Weil Nicole Kidman gerade so oft, mit sehr unsterschiedlichen Filmen im Kino zu sehen ist. „Aquaman“ läuft noch (und hat schon über eine Milliarde eingespielt), „Der verlorene Sohn“ (Boy Erased, mit Lucas Hedges und Russel Crowe, wahre Geschichte über einen Baptistenprediger, der seinen homosexuellen Sohn heilen will, Kinostart am 21. Februar), „Mein Bester & ich“ (The Upside, mit Bryan Cranston und Kevin Hart, US-Remake von „Ziemlich beste Freunde“, Kinostart am 21. Februar) und „Destroyer“ (ein insgesamt sehenswerter Noir-Polizeikrimi von „Aeon Flux“-Regisseurin Karyn Kasuma mit Kidman als extrem taffer, von Dämonen aus ihrer Vergangenheit gejagter Polizistin, Kinostart am 14. März).
Arte, 20.15
To Die For (To Die For, USA 1995)
Regie: Gus Van Sant
Drehbuch: Buck Henry
LV: Joyce Maynard: To die for, 1992 (To die for)
TV-Wetterfee Suzanne Stone Maretto lässt für ihre Karriere Männer über die Klinge springen, bis sie an die Mafia gerät.
Bitterböse Mediensatire. Heute war wahrscheinlich noch aktueller und realistischer als damals.
mit Nicole Kidman, Matt Dillon, Joaquin Phoenix, Casey Affleck, Dan Hedaya, Kurtwood Smith, Buck Henry (als Mr. H. Finlaysson), Joyce Maynard (als Suzannes Anwältin), David Cronenberg, George Segal (jeweils Gastauftritte)
1987 geht in der Kleinstadt Holton Mills in New Haven alles seinen geregelten Gang. Die Nachbarn sind höflich, bringen Äpfel rüber, die Türen sind sowieso nie abgeschlossen und manchmal vergißt man vor dem Eintreten auch das Anklopfen. Man kennt sich ja im Dorf. Auch wenn Adele Wheeler (Kate Winslet) und ihr damals dreizehnjähriger Sohn Henry (Gattlin Griffith) wohl so etwas wie Exoten sind. Sie ist geschieden und hat sich seitdem vollständig in ihr Haus, das auch schon etwas heruntergekommen ist, zurückgezogen. Es fehlt halt der Mann für die nötigen Arbeiten am Haus und an ihrer Psyche.
Vor dem Labor-Day-Wochenende überredet Henry seine Mutter, ihn zum Einkaufen in die Shopping Mal zu begleiten. Dort trifft Henry auf einen geheimnisvollen, blutenden Mann, der zuerst ihn und dann seine Mutter als Geisel nimmt und sich bei ihnen in ihrem Haus versteckt. Er ist der flüchtige Schwerverbrecher Frank Chambers (Josh Brolin), der sich schnell als liebevoller Vater- und Ehemann-Ersatz entpuppt, der in Adele wieder die Lebensgeister weckt und Henry das Backen von Obstkuchen beibringt, während vor ihrer Haustür die Polizei ihn sucht und auch über Zeitung und Fernsehen nach ihm fahndet. Kurz: der skrupellose Mörder ist das Ortsgespräch.
Aber trotz des flüchtigen Verbrechers, der eine Frau und ihren Sohn als Geisel nimmt, ist Ivan Reitmans neuer Film „Labor Day“ kein Kriminalfilm, sondern eine Schnulze im Nicholas-Sparks-Stil, veredelt durch die guten Schauspieler und immer wieder auf den nackten Boden der Tatsachen zurückgeholt. Denn es gelingt Reitman nie, die hochgradig künstliche Prämisse glaubhaft zu gestalten. Vor allem weil die eine gute Woche dauernde Geiselnahme mitten in der Kleinstadt stattfindet, freundliche Nachbarn immer wieder an die Tür klopfen, mit einem behinderten Nachbarjungen ein Nachmittag im Garten verbracht wird und der Flüchtling am hellichten Tag einige Reperaturen am Haus durchführt und Henry endlich die richtige Wurftechnik im US-amerikanischen Nationalsport beibringt. Aber die furchtbar aufmerksamen Nachbarn bemerken nicht, dass der gutaussehende Mann der skrupellose Mörder ist, dessen Bild es auf die erste Seite der Tageszeitungen und ins Fernsehen gebracht hat.
Und wenn Henry zur Schule geht, sich mit einer neuen Schulfreundin trifft oder einige Einkäufe erledigen muss, verrät er Frank auch nicht an die Polizei. Immerhin ist der Gast ja ein verständnisvoller Superdaddy, der wirklich alles kann, und ein feinfühliger Liebhaber. Wenn er kein gesuchter Schwerverbrecher wäre (aber auch das Problem wird gelöst), wäre er der perfekte Mann. Und in Rückblenden erfahren wir, was uns nicht wirklich überrascht, dass er kein kaltblütiger Mörder ist. Eigentlich ist er ein Pechvogel.
Nein, wenn die Schauspieler und die Regie nicht so gut wären, wäre „Labor Day“ ein ungenießbares Kitsch-Fest. So ist es ein zäh erzähltes, ironiefreies und wirklichkeitsfernes Kitsch-Fest, das besser ist, als es die im Kern unglaubwürdige Geschichte verdient hat.