TV-Tipp für den 4. Oktober: Sorry we missed you

Oktober 3, 2025

3sat, 23.10

Sorry we missed you (Sorry we missed you, Großbritannien/Frankreich/Belgien 2019)

Regie: Ken Loach

Drehbuch: Paul Laverty

Im Mittelpunkt des Dramas steht Ricky, der versucht als selbstständiger Paketbote zu überleben. Ein ziemlich unmögliches Unterfangen.

Gewohnt überzeugender Film von Ken Loach und Paul Laverty.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Kris Hitchen, Debbie Honeywood, Rhys Stone, Katie Proctor, Ross Brewster, Charlie Richmond, Julian Ions

Hinweise

Moviepilot über „Sorry we missed you“

Metacritic über „Sorry we missed you“

Rotten Tomatoes über „Sorry we missed you“

Wikipedia über „Sorry we missed you“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Ken Loachs „Jimmy’s Hall“ (Jimmy’s Hall, Großbritannien/Irland/Frankreich 2014)

Meine Besprechung von Ken Loachs „Ich, Daniel Blake“ (I, Daniel Blake, Großbritannien/Frankreich/Belgien 2016)

Meine Besprechung von Ken Loachs „Sorry, we missed you“ (Sorry we missed you, Großbritannien/Frankreich/Belgien 2019)

Meine Besprechung von Ken Loachs „The Old Oak“ (The Old Oak, Großbritannien 2023)


TV-Tipp für den 16. April: Sorry we missed you

April 15, 2025

Arte, 20.15

Sorry we missed you (Sorry we missed you, Großbritannien/Frankreich/Belgien 2019)

Regie: Ken Loach

Drehbuch: Paul Laverty

Seltsamerweise war dieser gewohnt überzeugende Film von Ken Loach noch nie mein Tagestipp.

Im Mittelpunkt des Dramas steht Ricky, der versucht als selbstständiger Paketbote zu überleben. Ein ziemlich unmögliches Unterfangen.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Kris Hitchen, Debbie Honeywood, Rhys Stone, Katie Proctor, Ross Brewster, Charlie Richmond, Julian Ions

Hinweise

Moviepilot über „Sorry we missed you“

Metacritic über „Sorry we missed you“

Rotten Tomatoes über „Sorry we missed you“

Wikipedia über „Sorry we missed you“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Ken Loachs „Jimmy’s Hall“ (Jimmy’s Hall, Großbritannien/Irland/Frankreich 2014)

Meine Besprechung von Ken Loachs „Ich, Daniel Blake“ (I, Daniel Blake, Großbritannien/Frankreich/Belgien 2016)

Meine Besprechung von Ken Loachs „Sorry, we missed you“ (Sorry we missed you, Großbritannien/Frankreich/Belgien 2019)

Meine Besprechung von Ken Loachs „The Old Oak“ (The Old Oak, Großbritannien 2023)


Neu im Kino/Filmkritk: Letzte Auftritte? Michael Caine ist „In voller Blüte“, Ken Loach ist im „The Old Oak“

November 24, 2023

Beide haben gesagt, dass das ihr letzter Film sei. Beide haben das in der Vergangenheit schon öfter gesagt. Aber dieses Mal könnte es stimmen. Immerhin ist Michael Caine neunzig Jahre alt. Ken Loach ist drei Jahre jünger.

Und wenn es so ist, würden beide sich mit einem gelungenem Film verabschieden. Kein revolutionäres Werk, sondern ein Alters- und Abschiedswerk, das noch einmal überzeugend zeigt, warum wir Michael Caine und Ken Loach seit Jahrzehnten lieben.

