Während im großen Kinosaal Roboter Autos verkloppen und ‚Familie‘ beschworen wird, während Autos geschrottet werden, gibt es in den kleineren Kinosälen einiges zu entdecken. Und, wenn es interessiert: in diesen Filmen wird kein Auto geschädigt.
„How to blow up a Pipeline“ ist kein filmischer „Wie geht das?“-Ratgeber über das Zerstören von Pipelines. Obwohl Daniel Goldhaber in seinem spannenden Thriller ziemlich detailliert die Vorbereitung für einen solchen Anschlag zeigt.
In West Texas treffen sich mitten in der menschenleeren Einöde einige Menschen, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben. Trotzdem haben sie sich für dieses Treffen verabretet. Sie wollen nämlich die nahe gelegene Ölpipeline zerstören und so das Unternehmen schädigen.
In Rückblenden erzählt Goldhaber warum sie diesen terroristischen Akt verüben wollen und wie sie sich fanden. Denn sie leben verstreut über die USA, sind verschieden alt und haben teilweise konträre politische Ansichten. Normalerweise wären diese Feierabendterroristen sich niemals begegnet. Durch die Rückblenden wird auch nachvollziehbar, warum sie nicht weiter friedlich protestieren oder ihr Schicksal klaglos ertragen wollen. Sie wollen die Ölfirma und den Kapitalismus bestrafen. Sie wollen ein Zeichen setzen.
Als Krimifan hat mir gefallen, dass hier die Täter nicht nur ihre Tat, sondern auch ihre Flucht akribisch planten. Das ist nämlich der Punkt, an dem die meisten perfekten Verbrechen schief gehen.
How to blow up a Pipeline (How to blow up a Pipeline, USA 2022)
Regie: Daniel Goldhaber
Drehbuch: Ariela Barer, Jordan Sjol, Daniel Goldhaber
LV (Inspiration): Andreas Malm: How to blow up a Pipeline: Learning to Fight in a World on Fire,, 2021 (Wie man eine Pipeline in die Luft jagt: Kämpfen lernen in einer Welt in Flammen)
mit Ariela Barer, Kristine Froseth, Lukas Gage, Forrest Goodluck, Sasha Lane, Jayme Lawson, Marcus Scribner, Jake Weary, Irene Bedard
Länge: 108 Minuten
FSK: ab 16 Jahre
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Hinweise
Moviepilot über „How to blow up a Pipeline“
Metacritic über „How to blow up a Pipeline“
Rotten Tomatoes über „How to blow up a Pipeline“
Wikipedia über „How to blow up a Pipeline“ (deutsch, englisch)
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In „Medusa Deluxe“ wird während eines regionalen Hairdresser-Wettbewerbs einer der Teilnehmer ermordet. Die anderen am Wettbewerb teilnehmden Hairstylist*innen müssen jetzt am Tatort warten, bis ihre Aussagen aufgenommen wurden. Bis dahin bewegen sie sich durch das weitläufige Gebäude und spekulieren in wechselnden Gruppen darüber, wer der Mörder, der sich noch im Haus befindet, ist.
Regisseur Tom Hardiman inszenierte sein Spielfilmdebüt quasi als One-Take. Genaugenommen wurde der Film an acht Tagen gedreht und er sieht jetzt aus, als sei er ohne einen Schnitt gedreht worden. Schwerelos bewegt die Kamera sich durch die Gänge, geht von Raum zu Raum. Einige Personen begleitet sie länger. Die Polizei ist währenddessen seltsam abwesend.
Der Ton ist immer klar verständlich. Nebengeräusche gibt es kaum. Radios und Fernseher sind ausgeschaltet. Und die Damen reden hintereinander. Erregt zwar, aber sie lassen die andere Hairstylistin ausreden. Dieser Verzicht auf überlappende Dialoge trägt zur irrealen Atmosphäre des Films ein.
Für den Kriminalfall interessiert Hardiman sich nicht weiter. Der ist für ihn nur der schnell unwichtig werdende Red Herring, der die Zuschauer auf seinen Film aufmerksam macht. Der Film selbt ist dann eine Liebeserklärung an nicht dem Hollywood-Schönheitsideal entsprechende Frauen, die auch gut in einem Rosa-von-Praunheim-Film passen würden.
Dieses von Hardiman im Film versammelte, äußerst farbige Ensemble exzentrischer, fast ununterbrochen plappernder Hairstylist*innen mit ihren die Blicke auf sich ziehenden Frisuren und sein Wagemut, den Film ohne einen erkennbaren Schnitt zu inszenieren, ist dann definitiv einen Blick wert.
