Neben „Annie“ ist „The Gambler“ der zweite Film, der diese Woche startet und der ein Remake ist. Und wie bei „Annie“ ist auch bei uns das Original, der Spielfilm „Spieler ohne Skrupel“ (The Gambler, USA 1974) von Karel Reisz mit James Caan in der Hauptrolle, fast unbekannt; was auch in diesem Fall vor dem „das Original ist besser“-Spruch bewahrt und eine unvoreingenommene Betrachtung des Werkes fördert.
Mark Wahlberg hat in dem Remake die Rolle des titelgebenden Spielers übernommen. Rupert Wyatt, der vorher „Planet der Affen: Prevolution“ inszenierte, die Regie. William Monahan („The Departed“, „Der Mann, der niemals lebte“, „London Boulevard“) überarbeitete das alte, autobiographisch inspirierte Drehbuch von James Toback. Außerdem hat Monahan inzwischen, nach seinem Drehbuch, mit Mark Wahlberg den Thriller „Mojave“ inszeniert.
Bei so viel Talent steigen natürlich die Erwartungen – und entsprechend groß ist dann auch die Enttäuschung. Dabei ist die Charakterstudie „The Gambler“ kein wirklich schlechter Film, es ist nur ein Film, bei dem ich immer den Eindruck hatte, dass er immer deutlich unter seinen Möglichkeiten bleibt. Er begeisterte mich nicht. Er riss mich emotional nie so mit, wie ich es erhofft hatte. Stattdessen verfolgte ich eher gelangweilt das Schicksal des Spielers Jim Bennett (Mark Wahlberg), einem Literaturprofessor aus reichem Haus, der hoch verschuldet ist und sich, um seine Schulden zu bezahlen, weiter verschuldet. Mit diesem Geld und immer höheren Einsätzen spielt er, in der Hoffnung auf den großen Gewinn, weiter, als ob alles in bester Ordnung sei. Immerhin kann er ja beim nächsten Spiel gewinnen und dann sein Schulden zurückzahlen – oder weiter spielen.
Weil von der ersten Sekunde an eine pessimistische Noir-Stimmung über dem Film liegt, braucht es nicht den siebentätigen, rückwärts gezählten Countdown, um sich auszurechnen, wohin Jim Bennetts Leben steuert.
Innerhalb dieser Woche im sonnigen Los Angeles lernen wir seine Mutter (Jessica Lange), die ihm kein Geld mehr geben will, einen Kredithai (John Goodman, nackt, mit Glatze und einem uneingeschränkten Mut zur Hässlichkeit), der ihm, garniert mit schier endlosen Reden, Geld gibt und eine seiner Studentinnen (Brie Larsen), die in einem illegalen Casino bedient, kennen.
Sie, die später seine Freundin wird, stellt er zunächst vor seinen Studenten in einem langen Monolog bloß, der, wie die vielen anderen Monologe im Film von Bennett und seinen Antagonisten (vor allem von John Goodman) eher vor sich hin mäandern als wirklich zielführend zu sein.
Das sind dann Momente, die Schauspieler als große Auftritte lieben, die aber den Film nicht wirklich voranbringen und die auch wenig über Bennett verraten. Oft glaubt man, dass der Film aus einer Aneinanderreihung von Monologen besteht, die vor allem dazu dienen, den Charakter über irgendetwas mehr oder weniger tiefschürend philosophieren zu lassen.
So bleibt „The Gambler“ eine Charakterstudie, ein Noir, der immer auf einen besseren Film hoffen lässt.
Für Cineasten sind der Country-Noir „Die Nacht des Jägers“ und der Neo-Western „Einsam sind die Tapferen“ Klassiker, die bislang in Deutschland noch nicht auf DVD oder nur in einer sehr spartanischen DVD veröffentlicht wurden.
So war „Die Nacht des Jägers“ bislang nur als DVD ohne Bonusmaterial erhältlich. Die DVD/Blu-ray-Ausgabe von Koch-Media in der „Masterpieces of Cinema“-Collection enthält jetzt den Film auf DVD und, erstmals, Blu-ray mit knapp zwanzig Minuten Bonusmaterial. Der nächste Schritt wäre eine deutsche Veröffentlichung der Criterion-DVD/Blu-ray mit umfangreichem Bonusmaterial, wie einem Audiokommentar mit dem Second-Unit-Regisseur Terry Sanders, Filmarchivar Robert Gitt, Kritiker F. X. Feeney und Autor Preston Neal Jones, dem gut vierzigminütigem „The Making of ‚The Night of the Hunter’“, dem gut 160-minütigem „Charles Laughton directs ‚The Night of the Hunter’“ und vielen weiteren Extras. Aber das dürfte noch einige Zeit dauern; falls überhaupt.
