TV-Tipp für den 22. Dezember: Maestro Ennio Morricone

Dezember 21, 2024

Arte, 23.00

Ennio Morricone – Der Maestro (Ennio, Italien 2021)

Regie: Giuseppe Tornatore

Drehbuch: Giuseppe Tornatore

TV-Premiere. Sehenswerte informative Doku über und mit Ennio Morricone. Danach will man eine Ennio-Morricone-Filmmusiknacht machen.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Ennio Morricone, Clint Eastwood, Terrence Malick, Quentin Tarantino, Dario Argento, Wong Kar-Wai, Barry Levinson, Hans Zimmer, John Williams, Bruce Springsteen, Joan Baez, James Hetfield, Quincy Jones, Zucchero, Lina Wertmüller, Bernardo Bertolucci, Roland Joffé, Mychael Danna, Mike Patton, Oliver Stone, Marco Bellocchio, Phil Joanou, Enzo G. Castellari, Liliana Cavani, Paolo Taviani, Vittorio Taviani, Pat Metheny (und viele mehr)

Hinweise

Arte über die Doku (bis zum 21. März 2025 in der Mediathek)

Moviepilot über „Ennio Morricone – Der Maestro“

Metacritic über „Ennio Morricone – Der Maestro“

Rotten Tomatoes über „Ennio Morricone – Der Maestro“

Wikipedia über „Ennio Morrcone – Der Maestro“ (englich, italienisch) und Ennio Morricone (deutsch, englisch, italienisch)

Meine Besprechung von Giuseppe Tornatores „Ennio Morricone – Der Maestro“ (Ennio, Italien 2021)


TV-Tipp für den 29. Mai: Fallen Angels

Mai 28, 2023

Servus TV, 22.30

Fallen Angels (Duòluò Tiānshǐ, Hongkong 1995)

Regie: Wong Kar-Wai

Drehbuch: Wong Kar-Wai

Ein Profikiller will nicht mehr als Profikiller arbeiten. Seine Agentin hält nichts davon.

Das ist nur eine, aber die bekannteste Geschichte, die Wong Kar-Wai in seinem vor allem nachts und in Clubs spielendem Porträt einer verunsicherten Stadt im Umbruch erzählt.

Ursprünglich wollte er die Geschichte des liebeskranken Killers in seinem vorherigen Film „Chungking Express“ erzählen. Aber dann wäre der Film zu lang geworden. So wurden es zwei Kultfilme, die als Double Feature gesehen werden können. Und ein äußerst intensives Bild von Hongkong kurz vor der Übergabe an China zeichnen.

mit Leon Lai, Michelle Reis, Takeshi Kaneshiro, Charlie Yeung, Karen Mok

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Fallen Angels“

Wikipedia über „Fallen Angels“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Wong Kar-wais “The Grandmaster” (Yi Dai Zong Shi, Hongkong/China 2013)


Neu im Kino/Filmkritik: „Ennio Morricone – Der Maestro“ erzählt und seine Musik erklingt

Dezember 21, 2022

Bei aktuellen Hollywood-Blockbustern ist die Musik oft – langweilig. Im Film blubbert sie unauffällig als rhythmische Geräuschkulisse vor sich hin. Nach dem Film, wenn man sich den Soundtrack ohne den Film anhört, blubbert sie ebenso unauffällig vor sich hin.

Bei der Musik von Ennio Morricone passiert das nicht. Sie ist auffällig. Die Melodien bleiben im Gedächtnis haften und sie funktionieren auch ohne den Film ausgezeichnet. Der am 6. Juli 2020 verstorbene Komponist ist unbestritten einer der wichtigsten Filmkomponisten. Dabei wollte der am 10. November 1928 in Rom geborene Musikersohn klassischer Komponist werden. Er studierte, mit Abschluss, am Konservatorium von Santa Cecilia Trompete und Chormusik. Eine ebenfalls erfolgreiche abgeschlossene Ausbildung bei Goffredo Petrassi als Komponist schloss sich an. Er besuchte Kurse für Neue Musik. Und er schrieb Arrangements für Popsongs.

