Neu im Kino/Filmkritik: „47 Meters down: Uncaged“ schwimmt der Riesenhai durch das Bild

Oktober 10, 2019

Ganz am Ende des Abspanns gibt es den Hinweis, dass jedes Jahr deutlich mehr Menschen Haie umbringen als umgekehrt.

Aber diese Zeilen, die die Filmgeschichte mit zwei Sätzen endgültig ad absurdum führen, wird kaum jemand lesen.

Der Film selbst entstand, nachdem „47 Meters Down“ sich vor zwei Jahren zu einem Überraschungserfolg entwickelte. Ursprünglich sollte der Horrorfilm nur auf DVD erscheinen. Dann wurde er doch in etlichen Ländern im Kino gezeigt. Am Ende spielte der fünf Millionen US-Dollar teure Horrorfilm 62 Millionen US-Dollar ein. Bei den Zahlen war eine Fortsetzung unvermeidlich.

Für diese Fortsetzung „47 Meters Down: Uncaged“ ist jetzt selbstverständlich das Budget mit zwölf Millionen US-Dollar größer, ein Kinostart von Anfang an geplant und die Zahl potentieller Opfer ist höher.

Dieses Mal tauchen in Mexiko vier gut proportionierte Mädchen, auf deren Stirn schon vor dem ersten Tauchgang groß „Haifischfutter“ steht, in einer versunkenen Maya-Stadt. Kurz nachdem sie in die verwinkelte Stadt hineingeschwommen sind, werden sie von einem riesigen Hai angegriffen.

Johannes Roberts, der bereits „47 Meters down“ inszenierte, hat wieder die Regie übernommen. Zusammen mit Ernest Riera, dem Co-Autor von „47 Meters down“, erfand er eine Geschichte, die nichts mit der Geschichte des ersten Films zu tun hat. Die neuen Haiangriffe spielen an einem anderen Ort und andere Haie greifen andere Schauspieler an.

Die austauschbare Besetzung ist immerhin gut für ein, zwei Schlagzeilen. Corinne Foxx ist die Tochter von Jamie Foxx und Sistine Stallone die von Sylvester Stallone. Sie geben hier ihre Spielfilmdebüts. Weil sie zu den Bikini-Schönheiten gehören, die unter Wasser selbstverständlich immer eine Tauchermaske aufhaben, kann über ihr Spiel nichts gesagt werden.

Immerhin erfahren wir durch sie und ihre beiden Mittaucherinnen Brianne Tju und Sophie Nélisse, wie man, wenn man dem Drehbuch glaubt, den Sauerstoff effektiv streckt. Indem man möglichst viel redet und noch mehr schreit. Wundersamerweise hält so der Sauerstoff in der Welt von „47 Meters down: Uncaged“ länger. Das beschreibt auch ungefähr die Qualität des gesamten an Überraschungen und Thrills armen Drehbuchs.

So ist „47 Meters down: Uncaged“ ein Film für den anspruchslosen Tierhorrorfilmfan, der sich freut, wenn Haie und spärlich bekleidete Bikini-Schönheiten durch das Bild gleiten und die Kamera das alles mit ruhiger Hand aufnimmt.

Alle anderen Tierhorrorfans sollten sich dagegen den deutlich gelungeneren Alligatorenhorrorfilm „Crawl“ ansehen.

47 Meters down: Uncaged (47 Meters down: Uncaged, USA 2019)

Regie: Johannes Roberts

Drehbuch: Ernest Riera, Johannes Roberts

mit Sophie Nélisse, Corinne Foxx, Brianne Tju, Sistine Stallone, Davi Santos, John Corbett, Nia Long

Länge: 88 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Facebook-Seite zum Film

Englische Homepage zu Film

Moviepilot über „47 Meters down: Uncaged“

Metacritic über „47 Meters down: Uncaged“

Rotten Tomatoes über „47 Meters down: Uncaged“

Wikipedia über „47 Meters down: Uncaged“ 

Meine Besprechung von Johannes Roberts‘ „The other side of the door“ (The other side of the door, USA 2015)

Meine Besprechung von Johannes Roberts‘ „The Strangers: Opfernacht“ (The Strangers: Prey at Night, USA 2018)


Neu im Kino/Filmkritik: „The Silence“ – überflüssiger B-Horror

Mai 16, 2019

In einer Höhle in den USA öffnen einige Höhlenforscher einen Hohlraum, in dem seit Jahrhunderten Lebewesen leben, die später „Avispa“ (spanisch für Wespe) genannt werden. Obwohl sie mehr wie eine missgelaunte Kreuzung aus Fledermaus und Hähnchen aussehen. Sie sehen nichts, aber sie haben ein sehr gutes Gehör und sie stürzen sich auf jedes Geräusch. Für diese Monster sind andere Lebewesen Nahrung. Sie verbreiten sich rasend schnell über die USA. Ob sie auch nach Europa, Afrika und Asien kommen, wissen wir nicht.