In „Die Nacht des Jägers“, dem einzigen Spielfilm von Schauspieler Charles Laughton, spielt Robert Mitchum den während der Depression über das Land ziehenden Prediger Harry Powell, der „Hate“ (Hass) und „Love“ (Liebe) auf seine Finger tätowiert hat und diese Tätowierungen bei seinen Predigen beeindruckend zur Geltung bringt. Er ist aber auch ein eiskalter Psychopath, der sich bei den Harpers einnistet, weil der vorherige Hausherr dort nach einem missglückten Überfall, für den er die Todesstrafe erhielt, 10.000 Dollar versteckt hat. Nur die beiden Kinder John und Pearl wissen, wo das Geld versteckt ist.
Nachdem Powell ihre Mutter getötet hat und will er von ihnen das Versteck erpressen. In einem kleinen Boot flüchten sie. Aber wie ein böser Dämon verfolgt Powell sie.
Der Country-Noir-Klassiker, der formal an den deutschen expressionistischen Film anschließt und dessen oft irreale Fotografie und das oft übertriebene Schauspiel auch heute noch verstört, ist auch unglaublich spannend. Vor allem weil Robert Mitchum als Prediger eine Ausgeburt der schlimmsten Alpträume der beiden Kinder ist.
Und sicher beeinflusste der Film auch Joe R. Lansdale bei seinem neuesten Roman „Dunkle Gewässer“ (Edge of Dark Water). Jedenfalls sind die Bezüge und Querverweise zwischen dem Film und dem Buch, vor allem in der alptraumhaften Stimmung, wenn man sie kurz hintereinander genießt, verblüffend – und Joe R. Lansdale schrieb für eine für Juli 2013 angekündigte US-Prachtausgabe von Davis Grubbs Roman, der die Vorlage für den Film ist, eine Einleitung.
„Einsam sind die Tapferen“ ist ein Post-Western, der normalerweise irgendwo im Nachtprogramm versteckt wird und jetzt erstmals auf DVD erhältlich ist. Das Bonusmaterial (es entspricht der US-DVD der Universal „Backlot Serie“) ist zwar kurz, aber sehr informativ.
Wie in „Die Nacht des Jägers“ ist die Geschichte auf den ersten Blick nicht sonderlich komplex. Es wird die Geschichte einer Jagd erzählt. Jack Burns, einer der letzten Cowboys, der sich den Cowboy-Idealen verpflichtet fühlt, provoziert 1953 in einer Kleinstadt in New Mexico eine Schlägerei, um in das Gefängnis eingeliefert zu werden. Dort sitzt sein Freund Paul, weil er Mexikanern über die Grenze geholfen hat. Ein Verbrechen vor dem Gesetz. Für Burns einfach ein Akt der Menschlichkeit. Eine Selbstverständlichkeit für jemand, der Grenzen sowieso nicht respektiert. Als Paul, der inzwischen bürgerlich wurde, nicht mit ihm ausbrechen will, bricht Burns alleine aus. Er will über eine Hügelkette in Richtung Mexiko flüchten. Sheriff Johnson verfolgt ihn.
Kirk Douglas nannte „Einsam sind die Tapferen“ später immer wieder seinen Lieblingsfilm, sein Sohn Kirk Douglas hält ihn für den besten Film seines Vaters, der Western taucht regelmäßig in Bestenlisten auf und er hat heute viele Fans, wie Steven Spielberg, der im Bonusmaterial über den Western spricht.
Für dieses Lob gibt es viele Gründe. So ist der Film, nach einem grandiosen Drehbuch von Dalton Trumbo, zugleich eine einfache, Western-typische Verfolgungsjagd, und eine komplexe, auf mehreren Ebenen spielende Meditation über das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft, von Freiheit und Konformität, von Western-Idealen, die vielleicht schon immer ein Mythos waren, und einer Gegenwart, in der andere Werte zählen.