Michael Caine spielt in „In voller Blüte“ den 89-jährigen Weltkrieg-II-Veteran Bernard Jordan. Zusammen mit seiner Frau Rene (der am 15. Juni 2023 verstorbenen Glenda Jackson) lebt er in Hove bei Brighton in einem Altersheim. Als er sich entschließt, bei den Feierlichkeiten zum siebzigsten Jahrestag der Landung der Alliierten in der Normandie teilzunehmen, sind die bei der organisierten Reise für Veteranen verfügbaren Plätze bereits ausgebucht. Deshalb macht er sich, mit den guten Wünschen seiner Frau, auf eigene Faust auf den Weg nach Frankreich.

Oliver Parker („Swimming with Men“) erzählt in seinem Feelgood-Drama mit viel Gefühl, etwas Witz, Rückblenden in Bernard und Renes Kriegserlebnisse und ihre frühen gemeinsamen Jahre, eine wahre Geschichte, die damals um die Welt ging. Wahrscheinlich weil 2014 Hashtags noch etwas Neues waren, wir uns damals immer noch über die Möglichkeiten einer weltweiten Kommunikation wunderten und #The GreatEscaper (so auch der Originaltitel des Films) ein schöner Hashtag ist. Und nachdem klar war, dass Bernard Jordan quicklebendig in Frankreich bei den D-Day-Feierlichkeiten eine gute Zeit hat, konnten alle sich an der Geschichte des alten Mannes, der aus dem Altersheim nach Frankreich flüchtete und sich dort amüsierte, erfreuen. Dass er nicht aus dem Heim flüchten musste, weil er es jederzeit verlassen konnte, und dass seine Frau wusste, wo er war, war da egal. Es ist eine dieser kleinen Geschichten, die in einer Tageszeitung zur Erbauung des Publikums auf der „Vermischtes“-Seite abgedruckt werden.

Die mehr oder weniger wahre Verfilmung folgt kurzweilig und vergnüglich den wahren, nicht sonderlich dramatischen Ereignissen. Außerdem, und das macht diesen Feelgood-Film wichtig und sehenswert, gibt er Michael Caine und Glenda Jackson noch einmal die Gelegenheit groß aufzuspielen. „In voller Blüte“ ist eine rundum gelungene Abschiedsvorstellung.

Ken Loach begibt sich in „The Old Oak“ mit seinem Stammautor Paul Laverty wieder in den Nordosten Englands. Dort spielten bereits ihre beiden vorherigen Filme „Ich, Daniel Blake“ (2016) und „Sorry we missed you“ (2019). Dieses Mal spielt die gewohnt nah an der Realität entlang erzählte, 2016 spielende Geschichte in einer kleinen Bergbaugemeinde, die ihre besten Jahre hinter sich hat. Bergbau und die Gemeinschaft der Arbeiter gibt es nur noch in Erzählungen der älteren Dorfbewohner. Die Jüngeren haben das Dorf verlassen oder sie sind arbeitslos und ohne Perspektive auf eine Arbeit. Aus London werden Flüchtlinge zu ihnen geschickt. Denn im Norden sind die Wohnungen, die angemietet werden müssen, billig. Und das Problem ist aus den Nachrichten und der damit verbundenen öffentlichen Aufmerksamkeit verschwunden.

Als ein Bus mit syrischen Flüchtlingen in dem in der Grafschaft Durham liegendem Dorf ankommt, protestieren einige der Dorfbewohner dagegen. TJ Ballantyne (Dave Turner), der Betreiber des örtlichen Pubs, versucht zu deeskalieren. Mit mäßigem Erfolg. Als einer der hasserfüllt herumbrüllenden Dörfler, der nicht fotografiert werden möchte, den Fotoapparat von Yara (Ebla Mari) beschädigt, fordert sie vehement eine Reparatur. Die zwanzigjährige Yara ist gerade in dem Bus mit ihrer Familie angekommen. Die Kamera hat sie von ihrem in Syrien inhaftiertem, wahrscheinlich toten Vater. In einem Flüchtlingslager lernte sie Englisch. Sie ist freundlich, aufgeschlossen, neugierig und beharrlich.

In dem Moment könnte aus den Pöbeleien eine Schlägerei werden. Deshalb erklärt TJ sich bereit, den Schaden zu beheben.

