DVD-Kritik: Über die Gillian-Flynn-Verfilmung „Dark Places“

April 27, 2016

Im Kino ging, nachdem die erste Gillian-Flynn-Verfilmung „Gone Girl“ ein Publikums- und Kritikerhit war, „Dark Places – Gefährliche Erinnerung“, die prominent besetzte Verfilmung ihres zweiten Romans, unter. Dabei klingt die Story ähnlich vielversprechend.

1985 werden die Mutter und die beiden Schwestern von Libby Day ermordet. Die Achtjährige beschuldigt ihren Bruder Ben und dieser, damals ein bekennender Satanist, wird verurteilt.

Dreißig Jahre später hadert Libby (Charlize Theron) immer noch mit diesem Ereignis und sie lebt, auch und vor allem finanziell, davon. Von einem Club, in dem Privatleute ungeklärte Verbrechen nachermitteln, erhält sie das Angebot, dort über ihre Familiengeschichte zu reden. Weil sie das Geld braucht, nimmt sie das Angebot an.

Die Clubmitglieder präsentieren ihr ihre verschiedenen, mehr oder weniger abstrusen Theorien. Es gibt nämlich offensichtliche Widersprüche und sie sind überzeugt, dass der falsche Mann im Gefängnis sitzt.

Lbby erklärt sich – natürlich für Geld – bereit, dem Club zu helfen und dafür tief in ihrer Vergangenheit zu stöbern. Dabei entdeckt sie einiges.

Na, das klingt doch nicht schlecht.

Allerdings ist Gilles Pacquet-Brenner („Sarahs Schlüssel“) kein David Fincher und, nun, „Dark Places“ ist nicht „Gone Girl“. „Gone Girl“ erzählt aus, im Roman und im Film, zwei Perspektiven, die konsequent durchgehalten und klar getrennt sind, eine bitterböse Noir-Geschichte.

Dark Places“ bedient sich einer ähnlichen Konstruktion. Im Film allerdings deutlich weniger gelungen. Er erzählt, vom Roman übernommen, die Geschichte auf zwei Ebenen. In der Gegenwart erzählt er eine ganz normale Detektivgeschichte, in der Libby Day einfach der Reihe nach die verschiedenen Beteiligten der damaligen Ereignisse befragt bis sie die ganze Wahrheit über die Mordnacht erfährt. Naja, fast. Denn wir als Zuschauer wissen mehr. In der Vergangenheit werden die damaligen Ereignisse nacherzählt. Diese Blicke in die Vergangenheit werden eher willkürlich über den Film gestreut. Sie erzählen chronologisch die Vorgeschichte das Mehrfachmordes und enthüllen dann am Ende die wahren Ereignisse der Tatnacht. Dieser Teil ist durchaus spannend, weil wir wissen wollen, wie es zu dem Mehrfachmord kam. Allerdings sind diese Rückblenden konsequent aus einer objektiven Perspektive erzählt. Das heißt, wir erfahren bis zum Ende Dinge, die weder Libby noch die von ihr Befragten wissen können. Und wenn doch, würden sie sie ihr niemals verraten. Aber irgendwann agiert Libby so, als wüsste sie diese Dinge auch. Obwohl sie sie, wie gesagt, nicht wissen kann und damit der ganzen Geschichte ein Glaubwürdigkeitsproblem beschert.

Dazu kommt, dass in den 1985 spielenden Teilen das Arme-Leute-Milieu und die jugendliche Satanistenclique, in der Ben ist, arg platt gezeichnet werden, dass in der Gegenwart aus dem „Kill Club“-Club kein erzählerisches Potential geschöpft wird, dass bei der Besetzung bei den Charakteren, die 1985 und 2015 auftreten, kein glückliches Händchen bewiesen wurde (die TV-Serie „Cold Case“ zeigt einfach, wie es besser geht) und dass die namhafte Besetzung größtenteils verschenkt ist in einer altbackenen Mörder-such-Geschichte mit einer angeklatschen Moral, die eine bessere Filmgeschichte verdient hätte.

Am Ende ist „Dark Places“ nur ein unnötig kompliziert erzählter, gut besetzter 08/15-Kriminalfilm.

Das Bonusmaterial besteht aus den Trailern und fünfundzwanzig Minuten Interviews mit Regisseur Gilles Paquet-Brenner, Autorin Gillian Flynn (das sind die interessanteren Interviews) Christina Hendricks und Nicholas Hoult.