Die Filmsachen – seine erste Filmmusik war 1961 für Luciano Salces Komödie „Zwei in einem Stiefel“ – machte er Anfangs zum Geldverdienen. Es dauerte, wie Morricone in Giuseppe Tornatores Dokumentarfilm „Ennio Morricone – Der Maestro“ freimütig erzählt, sehr lange, bis er akzeptierte, dass er Filmkomponist ist und dass eine gute Filmmusik sich nicht vor einem für eine Bühnenaufführung geschriebenem Orchsterstück verstecken muss. In dem Moment hatte er schon viele, sehr viele Filmmusiken geschrieben. Unter anderem für die stilprägenden Italo-Western von Sergio Leone. Letztendlich schrieb er für alle wichtigen Leone-Filme, nämlich „Für eine Handvoll Dollar“, „Für ein paar Dollar mehr“, „Zwei glorreiche Halunken“, „Spiel mir das Lied vom Tod“„Todesmelodie“ und „Es war einmal in Amerika“, die Filmmusik.

Daneben schrieb er die Musik für viele italienische, französische und amerikanische Filme. Unter anderem für „Leichen pflastern seinen Weg“, „1900“, „In der Glut des Südens“, „Der Profi“, „Mission“, „Die Unbestechlichen“ und, nach Jahrzehnten wieder für einen Film von Dario Argento, „Das Stendhal-Syndrom“. Insgesamt komponierte er für über fünfhundert Filme die Musik.

Er unterschied dabei, sofern das überhaupt schon während der Produktion absehbar war, nicht zwischen Genres, Arthaus- und Kommerzfilmen. Aber jeder Film, vor allem die Kommerzfilme, gewannen durch seine Musik. Einige Soundtrack-LPs wurden zu gesuchten Sammlerstücken und die Musik war bekannter als der in Vergessenheit geratene Film.

Zu seinen letzten Werken gehört der Soundtrack für Quentin Tarantinos Schneewestern „The Hateful 8“. Dafür erhielt Morricone den längst überfälligen Oscar für die beste Filmmusik. Davor war er bereits fünfmal nominiert. Als Trostpreis erhielt er 2007 den Ehrenoscar. Aber Preise waren Morricone nicht so wichtig. Er wollte komponieren. Und das tat er.

Mit Giuseppe Tornatore verband Ennio Morricone eine ähnlich lange Freundschaft und Arbeitsbeziehung wie zu Sergio Leone. Ihre erste Zusammenarbeit war 1988 „Cinema Paradiso“. Danach schrieb Morricone zu allen Filmen von Tornatore, unter anderem „Allen geht’s gut“, „Die Legende vom Ozeanpianisten“ und „Der Zauber von Malèna“, die Musik. Diese Freundschaft ist auch in Tornatores Morricone-Doku spürbar.

„Ennio Morricone – Der Maestro“ ist kein kritischer Dokumentarfilm, sondern eine fast dreistündige, formal klassisch aufgebaute, informative Liebeserklärung. Chronologisch erzäht Tornatore Ennio Morricones Leben in einer bewährten Mischung aus Statements von Morricone, von Wegbegleitern und Bewunderern, illustriert mit Fotografien, TV-Ausschnitten (aus dem italienischen Fernsehen und von den Oscar-Verleihungen) und Filmausschnitten nach. Die ausführlichen Ausschnitte aus bekannten Filmen wecken dabei sofort den Wunsch, diese Filme endlich wieder auf der großen Leinwand zu sehen.

Die Statements sind einerseits sehr gut geschnitten, andererseits darf nur Ennio Morricone mehrere Sätze hintereinander sagen. Alle anderen Gesprächspartner, die teilweise mehrmals auftreten, werden, wie wir es von zahlreichen neueren US-Dokumentarfilmen kennen, auf Halbsatz- und Ein-Satz-Statements heruntergekürzt.

„Ennio Morricone – Der Maestro“ ist einer der schönsten Dokumentarfilme des Jahres. Mit der besten Musik sowieso.

