TV-Tipp für den 2. Juli: Die Farbe Lila

Juli 1, 2023

Arte, 20.15

Die Farbe Lila (The Color Purple, USA 1985)

Regie: Steven Spielberg

Drehbuch: Menno Meyjes

LV: Alice Walker: The Color Purple, 1982 (Die Farbe Lila)

Steven Spielbergs Verfilmung von Alice Walkers mit dem m American Book Award und dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Briefroman. Erzählt wird die Geschichte der Schwarzen Celie (Whoopi Goldberg, Debüt). Sie wird um die Jahrhundertwende geboren, wächst arm auf, wird vom Stiefvater geschwängert, von ihrem Mann missbraucht und erfährt von einer Bluessängerin, wie frau sich gegen übergriffige Männer wehrt.

Damals kam Spielbergs erster ‚ernster‘ Film bei der Kritik nicht allzugut an. Zum Beispiel: „Es ist, als habe ein Regisseur sich aufgemacht, ein zweites ‚Vom Winde verweht‘ zu drehen.“ (Fischer Film Almanach 1987) Oder „Ein überinszeniertes, stark manipulatives Drama (…) kein großartiger Film.“ (Variety). Und ein Kassenerfolg wie seine vorherigen Filme „Indiana Jones und der Tempel des Todes“ oder „E. T. – Der Außerirdische“ war das zweieinhalbstündige Drama auch nicht.

Aus heutiger Sicht fällt auch auf, wie konventionell, harmlos und vorsichtig alles ist. Heute würde man das so nicht mehr inszenieren.

Aber damals war Spielberg der einzige Regisseur, der ein so großes Budget für einen Film erhielt, in dem alle wichtigen Rollen von Schwarzen gespielt wurden und den Film dann für ein weißes Mainstream-Publikum annehmbar zu machen.

Niemand konnte ihm jetzt noch vorwerfen, er könne nicht mit schweren Stoffen umgehen. In gewisser Weise war ‚Die Farbe Lila‘ der Anfang seiner Entwicklung zu einem kompletteren Filmemacher.“ (Richard Schickel: Steven Spielberg: Seine Filme, sein Leben, 2012)

mit Danny Glover, Whoopi Goldberg, Margaret Avery, Oprah Winfrey, Willard Pugh, Akosua Busia, Desreta Jackson, Rae Dawn Chong

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Die Farbe Lila“

Wikipedia über „Die Farbe Lila“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Steven Spielbergs “Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels” (Indiana Jones and the kingdom of the skull, USA 2008)

Meine Besprechung von Steven Spielbergs “Gefährten” (War Horse, USA 2011)

Meine Besprechung von Steven Spielbergs “Lincoln” (Lincoln, USA 2012)

Meine Besprechung von Steven Spielbergs „Bridge of Spies – Der Unterhändler“ (Bridge of Spies, USA 2015)

Meine Besprechung von Steven Spielbergs „BFG – Big Friendly Giant (The BFG, USA 2016)

Meine Besprechung von Steven Spielbergs „Die Verlegerin“ (The Post, USA 2017)

Meine Besprechung von Steven Spielbergs „Ready Player One“ (Ready Player One, USA 2018)

Meine Besprechung von Steven Spielbergs „West Side Story“ (West Side Story, USA 2021)

Meine Besprechung von Steven Spielbergs „Die Fabelmans“ (The Fabelmans, USA 2022)

Steven Spielberg in der Kriminalakte

Im Januar 2024 startet in Deutschland das Musical-Remake


Neu im Kino/Filmkritik: „Der Butler“ dient im Weißen Haus

Oktober 10, 2013

 

Weltgeschichte durch die Augen eines Butlers. Warum nicht? Vor allem wenn der Butler im Weißen Haus arbeitet und unter sieben Präsidenten von 1957 bis 1986 diente. Also von Kennedy über Nixon bis zu Reagan. Das war ja, wie man pathetisch sagt, eine Zeit großer Veränderungen in den Vereinigten Staaten.

Und wenn dann noch Lee Daniels, der Regisseur des Oscar-prämierten Dramas „Precious“ und des interessant gescheiterten Trash-Thrillers „Pete Dexters The Paperboy“, Regie führt und viele bekannte und gute Schauspieler – die Oscar-Dichte ist enorm hoch – mitspielen, dann sollte doch wenigstens gutes Kino herauskommen.

Aber „Der Butler“ ist eigentlich eine Demonstration im Scheitern.

Beginnen wir mit den Stars, die fast alle nur ein, zwei, drei Szenen haben und wahrscheinlich auch nicht mehr Drehtage hatten, aber viel Zeit in der Maske verbringen durften: Robin Williams spielt Dwight Eisenhower, James Marsden spielt John F. Kennedy, Liev Schreiber spielt Lyndon B. Johnson, John Cusack spielt Richard Nixon, Jane Fonda spielt Nancy Reagan und Alan Rickman spielt Ronald Reagan.