Dark Places - Plakat 4

Dark Places – Gefährliche Erinnerung (Dark Places, USA/Frankreich 2015)

Regie: Gilles Paquet-Brenner

Drehbuch: Gilles Paquet-Brenner

LV: Gillian Flynn: Dark Places, 2009 (Finstere Orte, später Dark Places – Gefährliche Erinnerung)

mit Charlize Theron, Sterling Jerins, Nicholas Hoult, Christina Hendricks, Corey Stoll, Tye Sheridan, Andrea Roth, Chloë Grace Moretz, Sean Bridger

DVD

Concorde

Bild: 2,35:1 (16:9)

Ton: Deutsch (DD 5.1/ DTS 5.1), Englisch (DD 5.1)

Untertitel: Deutsch für Hörgeschädigte

Bonus: Deutscher und Original Trailer, Interviews

Länge: 109 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Die Vorlage

Flynn - Dark Places - TB - 4

Gillian Flynn: Dark Places – Gefährliche Erinnerung

(übersetzt von Christine Strüh)

Fischer Verlag, 2015

464 Seiten

9,99 Euro

Deutsche Erstausgabe

Finstere Orte

Fischer Verlag, 2010

Originalausgabe

Dark Places

Shaye Areheart Books, 2009

Hinweise

Moviepilot über „Dark Places“

Metacritic über „Dark Places“

Rotten Tomatoes über „Dark Places“

Wikipedia über „Dark Places“ (deutsch, englisch) und Gillian Flynn (deutsch, englisch)

Homepage von Gillian Flynn

Krimi-Couch über Gillian Flynn

Meine Besprechung der Gillian-Flynn-Verfilmung „Gone Girl – Das perfekte Opfer (Gone Girl, USA 2014) (Buch- und Filmkritik)


Neu im Kino/Filmkritik: „Das grenzt an Liebe“ wenn Michael Douglas und Diane Keaton sich kabbeln

November 7, 2014

„Harry und Sally“-Regisseur Rob Reiner hat wieder zugeschlagen und wenn sich in seinem neuen Film „Das grenzt an Liebe“, nach einem Drehbuch von Mark Andrus („Besser geht’s nicht“), die Schöne und das Biest zum ersten Mal treffen, wissen wir, wie die Geschichte endet. Vor allem wenn das Biest auf seine neunjährige Enkeltochter, die er noch nie gesehen hat, aufpassen muss und er „aufpassen“ zunächst als „möglichst schnell aus meinem Leben entfernen“ versteht.
Die Schöne ist eine meistens gut gelaunte Witwe, die sich gleich gut mit dem Kind versteht und dann auch beginnt, das Biest zu erziehen. Der ist ein Immobilienmakler, der immer noch seiner vor Jahren verstorbenen Frau, der Liebe seines Lebens, hinterhertrauert und jetzt möglichst vielen Menschen das Leben zur Hölle machen will. Ihm geht es ja auch nicht besser.
Dass das Biest von Michael Douglas und die Schöne von Diane Keaton gespielt wird, hilft natürlich beim Gewinnen der Zuschauerherzen für diese nette Romantic-Comedy, die sich auf dem Charisma ihrer Stars ausruht und dabei sowohl die Stars als auch ihr Publikum unterfordert. Denn diese Liebeskomödie für die Generation 50+ (oder eher 60+) hat als Hauptdarsteller Michael Douglas, der „Einer flog über das Kuckucknest“ und „Das China-Syndrom“ produzierte und Hauptdarsteller in „Wall Street“, „Der Rosenkrieg“, „Basic Instinct“, „Falling Down“ und „The Game“ war, und Diane Keaton, die in „Reds“, allen drei „Der Pate“-Filmen und in zahlreichen Woody-Allen-Klassikern, wie „Der Stadtneurotiker“ (sie war Annie Hall!), „Innenleben“, „Manhattan“ und „Manhattan Murder Mystery“, dabei war. Das waren provozierende Filme, die ihre Spuren in der Filmgeschichte hinterlassen haben.
Dagegen ist „Das grenzt an Liebe“ eine unerhebliche Komödie, die nur wegen der spielfreudigen Schauspieler besser erscheint, als sie letztendlich ist und sich in die ähnlich gelagerte romantische Komödien für Sechzigjährige einreiht, in denen das Drehbuch nie das Niveau der Schauspieler erreicht.

Das grenzt an Liebe - Plakat

Das grenzt an Liebe (And so it goes, USA 2014)
Regie: Rob Reiner
Drehbuch: Mark Andrus
mit Michael Douglas, Diane Keaton, Sterling Jerins, Frances Sternhagen, Maurice Jones, Andy Karl, Austin Lysy, Frankie Valli, Rob Reiner
Länge: 94 Minuten
FSK: ab 0 Jahre

Hinweise
Amerikanische Homepage zum Film
Deutsche Homepage zum Film
Film-Zeit über „Das grenzt an Liebe“
Moviepilot über „Das grenzt an Liebe“
Metacritic über „Das grenzt an Liebe“
Rotten Tomatoes über „Das grenzt an Liebe“
Wikipedia über „Das grenzt an Liebe“