Ennio Morricone – Der Maestro (Ennio, Italien 2021)

Regie: Giuseppe Tornatore

Drehbuch: Giuseppe Tornatore

mit Ennio Morricone, Clint Eastwood, Terrence Malick, Quentin Tarantino, Dario Argento, Wong Kar-Wai, Barry Levinson, Hans Zimmer, John Williams, Bruce Springsteen, Joan Baez, James Hetfield, Quincy Jones, Zucchero, Lina Wertmüller, Bernardo Bertolucci, Roland Joffé, Mychael Danna, Mike Patton, Oliver Stone, Marco Bellocchio, Phil Joanou, Enzo G. Castellari, Liliana Cavani, Paolo Taviani, Vittorio Taviani, Pat Metheny (und viele mehr)

Länge: 163 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Moviepilot über „Ennio Morricone – Der Maestro“

Metacritic über „Ennio Morricone – Der Maestro“

Rotten Tomatoes über „Ennio Morricone – Der Maestro“

Wikipedia über „Ennio Morrcone – Der Maestro“ (englich, italienisch) und Ennio Morricone (deutsch, englisch, italienisch)

Und jetzt MUSIK!!!


TV-Tipp für den 18. Februar: My Blueberry Nights (+ Buchtipp: „Die Sünden der Väter“ von Lawrence Block)

Februar 18, 2016

Eins Plus, 23.10

My Blueberry Nights (China/USA 2007, Regie: Wong Kar-wai)

Drehbuch: Wong Kar-wai, Lawrence Block (nach einer Geschichte von Wong Kar-wai)

Elizabeth hat Liebeskummer. In einem kleinen New Yorker Café schüttet sie dem Kellner ihr Herz aus. Der verliebt sich in sie, aber sie macht sich auf eine Reise durch die USA. Auf ihrem Selbstfindungstrip begegnet sie anderen einsamen Seelen.

Lawrence Block war zwar irgendwie am Drehbuch beteiligt, aber letztendlich ist es ein Wong-Kar-wai-Film geworden.

Mit Norah Jones, Jude Law, Rachel Weisz, David Strathairn, Natalie Portman

Wiederholung: Freitag, 19. Februar, 03.25 Uhr (Taggenau!)

Bonushinweis/Buchtipp

Block - Die Sünden der Väter

Eine erfreuliche Fans für Lawrence-Block-Fans: der Grandmaster höchstselbst hat jetzt veranlasst, dass seine Romane mit dem Ex-Polizisten Matthew Scudder, der in New York als Privatdetektiv ohne Lizenz arbeitet, wieder auf Deutsch erscheinen. Jedes Jahr sollen, so ist der Plan, mindestens zwei Scudder-Romane erscheinen. Dazwischen soll es Scudder-Kurzgeschichten geben.
(Einschub: genau der Scudder, der vor kurzem von Liam Neeson in Scott Franks „Ruhet in Frieden – A Walk among the Tombstones“ verkörpert wurde.)
In dem ersten Scudder-Roman, der in den USA 1976 erschien, will ein Vater wissen, wer seine Tochter warum ermordete. Denn er glaubt nicht an die offizielle Version und er will wissen, wie sie die vergangenen Jahre lebte. Scudder, der damals noch ein Trinker war, sucht den Mörder der Prostituierten.
Als Lawrence Block Mitte der siebziger Jahre schnell hintereinander die ersten Matt-Scudder-Romane schrieb, unterschieden sie sich nicht sehr von vielen anderen Privatdetektiv-Romanen. Vor allem die Länge (oder besser Kürze) und der damit verbundene Handlungsaufbau entsprachen den Konventionen. Trotzdem setzt Lawrence Block, wie schon in seinen vorherigen Romanen und der witzigen Evan-Tanner-Serie, eigene Duftnoten.
Einige Jahre später, nachdem Scudder sich zu seinem Alkoholismus bekennt, Mitglied der Anonymen Alkoholiker wird und versucht, seine Sucht zu bekämpfen, nehmen die Romane, die dann auch länger wurden, die entscheidende Wende, die Matt Scudder zu einem der großen Privatdetektive des 20. Jahrhunderts machte.
Aber diese Geschichte wird erst später erzählt. Bis dahin kann noch einmal tief in das New York der siebziger Jahre eingetaucht werden.

