Neu im Kino/Filmkritik: „Karla“, 12 Jahre, klagt ihren Vater als Vergewaltiger an

Oktober 2, 2025

Wenige Minuten vor seinem Feierabend taucht Karla (Elise Kripes) bei Richter Lamy (Rainer Bock) auf. Das zwölfjährige Mädchen behauptet, dass ihr Vater sie seit Jahren vergewaltige. Sie will, dass er dafür bestraft wird. Damals – der Film spielt 1962 in Bayern – wurde über so etwas nicht gesprochen, geschweige denn angeklagt und verurteilt. Was in der Familie geschah, blieb in der Familie.

Lamy beginnt mit der Befragung. Er glaubt der intelligenten und selbstbewusst auftretenden Karla und er beginnt für sie Partei zu ergreifen. Weil sie über die Taten ihres Vaters nicht reden will, gibt Lamy, ganz verständnisvoller Sozialarbeiter des 21. Jahrhunderts, ihr eine Stimmgabel. Sie ist zwischen ihnen fortan das Zeichen für ‚unzüchtige Handlung‘. Über die Handlung muss sie dann nichts mehr sagen.

Diese Gespräche inszeniert die 1992 geborene Christina Tournatzẽs in ihrem Debütspielfilm als intimes, zurückhaltend und trocken inszeniertes Kammerspiel mit einem Gespür für Pausen und Zwischentöne. Im Mittelpunkt stehen Karla, Richter Lamy und seine Sekretärin. Zusätzliche Glaubwürdigkeit gewinnt das psychologische Drama „Karla“ auf den ersten Blick durch den Hinweis, dass es sich um eine wahre Geschichte handelt. Allerdings führen die Macher das nicht genauer aus. Sie belassen es bei dem allgemeinen und entsprechend nichtssagendem Hinweis. Insofern betrachtet man „Karla“ wohl besser als eine hundertprozentig fiktionale Geschichte, die Mut machen soll und die in einer repressive Zeit spielt, in der Kinder noch nicht als vollwertige Menschen wahrgenommen wurden.

Irgendwann hat Lamy sich lange genug mit Karla unterhalten. Er formuliert eine Anklage gegen ihren Vater. Die Gerichtsverhandlung ist dann nur noch ein todernst inszenierter schlechter SNL-Sketch. Lamy, der vorher die anscheinend nur aus Gesprächen mit Karla bestehenden Ermittlungen durchführte und die entsprechend luftige Anklage formulierte, ist jetzt auch der vorsitzende Richter. Er leitet das Verfahren so, dass es nur ein Ergebnis geben kann: einen Schuldspruch. Das Verfahren manipuliert er entsprechend. Beweise sind egal. Die Behauptung eines Kindes und ihr Wunsch, nach einer Verurteilung, reichen aus für eine Verurteilung. Solche Verfahren kennen wir sonst nur aus Diktaturen. Im Film wird diese Travestie einer Gerichtsverhandlung als ein gerechtfertigtes und auch begrüßenswertes Verfahren gesehen.

Ob so eine Klage eines Kindes gegen seinen Vater 1962 überhaupt möglich gewesen wäre, steht auf einem anderen Blatt. Die große Diskussion über sexuelle Gewalt in der Familie gegenüber Ehefrauen und Kindern begann erst viele Jahre später. Vergewaltigung in der Ehe wurde in Deutschland erst im Mai 1997 strafbar.

Und so ist „Karla“ ein Film mit guten Absichten, der an den entscheidenden Stellen ärgerlich unglaubwürdig ist.

Karla (Deutschland 2025)

Regie: Christina Tournatzẽs

Drehbuch: Yvonne Görlach

mit Elise Krieps, Rainer Bock, Imogen Kogge, Torben Liebrecht, Katharina Schüttler, Robert Hunger-Bühler

Länge: 104 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Karla“

Moviepilot über „Karla“

Wikipedia über „Karla“


TV-Tipp für den 30. Juli: Die Ermittlung

Juli 29, 2025

BR, 22.45

Die Ermittlung (Deutschland 2024)

Regie: RP Kahl

Drehbuch: Peter Weiss

LV: Peter Weiss: Die Ermittlung. Oratorium in 11 Gesängen, 1965 (Theaterstück)

Grandiose Verfilmung des Theaterstücks von Peter Weiss über den ersten Frankfurter Auschwitz-Prozess. Im Mittelpunkt stehen im Stück, wie in der Gerichtsverhandlung, die Aussagen der Täter und Opfer.

Der BR zeigt die 241-minütige Originalfassung mit 11 Gesängen. Es gibt auch noch eine auf 186 Minuten gekürzte Fassung und in der ARD-Mediathek können die elf Gesänge auch unabhängig voneinander angesehen werden.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Rainer Bock, Clemens Schick, Bernhard Schütz

(als Zeugen) Christian Kaiser, Dirk Ossig, Arno Frisch. Elisabeth Duda, Nicolette Krebitz, Attila Georg Borlan, Robert Mika, Marcel Hensema, Christiane Paul, Barbara Philipp, Klaudiusz Kaufmann, Marc Fischer, Andreas Anke, Dorka Gryllus, Marek Harloff, André Szymanski, Sabine Timoteo, Eva Maria Jost, Peter Lohmeyer, Thomas Meinhardt, Marco Hofschneider, Matthias Zera, Rony Herman, Axel Moustache, André Hennicke, Karl Markovics, Filipp Avdeev, Mark Zak, Ralph Schicha, Andreas Schröders, René Ifrah, Axel Sichrovsky, Peter Schneider, Jiří Mádl, Andreas Lechner, Axel Pape, Andreas Pietschmann, Tom Wlaschiha, Robert Hunger-Bühler