Schon in diesem Moment, wenn TJ den Neuankömmlingen gegen die aufgebrachten Einheimischen hilft, wissen wir eigentlich schon, wie es weitergehen wird. Denn TJ ist ein hilfsbereiter Mensch, der andere Menschen akzeptiert und, auch wenn er sich unwohl dabei fühlt, hilft. Als Pub-Betreiber, der auf jeden Kunden angewiesen ist, hält er sich aus politischen Diskussionen heraus.

Wenn er Yara einige Minuten später das seit zwanzig Jahren nicht mehr benutzte Hinterzimmer seines Pubs zeigt, sie die eindrucksvollen SW-Fotografien vom Bergarbeiterstreik aus den frühen achtziger Jahren betrachtet und er ihr versichert, dass das Zimmer nur noch eine Rumpelkammer sei, die man nicht mehr benutzten könne, wissen wir, was bis zum Abspann passieren wird. Denn selbstverständlich wird die Rumpelkammer wieder zum Zentrum der Gemeinschaft – und vorne im Pub diskutieren die Einheimischen über ihren Umgang mit den Neuankömmlingen.

Diese Vorhersehbarkeit der Geschichte ist allerdings kein Problem. Ken Loach erzählt die aufbauende Geschichte über das Entstehen einer neuen Gemeinschaft mit einem genauen Blick für die Details und mit der ruhigen Souveränität eines Meisters, der sein Metier beherrscht und der immer noch auf der Seite des kleinen Mannes (und der Arbeiterklasse) steht, ihnen eine Stimme verleiht und für sie kämpft.

Diese wichtige Aufgabe muss künftig jemand anderes übernehmen. Freiwillige vor!

In voller Blüte (The Great Escaper, Großbritannien/USA 2023)

Regie: Oliver Parker

Drehbuch: William Ivory

mit Michael Caine, Glenda Jackson, John Standing, Wolf Kahler, Carlyss Peer, Laura Marcus, Danielle Vitalis, Will Fletcher

Länge: 97 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Moviepilot über „In voller Blüte“

Metacritic über „In voller Blüte“

Rotten Tomatoes über „In voller Blüte“

Wikipedia über „In voller Blüte“ (deutsch, englisch)

The Old Oak (The Old Oak, Großbritannien 2023)

Regie: Ken Loach

Drehbuch: Paul Laverty

mit Dave Turner, Ebla Mari, Claire Rodgerson, Trevor Fox, Chris McGlade, Col Tait, Jordan Louis, Chrissie Robinson

Länge: 113 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Moviepilot über „The Old Oak“

Metacritic über „The Old Oak“

Rotten Tomatoes über „The Old Oak“

Wikipedia über „The Old Oak“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Ken Loachs „Jimmy’s Hall“ (Jimmy’s Hall, Großbritannien/Irland/Frankreich 2014)

Meine Besprechung von Ken Loachs „Ich, Daniel Blake“ (I, Daniel Blake, Großbritannien/Frankreich/Belgien 2016)

Meine Besprechung von Ken Loachs „Sorry, we missed you“ (Sorry we missed you, Großbritannien/Frankreich/Belgien 2019)


TV-Tipp für den 10. November: Jimmy’s Hall

November 9, 2021

Arte, 20.15

Jimmy’s Hall (Jimmy’s Hall, Großbritannien/Irland/Frankreich 2014)

Regie: Ken Loach

Drehbuch: Paul Laverty

1932 kehrt der Sozialist Jimmy Gralton aus dem amerikanischem Exil in seine geliebte irische Heimat zurück. Er will sich jetzt um seine Mutter kümmern. Aber alte Freunde überreden ihn, den Tanzsaal wieder zu eröffnen. Schnell wird ‚Jimmy’s Hall‘ zu einem Treffpunkt, in dem getrunken, getanzt und politisiert wird. Sehr zum Unwillen der katholischen Kirche.