Lawrence Block: Die Sünden der Väter
(übersetzt von Stefan Mommertz)
CreateSpace Independent Publishing Platform, 2016
200 Seiten
10,69 Euro (auch als E-Book erhältlich) (via Amazon)

Originalausgabe
The Sins of the Fathers
Dell, 1976

Deutsche Erstausgabe als „Mord unter vier Augen“

Hinweise

Homepage von Lawrence Block

Unbedingt kaufen müssen Sie das von mir herausgegebene Buch „Lawrence Block – Werkschau eines New Yorker Autors“ (KrimiKritik 5, Nordpark-Verlag)

Meine Besprechung von Lawrence Blocks “Telling Lies for Fun and Profit – A Manual for Fiction Writers” (1994)

Meine Besprechung von Lawrence Blocks “Spider, spin me a web – A Handbook for Fiction Writers” (1995)

Meine Besprechung von Lawrence Blocks: “All the flowers are dying” (2005)

Meine Besprechung von Lawrence Blocks “Lucky at Cards” (2007)

Meine Besprechung von Lawrence Blocks „Abzocker“ (Grifter’s Game, 2004; frühere Ausgaben: Mona, 1961; Sweet slow death, 1986)

Meine Besprechung von Lawrence Blocks “Verluste” (Everybody dies, 1998)

Meine Besprechung von Lawrence Blocks „Killing Castro“ (Originalausgabe unter dem Pseudonym Duncan Lee als „Fidel Castro Assassinated“, 1961)

Meine Besprechung von Lawrence Blocks „Falsches Herz“ (The Girl with the long green Heart, 1965)

Meine Besprechung von Lawrence Blocks „A drop of the hard stuff“ (2011)

Meine Besprechung von Hal Ashbys Lawrence-Block-Verfilmung „8 Millionen Wege zu sterben“ (8 Million Ways to die, USA 1986)

Meine Besprechung von Scott Franks Lawrence-Block-Verfilmung „Ruhet in Frieden – A Walk among the Tombstones“ (A Walk amont the Tombstones, USA 2014) (und die DVD-Kritik)

Lawrence Block in der Kriminalakte

Wikipedia über „My Blueberry Nights“ (deutsch, englisch)

Deutsche Homepage zum Film

Französische Homepage zum Film (nicht so umfangreich)

Film-Zeit über „My Blueberry Nights“

Rotten Tomatoes über “My Blueberry Nights”

Meine Besprechung von Wong Kar-wais “The Grandmaster” (Yi Dai Zong Shi, Hongkong/China 2013)


TV-Tipp für den 18. August: My Blueberry Nights

August 18, 2014

Eins Festival, 20.15/23.40

My Blueberry Nights (China/USA 2007, Regie: Wong Kar-wai)

Drehbuch: Wong Kar-wai, Lawrence Block (nach einer Geschichte von Wong Kar-wai)

Elizabeth hat Liebeskummer. In einem kleinen New Yorker Café schüttet sie dem Kellner ihr Herz aus. Der verliebt sich in sie, aber sie macht sich auf eine Reise durch die USA. Auf ihrem Selbstfindungstrip begegnet sie anderen einsamen Seelen.

Lawrence Block war zwar irgendwie am Drehbuch beteiligt, aber letztendlich ist es ein Wong-Kar-wai-Film geworden.

Mit Norah Jones, Jude Law, Rachel Weisz, David Strathairn, Natalie Portman

Hinweise

Homepage von Lawrence Block

Unbedingt kaufen müssen Sie das von mir herausgegebene Buch „Lawrence Block – Werkschau eines New Yorker Autors“ (KrimiKritik 5, Nordpark-Verlag)

Meine Besprechung von Lawrence Blocks “Telling Lies for Fun and Profit – A Manual for Fiction Writers” (1994)

Meine Besprechung von Lawrence Blocks “Spider, spin me a web – A Handbook for Fiction Writers” (1995)

Meine Besprechung von Lawrence Blocks: “All the flowers are dying” (2005)

Meine Besprechung von Lawrence Blocks “Lucky at Cards” (2007)

