DVD-Kritik: Kann der „Bodyguard“ die Innenminsterin schützen? Und will er das überhaupt?

Februar 24, 2021

Spannender als die letzten drei Bond-Filme zusammen“, schrieb die Süddeutsche Zeitung laut dem DVD-Cover über die britische TV-Serie „Bodyguard“.

Mit sechs Stunden ist die Miniserie in jedem Fall kürzer als die letzten drei Bond-Filme.

In der von Jed Mercurio („Line of Duty“) erfundenen Serie geht es um David Budd (Richard Madden), Kriegsveteran mit posttraumatischer Belastungsstörung (nicht behandelt auf eigenen Wunsch) und Personenschützer bei einer Spezialeinheit der Londoner Polizei. Als er seine beiden Kinder zu seiner Frau, von der er getrennt lebt, bringen will, kann er im Zug einen Selbstmordanschlag verhindern. Kurz darauf wird er zum Personenschützer der Innenministerin Julia Montague (Keeley Hawes) befördert. Sie ist eine Kriegstreiberin und will ein heftig umstrittenes Überwachungsgesetz durch das Parlament bringen. Außerdem möchte sie in der Partei aufsteigen. Genug Konflikte und, immerhin ist „Bodyguard“ eine Krimiserie, genug potentielle Attentäter und, das kann man angesichts der vielen Frauen, von denen Budd umgeben ist und die ihm teilweise Befehle erteilen können, Attentäterinnen, die Montague umbringen wollen.

Auch Budd ist, jedenfalls in den ersten Episoden, ein möglicher Attentäter. Er macht Politiker wie Montague, die für Kriegseinsätze stimmten, für seine Situation verantwortlich. Er ist auch Mitglied einer losen Veteranengruppe, die ihren Hass auf die Politiker pflegt.

Der Verdacht zerstreut sich, nachdem er ihr das Leben rettet, es Spuren in den Sicherheitsapparat gibt (was natürlich etwas seltsam ist, weil das von ihr protegierte Gesetz der feuchte Traum der Sicherheitsbehörden ist) und er, wie „Bodyguard“ Kevin Costner in dem anderen Film, eine Affäre mit ihr beginnt.

Spätestens in dem Moment ist klar, dass „Bodyguard“, trotz einiger realpolitischer Anspielungen, reinstes Entertainment ist. Wahrscheinlichkeit und Logik werden einfach dem nächsten Anschlag geopfert. Das sorgt durchgehend für abenteuerliche Wendungen und, immer wieder, für vollkommen absurde Szenen. So war schon beim Auftakt, als Budd im Zug die Selbstmordattentäterin zur Aufgabe bewegen kann, die Polizei erstaunlich schießwütig. Budd scheint der einzige Bodyguard der Innenministerin zu sein. Und als Budd später mit einem Sprengstoffgürtel und einem Totmannschalter (also einer Vorrichtung, die die Bombe explodieren lässt, wenn er seinen Finger vom Sprengknopf entfernt) auf Londons Straßen stolpert, ist es ähnlich absurd. Er versichert den herbeigeeilten Polizisten, dass er die Bombe nicht zünden will. Die Mitglieder der Spezialeinheit überlegen nicht, wie sie die Bombe entschärfen könnten, sondern sie überlegen, wie sie ihn erschießen können – und damit die Bombe explodieren lassen. Etwas nachvollziehbarer wird die idiotische Szene, weil Budd in dem Moment schon in Richtung des Sicherheitsapparats ermittelt und der Täter seine Enttarnung verhindern kann, indem er Budd erschießen und ihn so endgültig zum perfekten und von den Bösewichtern schon lange geplanten Sündenbock werden lässt.

So ist „Bodyguard“ eskapistische Thrillerunterhaltung, die mit sechs Stunden etwas lang geraten ist. Gerade in der zweiten Hälfte der ersten Episode und der zweiten Episode plätschert die Geschichte arg ziellos vor sich hin. Am Ende der dritten Episode gibt es dann ein Ereignis, das alles verändert. Und das Finale ist ziemlich spannend. Wenn man nicht darüber nachdenkt.

In England war die sechsteilige Serie ein Kritiker- und Publikumserfolg.

Eine zweite Staffel ist beschlossen. Unklar ist, wann sie gedreht und ausgestrahlt wird.

Das Bonusmaterial besteht aus dem üblichen Werbematerial.

Bodyguard (Bodyguard, Großbritannien 2018)

Regie: John Strickland, Thomas Vincent

Drehbuch: Jed Mercurio

mit Richard Madden, Keeley Hawes, Sophie Rundle, Vincent Franklin, Ash Tandon, Gina McKee, Nina Toussaint-White

DVD

Pandastorm

Bild: 1,78:1 (16:9)

Ton: Deutsch, Englisch (DD 2.0)

Untertitel: Deutsch, Englisch

Bonusmaterial: Making of, Interviews, Behind the Scenes, Originaltrailer

Länge: 362 Minuten (6 Folgen à 60 Minuten, 3 DVDs)

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zur Serie

Englische Homepage zur Serie

Moviepilot über „Bodyguard“

Metacritic über „Bodyguard“

Rotten Tomatoes über „Bodyguard“

Wikipedia über „Bodyguard“ (deutsch, englisch) (Vorischt Spoiler)