TV-Premiere (schon lange überfällig). Schönes, leicht nostalgisches, von wahren Ereignissen inspiriertes Drama.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Barry Ward, Simone Kirby, Jim Norton, Aisling Franciosi, Aileen Henry, Francis Magee, Andrew Scott, Brian F. O’Byrne

Wiederholung: Freitag, 12. November, 14.15 Uhr

Hinweise

Moviepilot über „Jimmy’s Hall“

Metacritic über „Jimmy’s Hall“

Rotten Tomatoes über „Jimmy’s Hall“

Wikipedia über „Jimmy’s Hall“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Ken Loachs „Jimmy’s Hall“ (Jimmy’s Hall, Großbritannien/Irland/Frankreich 2014)

Meine Besprechung von Ken Loachs „Ich, Daniel Blake“ (I, Daniel Blake, Großbritannien/Frankreich/Belgien 2016)

Meine Besprechung von Ken Loachs „Sorry, we missed you“ (Sorry we missed you, Großbritannien/Frankreich/Belgien 2019)


TV-Tipp für den 15. Februar: Ich, Daniel Blake

Februar 15, 2020

3sat, 20.15

Ich, Daniel Blake (I, Daniel Blake, Großbritannien/Frankreich/Belgien 2016)

Regie: Ken Loach

Drehbuch: Paul Laverty

TV-Premiere – und ein dickes, ehrlich gemeintes Lob für den Ausstrahlungstermin!

Gutes, packendes, konventionell erzähltes und gefilmtes Sozialdrama über den titelgebenden Schreiner Daniel Blake, der nach einem Schlaganfall in die Fänge der Sozialbürokratie gerät.

In Cannes erhielt „Ich, Daniel Blake“ die Goldene Palme.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Dave Johns, Hayley Squires, Dylan McKiernan, Briana Shann, Kate Rutter, Sharon Percy, Kema Sikazwe

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Moviepilot über „Ich, Daniel Blake“

Metacritic über „Ich, Daniel Blake“

Rotten Tomateos über „Ich, Daniel Blake“

Wikipedia über „Ich, Daniel Blake“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Ken Loachs „Jimmy’s Hall“ (Jimmy’s Hall, Großbritannien/Irland/Frankreich 2014)

Meine Besprechung von Ken Loachs „Ich, Daniel Blake“ (I, Daniel Blake, Großbritannien/Frankreich/Belgien 2016)

Meine Besprechung von Ken Loachs „Sorry, we missed you“ (Sorry we missed you, Großbritannien/Frankreich/Belgien 2019)


Neu im Kino/Filmkritik: „Sorry we missed you“, Ken Loach

Januar 31, 2020

Das dürfte jetzt Ken Loachs dritter letzter Film sein. Jedenfalls dachte man schon bei seinen beiden vorherigen Filmen „Jimmy’s Hall“ und „Ich, Daniel Blake“, dass es der letzte Film des 1936 geborenen Ken Loach sei. Er dachte das auch. Aber es gibt immer noch Ungerechtigkeiten, gegen die er anfilmen muss. Dieses Mal geht es um die Zustände im vollkommen deregulierten Paketzustellergewerbe, die einen netten „Sorry we missed you“-Zettel an den Briefkasten kleben, wenn der Paketempfänger nicht da ist.

Ricky Turner ist ein typischer Mann aus der Arbeiterklasse, der stolz darauf ist, immer gearbeitet zu haben. Er ist mit der Altenpflegerin Abby verheiratet. Ihr pubertierender Sohn steht kurz vor dem Schulabschluss. Dass er inzwischen ein notorischer Schulschwänzer ist, wissen seine Eltern noch nicht. Ihre jüngere Tochter ist noch ein Kind, das ihren Vater bewundert. Viel Geld hatten sie nie. Dafür stimmt der Zusammenhalt unter ihnen. Letztendlich sind sie sind eine glückliche Familie aus der Arbeiterklasse.