Meine Besprechung von Lawrence Blocks „Abzocker“ (Grifter’s Game, 2004; frühere Ausgaben: Mona, 1961; Sweet slow death, 1986)

Meine Besprechung von Lawrence Blocks “Verluste” (Everybody dies, 1998)

Meine Besprechung von Lawrence Blocks „Killing Castro“ (Originalausgabe unter dem Pseudonym Duncan Lee als „Fidel Castro Assassinated“, 1961)

Meine Besprechung von Lawrence Blocks „Falsches Herz“ (The Girl with the long green Heart, 1965)

Lawrence Block in der Kriminalakte

Wikipedia über „My Blueberry Nights“ (deutsch, englisch)

Deutsche Homepage zum Film

Französische Homepage zum Film (nicht so umfangreich)

Film-Zeit über „My Blueberry Nights“

Rotten Tomatoes über “My Blueberry Nights”

Meine Besprechung von Wong Kar-wais „The Grandmaster“ (Yi Dai Zong Shi, Hongkong/China 2013)


Neu im Kino/Filmkritik: Über Wong Kar-Wais Kung-Fu-Film „The Grandmaster“ über den Bruce-Lee-Lehrer Ip Man

Juni 27, 2013

 

In China ist „The Grandmaster“ der erste Kassenhit von Wong Kar-Wai, dem Regisseur von so Perlen wie „Chungking Express“, „Fallen Angels“, „In the Mood for Love“, „2046“ und der Schwertkämpfer-Saga „Ashes of Time“. Und, auch wenn es für unser Hollywood-verwöhntes CGI-Auge nicht so aussieht, ist „The Grandmaster“ ein Blockbuster. Die Produktion dauerte drei Jahre. Für die Kung-Fu-Szenen trainierten die Schauspieler lange und echte Kung-Fu-Kämpfer berieten die Filmemacher bei den furiosen Kämpfen, in denen es immer wieder Kompromisse zwischen der Kampfkunst und den Anforderungen an einen Film gab. Denn in der Wirklichkeit wären einige Kämpfe, nach einem Schlag, einfach zu schnell vorbei. Der beeindruckende Kung-Fu-Kampf am Filmanfang wurde in dreißig (!) aufeinanderfolgenden Nächten im Regen, im Matsch, im Oktober und November gedreht.

Ein oder zwei Jahre drehten wir nur Kämpfe, keine von den anderen Szenen. Ich wusste nicht mal, warum es in der Story ging. Erst in den letzten sechs Monaten der Filmaufnahmen drehte ich die Drama-Szenen“, erzählt Hauptdarsteller Tony Leung, der bereits mehrfach mit Wong Kar-Wai zusammen arbeitete. Neben dem Kampftraining beschäftigte Leung sich auch viel mit Bruce Lee, dem heute immer noch bekannten Schüler von Ip Man (1893 – 1972), dessen Leben in „The Grandmaster“ erzählt wird, wobei er in dem Film eine Mischung aus Ip Man und Bruce Lee ist und nicht alle Szenen auf wahren Ereignissen beruhen.

Der Film beginnt 1936 in der südchinesischen Stadt Foshan. Dort gibt es einen Wettbewerb zwischen Vertretern der verschiedenen Kampfschulen, den Ip Man gewinnt und er eine Beziehung zu Gong Er, der ebenfalls kampfeskundigen Tochter seines Gegners, beginnt. 1938 marschieren die Japaner in Foshan ein. Ip Man verliert seinen gesamten Besitz. Er geht nach Hongkong.

Währenddessen wird Gong Ers Vaters von seinem Meisterschüler Ma San, der mit den Japanern kollaboriert, getötet. Sie schwört Rache. Auf einem Bahnsteig kommt es vor einem abfahrendem Zug (der gefühlt mindestens einen Kilometer lang ist) zu einem Kampf zwischen den Beiden.

1952 treffen Ip Man und Gong Er sich wieder in der britischen Kronkolonie Hongkong. Sie ist inzwischen Ärztin. Er leitet eine Kung-Fu-Schule. Einer seiner Schüler ist Bruce Lee.