(als Angeklagte) Wilfried Hochholdinger, Thomas Dehler, Michael Rotschopf, Niels Bruno Schmidt, Christian Hockenbrink, Christian Pfeil, Tristan Seith, Torsten Ranft, Ronald Kukulies, Michael Schenk, Frank Röth, Nico Ehrenteit, Adam Venhaus, Till Wonka, Arndt Schwering-Sohnrey, Timo Jacobs, Lasse Myhr, Matthias Salamon

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Die Ermittlung“

Moviepilot über „Die Ermittlung“

Wikipedia über „Die Ermittlung“ (Film, Theaterstück: deutsch, englisch)

Meine Besprechung von RP Kahls „Die Ermittlung“ (Deutschland 2024)


TV-Tipp für den 27. Januar: Die Ermittlung

Januar 26, 2025

Arte, 21.45

Die Ermittlung (Deutschland 2024)

Regie: RP Kahl

Drehbuch: Peter Weiss

LV: Peter Weiss: Die Ermittlung. Oratorium in 11 Gesängen, 1965 (Theaterstück)

TV-Premiere. Grandiose Verfilmung des Theaterstücks von Peter Weiss über den ersten Frankfurter Auschwitz-Prozess. Im Mittelpunkt stehen im Stück, wie in der Gerichtsverhandlung, die Aussagen der Täter und Opfer.

Arte zeigt die 241-minütige Originalfassung mit 11 Gesängen. Es gibt auch noch eine auf 186 Minuten gekürzte Fassung und in der ARD-Mediathek können die elf Gesänge ab dem 27. Januar auch unabhängig voneinander angesehen werden.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Rainer Bock, Clemens Schick, Bernhard Schütz

(als Zeugen) Christian Kaiser, Dirk Ossig, Arno Frisch. Elisabeth Duda, Nicolette Krebitz, Attila Georg Borlan, Robert Mika, Marcel Hensema, Christiane Paul, Barbara Philipp, Klaudiusz Kaufmann, Marc Fischer, Andreas Anke, Dorka Gryllus, Marek Harloff, André Szymanski, Sabine Timoteo, Eva Maria Jost, Peter Lohmeyer, Thomas Meinhardt, Marco Hofschneider, Matthias Zera, Rony Herman, Axel Moustache, André Hennicke, Karl Markovics, Filipp Avdeev, Mark Zak, Ralph Schicha, Andreas Schröders, René Ifrah, Axel Sichrovsky, Peter Schneider, Jiří Mádl, Andreas Lechner, Axel Pape, Andreas Pietschmann, Tom Wlaschiha, Robert Hunger-Bühler

(als Angeklagte) Wilfried Hochholdinger, Thomas Dehler, Michael Rotschopf, Niels Bruno Schmidt, Christian Hockenbrink, Christian Pfeil, Tristan Seith, Torsten Ranft, Ronald Kukulies, Michael Schenk, Frank Röth, Nico Ehrenteit, Adam Venhaus, Till Wonka, Arndt Schwering-Sohnrey, Timo Jacobs, Lasse Myhr, Matthias Salamon

Hinweise

Arte über den Film (bis zum 25. Februar 2025 in der Mediathek)

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Filmportal über „Die Ermittlung“

Moviepilot über „Die Ermittlung“

Wikipedia über „Die Ermittlung“ (Film, Theaterstück: deutsch, englisch)

Meine Besprechung von RP Kahls „Die Ermittlung“ (Deutschland 2024)


Neu im Kino/Filmkritik: „Die Ermittlung“, eine immer noch notwendige Geschichtsstunde

Juli 25, 2024

Wie konnte das geschehen? Als Peter Weiss vor fast sechzig Jahren sein Theaterstück „Die Ermittlung. Oratorium in 11 Gesängen“ aus eigenen Aufzeichnungen, Zeitungsartikeln und Protokollen montierte, war das Stück die dichte Zusammenfassung des in Frankfurt am Main vom 20. Dezember 1963 bis zum 20. August 1965 stattgefundenen, von der Öffentlichkeit aufmerksam verfolgten ersten Frankfurter Auschwitz-Prozesses. Das Stück wurde am 19. Oktober 1965 in einer Ring-Uraufführung in fünfzehn west- und ostdeutschen Städten und in London erstmals aufgeführt. Es zeigt in seiner klaren Sprache das Terrorregime in einem KZ und die erbärmlichen Verteidigungsstrategien der Täter.

Heute ist „Die Ermittlung“ eine äußerst dichte Zusammenfassung des Prozesses und des Systems Konzentrationslager. Seit Weiss sein Oratorium geschrieben hatte, füllte die Forschung weitere Lücken aus. Es gibt Erklärungen, wie ganz normale Männer und Frauen damals diese und andere schreckliche Taten vollbringen konnten. Und vieles, was früher in der deutschen Gesellschaft geleugnet wurde und hoch umstritten war – auch weil die Täter noch lebten und teils an einflussreichen Stellen arbeiteten – ist heute nicht mehr umstritten. In neueren Dokumentarfilmen wird immer davon ausgegangen, dass die Deutschen ganz genau wussten, was geschah. Auch weil das spurlose Verschwinden von Millionen Mitbürgern und ein KZ vor der eigenen Haustür nicht zu übersehen waren.

Zuletzt zeigte Jonathan Glazer in der beeindruckenden Martin-Amis-Verfilmung „The Zone of Interest“ das ganz normale Leben von der Frau eines KZ-Lagerkommandanten neben dem KZ und wie alle ignorieren, was hinter den Mauern des Lagers geschieht.

In diesem Umfeld könnte ein Film wie „Die Ermittlung“ überflüssig sein. Die Informationen, die in dem Stück präsentiert werden, sind bekannt und sie wurden in den vergangenen Jahrzehnten in Dokumentarfilmen in einer leichter zu konsumierenden Form unzählige Male präsentiert. Auch das Theaterstück ist bekannt. Auf YouTube kann man sich mühelos die von Peter Schulze-Rohr 1966 für den NDR erstellte SW-Aufzeichnung des Stücks, die vor allem eine Abfolge sprechender Köpfe ist, ansehen.