Nur dass es diese Arbeiterklasse heute nicht mehr gibt. Und das gesellschaftliche Versprechen nach einem eigenen kleinen Haus, dem sichtbaren Symbol ihres Aufstiegs, ist seit der Finanzkrise für sie unerreichbar. Stattdessen hangelt Ricky sich von Job zu Job. Er sucht schon länger erfolglos eine Arbeit, mit der er seine Familie ernähren kann. Seine Frau arbeitet währenddessen zwölf Stunden, von denen sie nur für die Hälfte bezahlt bekommt. So kommen sie finanziell halbwegs über die Runden.

Da schlägt ihm ein Freund vor, als Paketzusteller zu arbeiten. Ricky wird genommen. Und damit betritt er einen von Loach und seinem langjährigem Drehbuchautor Paul Laverty mit bitterer Konsequenz nachgezeichneten Teufelskreislauf, der die Familie Turner zerstört. Denn Ricky ist kein Angestellter der Firma, sondern ein selbstständiger Unternehmer, der für die Firma arbeitet. Hoffnungsvoll steigt Ricky groß ein. Mit ihrem letzten Geld und dem Verkauf von Abbys Autos kauft er einen Lieferwagen. Theoretisch kann er so mehr verdienen.

Schnell stellt Ricky fest, dass dem nicht so ist. Je mehr er ackert, umso mehr verschuldet er sich. Denn jede echte und vermeintliche Pflichtverletzung wird bestraft. Wenn er seiner Tochter einen Tag lang seine Arbeit zeigt, gibt es eine Abmahnung. Jedes unternehmerische Risiko wird von der Firma auf den Paketboten abgewälzt. Deshalb muss er die Strafzettel bezahlen, die er erhält, wenn er bei der Paketzustellung falsch parkt. Die Zeit für die Zustellung der einzelnen Pakete ist zu knapp bemessen. Freie Tage gibt es nicht. Kranksein auch nicht. Und er wird als Paketzusteller stärker als jeder Angestellte überwacht. Gleichzeitig hat er weniger Rechte.

Es ist ein Teufelskreislauf, in den schnell seine Familie hineingezogen wird. Ricky hat zunehmend nur noch ein Ziel, das er immer weniger erreichen kann, während er seine Familie zerstört. Die Konsequenz mit der Loach das, immer nah an der Realität, erzählt, ist atemberaubend.

Loach und Laverty kamen auf die Idee für ihren neuen Film „Sorry we missed you“ während sie für ihren vorherigen Film „Ich, Daniel Blake“ recherchierten. An Essensausgaben trafen sie viele Menschen, die arbeiteten und trotzdem nicht genug zum Leben hatten. Während der intensiven Recherchen schälte sich dann die Geschichte von Ricky und seiner Familie heraus. Der Film wurde dann, wie „Ich, Daniel Blake“ in Newcastle gedreht, mit Kurierfahrern, die sich selbst spielen.

Loach und Laverty zeigen in ihrer klinisch präzisen Fallstudie die Auswirkungen des globalisierten, von allen Zwängen befreiten Kapitalismus auf den Einzelnen. Ricky, seine Frau, seine Kollegen und auch sein Chef sind da nur kleine Rädchen im Getriebe, die ausgebeutet und ausgespuckt werden. Dieser deregulierte Kapitalismus ist ein anonymer Gegner, der ein Proletariat vereinsamter Arbeiter geschaffen hat.

Sorry we missed you“ ist ein wütender Film, der zum Handeln auffordert. Gerade wegen seines bitteren Endes. Ricky sieht vielleicht keinen Ausweg. Aber die Zuschauer – und die Gesellschaft – sollten das Ende als einen Aufruf zur Veränderung ansehen. Denn die vulgärneoliberale, entsolidarisierte Hölle, in der Ricky als Lohnsklave lebt, kann nicht die Welt sein, in der wir leben wollen.

