Im Kino ging, nachdem die erste Gillian-Flynn-Verfilmung „Gone Girl“ ein Publikums- und Kritikerhit war, „Dark Places – Gefährliche Erinnerung“, die prominent besetzte Verfilmung ihres zweiten Romans, unter. Dabei klingt die Story ähnlich vielversprechend.
1985 werden die Mutter und die beiden Schwestern von Libby Day ermordet. Die Achtjährige beschuldigt ihren Bruder Ben und dieser, damals ein bekennender Satanist, wird verurteilt.
Dreißig Jahre später hadert Libby (Charlize Theron) immer noch mit diesem Ereignis und sie lebt, auch und vor allem finanziell, davon. Von einem Club, in dem Privatleute ungeklärte Verbrechen nachermitteln, erhält sie das Angebot, dort über ihre Familiengeschichte zu reden. Weil sie das Geld braucht, nimmt sie das Angebot an.
Die Clubmitglieder präsentieren ihr ihre verschiedenen, mehr oder weniger abstrusen Theorien. Es gibt nämlich offensichtliche Widersprüche und sie sind überzeugt, dass der falsche Mann im Gefängnis sitzt.
Lbby erklärt sich – natürlich für Geld – bereit, dem Club zu helfen und dafür tief in ihrer Vergangenheit zu stöbern. Dabei entdeckt sie einiges.
Na, das klingt doch nicht schlecht.
Allerdings ist Gilles Pacquet-Brenner („Sarahs Schlüssel“) kein David Fincher und, nun, „Dark Places“ ist nicht „Gone Girl“. „Gone Girl“ erzählt aus, im Roman und im Film, zwei Perspektiven, die konsequent durchgehalten und klar getrennt sind, eine bitterböse Noir-Geschichte.
„Dark Places“ bedient sich einer ähnlichen Konstruktion. Im Film allerdings deutlich weniger gelungen. Er erzählt, vom Roman übernommen, die Geschichte auf zwei Ebenen. In der Gegenwart erzählt er eine ganz normale Detektivgeschichte, in der Libby Day einfach der Reihe nach die verschiedenen Beteiligten der damaligen Ereignisse befragt bis sie die ganze Wahrheit über die Mordnacht erfährt. Naja, fast. Denn wir als Zuschauer wissen mehr. In der Vergangenheit werden die damaligen Ereignisse nacherzählt. Diese Blicke in die Vergangenheit werden eher willkürlich über den Film gestreut. Sie erzählen chronologisch die Vorgeschichte das Mehrfachmordes und enthüllen dann am Ende die wahren Ereignisse der Tatnacht. Dieser Teil ist durchaus spannend, weil wir wissen wollen, wie es zu dem Mehrfachmord kam. Allerdings sind diese Rückblenden konsequent aus einer objektiven Perspektive erzählt. Das heißt, wir erfahren bis zum Ende Dinge, die weder Libby noch die von ihr Befragten wissen können. Und wenn doch, würden sie sie ihr niemals verraten. Aber irgendwann agiert Libby so, als wüsste sie diese Dinge auch. Obwohl sie sie, wie gesagt, nicht wissen kann und damit der ganzen Geschichte ein Glaubwürdigkeitsproblem beschert.
Dazu kommt, dass in den 1985 spielenden Teilen das Arme-Leute-Milieu und die jugendliche Satanistenclique, in der Ben ist, arg platt gezeichnet werden, dass in der Gegenwart aus dem „Kill Club“-Club kein erzählerisches Potential geschöpft wird, dass bei der Besetzung bei den Charakteren, die 1985 und 2015 auftreten, kein glückliches Händchen bewiesen wurde (die TV-Serie „Cold Case“ zeigt einfach, wie es besser geht) und dass die namhafte Besetzung größtenteils verschenkt ist in einer altbackenen Mörder-such-Geschichte mit einer angeklatschen Moral, die eine bessere Filmgeschichte verdient hätte.
Am Ende ist „Dark Places“ nur ein unnötig kompliziert erzählter, gut besetzter 08/15-Kriminalfilm.
Das Bonusmaterial besteht aus den Trailern und fünfundzwanzig Minuten Interviews mit Regisseur Gilles Paquet-Brenner, Autorin Gillian Flynn (das sind die interessanteren Interviews) Christina Hendricks und Nicholas Hoult.
Dark Places – Gefährliche Erinnerung (Dark Places, USA/Frankreich 2015)
Regie: Gilles Paquet-Brenner
Drehbuch: Gilles Paquet-Brenner
LV: Gillian Flynn: Dark Places, 2009 (Finstere Orte, später Dark Places – Gefährliche Erinnerung)
mit Charlize Theron, Sterling Jerins, Nicholas Hoult, Christina Hendricks, Corey Stoll, Tye Sheridan, Andrea Roth, Chloë Grace Moretz, Sean Bridger
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DVD
Concorde
Bild: 2,35:1 (16:9)
Ton: Deutsch (DD 5.1/ DTS 5.1), Englisch (DD 5.1)
Untertitel: Deutsch für Hörgeschädigte
Bonus: Deutscher und Original Trailer, Interviews
Länge: 109 Minuten
FSK: ab 16 Jahre
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Die Vorlage
Gillian Flynn: Dark Places – Gefährliche Erinnerung
(übersetzt von Christine Strüh)
Fischer Verlag, 2015
464 Seiten
9,99 Euro
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Deutsche Erstausgabe
Finstere Orte
Fischer Verlag, 2010
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Originalausgabe
Dark Places
Shaye Areheart Books, 2009
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Hinweise
Rotten Tomatoes über „Dark Places“
Wikipedia über „Dark Places“ (deutsch, englisch) und Gillian Flynn (deutsch, englisch)
Krimi-Couch über Gillian Flynn