RP Kahl fügt ihr nichts wesentlich neues hinzu. Auch er verfilmt lediglich, mit anderen Schauspielern, den Text des Stückes. Auch bei ihm ist die Kamera unauffällig. Manchmal ist seine Kamera, wenn sie die Schauspieler aufnimmt, anders positioniert, manchmal nicht. Da unterscheidet sich eine sechzig Jahre alte SW-Aufzeichnung für das Fernsehen wenig von einer neuen Inszenierung für das Kino. Das karge, stilisierte Bühnenbild ist moderner, ohne von den einzelnen Aussagen der Zeugen und Angeklagten abzulenken. Kahl verzichtet, wie zuletzt Glazer in „The Zone of Interest“ und wie Claude Lanzmann in dem Dokumentarfilmklassiker „Shoah“ auf das Zeigen des Grauens. In Kahls Film gibt es, wie in einer traditionellen Theateraufführung, nur Schauspieler, die ihren Text aufsagen.

Das macht die neue Verfilmung des Theaterstück für ein heutiges Publikum absolut sehenswert.

Über den Inhalt muss wohl nichts gesagt werden. Die Aussagen der Täter und Opfer sind heute immer noch schockierend und schwer erträglich. Auch der Film ist Dank seiner reduzierten, das Wort in den Mittelpunkt stellenden Inszenierung schwer erträglich. Das ist einmal die epische Länge von vier Stunden (die Pause hilft nur bedingt), die Menge an Informationen (auch wenn politisch und historisch informierte Bürger sie heute kennen sollten), die Menge an Details über den Tötungsapparat und die Arroganz der Täter, die sich mit einer Mischung aus Nicht-Wissen(-wollen) und Befehlsketten, die beachtet werden mussten von jeder Verantwortung freisprechen.

Die Verhandlung fand vom 20. Dezember 1963 bis zum 20. August 1965, keine zwanzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, statt. Danach konnte kein Deutscher mehr die Existenz von Auschwitz leugnen. Heute dient die Erinnerung daran als Geschichtsstunde und als Warnung.

Im Kino läuft der Film in einer gekürzten dreistündigen und in einer vierstündigen Fassung, in der das gesamte Theaterstück mit einer Pause gezeigt wird. Diese Fassung kenne ich und diese Fassung sollte auch gesehen werden. Denn wer möchte sich schon eine gekürzte Fassung eines Theaterstücks ansehen?

P. S.: Vielleicht nehmen einige TV-Redakteure diese Aufzeichnung eines Theaterstücks zum Anlass, wieder verstärkt aktuelle Theaterstücke und Inszenierungen im Fernsehen zu präsentieren. Früher wurde das gemacht.

Die Ermittlung (Deutschland 2024)

Regie: RP Kahl

Drehbuch: Peter Weiss

LV: Peter Weiss: Die Ermittlung. Oratorium in 11 Gesängen, 1965 (Theaterstück)

mit Rainer Bock, Clemens Schick, Bernhard Schütz

(als Zeugen) Christian Kaiser, Dirk Ossig, Arno Frisch. Elisabeth Duda, Nicolette Krebitz, Attila Georg Borlan, Robert Mika, Marcel Hensema, Christiane Paul, Barbara Philipp, Klaudiusz Kaufmann, Marc Fischer, Andreas Anke, Dorka Gryllus, Marek Harloff, André Szymanski, Sabine Timoteo, Eva Maria Jost, Peter Lohmeyer, Thomas Meinhardt, Marco Hofschneider, Matthias Zera, Rony Herman, Axel Moustache, André Hennicke, Karl Markovics, Filipp Avdeev, Mark Zak, Ralph Schicha, Andreas Schröders, René Ifrah, Axel Sichrovsky, Peter Schneider, Jiří Mádl, Andreas Lechner, Axel Pape, Andreas Pietschmann, Tom Wlaschiha, Robert Hunger-Bühler

(als Angeklagte) Wilfried Hochholdinger, Thomas Dehler, Michael Rotschopf, Niels Bruno Schmidt, Christian Hockenbrink, Christian Pfeil, Tristan Seith, Torsten Ranft, Ronald Kukulies, Michael Schenk, Frank Röth, Nico Ehrenteit, Adam Venhaus, Till Wonka, Arndt Schwering-Sohnrey, Timo Jacobs, Lasse Myhr, Matthias Salamon

Länge: 241 Minuten (Originalfassung mit 11 Gesängen)

186 Minuten (gekürzte Fassung mit 8 Gesängen)

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

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Filmportal über „Die Ermittlung“

Moviepilot über „Die Ermittlung“

Wikipedia über „Die Ermittlung“ (Film, Theaterstück: deutsch, englisch)

Informatives Making-of zum Film

Die in der Kritik erwähnte TV-Aufzeichnung von Peter Schulze-Rohr

 


TV-Tipp für den 20. Juli: Die Unsichtbaren – Wir wollen leben

Juli 19, 2023

Phoenix, 20.15

Die Unsichtbaren – Wir wollen leben (Deutschland 2017)

Regie: Claus Räfle

Drehbuch: Claus Räfle, Alejandra López

Sehenswertes dokumentarisches Drama, mit nachgespielten Szenen und Interviews. Gezeigt wird das Leben und Überleben einiger Juden in Berlin, nachdem die Stadt am 10. Juni 1943 von Propagandaminister Joseph Goebbels für „judenfrei“ erklärt wurde.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Max Mauff, Alice Dwyer, Ruby O. Fee, Aaron Altaras, Victoria Schulz, Florian Lukas, Andreas Schmidt, Laila Maria Witt, Sergej Moya, Lucas Reiber, Robert Hunger-Bühler, Maren Eggert, Naomi Krauss, Hanni Levy, Ruth Gumpel, Cioma Schönhaus, Eugen Friede