Sorry we missed you (Sorry we missed you, Großbritannien/Frankreich/Belgien 2019)

Regie: Ken Loach

Drehbuch: Paul Laverty

mit Kris Hitchen, Debbie Honeywood, Rhys Stone, Katie Proctor, Ross Brewster, Charlie Richmond, Julian Ions

Länge: 101 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Sorry we missed you“

Metacritic über „Sorry we missed you“

Rotten Tomatoes über „Sorry we missed you“

Wikipedia über „Sorry we missed you“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Ken Loachs „Jimmy’s Hall“ (Jimmy’s Hall, Großbritannien/Irland/Frankreich 2014)

Meine Besprechung von Ken Loachs „Ich, Daniel Blake“ (I, Daniel Blake, Großbritannien/Frankreich/Belgien 2016)

Paul Laverty in Cannes über den Film

Die Cannes-Pressekonferenz


Neu im Kino/Filmkritik: „Ich, Daniel Blake“, nicht Ken Loach

November 26, 2016

In Cannes erhielt Ken Loach für seinen neuesten Film „Ich, Daniel Blake“ die Goldene Palme und – auch wenn ich die Konkurrenz nicht vollständig kenne („Julieta“, „Paterson“, „Toni Erdman“, „Elle“, „The Neon Demon“ und „American Honey“ liefen ebenfalls im Wettbewerb), hat er den Preis weniger für diesen Film gewonnen, sondern implizit für sein Lebenswerk (auch wenn er schon für seinen vorherigen Film „Jimmy’s Hall“, der sein letzter sein sollte, eine Goldene Palme erhielt) und seine hehre Botschaft erhalten. Nicht, dass „Ich, Daniel Blake“ ein schlechter Film ist. Es ist ein gutes, packendes, aber auch konventionell erzähltes und gefilmtes Sozialdrama über den titelgebenden Schreiner Daniel Blake.

Der Endfünfziger hat sein ganzes Leben in Newcastle gearbeitet. Aber jetzt, nach einem Herzinfarkt bei der Arbeit, bei dem beinahe von einem Gerüst gefallen wäre, benötigt der Witwer staatliche Unterstützung. Er hat Anspruch auf Arbeitslosen- und Sozialhilfe.

Er gerät in den Moloch der Sozialverwaltung mit ihren teils abstrusen Vorschriften, die auf alles achten. Außer auf die Würde des Menschen. Für Ken Loach war die Wut über die absichtliche Ineffizienz der Bürokratie das Motiv, „Ich, Daniel Blake“, wieder nach einem Drehbuch von seinem Stammautor Paul Laverty, zu drehen. So soll Blake Arbeit suchen, um eine Unterstützung zu erhalten. Obwohl ihm sein Arzt genau das Verboten hat. So kann er erst, nachdem er eine telefonische Benachrichtigung erhalten hat, einen Einspruch gegen den Bescheid, den er schon erhalten hat, erheben. Wann er diesen Anruf erhält, kann ihm allerdings niemand sagen. Bis dahin wird allerdings kein Geld auf sein Konto überwiesen. Es ist zum Verzweifeln. Aber Daniel Blake versucht tapfer, humorvoll und immer seine Würde bewahrend, die Regeln einzuhalten, während die Regeln gerade darauf angelegt sind, ihm das alles zu nehmen.

Eines Tages trifft er auf dem Amt die siebenundzwanzigjährige Katie, die nicht zu ihrem Termin vorgelassen wird, weil die alleinerziehende Mutter sich als gerade aus London Zugezogene um einige Minuten verspätete. Für den Regelverstoß wird sie selbstverständlich sanktioniert. Blake beginnt ihr und ihren beiden Kindern (sieben und zehn Jahre alt) zu helfen. Schließlich brauchen sie etwas zu Essen und die vom Amt gestellte Wohnung hat zwar vier Wände, aber sonst nichts.

