Neu im Kino/Filmkritik: Über Mika Kaurismäkis „Grump“

November 28, 2022

Grump ist, wie sein Name verrät, ein grummeliger, immer schlecht gelaunter, von seiner Meinung überzeugter Mittsiebziger. Als er seinen über alles geliebten, ihn seit Ewigkeiten überallhin befördernden roten 72er Ford Escort zu Schrott fährt, braucht der in Finnland auf dem Land lebende Witwer ein neues Auto. Und das muss ein roter 72er Ford Escort sein. Grumps Nachbar findet im Internet genau so einen Oldtimer. Der Verkäufer lebt in der Nähe von Bonn.

Also macht Grump sich auf den Weg. In Hamburg trifft er durch eine Verkettung unglücklicher Umstände, die uns hier nicht weiter zu interessieren brauchen, seinen Bruder Tarmo. Früher waren sie ständig zusammen. Seit vierzig Jahren haben sie kein Wort mehr miteinander gesprochen. Tarmo ist das Gegenteil von Grump: er lebt in einem Wohnwagen, ist nett, lebensbejahend, tolerant, allgemein beliebt und neugierig.

Gemeinsam machen sie sich auf den Weg in Richtung Bonn. Nach dem Kauf des Ford Escorts geht es ohne Umwege zur nächsten Familienzusammenführungen. Denn Tarmo hat eine Tochter, die er seit Ewigkeiten nicht gesehen hat.

Während Grump und sein Bruder durch Deutschland fahren und sich wieder näher kommen, warten in Finnland Grumps Söhne auf seine Rückkehr. Sie sehen sich schon seit Ewigkeiten nur noch ab und zu und sie müssen sich jetzt, während sie einige Tage auf dem Hof ihres Vaters verbringen, ihren familiären und finanziellen Problemen stellen.

Grump“, der neue Film von Mika Kaurismäki, ist ein in Finnland und Deutschland spielendes Road-Movie mit einem schon von der ersten Minute an absehbarem positiven Ende. Denn Kaurismäki spult das sattsam bekannte hamonieselige Feelgood-Programm ab. Nur dass er die Geschichte nordisch unterkühlt erzählt. Einige schräge Figuren, ebenso schräger Humor und Grumps herrlich ichbezogen und von der Richtigkeit seiner Meinung überzeugten Sätze sorgen für vergnügliche Momente.

Am Ende ist „Grump“ eine rundum nette und harmlose Mischung aus Road-Movie und Feelgood-Movie.

Die Originalfassung ist zweisprachig.

 

Grump (Mielensäpahoittaja Eskorttia etsimässä, Finnland/Deutschland 2022)

Regie: Mika Kaurismäki

Drehbuch: Daniela Hakulinen, Tuomas Kyrö

LV: Grump-Romane von Tuomas Kyrö

mit Heikki Kinnunen, Kari Väänänen, Ville Tihonen, Likka Forss, Rosalie Thomass, Tiina Lymi, Mari Perankoski, Silu Säppälä, Samu Haber

Länge: 109 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Grump“

Moviepilot über „Grump“

Wikipedia über „Grump“ 

Meine Besprechung von Mika Kaurismäkis „The Girl King“ (The Girl King, Fnnland/Deutschland/Kanada/Schweden 2015)

Meine Besprechung von Mika Kaurismäkis „Master Cheng in Pohjanjoki“ (Master Cheng, Finnland/China/Großbritannien 2019)

Meine Besprechung von Mika Kaurismäkis „Eine Nacht in Helsinki“ (Yö Armahtaa, Finnland 2020)


TV-Tipp für den 7. September: Master Cheng in Pohjanjoki

September 6, 2022

Arte, 20.15

Master Cheng in Pohjanjoki (Master Cheng, Finnland/China/Großbritannien 2019)

Regie: Mika Kaurismäki

Drehbuch: Hannu Oravisto, Mika Kaurismäki (Adaption), Sami Keksi-Vähälä (Adaption)

Auf der Suche nach Fongtron strandet Master Cheng mit seinem Sohn in Pohjanjoki, einer Ansammlung von Hütten in Lappland. In einer dieser Hütten ist die Gaststätte von Sirkka. Nachdem er spontan eine chinesische Reisegruppe, die von ihrem Essen entsetzt ist, bekocht, engagiert sie ihn als Koch.

