
Das Syndikat, der Verein für deutschsprachige Kriminalliteratur, hat für den diesjährigen Friedrich-Glauser-Preis, der am Samstag, den 12. April, auf der Criminale in Schwetzingen verliehen wird, in der Kategorie Bester Debütroman folgende Krimis nominiert:
Stefan Grebe: Die Übermacht (Bastei Lübbe)
Roland Muller: Eisrausch (Aufbau Taschenbuch)
Turid Müller: Im Schatten der Insel (Piper)
Susanne Tägder: Das Schweigen des Wassers (Klett-Cotta)
Ana Wetherall-Grujić: Blutsschwestern (Kremayr & Scheriau)
Beginnen wir die Lektüre der nominierten Krimis mit Susanne Tägders „Das Schweigen des Wasser“. Schon vor der Veröffentlichung wurde mir der Roman vom Verlag wärmstens empfohlen. Er stand einmal auf der Krimibestenliste und erhielt jetzt, im Rahmen der Stuttgarter Kriminächte, den Wittwer-Thalia-Debütkrimipreis.
Die 1968 in Heidelberg geborene Susanne Tägder war in Karlsruhe Sozialrichterin. Heute lebt sie mit ihrer Familie in der Schweiz in der Nähe von Zürich und in Kalifornien im Silicon Valley. Für ihre Texte erhielt sie den Walter-Serner-Preis und den Harder Literaturpreis. „Das Schweigen des Wassers“ ist ihr erster Kriminalroman.
Im Herbst 1991 wird in der fiktiven mecklenburgischen Kleinstadt Wechtershagen am Seeufer die Leiche von Siegmar Eck gefunden. Auf den ersten Blick sieht es nach einem Tod durch Ertrinken aus. Aber der 32-jährige Eck war ein guter Schwimmer und kurz vor seinem Tod behauptete er gegenüber Kriminalhauptkommissar Arno Groth, er werde verfolgt.
Der aus Hamburg in seinen Geburtsort zurückgekommene Groth beginnt zu ermitteln. Er stößt auf eine Verbindung zu einem zehn Jahre zurückliegenden Mordfall. Damals wurde die Abiturientin Jutta Timm auf dem Heimweg von einer Tanzveranstaltung ermordet. Eck war verdächtig. Er wurde gefoltert und gestand die Tat. Später nahm er sein Geständnis zurück. Außerdem stand er zur Tatzeit als DJ auf der Bühne.
Während seiner Ermittlungen trifft Groth die 22-jährige Kellnerin Regine Schadow. Sie arbeitete vorher in Berlin im Kempinski. Jetzt kellnert sie in einem am See gelegenem Restaurant und traf sich öfter mit Eck, der neben dem Restaurant Boote verlieh. Und ich verrate erfahrenen Krimilesern kein Geheimnis, wenn ich jetzt schreibe, dass Regine Schadow etwas mit Ecks Tot und der vor zehn Jahren ermordeten Jutta Timm zu tun hat.
„Das Schweigen des Wassers“ beginnt als atmosphärischer, gut geschriebener Detektivkrimi, der sich dann allerdings nicht für die normalen Rätselkrimispiele interessiert. Tägder lässt ihren Ermittler nicht verschiedene Verdächtige befragen und Indizien für die Schuld und Unschuld einzelner Verdächtiger sammeln. Sie ist auch nicht an der typischen Thrillerspannung mit einer Rettung in letzter Minute interessiert. Und der Täter ist keiner dieser Spiele treibenden durchgeknallten Serienkiller.
Stattdessen entfaltet sich, wie in einem herkömmlichen Roman, der Fall mit seinen verschiedenen Verdächtigen und Motiven langsam vor dem Leser. Es gibt keine falschen Fährten. Einige Enthüllungen erfolgen früher, andere später. So verrät Tägder erst sehr spät, warum Schadow nach Wechtershagen gekommen ist.
Das Ende ist eine ziemliche Enttäuschung. Nicht weil der Täter nicht verhaftet oder bestraft wird, sondern weil es am Ende nur, aufgrund kaum vorhandener Indizien und wilder Spekulationen, eine plausible Vermutung gibt, wer der Täter ist.
Wer mit so einem Ende leben kann, kann sich mit „Das Schweigen des Wassers“ auf eine Zeitreise in die Zeit kurz nach der Wende begeben.
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Susanne Tägder: Das Schweigen des Wassers
Tropen/Klett-Cotta, 2024
336 Seiten
17 Euro
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Hinweise
Tropen/Klett-Cotta über den Roman
Veröffentlicht von AxelB