Ich, Daniel Blake“ ist ein typischer Ken-Loach-Film, der immer noch für die Arbeiterklasse, das Proletariat, die Abgehängten, die Chancenlosen kämpft und der an eine bessere Gesellschaft glaubt. Dabei verpackt er seine Sozialkritik in packendes Kino, das aufgrund seiner genauen Beobachtung, auch durch zahlreiche improvisierte Szenen und Laiendarsteller, und der realistischen Erzählweise überzeugt.

Das ist unbedingt sehenswert. Im Kino oder im Puschenkino.

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Ich, Daniel Blake (I, Daniel Blake, Großbritannien/Frankreich/Belgien 2016)

Regie: Ken Loach

Drehbuch: Paul Laverty

mit Dave Johns, Hayley Squires, Dylan McKiernan, Briana Shann, Kate Rutter, Sharon Percy, Kema Sikazwe

Länge: 101 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

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Moviepilot über „Ich, Daniel Blake“

Metacritic über „Ich, Daniel Blake“

Rotten Tomateos über „Ich, Daniel Blake“

Wikipedia über „Ich, Daniel Blake“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Ken Loachs „Jimmy’s Hall“ (Jimmy’s Hall, Großbritannien/Irland/Frankreich 2014)

Die Cannes-Presskonferenz

 


TV-Tipp für den 26. Oktober: Das Kino des Ken Loach

Oktober 26, 2016

Arte, 21.55

Das Kino des Ken Loach (Großbritannien 2016, Regie: Louise Osmond)

Drehbuch: Louise Osmond

Spielfilmlange Doku über Ken Loach, das soziale Gewissen des englischen Kinos. Sein neuester, selbstverständlich sehenswerter Film „Ich, Daniel Blake“, der in Cannes mit der Goldenen Palme ausgezeichnet, läuft bei uns am 24. November an. In England hatte er jetzt den besten Kinostart eines Loach-Films.

Davor, um 20.15 Uhr, zeigt Arte sein Sozialdrama „Sweet Sixteen“ (Großbritannien/Deutschland/Spanien 2002).

mit Ken Loach, Tony Garnett, Paul Laverty, Gabriel Byrne, Chris Menges, Alan Parker

Hinweise

Arte über Ken Loach

Wikipedia über Ken Loach (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Ken Loachs „Jimmy’s Hall“ (Jimmy’s Hall, Großbritannien/Irland/Frankreich 2014)


Neu im Kino/Filmkritik: Ken Loach besucht „Jimmy’s Hall“

August 14, 2014

Das war’s. „Jimmy’s Hall“ sei sein letzter Film. Der 1936 geborene Ken Loach will keinen weiteren Film mehr inszenieren und wer kann ihm das in seinem Alter verübeln? Aber schon jetzt, während ich diese Besprechung schreibe, merke ich, wie sehr uns in den nächsten Jahren seine Stimme fehlen wird. Denn „Jimmy’s Hall“ vereint wieder einmal und jetzt auch zum letzten Mal all seine Themen. Es ist eine Geschichte der kleinen Leute, ein Aufruf zum Selbstbewusstsein und Widerstand und ein sehr menschlicher Film, der das Herz auf dem rechten Fleck (was bei Loach „links“ heißt) hat. Es ist daher auch eine Gesellschaftsanalyse und dieses Mal wieder ein Beitrag zur Geschichtsschreibung. Es ist ein erbaulicher, Mut machender und zum Aktivismus aufrufender Film, der dabei nie den agitatorischen Ton einer Parteitags- oder Demonstrationsrede anstimmt.

Ken Loach erzählt, nach einem Drehbuch von Paul Laverty, mit dem er seit „Carla’s Song“ (1996) zusammenarbeitete, die Geschichte des 1886 geborenen Jimmy Gralton, der 1932 nach einem zehnjährigen Zwangsexil wegen revolutionärer Umtriebe aus den USA in seine irische Heimat, die Grafschaft Leitrim, zurückkehrt. Jetzt will der kämpferische Sozialist nur in Ruhe leben und sich um den Hof und seine Mutter kümmern.