Wong Kar-Wai erzählt diese Geschichte in erlesenen Bildern, sich immer wieder in Nebensträngen verlierend, elliptisch und auch arg fragmentarisch. Immerhin ist Ip Man in Hongkong eine bekannte Person und auch sein Leben und die politischen Hintergründe, wie der Krieg zwischen China und Japan, sind bekannt. Bei uns ist er dagegen, wie die damaligen politischen Wirren, ziemlich unbekannt und daher fallen die Probleme in der Filmgeschichte noch mehr auf.

Davon abgesehen wirkt „The Grandmaster“ wie ein edles Stück Dekor, bei dem alles liebevoll von Meisterhand gefertigt wurde, aber letztendlich bewundert man die dunklen, oft ins bräunliche tendierenden Bilder, wie Ausstellungsstücke, nur. Nie entsteht eine emotionale Bindung. Dafür bleiben die Charaktere zu rätselhaft. Gerade in den dramatischen Szenen bleiben die Schauspieler zu sehr in sich gekehrt und so bewegungslos, dass man glaubt, eine Fotografie zu betrachten. Entsprechend blass und behauptet bleibt die Liebesgeschichte zwischen Ip Man und Gong Er, die eine Erfindung der Filmemacher ist. Auch der soziale Abstieg von Ip Man von einem wohlhabenden chinesischen Landbesitzersohn, der als Vierzigjähriger alles, auch seine Familie, verliert und in Hongkong vollkommen verarmt als Bettler ankommt, ist eher behauptet. Denn Ip Man erträgt diesen Abstieg stoisch ohne eine Miene zu verziehen. Und weil er sich auch in seiner Heimatstadt Foshan meistens in einem kargen Trainingsraum oder im „Gold Pavillon“, einem Freudenhaus, in dem das gesellschaftliche Leben und die Kämpfe stattfinden, aufhält, fällt nicht auf, dass er plötzlich auf seinen Besitz verzichten muss.

Die Kamera verstärkt diese Distanz weiter. Denn Zeitlupe und Zeitraffer sind die bestimmenden Stilmittel, die gefühlt während des gesamten Films angewandt werden und so ihre eigentliche Wirkung verfehlen. Denn anstatt stärker in den Film involviert zu werden, fühlt man sich außen vor.

Die Kämpfe sind zwar einerseits spektakulär, weil man schon mehr ahnt als sieht, dass hier wirkliche Könner am Werk sind. Aber andererseits auch enttäuschend, weil sie eben so zerschnipselt sind, dass man ihnen kaum folgen kann und am Ende, nach den vielen Gesprächen über die verschiedenen Kampfstile, die ungefähr so interessant wie eine „Raumschiff Enterprise“-Fan-Diskussion sind, hat man den Eindruck, dass Kung Fu der Kampf ist, in dem Menschen in Zeitlupe rückwärts durch Fensterscheiben fliegen.

So ist „The Grandmaster“ letztendlich eine artifizielle und auch museale Liebeserklärung an den Kung-Fu-Film und das Kino der dreißiger Jahre, als die Kamera unbeweglicher war und seltener geschnitten wurde. Beim Sehen hat man immer das Gefühl, durch einen erlesenen Fotobildband zu blättern. Und als Bildband oder auch Comic würde „The Grandmaster“ mir sicher besser gefallen.

The Grandmaster - Plakat

The Grandmaster (Yi Dai Zong Shi, Hongkong/China 2013)

Regie: Wong Kar-Wai

Drehbuch: Zou Jing-Zhi, Xu Hao-Feng, Wong Kar-Wai

mit Tony Leung, Zhang Zi-Yi, Chang Chen, Song Hye-Kyo, Wang Qing-Xiang, Zhao Beh-Shan, Zhang Jin, Shang Tie-Long

Länge: 123 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „The Grandmaster“

Metacritic über „The Grandmaster“

Rotten Tomatoes über „The Grandmaster“

Wikipedia über „The Grandmaster“ (deutsch, englisch)

Berlinale: „The Grandmaster“-Pressekonferenz

Wong-Kar-Wai-Fanseite