Dazu kommen die grandiosen Schauspieler: Kirk Douglas als freiheitsliebender Cowboy, Gena Rowlands als seine Freundin und Pauls Frau, Walter Matthau als nach außen hin schläfriger Polizist (ungefähr so schläfrig wie ein im Schatten auf seine Beute lauernder Panther) und George Kennedy als sadistischer Gefängniswärter. Oh, und das Pferd von Kirk Douglas.
„Einsam sind die Tapferen“ ist der bekannteste Film von David Miller und wahrscheinlich auch, – zugegeben, ich kenne seine anderen Filme nicht so sehr -, sein bester Film.
Genug gelobt, lassen wir zwei andere Stimmen zu Wort kommen:
„Die Qualitäten und das Engagement des Films sind die Qualitäten und das Engagement seiner Autoren. Edward Abbey, der Romanautor, war hauptsächlich Umweltschützer in US-Nationalparks. Dalton Trumbo, der Drehbuchautor, war der prominenteste unter den ‘Hollywood-Ten’, die nach den McCarthy-Verfolgungen offiziell nicht mehr beschäftigt werden durften,…Es gibt Kritiker, die finden, dass in diesem Film sein missionarischer Enthusiasmus mit ihm durchgegangen ist.“ (Joe Hembus: Das Western-Lexikon, 1976/1995)
„‘Einsam sind die Tapferen’ ist der paradigmatische Postwestern. Ein existenzialistischer Film, eine kritische Studie, ein selbstreflexives Metapherngewitter. Schwarz-weiß war ein genialer Schachzug. (…) ‚Lonely are the Brave‘, ein kleiner Schwarzweißfilm, ist ein großer Western. Sollte einmal die Geschichte des Western als Genre tatsächlich geschrieben werden, so wird dieser Film in der Gruppe der Gründungsmythen und der filmischen Reflexionen auf das Problem der Gründungsgeschichte der amerikanischen Gesellschaft einen herausragenden Platz einnehmen.“ (Josef Rauscher in Bernd Kiefer/Norbert Grob, Hrsg.: Filmgenres: Western, 2003)
Die Nacht des Jägers (Night of the Hunter, USA 1954)
Regie: Charles Laughton
Drehbuch: James Agee
LV: Davis Grubb: Night of the hunter, 1953
mit Robert Mitchum, Shelley Winters, Lillian Gish, Billy Chapin, Sally Jane Bruce, James Gleason, Evelyn Warden, Peter Graves
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DVD/Blu-ray
Koch Media (Masterpieces of Cinema Collection No. 01)
Bild: 1,66:1
Ton: Deutsch, Englisch (DTS-HD Master Audio 2.0, Dolby Digital 2.0)
Terroristen entführen ein US-Passagierflugzeug. Die Delta Force rückt aus, um den Entführern Manieren beizubringen.
Obwohl „Delta Force“ auf der Entführung des TWA Flug 847 am 14. Juni 1985 basiert, ist Menahem Golans Werk „ein weiteres Monument der Ramb-Ideologie“ (Fischer Film Almanach 1987) und wäre nicht besonders bemerkenswert, wenn die Produzenten Menahem Golan und Yoram Globus, die Cannon-Chefs, die damals als B-Actionfilmschmiede das Bild das Actionkinos bestimmte („Missing in Action“, „Invasion U. S. A.“, „Die City-Cobra“ und viele mehr), nicht so viele Stars für ihren Film verpflichtet hätten. Der Film selbst zerfällt in zwei Hälften: in der ersten wird ziemlich realistisch die Entführung und die Reaktionen der Passagiere gezeigt; in der zweiten entwickelt sich eine abstruse Befreiungsorgie, die komplett auf jegliche Logik verzichtet. Immerhin lernen wir die Chuck-Norris-Methode des effizienten Umbringen des Bösewichts kennen.
Der Rest sind Hurra-Patriotismus für die USA (typisch für Golan/Globus-Filme) und Israel (sehr untypisch), arabische Klischee-Bösewichter und viel Action.
Der Film war bis Juli 2011 indiziert. Nachdem er vom Index genommen und neu geprüft wurde, erhielt er eine „FSK ab 16 Jahre“-Freigabe.
„Delta Force“ ist auch der letzte Film von Lee Marvin.
mit Chuck Norris, Lee Marvin, Martin Balsam, Joey Bishop, Hanna Schygulla, Robert Foster, Lainie Kazan, George Kennedy, Susan Strasberg, Bo Svenson, Robert Vaughn, Shelley Winters, Kim Delaney, Liam Neeson (ungenannt, als Delta-Force-Mitglied)