Schnell veröffentlicht die Regierung eine Warnung: „Schließen Sie alle Fenster und Türen. Machen Sie keine Geräusche. Fahren Sie nicht mit dem Auto. Gehen Sie nicht aus dem Haus. Bringen Sie sich in Sicherheit und verhalten Sie sich absolut still. Nehmen Sie diese Hinweise ernst und setzen Sie nicht Ihr Leben aufs Spiel!“

In diesem Moment denkt man an John Krasinskis Horrorfilm „A quiet Place“, der das Zeug zum Klassiker hat, den Kinosaal wirklich in einen quiet Place verwandelte und mindestens einen sehr interessanten Subtext hatte. All das hat der laute „The Silence“ nicht.

Außerdem inszenierte Krasinski seinen Horror-Thriller so gut, dass man erst lange nach dem Abspann über die nicht plausiblen Momente nachdachte. Zum Beispiel warum die Menschen die außerirdischen Monster nicht mit Geräuschen an bestimmte Orten lockten und dort töteten.

Immerhin tun das in „The Silence“ die Andrews‘ ab und an, aber halt nicht immer. Sie sind eine ganz normale, glückliche US-Familie. Der Vater Hugh Andrews (Stanley Tucci) ist ein Architekt. Er ist glücklich verheiratet mit Kelly (Miranda Otto). Sie haben zwei Kinder: die fast erwachsene, seit einem Unfall vor einigen Jahren taube Ally (Kiernan Shipka) und ihr zwölfjähriger Bruder Jude (Kyle Breitkopf). Kellys Mutter Lynn (Kate Trotter) lebt ebenfalls bei ihnen. Und sie haben einen Hund. Hughs bester Freund und Arbeitskollege Glen (John Corbett) begleitet sie am Anfang ihrer Reise. Denn die Andrews‘ ignorieren jede Warnung der Regierung. Sie verlassen ihr Haus und die Stadt und machen sich auf den Weg an irgendeinen Ort, der sicher vor den Avispas sein soll.

Später erfahren sie, dass es im Norden sicher sein soll, weil die Avispas Kälte nicht vertragen.

Annabelle“-Regisseur John R. Leonetti inszeniert das als Reisegeschichte, die ihre eigene Prämisse und ihre Figuren niemals ernst nimmt.

Das beginnt schon damit, dass bei vielen Gesprächen mit der gehörlosen Ally alle sich gleichzeitig in Gebärdensprache unterhalten und miteinander reden. Nur ist es vollkommen unsinnig, etwas zu sagen, wenn man es gerade mit seinen Fingern zeigt. Im wirklichen Leben tut man das nicht, weil es keinen Grund dafür gibt.

Weiter geht es damit, dass die Menschen in Massen ihre Wohnungen verlassen und mit ihren Autos die Highways blockieren. So ein Megastau sieht zwar gut aus. Aber warum die geräuschsensiblen Avispas nicht alle Autofahrer auf der Autobahn attackieren, bleibt rätselhaft. Dafür werden die Andrews‘ und Glen später auf einer Waldstraße von den Avispas angegriffen.

Sowieso reagieren die Viecher mal auf Geräusche, mal nicht. Halt wie es gerade passt.

Entsprechend sorglos verursachen die Menschen immer wieder Geräusche und unterhalten sich.

Und die Idee, dass eine Person, die nichts hört, besonders gut gegen die Tiere, die auf jedes Geräusch reagieren, kämpfen kann, ist kompletter Blödsinn. Denn Ally, die die Protagonistin sein soll, hört überhaupt nicht, welche Geräusche sie verursacht. Sie ist die am wenigsten geeignete Person, um gegen Tiere zu kämpfen, die jede Geräuschquelle hemmungslos attackieren.

Dieser laxe Umgang mit der Prämisse fällt im Film schnell auf. Durchgehend ignorieren die Macher die von ihnen aufgestellten Regeln. Sie klatschen die bekannten Dystopie-Standard-Situationen lustlos und ohne irgendein Gefühl für Stimmung und Spannung hintereinander. Und auch wenn gerade einige Menschen von den Monstern angegriffen werden, bleibt es erstaunlich unblutig. Da ist jede Folge von „The Walking Dead“ brutaler.

The Silence“ ist ein deprimierend einfallsloses B-Picture, das sogar beinharte Genre-Fans getrost ignorieren können.