Aber schon bald fragen ihn die Jugendlichen, ob er die „Pearse-Connolly Hall“ wieder aufbauen will. Diese Halle war ein Gemeindezentrum, in dem getanzt, gelacht, gelesen, unterrichtet und Sport getrieben wurde. Es war ein Ort, der den Menschen das gab, was die Kirche und der Staat ihnen nicht gaben.

Zehn Jahre später, bei seiner Rückkehr, hat sich daran, trotz der Kämpfe der vergangenen Jahre, nichts geändert. Schnell liegt Jimmy Gralton, nach dem Wiederaufbau der Halle, wieder im Clinch mit den Landbesitzern und den Geistlichen, die bei jeder Predigt gegen die unmoralischen und unchristlichen Umtriebe in der Pearse-Connolly Hall wettern und von der Kanzel die Namen der Besucher der Tanzhalle verkünden. Neu sind nur die Jazz-Schallplatten und Tänze, die Gralton aus den USA mitbrachte.

James ‚Jimmy‘ Gralton gab es wirklich. Er war am 13. August 1933 ohne einen Prozess als illegaler Einwanderer aus seiner Heimat ausgewiesen worden. Das ging, weil er auch einen US-amerikanischen Pass hatte und die Machthaber sich so elegant eines Problems entledigen konnten. Anschließend wurden auch die Akten zu dem Vorgang vernichtet.

Jimmy’s Hall“ nimmt sich, auch weil es nur wenige Dokumente über Gralton gibt, Freiheiten. So ist die Liebesgeschichte historisch nicht verbürgt und Gralton gründete gleich nach seiner Ankunft eine Revolutionäre Arbeitsgruppe, die Teil eines Netzwerkes war, aus dem eine neue kommunistische Partei entstand. Der Wiederaufbau der Pearse-Connolly Hall ging dann allerdings, wie auch im Film, auf Bitten der örtlichen Jugendlichen zurück, die nicht mehr auf der Straße tanzen wollten.

Loachs Film ist daher kein Biopic, sondern eine Geschichte, die auch in einem Pub oder einer Tanzhalle bei einigen Pint Bier erzählt werden könnte mit klar konturierten Charakteren und Konflikten (wobei Loach sich auf den Konflikt zwischen Gralton und der katholischen Kirche konzentriert), ohne didaktische Dialoge und erhobenen Zeigefinger, aber mit Herz, Witz und einem aufbauendem Ende. Dabei spitzen Laverty und Loach die Konflikte im teilweise arg betulich vor sich hin plätscherndem Film nicht so zu, wie es möglich wäre. Denn mit der Tanzhalle legte Gralton sich mit allen mächtigen Gruppen in der Gegend, wozu auch die IRA gehörte, an.

Jimmy’s Hall“ ist sicher nicht Ken Loachs bester Film, aber es ist ein würdiger Abschluss eines Lebenswerkes, der gerade dadurch in einem milderen Licht erscheint. Denn wer erzählt künftig Ken-Loach-Geschichten im Kino?

Jimmys Hall - Plakat

Jimmy’s Hall (Jimmy’s Hall, Großbritannien/Irland/Frankreich 2014)

Regie: Ken Loach

Drehbuch: Paul Laverty

mit Barry Ward, Simone Kirby, Jim Norton, Aisling Franciosi, Aileen Henry, Francis Magee, Andrew Scott, Brian F. O’Byrne

Länge: 109 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Englische Homepage zum Film 

Film-Zeit über „Jimmy’s Hall“

Moviepilot über „Jimmy’s Hall“

Metacritic über „Jimmy’s Hall“

Rotten Tomatoes über „Jimmy’s Hall“

Wikipedia über „Jimmy’s Hall“

Ken Loach über „Jimmy’s Hall“

Die Pressekonferenz in Cannes

und, als Zugabe, eine Podiumsrunde mit Ken Loach und Paul Laverty am 14. Februar 2014 während der diesjährigen Berlinale, mit deutscher Übersetzung