Das empfehlenswerte Buch zum Film

Claus Räfle: Die Unsichtbaren – Untertauchen, um zu überleben – Eine wahre Geschichte

Elisabeth Sandmann Verlag , 2017

160 Seiten

19,95 Euro

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Die Unsichtbaren“

Moviepilot über „Die Unsichtbaren“

Wikipedia über „Die Unsichtbaren“

Meine Besprechung von Claus Räfles „Die Unsichtbaren – Wir wollen leben“ (Deutschland 2017)


TV-Tipp für den 29. April: Die Unsichtbaren – Wir wollen leben

April 28, 2021

HR, 23.00

Die Unsichtbaren – Wir wollen leben (Deutschland 2017)

Regie: Claus Räfle

Drehbuch: Claus Räfle, Alejandra López

Sehenswertes dokumentarisches Drama, mit nachgespielten Szenen und Interviews. Gezeigt wird das Leben und Überleben einiger Juden in Berlin, nachdem die Stadt am 10. Juni 1943 von Propagandaminister Joseph Goebbels für „judenfrei“ erklärt wurde.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Max Mauff, Alice Dwyer, Ruby O. Fee, Aaron Altaras, Victoria Schulz, Florian Lukas, Andreas Schmidt, Laila Maria Witt, Sergej Moya, Lucas Reiber, Robert Hunger-Bühler, Maren Eggert, Naomi Krauss, Hanni Levy, Ruth Gumpel, Cioma Schönhaus, Eugen Friede

Das empfehlenswerte Buch zum Film

Claus Räfle: Die Unsichtbaren – Untertauchen, um zu überleben – Eine wahre Geschichte

Elisabeth Sandmann Verlag , 2017

160 Seiten

19,95 Euro

Hinweise

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Wikipedia über „Die Unsichtbaren“

Meine Besprechung von Claus Räfles „Die Unsichtbaren – Wir wollen leben“ (Deutschland 2017)


TV-Tipp für den 27. Januar: Die Unsichtbaren – Wir wollen leben

Januar 26, 2021

WDR, 23.00

Die Unsichtbaren – Wir wollen leben (Deutschland 2017)

Regie: Claus Räfle

Drehbuch: Claus Räfle, Alejandra López

Sehenswertes dokumentarisches Drama, mit nachgespielten Szenen und Interviews. Gezeigt wird das Leben und Überleben einiger Juden in Berlin, nachdem die Stadt am 10. Juni 1943 von Propagandaminister Joseph Goebbels für „judenfrei“ erklärt wurde.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Max Mauff, Alice Dwyer, Ruby O. Fee, Aaron Altaras, Victoria Schulz, Florian Lukas, Andreas Schmidt, Laila Maria Witt, Sergej Moya, Lucas Reiber, Robert Hunger-Bühler, Maren Eggert, Naomi Krauss, Hanni Levy, Ruth Gumpel, Cioma Schönhaus, Eugen Friede

Das empfehlenswerte Buch zum Film

Claus Räfle: Die Unsichtbaren – Untertauchen, um zu überleben – Eine wahre Geschichte

Elisabeth Sandmann Verlag , 2017

160 Seiten

19,95 Euro

Hinweise

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Moviepilot über „Die Unsichtbaren“

Wikipedia über „Die Unsichtbaren“

Meine Besprechung von Claus Räfles „Die Unsichtbaren – Wir wollen leben“ (Deutschland 2017)


TV-Tipp für den 28. September: Im Labyrinth des Schweigens

September 27, 2020

Arte, 20.15

Im Labyrinth des Schweigens (Deutschland 2014)

Regie: Giulio Ricciarelli

Drehbuch: Elisabeth Bartel, Giulio Ricciarelli

Die spannend wie ein Polit-Thriller erzählte Vorgeschichte zum Auschwitz-Prozess, der von 1963 bis 1967 unter großer öffentlicher Anteilnahme in Frankfurt am Main vor Gericht verhandelt wurde.

In dem Film versucht ein junger Staatsanwalt, unter der Aufsicht von Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, in jahrelanger mühseliger Kleinarbeit die nötigen Beweise für eine Anklage gegen die Täter in dem Konzentrationslager Auschwitz zu bekommen, während in Deutschland gerade das Wirtschaftswunder und das kollektive Vergessen gefeiert wurden.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Alexander Fehling, André Szymanski, Friederike Becht, Gert Voss, Johannes Krisch, Hansi Jochmann, Johann von Bülow, Robert Hunger-Bühler, Lukas Miko, Lisa Martinek

Wiederholung: Dienstag, 29. September, 13.45 Uhr

Hinweise

Filmportal über „Im Labyrinth des Schweigens“

Moviepilot über „Im Labyrinth des Schweigens“

Metacritic über „Im Labyrinth des Schweigens“

Rotten Tomatoes über „Im Labyrinth des Schweigens“

Wikipedia über „Im Labyrinth des Schweigens“ (deutsch, englisch)

taz: Interview mit Ex-Staatsanwalt Gerhard Wiese (einer der Ankläger im Auschwitz-Prozess und eines der Vorbilder für Johann Radmann) über die historischen Hintergründe (6. November 2014)

Meine Besprechung von Giulio Ricciarellis „Im Labyrinth des Schweigens“ (Deutschland 2014)


TV-Tipp für den 23. Januar: Im Labyrinth des Schweigens

Januar 22, 2019

3sat, 21.45

Im Labyrinth des Schweigens (Deutschland 2014)

Regie: Giulio Ricciarelli

Drehbuch: Elisabeth Bartel, Giulio Ricciarelli

Die spannend wie ein Polit-Thriller erzählte Vorgeschichte zum Auschwitz-Prozess, der von 1963 bis 1967 unter großer öffentlicher Anteilnahme in Frankfurt am Main vor Gericht verhandelt wurde.