The Silence (The Silence, USA/Deutschland 2018)

Regie: John R. Leonetti

Drehbuch: Shane Van Dyke, Carey Van Dyke

LV: Tim Lebbon: The Silence, 2015 (The Silence)

mit Stanley Tucci, Kiernan Shipka, Miranda Otto, Kate Trotter, John Corbett, Kyle Breitkopf, Billy MacLellan

Länge: 90 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Filmportal über „The Silence“

Moviepilot über „The Silence“

Metacritic über „The Silence“

Rotten Tomatoes über „The Silence“

Wikipedia über „The Silence“

Meine Besprechung von John R. Leonettis „Annabelle“ (Annabelle, USA 2014)

Meine Besprechung von John R. Leonettis „Wish upon“ (Wish upon, USA 2017)


Neu im Kino/Filmkritik: Jennifer Lopez vernascht „The Boy next Door“

März 19, 2015

Jennifer Lopez spielt Claire Peterson, High-School-Lehrerin und alleinerziehende Mutter eines siebzehnjährigen Sohnes. Ihr fremdgehender Ehemann würde gerne wieder in den Schoß der Familie zurückkehren und umwirbt sie und seinen Sohn entsprechend galant. Aber sie kann ihm den Seitensprung mit seiner Sekretärin nicht verzeihen.
Als in das Nachbarhaus Noah (Ryan Guzman) einzieht, um seinen pflegebedürftigen Onkel zu pflegen, gefällt ihr der gut aussehende, freundliche, hilfsbereite und handwerkliche begabte Junge. Eines Nachts, nach einem desaströsen Date, ist sie alleine in ihrer Wohnung und, als er sie unter einem Vorwand anruft, geht sie rüber in das Nachbarhaus und sie haben heißen Sex, den er ohne ihr Wissen aufnimmt.
Am nächsten Tag bereut sie es. Denn der neunzehnjährige Noah ist einer ihrer Schüler, der wegen einiger Probleme die Schule wechselte und noch nicht mit ihr fertig ist. Er ist auch schlau und belesen. Vor allem in der antiken Literatur, die sie in diesem Schuljahr unterrichtet. Eigentlich ist er ein echter Vorzeigeschüler, der, wie Claire jetzt schnell herausfindet, einen kleinen psychischen Schaden hat. Denn er will jetzt ihr ein gemeinsames Leben beginnen und er ist bereit, alle Hindernisse, die seiner Fantasie im Weg stehen könnten, mit Psychospielchen, Erpressung und Mord aus dem Weg zu räumen.
Nachdem zuletzt in den USA an einigen Universitäten sogar Beziehungen zwischen Hochschullehrern und Studierenden verboten wurden, ist, vor dem derzeitigen gesellschaftlichen Klima in den USA, diese Bettgeschichte von Claire so hirnverbrannt, dass die weitere Handlung ziemlich egal ist.
Aber Drehbuchautorin Barbara Curry hätte trotzdem eine Geschichte erfinden können, die nicht in jeder Sekunde wie eine 08/15-Version von „Eine verhängnisvolle Affäre“ mit vertauschten Geschlechtern aussehen würde. Wobei der größere Altersunterschied und die Lehrer-Schüler-Beziehung der Geschichte jeden Anschein von Plausibilität nimmt.
„The Fast and the Furious“-Regisseur Rob Cohen gewinnt dieser munter die bekannten Erotik-Thriller-Klischees aneinanderreihenden Geschichte auch keine neuen Aspekte oder überraschenden Wendungen ab. Von der ersten bis zur letzten Minute spult „The Boy next Door“ überraschungsfrei sein Programm ab. Und ohne die immer wieder fotogen in Szene gesetzten Kurven von Jennifer Lopez wäre ‚der Junge von nebenan‘ direkt im DVD-Regal neben all den anderen vernachlässigbaren Erotik-Thrillern gelandet.

The Boy next Door - Plakat

The Boy next Door (The Boy next Door, USA 2015)
Regie: Rob Cohen
Drehbuch: Barbara Curry
mit Jennifer Lopez, Ryan Guzman, Ian Nelson, John Corbett, Kristin Chenoweth, Lexik Atkins, Hill Harper
Länge: 91 Minuten
FSK: ab 16 Jahre

Hinweise
Deutsche Facebook-Seite zum Film
Film-Zeit über „The Boy next Door“
Moviepilot über „The Boy next Door“
Metacritic über „The Boy next Door“
Rotten Tomatoes über „The Boy next Door“
Wikipedia über „The Boy next Door“

Meine Besprechung von Rob Cohens James-Patterson-Verfilmung „Alex Cross“ (Alex Cross, USA 2012)