter zu suchen. Denn er ist noch auf dem Schiff und er mordet munter weiter; – was natürlich auch eine Methode ist, um die Zahl der Tatverdächtigen zu verkleinern. Denn jeder Schiffspassagier hat ein gutes Mordmotiv.
Angekündigt wurde diese Nilfahrt bereits 2017 am Ende von „Mord im Orientexpress“, dem ersten Auftritt von Kenneth Branagh als Hercule Poirot. Sein zweiter Auftritt sollte bereits im Oktober 2020 im Kino starten. Ein dritter Film ist bereits geplant. Seit dem ursprünglich geplantem Kinostart sorgte die Coronavirus-Pandemie und andere Probleme für mehrere Verschiebungen des Starttermins. Doch jetzt ist es soweit.
Michael Green schrieb wieder das Drehbuch. Kenneth Branagh übernahm wieder die Regie und er spielt wieder Hercule Poirot. Dieses Mal allerdings mit einem deutlich gestutztem Oberlippenbart. In einem vollkommen überflüssigem Prolog wird erzählt, wie er zu seinem Bart kam. Danach soll der Oberlippenbart eine hässliche Kriegsverletzung auf seiner rechten Gesichtshälfte verdecken. Das würde mit diesem Bart allerdings nicht gehen. Und bis jetzt hat wohl kein Poirot-Fan darüber gerätselt, warum Poirot einen Bart hat. Denn der belgische Ermittler hat einfach einen Oberlippenbart. Er hat, wie es damals üblich war, auch keine nennenswerte Vergangenheit, keine ausformulierte Biographie und damit auch kein eindeutig bestimmbares Alter. So hielt Agatha Christie ihn bei seinem ersten Auftritt 1920 schon für eine älteren Mann. 1975 erschien ihre letzte Poirot-Geschichte. Insgesamt ließ sie ihn in 33 Romanen, über fünfzig Kurzgeschichten und zwei Theatestücken ermitteln. Seit 2014 schrieb Sophie Hannah, im Auftrag der Erben von Agatha Christie, vier Poirot-Romane. Für seinen dritten Poirot-Film könnte Branagh also mühelos eine Geschichte verfilmen, die, im Gegensatz zu seinen ersten beiden Poirot-Filmen, noch nicht für das Kino verfilmt wurden.
Das Opfer und die Verdächtigen werden, wie schon in „Mord im Orientexpress“, von bekannten Schauspielern gespielt. Gal Gadot spielt Linnet Ridgeway (bzw. in dem Moment, wegen der Heirat, Doyle), Armie Hammer spielt ihren Mann Simon Doyle und Emma Mackey spielt Jacqueline De Bellefort als Doyles frühere Freundin. Außerdem spielen, in keiner bestimmten Ordnung, Annette Beining, Tom Bateman, Russell Brand, Ali Fazal, Rose Leslie, Jennifr Saunders, Dawn French, Sophie Okonedo und Letitia Wright mit.
Die Pyramiden, das Schiff und die Kostüme sind überaus fotogen. Wobei die meisten Aufnahmen von den Pyramiden, dem Hotel, dem Dampfer und somit Ägypten im Studio entstanden.
Das folgt dem Rezept der bekannten Agatha-Christie-Kinoverfilmungen, in denen viele bekannte Schauspieler an einem fotogenem Ort versammelt werden und jeder Schauspieler irgendwann seinen großen Auftritt als Verdächtiger hat. Das Erzähltempo ist betulich und alles ist beruhigend altmodisch.
In diesem Fall ist auch die Geschichte bekannt. Agatha Christie veröffentlichte den Poirot-Roman „Der Tod auf dem Nil“ 1937. Er wurde seitdem mehrmals verfilmt. Die bekannteste Verfilmung ist John Guillermins Verfilmung von 1978 mit Peter Ustinov als Hercule Poirot. Sie läuft regelmäßig im Fernsehen und sie wurde vor wenigen Tagen wieder im Kino gezeigt.
Genau wie Guillermins Verfilmung ist Branaghs Verfilmung kulinarisches Kino, verschwenderisch in seiner Pracht, schön anzusehen und in Nostalgie badend. Wie der Roman und wie eigentlich alle Rätselkrimis spielt die Geschichte in einer Parallelwelt, in der der Mord als intellektuelles Puzzle betrachtet wird und in dem aktuelle politische Probleme ignoriert werden. So ist in dem Roman nichts vom heraufziehenden Zweiten Weltkrieg zu spüren. Der Kolonialismus ist auch kein Problem. Ägypten ist einfach nur die austauschbare Kulisse. Eine Fototapete eben, vor der weiße, vermögende Engländer sich gegenseitig umbringen. Die Einheimischen kommen höchstens als namenlose Kofferträger vor. Die Tanzband ist im Film eine großzügig gezeigte Jazzband mit zwei schwarzen Sängerinnen. Aber ob der Film 1937 oder dreißig Jahre früher oder später spielt, ist egal.
Somit ist alles angerichtet für einen traditionellen Rätselkrimi.