In dem Film versucht ein junger Staatsanwalt, unter der Aufsicht von Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, in jahrelanger mühseliger Kleinarbeit die nötigen Beweise für eine Anklage gegen die Täter in dem Konzentrationslager Auschwitz zu bekommen, während in Deutschland gerade das Wirtschaftswunder und das kollektive Vergessen gefeiert wurden.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung der heutigen TV-Premiere.

mit Alexander Fehling, André Szymanski, Friederike Becht, Gert Voss, Johannes Krisch, Hansi Jochmann, Johann von Bülow, Robert Hunger-Bühler, Lukas Miko, Lisa Martinek

Hinweise
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Filmportal über „Im Labyrinth des Schweigens“
Film-Zeit über „Im Labyrinth des Schweigens“
Moviepilot über „Im Labyrinth des Schweigens“
Wikipedia über „Im Labyrinth des Schweigens“ (deutsch, englisch)
taz: Interview mit Ex-Staatsanwalt Gerhard Wiese (einer der Ankläger im Auschwitz-Prozess und eines der Vorbilder für Johann Radmann) über die historischen Hintergründe (6. November 2014)

Meine Besprechung von Giulio Ricciarellis „Im Labyrinth des Schweigens“ (Deutschland 2014)


TV-Tipp für den 16. Januar: Die Unsichtbaren – Wir wollen leben

Januar 16, 2019

ARD, 20.15

Die Unsichtbaren – Wir wollen leben (Deutschland 2017)

Regie: Claus Räfle

Drehbuch: Claus Räfle, Alejandra López

Sehenswertes dokumentarisches Drama, mit nachgespielten Szenen und Interviews. Gezeigt wird das Leben und Überleben einiger Juden in Berlin, nachdem die Stadt am 10. Juni 1943 von Propagandaminister Joseph Goebbels für „judenfrei“ erklärt wurde.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Max Mauff, Alice Dwyer, Ruby O. Fee, Aaron Altaras, Victoria Schulz, Florian Lukas, Andreas Schmidt, Laila Maria Witt, Sergej Moya, Lucas Reiber, Robert Hunger-Bühler, Maren Eggert, Naomi Krauss, Hanni Levy, Ruth Gumpel, Cioma Schönhaus, Eugen Friede

Wiederholung: Donnerstag, 17. Januar, 00.35 Uhr (Taggenau!)

Das empfehlenswerte Buch zum Film

Claus Räfle: Die Unsichtbaren – Untertauchen, um zu überleben – Eine wahre Geschichte

Elisabeth Sandmann Verlag , 2017

160 Seiten

19,95 Euro

Hinweise

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Wikipedia über „Die Unsichtbaren“

Meine Besprechung von Claus Räfles „Die Unsichtbaren – Wir wollen leben“ (Deutschland 2017)


TV-Tipp für den 30. März: Im Labyrinth des Schweigens

März 30, 2018

ZDF, 22.50

Im Labyrinth des Schweigens (Deutschland 2014)

Regie: Giulio Ricciarelli

Drehbuch: Elisabeth Bartel, Giulio Ricciarelli

Die spannend wie ein Polit-Thriller erzählte Vorgeschichte zum Auschwitz-Prozess, der von 1963 bis 1967 unter großer öffentlicher Anteilnahme in Frankfurt am Main vor Gericht verhandelt wurde.

In dem Film versucht ein junger Staatsanwalt, unter der Aufsicht von Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, in jahrelanger mühseliger Kleinarbeit die nötigen Beweise für eine Anklage gegen die Täter in dem Konzentrationslager Auschwitz zu bekommen, während in Deutschland gerade das Wirtschaftswunder und das kollektive Vergessen gefeiert wurden.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung der heutigen TV-Premiere.

mit Alexander Fehling, André Szymanski, Friederike Becht, Gert Voss, Johannes Krisch, Hansi Jochmann, Johann von Bülow, Robert Hunger-Bühler, Lukas Miko, Lisa Martinek

Hinweise
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Film-Zeit über „Im Labyrinth des Schweigens“
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Wikipedia über „Im Labyrinth des Schweigens“ (deutsch, englisch)
taz: Interview mit Ex-Staatsanwalt Gerhard Wiese (einer der Ankläger im Auschwitz-Prozess und eines der Vorbilder für Johann Radmann) über die historischen Hintergründe (6. November 2014)

Meine Besprechung von Giulio Ricciarellis „Im Labyrinth des Schweigens“ (Deutschland 2014)


Neu im Kino/Buch- und Filmkritik: Das Dokudrama „Die Unsichtbaren – Wir wollen leben“ als Juden in Berlin während des Zweiten Weltkriegs

Oktober 27, 2017

Selten ist die Antwort auf die Frage, ob der Film gut sei, so eng mit der Frage, wer sich den Film ansieht, verknüpft, wie bei „Die Unsichtbaren – Wir wollen leben“. Claus Räfle schildert in seinem Film das Schicksal von einigen Juden, die den Zweiten Weltkrieg in Berlin überlebten.

Berlin hatte in den zwanziger Jahren ein pulsierendes jüdisches Leben. Über die Hälfte der gesamten jüdischen Bevölkerung Deutschlands lebte in der Hauptstadt. Von den damals 270.000 jüdischen Berlinern lebten am Anfang des Zweiten Weltkriegs immer noch 160.000 in der Hauptstadt. Sie waren, unter dem Deckmantel der Legalität, zunehmenden Repressionen ausgesetzt. Viele versuchten, Deutschland zu verlassen. Viele wurden deportiert und in Konzentrationslagern ermordet.

Als Propagandaminister Joseph Goebbels am 10. Juni 1943 Berlin für „judenfrei“ erklärte, lebten noch knapp 7000 meist jüngere jüdische Berliner in der Stadt. Sie waren untergetaucht. Ungefähr 1700 überlebten den Krieg. Meist in verschiedenen Verstecken und in immer in der Gefahr, im nächsten Moment verhaftet zu werden.

In seinem Film „Die Unsichtbaren -Wir wollen leben“ konzentriert sich Grimme-Preisträger Claus Räfle, der in den vergangenen Jahrzehnten fast vierzig TV-Dokumentationen inszenierte, auf vier junge jüdische Berliner, die er für den Film auch persönlich interviewte.

Cioma Schönhaus, geb. 1922, wird nach einer Grafikerlehre zum erfolgreichen Passfälscher. Seiner Deportation in ein Lager entgeht er, indem er im Sammellager Levetzowstraße , das in einer Synagoge war, dreist behauptet, sein Arbeitgeber habe ihn auf eine Liste kriegswichtiger Zwangsarbeiter gesetzt. Seine Lüge wird geglaubt. Seine Eltern werden deportiert.

Hanni Levy, früher Hannelore Weissenberg, geb. 1924, taucht im Februar 1943 unter. Sie hat sich in der Fabrik für Fallschirme eine eitrige Entzündung am kleinen Finger zugezogen, die ihr Probleme bereiten wird. Als die Gestapo das schon fast menschenleere Haus, in dem sie und andere Juden leben räumt, bleibt sie still am Küchentisch sitzen. Danach taucht sie unter. Sie verändert, auf Anraten einer Freundin ihrer Mutter, ihr Aussehen. Unter anderem indem sie sich ihre Haare blond färbt und zur idealtypischen Arierin wird. Später kann sie bei einer Kartenverkäuferin des Kinos am Nollendorfplatz, die ihre wahre Identität kennt, einziehen.

Ruth Gumpel (geb. Arndt), geb. 1922, taucht mit ihrer Familie unter. Ihnen helfen frühere Patienten ihres Vaters. Später erhält die Arzttochter durch die Vermittlung einer nicht-jüdischen Familie eine Anstellung bei einem Wehrmachtsoffizier, der von seiner Wilmersdorfer Wohnung einen Schmugglerring für Delikatessen und Alkohol unterhält.

Eugen Friede, geb. 1926, Sohn einer Mischehe (seine Mutter war Jüdin), wird von seinem Vater zuerst bei einer kommunistischen Arbeiterfamilie und dann bei einer bürgerlichen Familie, die auch eine etwa gleichaltrige Tochter hat, untergebracht. Später schließt er sich der Widerstandsgruppe um Werner Scharff an. Scharff hatte davor auch Schönhaus geholfen, indem er ihm in Moabit eine Kellerwerkstatt organisierte, in der er ungestört Pässe fälschen konnte.

Der Film erzählt diese vier Schicksale, indem er, wie man es von zahlreichen TV-Dokumentarfilmen kennt, zwischen Zeitzeugenberichte – in diesem Fall die Erinnerungen von Hanni Levy, Ruth Gumpel, Cioma Schönhaus und Eugen Friede (die sich damals nicht kannten) – und nachgestellten Szenen hin und her wechselt. Die nachgestellten Szenen haben einen primär illustrativen Charakter. Sie vermitteln einen Eindruck von der damaligen Situation und sie bebildern die Erinnerungen der Überlebenden.

Störend in diesen Szenen ist, dass teilweise sehr bekannte Schauspieler, wie Maren Eggert, Florian Lukas und der kürzlich verstorbene Andreas Schmidt, mitspielen. Da wirken die Szenen nicht mehr wie illustrative Nachstellungen wahrer Ereignisse, sondern wie der Versuch, einen Spielfilm zu inszenieren. Weil die Szenen nicht oder kaum dramatisiert sind und sie ungefähr alles vermissen lassen, was zu einem Spielfilm dazugehört, wirken sie wie Ausschnitte aus einem schlechten TV-Film. Insofern wecken diese Nachstellungen im ersten Moment Erwartungen, die der Film nicht erfüllen will.

Und damit kommen wir zur Eingangsfrage zurück. Wer einen Spielfilm sehen will, wird enttäuscht sein. Wer einen Dokumentarfilm sehen, wird ebenfalls enttäuscht sein. Denn die nachgestellten Szenen, vor allem wenn bekannte Schauspielergesichter auftauchen, lenken von den sehr lebendigen und kurzweiligen Erzählungen der überlebenden Juden ab. Ihnen hätte ich gerne länger zugehört. Nach meiner Erfahrung aus von mir mitorganisierten und teilweise moderierten Veranstaltungen hätte das auch bei einem jugendlichen Publikum funktioniert. In den Veranstaltungen lauschten sie atemlos den Zeitzeugen.

Wer „Die Unsichtbaren“ als Teil einer Schul- oder Bildungsveranstaltung einsetzen will, um so Schülern einen Einblick in unsere Vergangenheit zu geben, wird von dem Film begeistert sein. Denn es gelingt ihm durch seine Mischung aus Zeitzeugenberichten und filmischen Nachstellungen die Vergangenheit und auch die Gefahr, in der die vier im Mittelpunkt stehenden Jungerwachsenen schwebten, begreifbar zu machen. Obwohl ihr Schicksal und das der anderen im Film gezeigten Personen (neben den vielen Helfern der Untergetauchten auch die Jüdin Stella Goldschlag, die untergetauchte Juden an die Nazis verriet) Stoff für mindestens ein halbes Dutzend Spielfilme hergibt, hält sich „Die Unsichtbaren“ an die Wahrheit und das Identifikationspotential zwischen Hanni Levy, Ruth Gumpel, Cioma Schönhaus und Eugen Friede und den jungen Zuschauern ist groß. Auch weil die vier jüdischen Berliner so verschiedene Charaktere sind, die alle nur den Krieg überleben wollten. Auf sich gestellt, ohne Pass, Lebensmittelkarten und sichere Unterkunft.

Parallel zum Filmstart erschien Claus Räfles Filmbuch „Die Unsichtbaren“. Es ist eine in vertiefende Nacherzählung des Films. Daneben gibt es Hintergrundinformationen, Filmfotos und historische Aufnahmen. Das Buch ist in jeder Hinsicht sehr empfehlenswert.

Die Unsichtbaren – Wir wollen leben (Deutschland 2017)

Regie: Claus Räfle

Drehbuch: Claus Räfle, Alejandra López

mit Max Mauff, Alice Dwyer, Ruby O. Fee, Aaron Altaras, Victoria Schulz, Florian Lukas, Andreas Schmidt, Laila Maria Witt, Sergej Moya, Lucas Reiber, Robert Hunger-Bühler, Maren Eggert, Naomi Krauss, Hanni Levy, Ruth Gumpel, Cioma Schönhaus, Eugen Friede

Länge: 110 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Das Buch zum Film

Claus Räfle: Die Unsichtbaren – Untertauchen, um zu überleben – Eine wahre Geschichte

Elisabeth Sandmann Verlag , 2017

160 Seiten

19,95 Euro

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Die Unsichtbaren“

Moviepilot über „Die Unsichtbaren“

Wikipedia über „Die Unsichtbaren“

Informationen über die Hintergründe des Films, untergetauchte Juden und ihre Helfer, gibt es auch in der Gedenkstätte Stille Helden. Sie ist bis Ende Januar geschlossen und ist dann in der Stauffenbergstraße 13-14. 


Neu im Kino/Filmkritik: „Um jeden Preis“ will Kim Basinger ein Kind

Juli 24, 2015

Was hat sich der Autor bloß dabei gedacht? fragte ich mich während Anders Morgenthalers skandinavisch unterkühltem Krimidrama „Um jeden Preis“. Dabei störte mich nicht die in einige Bilder hineinkopierte Engelsgestalt mit ihren vulgärphilosophischen Gedanken. Das ist halt die innere Stimme der Protagonistin. Nein, es ist die zunehmend und in jeder Beziehung absurder werdende Handlung in der zweiten Filmhälfte, die nur noch von einem rudimentär skizziertem, an Zuschauerverachtung grenzendem Ende getoppt wird.
Dabei beginnt der Film gar nicht so schlecht. Kim Basinger, die sich in den vergangenen Jahren etwas vom Filmgeschäft zurückgezogen hat und nächstes Jahr in Shane Blacks Privatdetektivfilm „The Nice Guys“ (sehr hohe Erwartungen!) zu sehen sein wird, spielt in „Um jeden Preis“ die erfolgreiche Geschäftsfrau Maria, glücklich verheiratet mit Peter (Sebastian Schipper). Zu ihrem absoluten Glück fehlt ihr noch ein eigenes Kind. Dieser Kinderwunsch wurden in den vergangenen Jahren und nach mehreren Fehlgeburten zu einer Obsession. Als sie jetzt, nach einer weiteren Fehlgeburt bei der sie fast gestorben wäre, erfährt, dass die nächste Schwangerschaft für sie tödlich verfahren würde, erfährt sie von einem Verein, der Frauen in Not hilft, dass ihre LKWs durch Osteuropa eine Strecke fahren, an der viele Prostituierte am Straßenstrich stehen und dort sogar Babys verkauft würden.
Maria, die vernünftige Geschäftsfrau, beschließt ziemlich spät im Film (so ungefähr in der Mitte), ganz allein und ohne irgendjemand etwas davon zu sagen, dorthin zu fahren und sich von einer dieser Damen ein Kind zu besorgen. Wie ist ihr egal. Denn, so denkt sie sich, dem Baby wird es bei ihr besser gehen als bei der leiblichen Mutter.
Klingt idiotisch? Ist es auch und es wird noch idiotischer, wenn sie sich, begleitet von einem drogensüchtigem Zwerg, nach Babyhändlern und Prostituierten mit Kindern erkundigt und später ein Baby klaut – und annimmt, dass niemand nach dem Baby suchen wird und dass sie, nachdem sie wie ein Elefant im Porzellanladen nach einem Baby suchte, nicht die Hauptverdächtige sein wird.
Interessant ist, dass vor wenigen Wochen Susanne Bier in „Zweite Chance“ (DVD erscheint am 17. September) ein ähnlich absurdes Spiel mit vertauschten Babys veranstaltete, das aber immerhin erzählerisch überzeugen konnte. Auch weil sie sich mit der durch die Vertauschung der Babys entstehenden moralischen Fragen intensiv beschäftigte. Anders Morgenthaler belässt es, auch wenn man die erste Hälfte als Psychogramm einer Frau mit einem verzweifeltem Kinderwunsch deuten kann, letztendlich bei einer unglaubwürdigen, bestenfalls unfreiwillig komischen Kolportage.

Um jeden Preis - 2015 - Plakat

Um jeden Preis (I am here, Dänemark/Deutschland 2014)
Regie: Anders Morgenthaler
Drehbuch: Anders Morgenthaler
mit Kim Basinger, Jordan Prentice, Sebastian Schipper, Peter Stormare, Robert Hunger-Bühler, Anouk Wagener, Nina Fog
Länge: 94 Minuten
FSK: ab 16 Jahre
Der US-Titel ist „The 11th Hour“ (keine Ahnung, warum)

Hinweise
Homepage zum Film
Filmportal über „Um jeden Preis“
Film-Zeit über „Um jeden Preis“
Moviepilot über „Um jeden Preis“
Metacritic über „Um jeden Preis“
Rotten Tomatoes über „Um jeden Preis“
Wikipedia über Anders Morgenthaler