Wunderschönes Feelgood-Movie, das schon bevor Cheng seine Messer auspackt, unsere Herzen erobert hat.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Pak Hon Chu, Anna-Maija Tuokko, Lucas Hsuan, Vesa-Matti Loiri, Anna-Maija Tuokko, Kari Väänänen

Hinweise

Homepage zum Film

Moviepilot über „Master Cheng in Pohjanjoki“

Rotten Tomatoes über „Master Cheng in Pohjanjoki“

Wikipedia über „Master Cheng in Pohjanjoki“

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TV-Tipp für den 25. Dezember: Master Cheng in Pohjanjoki

Dezember 24, 2021

One, 20.15

Master Cheng in Pohjanjoki (Master Cheng, Finnland/China/Großbritannien 2019)

Regie: Mika Kaurismäki

Drehbuch: Hannu Oravisto, Mika Kaurismäki (Adaption), Sami Keksi-Vähälä (Adaption)

Auf der Suche nach Fongtron strandet Master Cheng mit seinem Sohn in Pohjanjoki, einer Ansammlung von Hütten in Lappland. In einer dieser Hütten ist die Gaststätte von Sirkka. Nachdem er spontan eine chinesische Reisegruppe, die von ihrem Essen entsetzt ist, bekocht, engagiert sie ihn als Koch.

TV-Premiere. Wunderschönes Feelgood-Movie, das schon bevor Cheng seine Messer auspackt, unsere Herzen erobert hat.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Pak Hon Chu, Anna-Maija Tuokko, Lucas Hsuan, Vesa-Matti Loiri, Anna-Maija Tuokko, Kari Väänänen

Hinweise

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Moviepilot über „Master Cheng in Pohjanjoki“

Rotten Tomatoes über „Master Cheng in Pohjanjoki“

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Meine Besprechung von Mika Kaurismäkis „Master Cheng in Pohjanjoki“ (Master Cheng, Finnland/China/Großbritannien 2019)


Neu im Kino/Filmkritik: „Master Cheng in Pohjanjoki“ gibt Nachhilfe im Kochen und entdeckt…

Juli 29, 2020

Pohjanjoki ist kein Dorf irgendwo in der chinesischen Provinz, sondern eine Ansammlung von einigen wenigen Häusern und einem Imbissrestaurant in Lappland. Die Stammgäste sind meist älter und sehr finnisch. Die Restaurantbesitzerin Sirkka ist deutlich jünger, etwas resolut und finnisch-blond. Das von ihr zubereitete, oder treffender angerichtete Essen soll finnisch sein, sieht aber wie einer meiner Kochversuch aus, die ich mir nur schön reden kann, weil ich sehr hungrig bin und es nichts anderes zu Essen gibt. Sirkkas Mahlzeiten sind von ausgewählter Lieblosigkeit.

An diesem Ort strandet Master Cheng mit seinem Sohn. Cheng sucht Fongtron. Ob es sich dabei um einen Namen für eine Person oder um etwas anderes handelt, wissen Sirkka und ihre Gäste nicht. Sie haben noch nie von einen Fongtron.

Trotzdem will Cheng in Pohjanjoki bleiben und Fongtron suchen.

Als eine chinesische Reisegruppe, deren Bus liegen blieb, Sirkkas Restaurant betritt und von dem Anblick des finnischen Essen (Diese Matsche soll Essen sein?) schockiert ist, bietet Cheng Sirkka seine Hilfe an. Denn er ist Koch und er kann, mit den richtigen Zutaten (die im Lebensmittelladen um die Ecke gekauft werden) feines chinesisches Essen herbeizaubern, das sättigt und die Seele heilt.

Die Chinesen sind begeistert. Sirkka ebenfalls – und spätestens jetzt kann sich jeder, der schon einmal einen Film gesehen hat, in dem die Zubereitung von Essen im Mittelpunkt steht, sich mühelos die weitere Geschichte mit ihre kulinarischen und amourösen Verwicklungen ausmalen.

Mika Kaurismäki macht in seinem neuesten Film selbstverständlich Malen nach Zahlen. Wenn das Ergebnis dann allerdings so warmherzig ist, hat man nichts dagegen. „Master Cheng in Pohjanjoki“ ist ein Feelgood-Movie, das absolut vorhersehbar seine Geschichte einer Völkerverständigung erzählt in einem Finnland, das mehr mit einer ZDF-Inga-Lindström-Schmonzette zu tun hat als mit einem Aki-Kaurismäki-Film. Im Gegensatz zu seinem Bruder Aki (der mal wieder einen neuen Film drehen könnte) ist bei Mika Kaurismäki dieses Mal nichts skandinavisch-deprimierend und es gibt auch keine lakonisch gepflegte Tristesse des Proletariats.

Stattdessen gibt es prächtige Landschaftsaufnahmen, lecker zubereitetes chinesisches Essen, gut aufgelegte Schauspieler, etwas Humor, etwas Drama, etwas Essensphilosophie, angenehm wenig Kitsch und eine positive und sehr begrüßenswerte Botschaft.