Nicht gerade die Schauspieler, die einem bei einem Ähnlichkeitswettbewerb sofort einfallen würden und die alle einmal durch die Kulisse laufen dürfen.

Forest Whitaker als Butler Cecil Gaines und Oprah Winfrey als seine Ehefrau Gloria sind vor allem als junges Ehepaar viel zu alt für die Rollen. Er ist Jahrgang 1961, sie 1954. Später fällt das weniger auf, aber Whitaker spielt den älteren Cecil Gaines dann wie den Tattergreis, den wir aus den entsprechend unwitzigen Komödien kennen.

Allerdings spielt der größte Teil des Films zwischen Gaines‘ Jugend und den späten sechziger Jahren und damit vor seinem fünfzigstem Geburtstag.

Die Filmgeschichte folgt dabei chronologisch dem Leben von Cecil Gaines. Die Inspiration für Gaines war Eugene Allen (1919 – 2010) und sein Name wurde, nachdem schon Allens halbe Biographie für den Film verändert wurde, geändert, um den fiktionalen Charakter des Films zu betonen. Denn Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind zufällig, aber allein dem Sujet geschuldet und man wollte nicht auf die schönen Worte „nach einer wahren Geschichte“ verzichten.

Gaines wuchs als Sklave auf den Baumwollfeldern auf, flüchtete und erhielt schließlich 1957 eine Stelle als Butler im Weißen Haus. Diese Aufstiegsgeschichte ist auch der interessantes Teil des Films. Denn hier will Gaines noch etwas und Lee Daniels nimmt sich Zeit beim Erzählen.

Später, im Weißen Haus, versucht Gaines dann – erfolgreich – möglichst nicht aufzufallen. Denn als Butler ist man ein Diener, eine helfende Hand. Mehr nicht. Weltgeschichte, die Gaines während seiner Arbeit erlebt, taucht höchstens in Splittern auf, wenn er einen Raum betritt und sich in ihm gerade der Präsident mit einem hohen Gast oder seinem Stab unterhält. Einen Einfluss auf das Leben von Gaines hat es nicht.

Den hat schon eher sein Sohn, der als politischer Aktivist Teil des Civil Rights Movement ist, der deshalb in den Sechzigern entsprechend oft Ärger mit dem Gesetz hat und zufällig ungefähr bei jedem wichtigen Ereignis der Bürgerrechtsbewegung dabei ist. Aber nach seinen wilden Jugendjahren und Aktionen, die sein Vater alle vollständig ablehnte, fällt er plötzlich aus dem Film heraus und taucht erst am Filmende, zur Versöhnung, wieder auf.

Außerdem eilt Daniels im Weißen Haus im episodischen Sauseschritt durch die Weltgeschichte, die Familiengeschichte von Gaines, die oft die Qualität einer TV-Soap hat, und die Jahrzehnte.

Und Cecil Gaines ist als weitgehend passiver Protagonist, der nie um etwas kämpfen musste, ein rechter Langweiler, dessen Haltungslosigkeit sich auf die gesamte Geschichte überträgt.

So ist der „Der Butler“, ein Überraschungserfolg an der US-Kinokasse, nur eine stargespickte Nummernrevue, in der US-amerikanische Geschichte aus afroamerikanischer Perspektive von der rechtlosen Knechtschaft auf Baumwollfeldern bis zur Präsidentschaft von Barack Obama als langweilig-biederes, unpolitisches Ausstattungskino erzählt wird, die nicht mehr Tiefe als ein Familienfotoalbum hat und auch ungefähr genauso interessant ist.

Der Butler - Plakat

Der Butler (Lee Daniels‘ The Butler/The Butler, USA 2013)

Regie: Lee Daniels

Drehbuch: Danny Strong

LV: Will Haygood: A Butler Well Served by This Election (Zeitungsreportage, Washington Post, 2008)

mt Forest Whitaker, Oprah Winfrey, John Cusack, Jane Fonda, Cuba Gooding Jr., Terrence Howard, Lenny Kravitz, James Marsden, David Oyelowo, Vanessa Redgrave, Alan Rickman, Liev Schreiber, Robin Williams, Yaya Alafia, Colman Domingo, Nelsan Ellis, Minka Kelly, Mariah Carey, Clarence Williams III

Länge: 132 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Der Butler“

Moviepilot über „Der Butler“

Metacritic über „Der Butler“

Rotten Tomatoes über „Der Butler“

Wikipedia über „Der Butler“ 

History vs. Hollywood über „Der Butler“

Meine Besprechung von Lee Daniels‘ „Pete Dexters The Paperboy“ (The Paperboy, USA 2012)