Jetzt weiß ich, warum die Ägypter Grabräuber nicht mögen.
Der Found-Footage-Murks „Katakomben“ spielt zwar nicht in Ägypten, sondern in Paris und die Heldin behauptet selbst von sich, dass sie keine Grabräuberin sei. Aber sie prescht mit einer Eleganz durch die Katakomben von Paris (laut Presseheft wurde sogar alles vor Ort gedreht, aber sie hätten das Werk genausogut in irgendeinem Hinterhofstudio drehen können), dass kein Stein mehr auf dem anderen bleibt. Mauern werden eingerissen, Skelette flugs zur Seite geräumt und ein riesiger Klunker, der „Stein der Weisen“, wird mit roher Gewalt aus einem Fresko entfernt. Dass bei diesem feinfühligem Vorgehen einige Decken und Gänge einstürzen ist ein akzeptabler Kollateralschaden bei der Schatzsuche. Außerdem können die jungerwachsenen Protagonisten in dem Moment eh schon nicht mehr so richtig zwischen Wahn und Wirklichkeit oder zwischen Hölle und Normalität unterscheiden.
Dabei haben die sechs Twenty-Somethings, zusammengewürfelt aus der hyperbrillanten Schatzsucherin Scarlett Marlowe (die das alles tut, um das Vermächtnis ihres toten Vaters zu vollenden, unzählige Sprachen kann, Doktortitel wie Fliegenstiche sammelt, wagemutiger als Indiana Jones und verdammt jung ist), ihrem Freund (der wegen des Todes seines kleinen Bruders eine ausgewachsene Abneigung gegen Höhlen hat), einem klaustrophobischem Dokumentarfilmer und drei Pariser Urban Explorer, die just for fun bei der Schatzsuche helfen, auf den Weg in die verbotenen Gänge der Katakomben gemacht, weil Scarlett einen unterirdischen Raum unter dem Grab von Nicolas Flamel vermutet. Flamel war Alchemist und in diesem seit Jahrhunderten nicht entdecktem Raum ist der Stein der Weisen, der jedes Metall in Gold verwandeln und das ewige Leben schenken kann. Also macht sich die zusammengewürfelte Truppe auf den Weg in die Unterwelt.
Weil sie in den Katakomben eine Abkürzung benutzen wollen, vor der sie ihr einheimischer Tourguide Papillon warnt, öffnen sie auch gleich das Tor zur Hölle und, nun, seltsame Dinge geschehen, Erinnerungen materialisieren sich und einige werden den Tag nicht überleben.
Dieses Spiel mit Wahn und Wirklichkeit hilft auch den Drehbuchautoren Drew Dowdle und John Erick Dowdle (der auch Regie führte), die auch für „Quaranäne“ und „Devil – Fahrstuhl zur Hölle“ verantwortlich sind. Denn nachdem Scarlett und die anderen das unterirdische Paris betreten haben, verabschiedet sich schnell auch die Restlogik aus „Katakomben“. Dafür sind ein verstaubtes, aber klingelndes Telefon, ein altes Klavier mit einer lädierten Taste und ein brennendes Auto mit einem schreiendem Insassen in den Katakomben (keine Ahnung, wie es dahin kam) einfach zu gute Bilder. Einige geisterhafte Figuren dürfen auch durch das Bild huschen – und es gibt eine Unzahl vollkommen absurder Momente. Wenn die Jugendlichen vor einer schon vor Jahrhunderten gestorbenen Person stehen und sich gegenseitig mehrmals versichern, dass er tot ist; wenn sie an einem Mönch vorbeischleichen und ihn dabei mit ihren Lampen anstrahlen (naja, vielleicht ist er blind, aber nicht taub), dann werden, auch ohne die Spielerei mit oben und unten (der Originaltitel ist „As above, so below“), im eh schon logikfernen Found-Footage-Genre neue Höhen der Absurdität erreicht, die sicher in einigen Mitternachtsscreenings für noch mehr Lacher sorgen als während der Pressevorführung. Denn bei dem Mitternachtsscreening kann dann jeder unbefangen seine Kommentare zum Leinwandgeschehen in den Raum brüllen.
Zu den gruseligen Dialogen (wahrscheinlich war die Regieanweisung: „Sagt einfach, was euch so einfällt.“) und der kopfschmerzförderlichen Wackel-Wackelkamera (herrje, sogar mein an Parkinson leidender Urgroßvater hat eine ruhigere Hand) sag ich jetzt nichts. Das gehört ja seit dem „Blair Witch Project“ zum gut gepflegten Found-Footage-Ton. Genauso wie Bilder, die unmöglich von einem der Charaktere aufgenommen worden sein können.
Katakomben (As above, so below, USA 2014)
Regie: John Erick Dowdle
Drehbuch: John Erick Dowdle, Drew Dowdle
mit Perdita Weeks, Ben Feldman, Edwin Hodge, Francis Civil, Marion Lambet, Ali Marhyar
Länge: 93 Minuten
FSK: ab 16 Jahre
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Hinweise
Deutsche Homepage zum Film
Film-Zeit über „Katakomben“
Moviepilot über „Katakomben“
Metacritic über „Katakaomben“
Rotten Tomatoes über „Katakomben“
Wikipedia über „Katakomben“ (deutsch, englisch)

Veröffentlicht von AxelB