Kaurismäki erzählt die Geschichte von Cheng und Sirkka so warmherzig, dass man die Erklärung, wer Fongtron ist, am besten einfach als den Grund akzeptiert, der den chinesischen Meisterkoch in die Provinz verschlägt. Denn irgendeinen Grund muss es geben, warum ein Vater mit seinem Sohn die Heimat verlässt und um die halbe Welt reist. Länger nachdenken sollte man nicht über diese Erklärung. Sie war schon vor fünfzig Jahren weit hergeholt. Heute, mit dem Internet und allgegenwärtigen Smartphones, ist sie komplett unglaubwürdig.

Das ändert nichts daran, dass „Master Cheng in Pohjanjoki“ ein schöner Film für einen Kinobesuch ist.

Ein dickes Lob geht an den Verleih, der die deutsche Fassung nicht komplett eindeutschte. In der Originalfassung wird finnisch, englisch und chinesisch gesprochen. In der deutschen Fassung deutsch, englisch und chinesisch. Und damit dürfte der sprachliche Reiz der Originalfassung (die ich gesehen habe) erhalten bleiben.

Mika Kaurismäki über seinen Film: „In Zeiten, in denen mächtige Diktatoren die Welt zu entzweien versuchen, wollte ich einen Film machen, der die Menschen wieder zusammenbringt.

Die Globalisierung ist das Thema der Stunde und hinterlässt nicht selten einen unangenehmen Beigeschmack. Auch ‚Master Cheng in Pohjanjoki‘ ist in gewisser Weise ein Film über Globalisierung – jedoch im positiven Sinne: Eine zufällige Begegnung zwischen zwei gewöhnlichen Menschen aus unterschiedlichen Kulturen, die sich und ihre Umwelt gegenseitig bereichern und anerkennen, spiegelt den eigentlichen Geist der Globalisierung wider.

Die Narration ist bewusst minimalistisch gehalten. Seine Einfachheit macht ihn universell begreifbar, seine bedingungslose Herzlichkeit hat eine mitreißende Energie.

Die Landschaft und Drehorte des Films machen einen essenziellen Teil seiner Atmosphäre aus.“

Master Cheng in Pohjanjoki (Master Cheng, Finnland/China/Großbritannien 2019

Regie: Mika Kaurismäki

Drehbuch: Hannu Oravisto, Mika Kaurismäki (Adaption), Sami Keksi-Vähälä (Adaption)

mit Pak Hon Chu, Anna-Maija Tuokko, Lucas Hsuan, Vesa-Matti Loiri, Anna-Maija Tuokko, Kari Väänänen

Länge: 114 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

Homepage zum Film

Moviepilot über „Master Cheng in Pohjanjoki“

Rotten Tomatoes über „Master Cheng in Pohjanjoki“

Wikipedia über „Master Cheng in Pohjanjoki“

Meine Besprechung von Mika Kaurismäkis „The Girl King“ (The Girl King, Fnnland/Deutschland/Kanada/Schweden 2015)


TV-Tipp für den 1. Juni: Night on Earth

Mai 31, 2019

One, 22.00

Night on Earth (Night on Earth, USA 1991)

Regie: Jim Jarmusch

Drehbuch: Jim Jarmusch

Später gab Jim Jarmusch zu, dass es eine bescheuerte Idee war, fünf Kurzfilme zu drehen, in denen Taxifahrer in Los Angeles, New York, Paris, Rom und Helsinki ihre seltsamen Kunden durch die Nacht fahren und diese Begegnungen ausschließlich im fahrenden Taxi spielen zu lassen. Denn was auf dem Papier nach wenig Aufwand aussieht, ist ein logistischer Albtraum.

Zum Glück für uns kam Jarmusch erst nach den Dreharbeiten zu seiner wundervollen Ode an das Leben in der Nacht zu dieser Erkenntnis.

Tom Waits schrieb die Musik

Mit Winona Ryder, Gena Rowlands, Giancarlo Esposito, Armin Mueller-Stahl, Béatrice Dalle, Rosie Perez, Isaach de Bonkolé, Roberto Benigni, Paolo Bonacelli, Matti Pellonpää, Kari Väänänen

Wiederholung: Montag, 3. Juni, 01.15 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Night on Earth“

Wikipedia über „Night on Earth“ (deutsch, englisch) und über Jim Jarmusch (deutsch, englisch)

The Jim Jarmusch Resource Page

Senses of Cinema über Jim Jarmusch

Jim Jarmusch in der Kriminalakte

Meine Besprechung von Jim Jarmuschs “Only Lovers left alive” (Only Lovers left alive, Deutschland/Großbritannien/Frankreich/Zypern/USA 2013)

Meine Besprechung von Jim Jarmuschs „Paterson“ (Paterson, USA 2016) und der DVD

Meine Besprechung von Jim Jarmuschs „Gimme Danger“ (Gimme Danger, USA 2016)

Bonushinweis

Am 13. Juni läuft sein neuer, gewohnt hochkarätig besetzte Zombiekomödie Film „The Dead don’t die“ bei uns an: