TV-Tipp für den 7. März: Sisi & Ich

März 6, 2025

Arte, 20.15

Sisi & Ich (Deutschland/Schweiz/Österreich 2023)

Regie: Frauke Finsterwalder

Drehbuch: Frauke Finsterwalder, Christian Kracht

TV-Premiere. Irma Gräfin von Sztáray (Sandra Hüller) wird Hofdame von Kaiserin Elisabeth von Österreich, bekannter als Sisi (Susanne Wolff) – und Frauke Finsterwalder erzählt die Geschichte der beiden Frauen beherzt faktenfrei und mit einem rein weiblichen Soundtrack. Schade, dass die zweite Hälfte des Dramas nicht die Qualität der ersten Hälfte hat.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

Anschließend, um 22.15 Uhr, zeigt Arte die 55-minütige brandneue Doku „Sandra Hüllers Geheimnis“ (Deutschland 2024).

mit Sandra Hüller, Susanne Wolff, Stefan Kurt, Georg Friedrich, Sophie Hutter, Maresi Riegner, Johanna Wokalek, Sibylle Canonica, Angela Winkler, Markus Schleinzer, Anne Müller, Anthony Calf, Tom Rhys Harries, Annette Badland

Hinweise

Filmportal über „Sisi & Ich“

Moviepilot über „Sisi & Ich“

Rotten Tomatoes über „Sisi & Ich“

Wikipedia über „Sisi & Ich“ (deutsch, englisch)

Berlinale über das Werk

Meine Besprechung von Frauke Finsterwalders „Finsterworld“ (Deutschland 2013)

Meine Besprechung von Frauke Finsterwalders „Sisi & Ich“ (Deutschland/Schweiz/Österreich 2023)


Neu im Kino/Filmkritik: Frauke Finsterwalder, „Sisi & Ich“

April 1, 2023

Zehn Jahre nach ihrem Spielfilmdebüt „Finsterworld“, einer schwarzen Komödie über Deutschland, seziert Frauke Finsterwalder jetzt das Leben von Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn, bekannter als Sisi (bzw. seit den Romy-Schneider-Filmen Sissi). Das Drehbuch schrieb sie wieder mit ihrem Mann, dem Schriftsteller Christian Kracht. Aber während „Finsterworld“ ein Ensemble- und Episodenfilm war, konzentriert sie sich in ihrem neuen Film, wie der Titel „Sisi & Ich“ schon verrät, auf zwei Personen: die Kaiserin Elizabeth (Susanne Wolff) und Irma, Gräfin von Sztáray (Sandra Hüller), ihre neue Hofdame. Irma ist eine mit 42 Jahren schon ältere, immer noch nicht verheiratete Frau, die unter der strengen Fuchtel ihrer Mutter steht und von ihr in diese Anstellung gedrängt wird. Sisis vorherige Hofdame begutachtet sie wie ein Stück Vieh, stellt sie ein und schickt sie sofort nach Korfu. Dort hält sich die Kaiserin mit ihrem Hofstaat auf.

Als Irma nach einer qualvollen Reise auf der Insel ankommt, entdeckt sie eine Welt, die nichts mit dem strengen Hofprotokoll zu tun hat. Graf Berzeviczy ist der einzige Mann auf der Insel. Er ist ein der Kaiserin treu ergebener, am Rand stehender, für flüssige Abläufe sorgender Diener. Das Leben der Frauen auf Korfu ähnelt dem Leben in einer freien, dauerbekifften Frauenkommune mit einem Oberhaupt, das sich wie ein von allen abgöttisch verehrter Popstar verhält. Sisi leidet an Stimmungsschwankungen, benimmt sich wie ein kleines Kind, will immer ihren Spaß haben, vergibt spontan ihre Gunst und entzieht sie genauso schnell. Jetzt schenkt sie ihre Gunst ihrer neuen Hofdame Irma. Und diese erwidert sie. Schnell entsteht eine Freundschaft, in der das Machtgefälle zwischen den beiden Frauen immer präsent ist.

Wie „Corsage“, Marie Kreutzers Sisi-Interpration, die letztes Jahr im Kino lief, interpretiert Frauke Finsterwalder Sisi und den Sisi-Mythos frei für die Gegenwart. Beide Filme konzentrieren sich auf die zweite Hälfte von Sisis Leben und enden mit ihrem Tod. Beide Filme entfernen sich immer wieder von den historisch verbürgten Fakten; wozu auch Sisis Tod gehört. In beiden Filmen gibt es bewusste Brüche. In „Corsage“ sind das moderne Gegenstände und eine auf einer Abendgesellschaft präsentierte Neuinterpretation von „As Time goes by“.

In „Sisi & Ich“ erfolgt die Modernisierung des historischen Stoffes überzeugender, gelungener und weniger störend vor allem über die Haltung der Figuren, das Spiel der Schauspieler, satirische Zuspitzungen und die Musik. Es gibt nämlich achtzehn von Frauen gespielte und gesungene Lieder, die ein gutes Mixtape ergeben. Es sind vor allem in der breitest möglichen Definition Rocksongs, die Frauke Finsterwalder nicht nach ihrer Popularität bei der breiten Masse, sondern nach ihrem Geschmack und der Stimmigkeit für den Film auswählte.

(Einschub: Es beginnt mit „Wandering Star“ von Portishead. Es folgen „Deceptacon“ von Le Tigre, „Meantime“ von Beaumont, „Things That We Do“ von Rose Melberg, „Lady with the Braid“ von Dory Previn, „Life after youth“ von Tess Parks, „Waiting“ von Alice Boman, „Sinks of Gandy“ von The Other Years, „Death a la carte“ von Would-Be-Goods, „Baby alive“ von Nina Hynes, „Angel“ von Seagull Screaming Kiss Her Kiss Her, „Festival of Kings“ von The Mark Wirtz Orchestra and Chorus, „Girlie Pop“ von Pop Tarts, „Shchedryk (Carol of the Bells)“ von Bel Canto Choir Vilnius, „Afraid“ von Nico, „Shining“ von Peace Orchestra, „Cosmic Dancer“ von Sandra Hüller [ursprünglich ein „T. Rex“-Song, aber es sollten nur Frauen singen] und, etwas Klassik muss sein, „Clara Schumann: Piano Sonata G-Minor II Adagio“ von Yoshiko Iwai.)

Nach der auf Korfu spielenden ersten Hälfte der Komödie, begibt Sisi sich auf eine Reise durch ihr Königreich, halb Europa und nach Ägypten. Dabei zeigt sie immer wieder ihr schon von Korfu bekanntes sprunghaftes, triebgesteuertes, mit den Konventionen des Hofprotokolls haderndes manisch-depressives Verhalten. Immer wieder bricht sie kurzzeitig aus dem goldenen Käfig aus. Und kehrt wieder zurück. Das ergibt eine schnell redundant werdende Aneinanderreihung des Immergleichen. Denn zwischen den zweiten und dem zehnten Ausbruchversuch aus dem Hofprotokoll ergeben sich keine neuen Erkenntnisse.

Damit reiht „Sisi & Ich“ sich in die Reihe aktueller Filme ein, die eine sehr gelungene, in sich geschlossene erste Hälfte, in der eigentlich alles gesagt wird, und eine zerfasernde, zunehmend uninteressantester werdende zweite Hälfte haben.

Sisi & Ich (Deutschland/Schweiz/Österreich 2023)

Regie: Frauke Finsterwalder

Drehbuch: Frauke Finsterwalder, Christian Kracht

mit Sandra Hüller, Susanne Wolff, Stefan Kurt, Georg Friedrich, Sophie Hutter, Maresi Riegner, Johanna Wokalek, Sibylle Canonica, Angela Winkler, Markus Schleinzer, Anne Müller, Anthony Calf, Tom Rhys Harries, Annette Badland

Länge: 132 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Sisi & Ich“

Moviepilot über „Sisi & Ich“

Rotten Tomatoes über „Sisi & Ich“

Wikipedia über „Sisi & Ich“ (deutsch, englisch)

Berlinale über das Werk

Meine Besprechung von Frauke Finsterwalders „Finsterworld“ (Deutschland 2013)


Neu im Kino/Filmkritik: Über Markus Imbodens Romanverfilmung „Am Hang“

November 28, 2013

Markus Imboden ist vor allem für seine gelungenen TV-Arbeiten, meistens im Krimibereich, bekannt. Er drehte mehrere „Bella Block“- und „Ein starkes Team“-Filme, „Mörderische Jagd“ und den Zweiteiler „Das Konto“. Auch sein neuer Kinofilm „Am Hang“, nach dem Bestseller von Markus Werner, hat etwas von einem Krimi. Denn Felix (Henry Hübchen) ertrinkt im Selbstmitleid, ist verzweifelt, latent suizidgefährdet und extrem wütend. Nach fünfzehn Jahren hat ihn seine Frau Valerie (Martina Gedeck) endgültig und für immer verlassen. Wegen eines anderen Mannes. Am liebsten würde der Orchestermusiker den Liebhaber umbringen. Wenn er denn wüsste, wer er ist.

In einem Hotelrestaurant trifft er auf Thomas (Max Simonischek) und sie beginnen sich zu unterhalten. Für den deutlich jüngeren Anwalt Thomas gibt es die große Liebe nicht. Es gibt nur One-Night-Stands und flüchtige Abenteuer und er erzählt dem seltsamen Fremden von Bettina, die ihn verlassen hat.

Weil Imboden die Erzählungen der beiden Männer mit Rückblenden illustriert, wissen wir lange vor Felix, dass Bettina und Valerie die gleiche Frau sind. Und während Martina Gedeck als somnambule Schönheit mit psychischen Problemen, weshalb sie auch in einer Klinik war, die Felix von seinem Hotelzimmer aus beobachten kann, im Romy-Schneider-Gedächtnismodus eher schweigsam als Projektionsfläche der beiden Männer durch den Film wandelt, dürfen wir viel Zeit mit Felix und Thomas verbringen, die sich beide erfolgreich bemühen, möglichst unsympathisch zu sein. Der eine ist eine manisch depressive Nervensäge, die erfolgreich anderen die letzten Nerven raubt und seine, wie er sagt, verstorbene Frau verklärt. Der andere ist ein erfolgreicher Anwalt und Schnösel, der im wirklichen Leben wahrscheinlich keine zwei Minuten mit Felix (außer natürlich er würde dafür bezahlt) verbringen würde. Im Film müssen wir allerdings glauben, dass Thomas sich, nachdem er an einem Bahnübergang schon eine sehr unglücklich verlaufene Begegnung mit Felix hatte, sich freiwillig zu ihm setzt und mit diesem Stinkstiefel plaudert und plaudert und plaudert. Nicht nur einmal, sondern mehrmals. Und das in gestelzten Theaterdialogen über die Frage, ob es die einzig wahre, ewige Liebe gibt.

Jedenfalls solange, bis wir aus heiterem Himmel erfahren, dass der selbstmitleidige Felix Valeries Liebhaber umbringen möchte – und das ist noch nicht die letzte vollkommen aus der Luft gegriffene überraschende Wendung.

Während schon das Gespräch und die Beziehung zwischen Felix und Thomas extrem künstlich ist, werden die Zufälle, die es in „Am Hang“ im Übermaß gibt, gegen Filmende noch abstruser, was auch daran liegt, dass hier nur Thesenträger aufeinanderprallen und es deshalb auch egal ist, ob und wie die Handlungen der Charaktere motiviert sind.

Am Ende fragt man sich, was einem Markus Imboden erzählen wollte. Denn die nur durch Zufälle zusammengehaltene Geschichte mit unsympathischen Menschen, die emotioanl nie berühren und deren Handlungen wir nie wirklich nachvollziehen können, bleibt immer nur ausgedachtes Thesenkino ohne eine tragende These.

Vielleicht funktioniert die Geschichte besser als Roman oder als Theaterstück. Als Film funktioniert „Am Hang“ nicht.

Am Hang - Plakat

Am Hang (Schweiz/Deutschland 2013)

Regie: Markus Imboden

Drehbuch: Klaus Richter, Martin Gypkens, Markus Imboden (Drehfassung)

LV: Markus Werner: Am Hang, 2004

mit Henry Hübchen, Martina Gedeck, Max Simonischek, Sophie Hutter, Ernst C. Sigrist

Länge: 95 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Homepage zum Film

Film-Zeit über „Am Hang“

Moviepilot über „Am Hang“

Wikipedia über „Am Hang“

Perlentaucher über „Am Hang“