Neu im Kino/Filmkritik: Ein Staatsanwalt ermittelt „Im Labyrinth des Schweigens“

November 6, 2014

Am 20. Dezember 1963 begann im Frankfurter Rathaus, dem Römer, der Auschwitz-Prozess, der erstmals vor einem deutschen Gericht die Verbrechen in den Konzentrationslagern thematisierte. Der Prozess war ein nationales Ereignis, das auch zu einem Bewusstseinswandel bei den Deutschen beitrug.
Vor dem Prozessbeginn mussten Staatsanwälte jahrelang in mühseliger Kleinarbeit die Beweise für die Anklage sammeln und entscheiden, wenn sie anklagen. Da wurden, weil es keine deutschlandweite Datenbank mit allen Einwohnern gab und die Behörden mauerten, schon einmal alle deutschen Telefonbücher besorgt und in mühseliger Kleinarbeit auf der Suche nach Namen durchgeblättert. Und damit auch kein Täter gewarnt wurde, geschah das unter größter Geheimhaltung.
Diese Geschichte, die in der Wirklichkeit untrennbar mit Generalstaatsanwalt Fritz Bauer verbunden ist, erzählt Giulio Ricciarelli in „Im Labyrinth des Schweigens“ in einer stimmigen Balance zwischen Fakten und Fiktion, wobei der größte Schritt weg von der Realität der erfundene Protagonist Johann Radmann (Alexander Fehling) ist. Er ist ein junger Jurist, der sich gerade seine ersten Sporen als Staatsanwalt verdient, indem er engagiert, aber unterfordert Verkehrdelikte zur Anklage bringt, an das Recht glaubt und der noch nie etwas von den Verbrechen, die in Auschwitz geschahen, gehört hat, weil man fünfzehn Jahre nach Kriegsende nicht darüber sprach. Damals wollte man nur vergessen. Radmann soll, nachdem er Bauer, einige vielversprechende Ermittlungsansätze vorgelegt hat, die Beweise für eine Anklage sammeln. Dabei werden, auch weil er erfährt, dass sein im Krieg verschollener Vater ein NSDAP-Mitglied war, seine Überzeugungen auf eine harte Probe gestellt. Angetrieben wird er bei seiner Suche von dem „Frankfurter Rundschau“-Journalisten Thomas Gnielka (den es ebenfalls gab) und dessen Dokumente die Initialzündung für den Auschwitz-Prozess waren. Behindert wird er von Kollegen, Polizisten und einer Gesellschaft, die nicht über die zwölfjährige Nazi-Diktatur reden, sondern diese Jahre aus ihrer Erinnerung streichen wollen.
Ricciarellis Debütspielfilm gehört zu den seltenen Glücksfällen im deutschen Kino, bei denen alles stimmt. Die dicht erzählte Geschichte ist spannend. Sie zeichnet, auch dank der gelungenen Kameraarbeit, ein genaues Bild der damaligen bleiernen Zeit. Die historischen Gebäude wecken Erinnerungen und weil an den historischen Orten gedreht wurde, wirkt die Filmgeschichte noch authentischer. Die Ausstattung ist ebenso authentisch. Nie hat man den Eindruck, dass in einer sorgfältig ausgestatteten Kulisse gedreht wurde. Die Dialoge klingen immer natürlich und sie umschiffen die Fallen des Stoffes, die zu didaktischen Dialogen und Monologen einladen. Sie zeichnen auch nebenbei ein Bild der damaligen Gesellschaft, in der es genau austarierte Hierarchien gab.
Das einzige, was man dem Film vorwerfen kann, ist dass Fritz Bauer zu einem grumpy old man wird, der in seinem Büro sitzt und Aufträge vergibt. Dabei hat er das Team von jungen Staatsanwälten, die damals die Beweise suchten, für ihr Leben beeinflusst und Bauer war einer der liberalen Denker, der das Gespräch mit Jüngeren suchte und ein besseres Deutschland wollte. Dieser Teil seines Charakters wird in dem Drama nicht beleuchtet. Dennoch, oder wahrscheinlich genau sogar deshalb, könnte Bauer, der nicht sich selbst, sondern die Sache in den Vordergrund stellte, der Film gefallen.
Denn „Im Labyrinth des Schweigens“ ist ein spannender Polit-Thriller, der gelungen die Genre-Muster vom Kampf des Einzelnen gegen die Gesellschaft bedient, ein Gefühl der damaligen Zeit vermittelt, informativ und aufklärerisch ist, neugierig auf die Vergangenheit und die damaligen Ereignisse macht und intelligent unterhält. Damit steht er gelungen in der Tradition von Filmen wie „Die Unbestechlichen“ (All the President’s Men).

Im Labyrinth des Schweigens - Plakat

Im Labyrinth des Schweigens (Deutschland 2014)
Regie: Giulio Ricciarelli
Drehbuch: Elisabeth Bartel, Giulio Ricciarelli
mit Alexander Fehling, André Szymanski, Friederike Becht, Gert Voss, Johannes Krisch, Hansi Jochmann, Johann von Bülow, Robert Hunger-Bühler, Lukas Miko, Lisa Martinek
Länge: 123 Minuten
FSK: ab 12 Jahre

Hinweise
Homepage zum Film
Filmportal über „Im Labyrinth des Schweigens“
Film-Zeit über „Im Labyrinth des Schweigens“
Moviepilot über „Im Labyrinth des Schweigens“
Wikipedia über „Im Labyrinth des Schweigens“ (deutsch, englisch)
taz: Interview mit Ex-Staatsanwalt Gerhard Wiese (einer der Ankläger im Auschwitz-Prozess und eines der Vorbilder für Johann Radmann) über die historischen Hintergründe (6. November 2014)

Vorankündigung
Vor dem Filmstart unterhielt ich mich mit Regisseur Giulio Ricciarelli über den Film und die historischen Hintergründe. Das Interview erscheint in der nächsten Ausgabe der „vorgänge – Zeitschrift für Bürgerrechte und Gesellschaftpolitik“.