In jedem Fall weckt „Medusa Deluxe“ die Neugierde auf seinen nächsten Film. Dann gerne mit einem besseren Drehbuch.
Medusa Deluxe (Medusa Deluxe, Großbritannien 2022)
Regie: Tom Hardiman
Drehbuch: Tom Hardiman
mit Anita-Joy Uwajeh, Clare Perkins, Darrell D’Silva, Debris Stevenson, Harriet Webb, Heider Ali, Kae Alexander, Kayla Meikle, Lilit Lesser, Luke Pasqualino, Nicholas Karimi
Länge: 101 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
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Hinweise
Moviepilot über „Medusa Deluxe“
Metacritic über „Medusa Deluxe“
Rotten Tomatoes über „Medusa Deluxe“
Wikipedia über „Medusa Deluxe“
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In „Nostalgia“ kehrt Felice Lasco (Pierfancesco Favino) nach vierzig Jahren zurück nach Neapel. Er streift durch das Viertel, in dem er aufwuchs und das er als Fünfzehnjähriger überstürzt verließ. Er kümmert sich um seine kränkelnde Mutter. Er trifft andere Menschen, schwelgt in Erinnerungen und er möchte auch seinen damaligen besten Freund Oreste wieder treffen. Dieser ist inzwischen ein gefürchteter Camorra-Boss. Von diesem Gespräch erhofft er sich eine Form von Vergebung für die Sünden seiner Jugend. Immerhin spielt das melancholische Drama im katholischen Italien und Felice trifft sich regelmäßig mit einem in seiner Gemeinde respektierten Pfarrer, der versucht den Menschen eine Perspektive abseits des Lebens als Krimineller zu geben.
Viel passiert nicht in Mario Martones neuem Film. Er verlässt sich ganz auf seinen grandiosen Hauptdarsteller Pierfrancesco Favino („Il Traditore“, „Suburra“), der dem von ihm gespielten Felice eine große Tiefe verleiht. Er überspielt die an einigen wichtigen Punkten unklare Motivation von Felice. So ist vollkommen unklar, warum er gerade jetzt in seine Geburtsstadt zurückkehrt. Noch unklarer ist, warum der inzwischen als erfolgreicher Unternehmer in Kairo lebende, glücklich verheiratete Felice sich eine monatelange Auszeit von seiner Arbeit nimmt und allein durch Neapel streift. Das Ende ist dann im Rahmen eines Gangsterfilms durchaus vorhersehbar, aber auch unbefriedigend.
Dank Favino und der atmosphärischen Kamera von Paolo Carnera („Bad Tales – Es war einmal ein Traum“, „Suburra“) gelingt Martone ein stark gespieltes, konzentriert inszeniertes Stück über Erinnerungen und den aus der Vergangenheit erwachsenden echten und gefühlten Verpflichtungen.
Nostalgia (Nostalgia, Italien/Frankreich 2022)
Regie: Mario Martone
Drehbuch: Mario Martone, Ippolita di Majo
LV: Ermanno Rea: Nostalgia, 2018 (Nostalgia)
mit Pierfrancesco Favino, Francesco Di Leva, Tomasso Ragno, Sofia Essaidi, Aurora Quattrocchi, Nello Mascia
Länge: 118 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
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Hinweise
Rotten Tomatoes über „Nostalgia“
Wikipedia über „Nostalgia“ (deutsch, englisch, italienisch)
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Auch in „The Adults“ kehrt der Protagonist nach längerer Zeit in seine Heimatstadt zurück. Eric will eigentlich nur kurz bei einem alten Freund und seinen beiden Schwestern Rachel und Maggie vorbeischauen und sich so schnell wie möglich wieder auf den Weg machen. Aber die Aussicht auf ein größeres Pokerspiel verzögert seine Abreise aus der Kleinstadt.
Diese Pokerrunden interessieren den spielsüchtigen Eric dann auch mehr als seine beiden Schwestern und, der Grund für seinen Besuch, das Baby seines damals besten Freundes.
In seinem Indie-Drama vermisst Dustin Guy Defa familiäre Dynamiken als ruhige Charakterstudie. Es passiert wenig zwischen diesen Geschwistern, die früher immer zusammen waren, die sich jetzt auseinandergelebt haben und nicht wissen, wie sie miteinander umgehen sollen.
Mich ließ dieses Independent-Drama, im Gegensatz zu den vorher besprochenen Filmen, reichlich desinteressiert zurück.
The Adults (The Adults, USA 2023)
Regie: Dustin Guy Defa
Drehbuch: Dustin Guy Defa
mit Michael Cera, Hannah Gross, Sophia Lillis
Länge: 91 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
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Hinweise