Allerdings haben Drehbuchautor Michael Green und Branagh erstaunliche Probleme, die Geschichte zu erzählen. „Tod auf dem Nil“ ist, wie gesagt, ein Rätselkrimi mit den entsprechenden Konventionen. So geschieht der Mord ungefähr in der Filmmitte. Bis dahin macht sich jeder der Passagiere hinreichend verdächtig. Und De Bellefort ist von Anfang an schon so verdächtig, dass sie als Mörderin ausscheidet; – wenn das nicht eine von ihr gelegte falsche Spur ist. Nach dem Mord beginnt Poirot mit seinen Ermittlungen, in denen jedes Mitglied der Reisegruppe noch verdächtiger wird. Sie haben selbstverständlich bombenfeste Alibis, die sich wenige Minuten später als Lügengebilde herausstellen. Und am Ende, das normalerweise ungefähr das letzte Viertel bis Drittel der Geschichte einnimmt, versammelt der Detektiv alle in einem Raum und erklärt ihnen nacheinander, welches Motiv jeder von ihnen gehabt hätte, wie er den Mord hätte begehen können und warum er doch nicht der Täter ist. Es werden also mehrere mögliche Tatabläufe präsentiert, ehe am Ende der Täter enttarnt wird.
Diesem Plot folgt Branagh auch. Aber es gelingt ihm nie, Poirots Ermittlungen nachvollziehbar zu gestalten. Dafür bleiben alle Tatverdächtigen und ihre Motive viel zu diffus. Keiner von ihnen wird zu einer erinnerungswürdigen Figur. Die meisten haben noch nicht einmal erinnerungswürdige Auftritte.
Das Finale, die groß angelegte Enttarnung des Bösewichts, ist eine hastig hingeschluderte Enttarnung, die kaum im Gedächtnis bleibt. Dabei sollte sie der mit vielen Wendungen und Einzeilern gestaltete Höhepunkt des Rätselkrimis sein.
So ist „Tod auf dem Nil“, auch in den engen Konventionen des Rätselkrimis betrachtet, ein enttäuschendes und oft langweiliges Werk. Darüber kann der ins Leere laufende Bombast der Inszenierung nicht hinwegtäuschen.
Tod auf dem Nil (Death on the Nile, USA/Großbritannien 2022)
Regie: Kenneth Branagh
Drehbuch: Michael Green
LV: Agatha Christie: Death on the Nile, 1937 (Der Tod auf dem Nil)
mit Kenneth Branagh, Gal Gadot, Armie Hammer, Rose Leslie, Emma Mackey, Letitia Wright, Annette Bening, Russell Brand, Tom Bateman, Jennifer Saunders, Dawn French, Ali Fazal, Sophie Okonedo
Länge: 127 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
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Die Vorlage (zum Kinostart mit neuem Cover – in der Übersetzung von Pieke Biermann liest sich die Geschichte überaus flott mit einem angenehm humorvollem Unterton. So hatte ich den „Tod auf dem Nil“ nicht in Erinnerung.)
Agatha Christíe: Der Tod auf dem Nil – Ein Fall für Poirot
Den Eifellturm kennt jeder. Ursprünglich war der 312 Meter hohe Turm als das höchste Bauwerk der Welt und als zweckfreie „Weil ich es kann“-Demonstration der Ingenieurkunst geplant. Nach zwanzig Jahren sollte er abgerissen werden. Heute ist die immer noch stehende Touristenattraktion ein weltweit bekanntes Wahrzeichen von Paris. Und erst vierzig Jahre später gab es ein höheres Gebäude: das in New York stehende, 319 Meter hohe Chrysler Building.
Aber wie kam es dazu, dass Gustave Eiffel den nach ihm benannten Turm für die Pariser Weltausstellung 1889 baute?
Martin Bourboulon erzählt in „Eiffel in Love“ die Geschichte des Baus des Turms und verbindet sie mit einer Liebesgeschichte. Denn kurz bevor Eiffel sich entschließt, das Turmprojekt zu beginnen, trifft er seine große Liebe Adrienne Bourgès wieder. Als junger Ingenieur verliebte er sich 1860 beim Bau einer Brücke in Bordeaux in sie. Die damals von ihnen geplante Hochzeit fand nicht statt und sie sahen sich nicht wieder.
Diese Hochzeit war damals auch angekündigt, aber die in „Eiffel in Love“ präsentierte Liebesgeschichte gehört doch eher vollständig in das Reich der Phantasie. Aber es ist eine schöne Geschichte, die Bourboulon, auch dank Romain Duris, der Gustave Eiffel gewohnt elanvoll spielt, angenehm kurzweilig erzählt. Es gibt etwas Liebe, etwas Humor, einige historische Fakten und eine ordentliche Portion Flunkerei. Schließlich handelt es sich nicht um einen Dokumentar-, sondern um einen Spielfilm, der in der Tradition historisch sehr mild grundierter, um nicht zu sagen frei erfundener, Schnulzen steht.
Deshalb können wir am Ende dankbar sein, dass Eiffels große Liebe Adrienne und nicht Brigitte oder Catherine hieß.
Eiffel in Love (Eiffel, Frankreich/Deutschland 2021)
Regie: Martin Bourboulon
Drehbuch: Caroline Bongrand (Originaldrehbuch, Adaption und Dialoge), Thomas Bidegain (Adaption und Dialoge), Martin Bourboulon (Adaption und Dialoge), Natalie Carter (Adaption und Dialoge), Martin Brossollet (Adaption und Dialoge)
mit Romain Duris, Emma Mackey, Pierre Deladonchamps, Alexandre Steiger, Armande Boulanger, Bruno Raffaelli